Ennin: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kamigraphie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Änderung 35565 von Jun Lév (Diskussion) rückgängig gemacht.)
Zeile 8: Zeile 8:
 
|tod=864
 
|tod=864
 
|sterbeort=  Kyōto 京都
 
|sterbeort=  Kyōto 京都
|periode= frühe Heian-Zeit (794–970)
+
|periode= Heian-Zeit  
 
|sonstige_namen=Jikaku Daishi Ennin 慈覚大師円仁
 
|sonstige_namen=Jikaku Daishi Ennin 慈覚大師円仁
 
|verwandtschaft=
 
|verwandtschaft=
Zeile 18: Zeile 18:
 
[[Datei:Ennin-Statue.jpg|300x300px|miniatur|rechts|Bronzestatue Ennins in Iwafune-machi, Präfektur Tochigi]]  
 
[[Datei:Ennin-Statue.jpg|300x300px|miniatur|rechts|Bronzestatue Ennins in Iwafune-machi, Präfektur Tochigi]]  
  
Ennin 円仁 war ein buddhistischer Mönch der Tendai-Schule und lebte in der frühen Heian-Zeit (794–970).  Sein weltlicher Familienname war Mibu 壬生 (bzw. Mibu uji 壬生氏). Es heißt, dass sein Vorfahr Toyoki Irihiko no Mikoto 豊城入彦命 (o. J.), der erste Sohn [[Sujin Tennō|Sujin-Tennōs]] 崇神天皇 (148 v. Chr.–30 v. Chr.), war (vgl. Saeki 1989, S. 5).
+
Ennin 円仁 war ein buddhistischer Mönch der Tendai-Schule und lebte am Beginn der Heian-Zeit (794–1185).  Er entstammte der Familie der Mibu 壬生, einer Adelsfamilie der Kantō-Region, die sich auf Toyoki Irihiko no Mikoto 豊城入彦命, den ersten Sohn des semi-mythologischen Herrschers [[Sujin Tennō|Sujin-Tennō]] 崇神天皇 zurückführte.<ref>Vgl. Saeki 1989, S. 5.</ref> Ennin stammte also aus den höchsten Kreisen des Provinzadels.  
  
 
== Ennins Werdegang bis zur Ordinierung ==
 
== Ennins Werdegang bis zur Ordinierung ==
Ennin entstammt einer hochintellektuellen, kulturellen und nicht armen Familie. Deswegen hatte er auch Zugang zu Bildung. Vieles lernte er allerdings von seinem älteren Bruder.
+
Als Ennin neun Jahre alt war, ermutigte ihn seine Mutter im Tempel Daiji-ji 大慈寺 (in der heutigen Provinz Tochigi) unter dem Mönch Kōchi 広智  zu studieren (vgl. Saeki 1989, S. 16f.). Dieser wiederum pflegte enge Beziehungen zu [[Saichō]] 最澄 (767–822), den Begründer der [[Tendai]]-Schule.  
 +
Mit fünfzehn Jahren, im Jahr 808, begleitete er seinen Lehrer auf einem Besuch im Tendai-Haupttempel Enryaku-ji 延暦寺 und wurde Saichō vorgestellt.  Dieser machte ihn darauf kurzerhand zu seinem eigenen Schüler. <ref>Saeki 1989, S. 33.</ref>
  
Als Ennin neun Jahre alt war ermutigte ihn seine Mutter im Daiji-Tempel 大慈寺 unter dem Mönch Kōchi 広智 (o. J.) zu lernen (vgl. Saeki 1989, S. 16f.).
+
814, mit 20, bestand er die nötigen staatlichen Examen, trat im Jahr darauf die Mönchsschaft (''shukke'' 出家) an und wurde schließlich 816 im Tōdaiji in Nara zum vollwertigen Mönch geweiht (zur damaligen Zeit konnte diese Weihe noch nicht von der Tendai-Schule selbst vorgenommen werden). Im Jahr darauf begleitete er Saichō auf einer Missionstour durch diverse Provinzen und suchte dabei auch seine Heimat wieder auf.  
Der Daiji-Tempel pflegte enge Beziehungen zur [[Tendai]]-Schule.
+
Mit fünfzehn Jahren, im dritten Jahr der Daidō-Ära 大同 (808), stieg Ennin auf den [https://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Bauten/Bekannte_Tempel#_enryakuji Berg Hie] 比叡山, den Klosterberg der Tendai-Schule im Nordosten Kyōtos. Es wird gesagt, dass er Kōchi dorthin begleitete, dort erstmals auf [[Saichō]] 最澄 (767–822), den Tendai-Abt des dortigen Enryaku-Tempels 延暦寺 und Begründer der japanischen Tendai-Lehre, traf und geradewegs sein Schüler wurde (vgl. Saeki 1989, S. 33).
+
== Die siebzehnte Japanische Gesandtschaft ==
  
== Die siebzehnte Japanische Gesandtschaft ==
 
 
[[Datei:Reich der T'ang Dynastie 848 n. Chr..png|300x300px|miniatur|rechts|Reich der Táng Dynastie 848 n. Chr.]]
 
