Heike monogatari: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 18. Oktober 2021, 15:22 Uhr

Seiten-Infobox
Themengruppe Primärquellen
Werktitel Heike monogatari 平家物語 („Erzählungen von den Heike“)
Autor unbekannt
Entstehungszeit Kamakura-Zeit 鎌倉時代
Übersetzungen
  • Hiroshi Kitagawa (Ü.) 1975
    The tale of the Heike. Tokyo: University of Tokyo Press 1975.
  • Helen Craig McCullough (Ü.) 1988
    The tale of the Heike. Stanford: Stanford University Press 1988.
Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Hachiman-no-pedia verfasst.
Scan eines handschriftlichen Manuskripts [Abb. 1]

Das Heike monogatari 平家物語, auf Dt. "Erzählungen von den Heike", wird der Textgattung der gunki monogatari 軍記物語 zugeschrieben. Dabei handelt es sich um eine mittelalterliche Literaturform, in denen meist die Erzählung kriegerischer Auseinandersetzungen eine zentrale Rolle einnimmt. Als Basis des Heike monogatari dient der historische Konflikt zwischen dem Minamoto 源- und Taira 平-Klan am Ende der Heian-Zeit, welcher schlussendlich zum Ende der Heian-Zeit und zur Etablierung des ersten bakufu 幕府 in Kamakura 鎌倉 und somit zum Beginn der Kamakura-Zeit 1185 geführt hat. Zentrales Thema sind Geschichten über den Fall der Taira (Heike). Im Allgemeinen kann es als ein „Samurai-Epos“ oder „Krieger-Epos“ beschrieben werden, allerdings sind auch Liebesgeschichten enthalten, die aber auf ältere Literatur der Heian-Zeit zurückzuführen sind. Die Sammlung des Heike monogatari lässt sich in drei Episoden unterteilen:

Entstehungsgeschichte

Man ist sich einig, dass das Heike monogatari zunächst als Produkt mündlicher Überlieferungstraditionen vermutlich im Zeitraum zwischen den historischen Ereignissen und den 20er-Jahren des 13. Jahrhunderts entstanden ist. In der Verbreitung beziehungsweise Kompilation dieses Textgutes spielten die biwa hōshi 琵琶法師, oftmals blinde Mönche, die mit einer Laute (biwa) als wandernde Künstler durch das Land zogen, eine große Rolle. Diese waren nämlich für die Rezitation des Heike-Textgutes bekannt, weshalb deren Rezitationsform auch als heikyoku 平曲 (Heike-Lieder) bezeichnet wird. Dadurch entstanden unterschiedliche Rezitationsfassungen (kataribon語り本), die in weiterer Folge auch verschriftlicht wurden, wodurch sich wiederum eigene Lesefassungen (yomibon 読み本) entwickelten. Insgesamt sind heute bis zu 90 der verschiedenen Textfassungen – wobei manche nur fragmentarisch – erhalten.[1]

Da das Werk eine literarische Verarbeitung historischer Ereignisse darstellt, wobei die Texte teilweise erst Jahrhunderte später verschriftlicht wurden, sollte bei der Betrachtung des Werkes immer im Kopf behalten werden, dass viele Stellen erst im Laufe der Textgeschichte aus narrativen Gründen ergänzt oder weggelassen wurden. Auch wurden natürlich viele Stellen aus selbem Grund ausgeschmückt. Deswegen sollte das Heike monogatari stets als literarisches Werk und nicht etwa als historisch akkurate Chronik betrachtet werden. Ein solcher Blick auf das Heike monogatari, welches führende Figuren des Taira-Klans stark polemisch darstellt, hat lange Zeit das vorrangige Bild über die Taira geprägt.[2]

Fassungen

Das Nagato-Buch

Beim Nagatobon 長門本 - die genaue Entstehungszeit ist unbekannt - handelt es sich um ein 20-bändiges Fragment des Heike monogatari. Innerhalb der verschiedenen Abschriften des Heike monogatari zählt es zu den yomibon 読み本, d.h. es wurde für eine leserische Rezeption geschrieben und nicht für einen gesanglichen Vortrag.[3]