[[Datei:Reich der T'ang Dynastie 848 n. Chr..png|300x300px|miniatur|rechts|Reich der Táng Dynastie 848 n. Chr.]]
Im zweiten Jahr der Jōwa-Ära 承和 (835), wurde Ennin als sogenannter ''shōyakusō'' 請益僧 für die siebzehnte Japanische Gesandtschaft in das China der Táng-Dynastie (618–907) gewählt (vgl. Saeki 1989, S. 55). Dies war die letzte Gesandtschaft ins Táng-Reich und auch bis ins neunzehnte Jahrhundert die letzte, die vom japanischen kaiserlichen Hof ins Ausland geschickt wurde (vgl. Reischauer 1963, S. 48).
 
  
Im Jahr 838 n. Chr. brach Ennin auf zu einer neuneinhalb Jahre dauernden Reise in das mächtige Táng-Reich in China, um dort neue buddhistische Texte und weitere Aufklärungen über seinen Glauben zu suchen. Am dreizehnten Tag des sechsten Monats des Jahres 838 begann Ennin auf dem Schiff mit seinen Aufzeichnungen. Ab diesem Zeitpunkt hielt er seine Beobachtungen in mehreren Schriftrollen fest, in denen er als einer der ersten nicht-chinesischen Autoren die chinesische Gesellschaft beschrieb, aber auch andere Details wie beispielsweise Kaufpreise von diversen Nahrungsmitteln fanden Eingang in seine Notizen. Weiters hielt er Formulare und Briefe von chinesischen Beamten fest, aber auch Schriftstücke, die er selbst verfasst hat  (vgl. Reischauer 1963, S. 48, 153).
+
835 (Jōwa 2) wurde Ennin als sogenannter ''shōyakusō'' 請益僧 für die siebzehnte Japanische Gesandtschaft in das China der Tang-Dynastie (618–907) gewählt (vgl. ). Dies war die letzte Gesandtschaft ins Tang-Reich und sollte bis  ins neunzehnte Jahrhundert auch die letzte, die vom japanischen Hof entsandte Mission ins Ausland bleiben <ref>Saeki 1989, S. 55; Reischauer 1963, S. 48.</ref>. Einer der Gründe dafür lag im allgemeinen Niedergang der Tang-Dynastie, welcher ab 845 von anti-buddhistischen Ausschreitungen und Verfolgungen begleitet war. In Japan hingegen blieb das Verhältnis zwischen  Buddhismus und Staatsmacht weitgehend ungetrübt.
  
Am 21. Tag des siebten Monats ging Ennin und Ensai 円載 (o. J. – 877), ein Mönchsstudent, in Yángzhōu an Land. Dort verfassten sie eine Bittschrift an den sie begleitenden japanischen Großgesandten, in der sie ihn baten, eine Erlaubnis zu erwirken, dass sie zum Berg Tiāntāi, dem Gründungsort ihrer Glaubensrichtung, reisen dürften. Der zuständige Bezirkskommandeur stellte sich jedoch quer und veranlasste eine Absage.
+
Im Jahr 838 brach Ennin nach China auf, um dort insgesamt neuneinhalb Jahre zu verbleiben. Der primäre Zweck der Reise, der sich auch im Titel seines Reisetagebuchs niederschlug, war die „Suche nach dem Dharma“, konkret die Sammlung bislang unbekannter buddhistischer Texte um das buddhistische Wissen in Japan zu vertiefen, sowie die Schulung bei Mönchen der chinesischen Tiantai (Tendai) Tradition. Das Ziel seiner Reise war daher auch das Zentrum der Schule, Berg Tiantai in der südchinesischen Provinz Zhejiang. Die Mission selbst wurde von einem weltlichen Gesandten geleitet, der andere Ziele verfolgte, den Mönchen in seinem Gefolge aber wohl gesonnen war.
Wiederholt versuchten Ennin und der japanische Großgesandte eine Erlaubnis für die Pilgerfahrt zu erwirken.
 
  
Als das Ende des Aufenthaltes der Gesandtschaft näher kam, erreichte die beiden eine weitere Absage, diesmal mit der Begründung, dass die Zeit für eine Pilgerreise nicht mehr ausreiche.
+
Am dreizehnten Tag des sechsten Monats des Jahres 838 begann Ennin auf dem Schiff mit seinen umfangreichen Aufzeichnungen. Sein Reisetagebuch, das ''Nittō guhō junreikōki'' 入唐求法巡禮行記 (Bericht einer Pilgerreise ins Tangreich, auf der Suche nach dem Dharma), gilt als der erste Bericht eines nicht-chinesischen Autors über die chinesische Gesellschaft überhaupt und ist daher auch außerhalb der Religionsgeschichte von unschätzbarem Wert. U.a. beschrieb Ennin auch  Details wie beispielsweise die Kaufpreise von diversen Nahrungsmitteln oder hielt Formulare und Briefe von chinesischen Beamten fest.<ref>Reischauer 1963, S. 48, 153.</ref>
Nur Ensai erhielt die Erlaubnis, da er Student war, für fünf Jahre in China zu bleiben. Für diese Zeit wurde er von der japanischen Regierung mit finanziellen Mitteln unterstützt, wie es auch die Voraussetzung der chinesischen Regierung war (vgl. Reischauer 1963, S. 76–82, vgl. Saeki 1989, S. 82ff., 101).
 
  
Der japanische Großgesandte sorgte dafür, dass Ensai und seine beiden Begleiter alsbald zum Berg Tiāntāi abreisen durften. Ennin gab Ensai die Liste von Fragen, die er über die Lehre beantwortet haben wollte, mit (vgl. Reischauer 1963, S. 85).
+
Nach mehrwöchiger Schiffsreise erreichte die Mission in Yángzhōu (nördlich des Yangtse-Deltas) chinesisches Land. Dort versuchten  Ennin und sein Mitbruder Ensai 円載 (–877) mithilfe des japanischen Großgesandten eine offizielle Erlaubnis zu erwirken, nach Berg Tiāntāi weiter zu reisen. Der zuständige Bezirkskommandeur verweigerte diese Erlaubnis jedoch, trotz wiederholter Gesuche seitens Ennins und des japanische Großgesandten.
 +
Als das Ende des Aufenthaltes der Gesandtschaft näher kam, hieß es schließlich, dass die Zeit für eine Pilgerreise Ennins nicht mehr ausreiche, während
 +
Ensai, der den Status eines Mönchsstudenten hatte, für fünf Jahre in China bleiben durfte und daher die Pilgerfahrt antreten sollte. Für diese Zeit sollte er — in Übereinstimmung mit den damaligen diplomatischen Gepflogenheiten — von der japanischen Regierung mit finanziellen Mitteln unterstützt werden.<ref>Reischauer 1963, S. 76–82; Saeki 1989, S. 82ff., 101.</ref>
 +
Ennin trennte sich daher von Ensai, gab ihm jedoch eine detaillierte Liste von Fragen an den Klosterberg Tiantai mit.
  
 
=== Pilgerreise auf eigene Faust ===
 
=== Pilgerreise auf eigene Faust ===
  
Ennin erkannte schon längst die Schwierigkeiten, die die chinesische Bürokratie mit sich brachte und entschied, auf illegalem Wege seine Pilgerreise anzutreten. Der japanische Großgesandte war Ennin äußerst wohlbesonnen und gab ihm die Erlaubnis, inoffiziell in China zu verbleiben. Er unterstützte Ennin sogar finanziell. Aber auch dieses Vorhaben gestaltete sich alles andere als einfach. Bereits beim ersten Versuch wurden er und seine drei Begleiter von chinesischen Offizieren aufgegriffen. Ennin war bereits auf einem der abreisenden Schiffe der Gesandtschaft. Er hat es nur der damaligen Unwissenheit der Japaner ein Schiff zu steuern, korrekt zu Navigieren und auch der fehlenden meteorologischen Kenntnis zu verdanken, dass er noch Zeit für weitere Fluchtversuche hatte. Als sein Schiff abermals an die Küste zurückgetrieben wurde (an der Ankerbucht am Fuße des Berges Chi’ih), ging er und seine Begleiter auf dem nahegelegenen Berg Ch’ih in ein Kloster. Eigentlich wollte er sich dort verstecken, blieb aber natürlich nicht unentdeckt und musste sich wieder mit der chinesischen Bürokratie auseinandersetzen.
+
Ennin selbst entschied sich mit stillschweigender Duldung des jap. Gesandten, auf illegalem Wege seine Pilgerreise anzutreten, wurde allerdings von chinesischen Offizieren aufgegriffen und musste schließlich mit seiner Gesandtschaft den Rückweg antreten. Das Schiff geriet jedoch in Seenot und wurde abermals an die Küste zurückgetrieben. Diesmal konnte Ennin die Gelegenheit nützen, um mit drei Begleitern das nahe gelegene Kloster auf Berg Chi’ih aufzusuchen.  
 