Das Nagato-Buch wurde in Akamaseki in Provinz Nagato 長門国赤間関, der heutigen Stadt Shimoseki 下関市, im Amida Tempel 阿弥陀寺 (heute: Akama Schrein 赤間宮), der zu Ehren von Antoku Tennō 安徳天皇 (1178–1185; Regierungszeit: 1180–1185) errichtet wurde, aufbewahrt. Daraus leitet sich auch der Name ab. Die originale Niederschrift wurde im 2. Weltkrieg beschädigt und deren Überreste gingen verloren. Da jedoch mehr als 20 Abschriften – u.a. in der Regierungsbibliothek Naikaku bunko 内閣文庫 – existierten, blieb der Inhalt des Nagato-Buches erhalten.[4]

Die Datierung der 20 Bände erweist sich als überaus schwierig, da keiner der Bände eine Datumsangabe in Form eines Kolophons aufweist. Gesichert ist, dass es zwischen dem Nagato-Buch und dem Engyō-Buch 延慶本, einer anderen fragmentarischen Abschrift aus dem Jahr 1309, inhaltliche Übereinstimmungen gibt. Manche Forscher vermuten daher eine gemeinsame ursprüngliche Quelle, Genengyōbon 原延慶本.[5]

Während man ursprünglich von einer Entstehung im 14. oder 15. Jahrhundert ausging, vermutet Imura Ryūsuke 井村隆介, Geologe und Vulkanologe an der Universität Kagoshima, eine weitaus frühere Entstehung des Nagato-Buchs. Bei dem Nagato-Buch handelt es sich um die einzige Abschrift des Heike monogatari, die einen Vulkanausbruch des Bergs Kirishima 霧島山 (Kagoshima 鹿児島, Präfektur Miyazaki 宮崎県) schildert. Dabei wurde sowohl der Ausbruch, als auch der Fluss der Lava detailliert beschrieben. Laut Imura könnte die undatierte Beschreibung einem Augenzeugenbericht entsprechen. Aus geologischen Untersuchungen konnte man für den Berg Kirishima Ausbrüche um das Jahr 788, 1235 und 1768 festlegen. Daher könnte das Nagato-Buch bereits zwischen 1235–1245 entstanden sein und somit die älteste Abschrift darstellen. Dadurch wäre auch der Entstehungszeitpunkt des Heikei monogatari vor 1235 zu datieren. Über diese Theorie gibt es derzeit noch eine intensive wissenschaftliche Diskussion.[6]

Das Engyō-Buch

Das Engyōbon 延慶本 ist ein 6-bändiges Fragment des Heike monogatari, das aus 12 Kapiteln besteht. Innerhalb der verschiedenen Abschriften des Heike monogatari zählt es zu den yomibon 読み本, d.h. es wurde für eine leserische Rezeption geschrieben und nicht für einen gesanglichen Vortrag. Es gilt als die älteste geschichtlich gesicherte Niederschrift des Heikei monogatari.

Laut eines Kolophons im dritten und fünften Band entstand das Engyō-Buch zwischen dem Jahr Engyō 延慶 2 und dem darauffolgenden Jahr (1309–1310) im Negoro Tempel 根来寺 (Negoroji), einem Tempel der Shingon-Sekte 真言宗, der in der Provinz Wakayama 歌山県 zwischen den Bergen Waka 和歌山 und Kōya 高野山 liegt.[7]

Das Kakuichi-Buch

Das Kakuichibon 覚一本 ist eine Fassung des Heike monogatari, welche 1371 verschriftlicht wurde. Ihren Namen hat diese Fassung von dem Mönch Akashi Kakuichi明石覚一, der ein biwa hōshi aus dem 14. Jahrhundert war und diese Fassung des Heike monogatari-Stoffes begründet haben soll. Das Kakuichibon wird fällt unter die Kategorie der kataribon 語り本 (Rezitationsfassung) und wurde somit ursprünglich primär als vorgetragenes Textgut verstanden und wahrgenommen. Im Laufe der Zeit wurde es zur meist rezipiertesten Fassung des der Heike-Texttradition und wird somit in gewisser Weise heute als die „Standard-Fassung“ des Heike monogatari betrachtet.[8]