[[Datei:Reiseroute bunt.jpeg|300x300px|miniatur|rechts|Reiseroute Ennins; zusätzlich eingezeichnet: Berg Wǔtái und Berg Tiāntāi ]]
 
[[Datei:Reiseroute bunt.jpeg|300x300px|miniatur|rechts|Reiseroute Ennins; zusätzlich eingezeichnet: Berg Wǔtái und Berg Tiāntāi ]]
Das Oberhaupt es Klosters verbürgte sich Ennin und seinen Begleitern und teilte den Zuständigen der Unterpräfektur schriftlich mit, dass sie sich im Kloster aufhalten, um der Hitze zu entgehen. Im Herbst lautete dann die weitere Stellungnahme, dass sie sich im Kloster aufhalten, um der Kälte zu entgehen. Zwei Mönche berichteten Ennin dort vom Berg Wǔtái, von den dortigen gelehrten Mönchen, den heiligen Wundern in jener Gegend und den Einzelheiten über den Weg dorthin. Aufgrund dessen beschloss Ennin, nicht mehr zum Berg Tiāntāi reisen zu wollen, sondern eben zum Berg Wǔtái (siehe Bild „Reiseroute Ennins“)  (vgl. Saeki 1989, S. 103, 105, 116, 133, 153; vgl. Reischauer 1963, S. 86–95, 103–106).
+
Das Oberhaupt es Klosters verbürgte sich für Ennin und seine Begleiter und erwirkte schließlich bei den örtlichen Behörden eine Aufenthaltsgenehmigung. Ennin wiederum erfuhr von örtlichen Mönchen dass der Klosterberg Berg Wǔtái in Nordchina dem Berg Tiāntāi in vieler Hinsicht überlegen wäre und änderte daraufhin sein Reiseziel entsprechend.<ref>Saeki 1989, S. 103, 105, 116, 133, 153; Reischauer 1963, S. 86–95, 103–106.</ref>
 
+
Schließlich fand er im koreanischen Konsul Chang Yǒng einen Unterstützer seiner Pläne und konnte seine Pilgerfahrt endlich doch auf legalem Wege ausführen.<ref>Reischauer 1963, S. 107f.</ref> 840, mit 47 Jahren, erreichte er schließlich den Wutai, wo er ein halbes Jahr blieb. Es folgte eine Besuch der Hauptstadt Changan
Ennin verdankte vor allem dem koreanischen Konsul Chang Yǒng seinen legalen Verbleib im Táng-Reich (vgl. Reischauer 1963, S. 107f.).
 
  
Auf seiner Reise fertigte Ennin Kopien jener Tiāntāi-Texte an, die es in Japan noch nicht gab. Darüber hinaus lernte er Sanskrit, um die alten buddhistischen Schriften des Māhāyana zu verstehen. Er lernte auch die theologischen und okkultischen Details des [http://www.thangka.de/Gallery-3/Cosmos/9-7/diamond-0.htm Kongōkai]- und des [http://www.thangka.de/Gallery-3/Cosmos/9-6/garbhadatu-0.htm Taizōkai]-Mandalas, auf denen die buddhistische Philosophie und Kosmologie schematisch dargestellt wird. Hierfür hatte er insgesamt vier Lehrer. Zuerst studierte er das Taizōkai-Mandala beim ersten Lehrer, dann das Kongōkai-Mandala beim zweiten und dritten Lehrer und beim vierten Lehrer verinnerlichte Ennin seine Sanskritkenntnisse. Als weiteren fünften Lehrer kann man einen Inder bezeichnen, der ihm die korrekte Aussprache des Sanskrit beibrachte (vgl. Reischauer 1963, S. 176–178).
+
Auf seiner Reise fertigte Ennin Kopien von Tiāntāi-Texten an, die es in Japan noch nicht gab. Darüber hinaus ließ er sich von verschiedenen Meistern im esoterischen Buddhismus (''mikkyō'' 密教) unterweisen und studierte das Ritualwesen und Ikonographie von Taizōkai- und Kongōkai-Mandala. Schließlich lernte er Sanskrit, um die originalen Schriften des Māhāyana Buddhismus zu studieren, und stieß dabei sogar auf einen indischen Mönch, der ihm die korrekte Aussprache des Sanskrit beibrachte.<ref>Reischauer 1963, S. 176–178.</ref>
  