Die Kakuichibon-Fassung umfasst grundsätzlich 12 Bücher (kan巻 wtl. „Rolle), die wiederum in kleinere Abschnitte gegliedert sind. Manchmal wird der Epilog, der hinter die 12 Bücher angereiht ist, als ein eigenes vollwertiges Buch betrachtet, wodurch auch eine Zählung von 13 Büchern nicht ungewöhnlich ist. Da der Text dadurch eine gewisse Länge besitzt, aber eben hauptsächlich rezitiert wurde, sollte man jedoch bedenken, dass diese Fassung wohl sehr unwahrscheinlich in einer Rezitationsvorführung vollständig vorgetragen wurde, beziehungsweise vorgetragen werden konnte. Deswegen sollte man auch die Spannungsbögen des Textes in gewisser Weise auch episodisch betrachten, so wie er auch ursprünglich vorgetragen wurde.

Verweise

Verwandte Themen

Literatur

  • Mikael S. Adolphson, Anne Commons 2015
    „Blurring the lines: Repositioning the heike.“ In: Mikael S. Adolphson und Anne Commons (Hg.), Lovable Losers: The heike in action and memory. Honolulu: University of Hawai'i Press 2015, S. 1-14.
  • Kenneth Dean Butler 1966
    „The textual evolution of the Heike monogatari.“ Harvard Journal of Asiatic Studies 26 (1966), S. 5-51.
  • Hiroshi Kitagawa (Ü.) 1975
    The tale of the Heike. Tokyo: University of Tokyo Press 1975.
  • Yūga Mizusawa 2004
    Heike monogatari no aida. 2004.
  • Arthur Sadler (Ü.) 1972
    The ten foot square hut and tales of the Heike: being two thirteenth century Japanese classics, the "Hōjōki" and selections from the "Heike monogatari". Rutland, Vt. u.a.: Tuttle 1972.
  • Roland Schneider 2000
    „Pinsel, Schwert und Mönchsgewand: Das Heike monogatari als literarisches Werk.“ In: Franziska Ehmcke und Heinz-Dieter Reese (Hg.), Von Helden, Mönchen und Frauen: Die Welt des japanischen Heike-Epos. Köln: Böhlau 2000, S. 11-32.

Fußnoten

  1. Schneider 2000, S. 17
  2. Adolphson 2015, S. 1
  3. Mizusawa 2004, N.N. 2005
  4. Mizusawa 2004, N.N. 2005
  5. Mizusawa 2004
  6. Yamasaki 2007
  7. Mizusawa 2004
  8. Butler 1966, S. 7

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:

  1. Heike monogatari.jpg
    Heike monogatari Kalligraphie
    Bild © El divino risueño. (Letzter Zugriff: 2021/9/12)
    Das Gedicht zu Beginn des Heike monogatari:
    Originalwortlaut romaji-Umschrift Übersetzung (P.G.O'Neill)
    祇園精舎の鐘の聲 Gion shōja no kane no koe The knell of the bells at the Gion temple
    諸行無常の響あり shogyō mujō no hibiki ari echoes the impermanence of all things.
    娑羅雙樹の花の色 shara sōju no hana no iro The colour of the flowers on its double-trunked tree
    盛者必衰のことわりをあらはす jōsha hissui no kotowari o arawasu reveals the truth that to flourish is to fall.
    おごれる人も久しからず ogoreru hito mo hisashikarazu He who is proud is not so for long,
    唯春の夜の夢のごとし tada haru no yo no yume no gotoshi like a passing dream on a night in spring.
    たけき者も遂にほろびぬ takeki mono mo tsui ni horobinu He who is brave is finally destroyed,
    偏に風の前の塵に同じ hitoe ni kaze no mae no chiri ni onaji to be no more than dust before the wind.