Die letzte Notiz seiner Pilgerreise verfasste er am vierzehnten Tag des zwölften Monats im Jahre 847, noch vor Antritt seiner Rückreise nach Japan. Im selben Jahr kehrte er nach Japan zurück und wurde von seinen Mönchen auf dem Berg Hie freudig empfangen (vgl. Saeki 1989, S. 219ff.; vgl. Reischauer 1963, S. 297).
+
In der zweiten Hälfte seines Aufenthalts wurde Ennin Zeuge der anti-buddhistischen Maßnahmen unter Kaiser Wuzong (814–846), der sich dem Daoismus verschrieben hatte. Dies führte auch schließlich zu seiner Rückreise.
 +
Die letzte Notiz seiner Pilgerreise verfasste Ennin am vierzehnten Tag des zwölften Monats im Jahre 847, kurz vor Antritt seiner Rückreise nach Japan, wo er sich schließlich wieder im Kreise seiner Mitmönche auf dem Berg Hiei einfand.
  
 
== Zurück in Japan ==
 
== Zurück in Japan ==
  
Ein Jahr nach seiner Rückkehr nach Japan, erbaute er eine Halle auf dem Berg Hiei 比叡山. Diese Halle diente zu einer neunzigtägigen Meditation zur Verehrung [[Amida|Amidas]] 阿弥, in der man seine Gedanken auf Amida konzentrierte, den Namen Amidas anrief und dessen Statue rituell umschritt. Ennin wollte dadurch Kraft und Tiefe seiner Konzentration fördern und die Wiedergeburt im Reinen Land erlangen. Weiters wurde er zum Abt des Enryaku-Tempels ernannt (vgl. Wachtmann 2006, S. 105f.; vgl. Saeki 1989, S. 219ff.).
+
Ein Jahr nach seiner Rückkehr nach Japan, erbaute er eine Halle auf dem Berg Hiei. Diese Halle diente zu einer neunzigtägigen Meditation zur Verehrung [[Amida|Amidas]] 阿弥, in der man seine Gedanken auf Amida konzentrierte, den Namen Amidas anrief und dessen Statue rituell umschritt. Ennin wollte dadurch Kraft und Tiefe seiner Konzentration fördern und die Wiedergeburt im Reinen Land erlangen. Weiters wurde er zum Abt des Enryaku-Tempels ernannt (vgl. Wachtmann 2006, S. 105f.; vgl. Saeki 1989, S. 219ff.).
  
 
== Ennins letzter Wille ==
 
== Ennins letzter Wille ==

Version vom 21. März 2017, 16:53 Uhr

Ennin-Statue2.jpg
Seiten-Infobox
Themengruppe Personen (Einzelpersonen, Familien, Gruppen)
Name Ennin 円仁
Lebenszeit geb. 794 in Shimotsuke 下野 (Präfektur Tochigi 栃木市), gest. 864 in Kyōto 京都 (Heian-Zeit)
Sonstige Namen Jikaku Daishi Ennin 慈覚大師円仁
Funktion, Amt Mönch
Bemerkung buddhistischer Mönch der Tendai-Schule
Bronzestatue Ennins in Iwafune-machi, Präfektur Tochigi

Ennin 円仁 war ein buddhistischer Mönch der Tendai-Schule und lebte am Beginn der Heian-Zeit (794–1185). Er entstammte der Familie der Mibu 壬生, einer Adelsfamilie der Kantō-Region, die sich auf Toyoki Irihiko no Mikoto 豊城入彦命, den ersten Sohn des semi-mythologischen Herrschers Sujin-Tennō 崇神天皇 zurückführte.[1] Ennin stammte also aus den höchsten Kreisen des Provinzadels.

Ennins Werdegang bis zur Ordinierung

Als Ennin neun Jahre alt war, ermutigte ihn seine Mutter im Tempel Daiji-ji 大慈寺 (in der heutigen Provinz Tochigi) unter dem Mönch Kōchi 広智 zu studieren (vgl. Saeki 1989, S. 16f.). Dieser wiederum pflegte enge Beziehungen zu Saichō 最澄 (767–822), den Begründer der Tendai-Schule. Mit fünfzehn Jahren, im Jahr 808, begleitete er seinen Lehrer auf einem Besuch im Tendai-Haupttempel Enryaku-ji 延暦寺 und wurde Saichō vorgestellt. Dieser machte ihn darauf kurzerhand zu seinem eigenen Schüler. [2]

814, mit 20, bestand er die nötigen staatlichen Examen, trat im Jahr darauf die Mönchsschaft (shukke 出家) an und wurde schließlich 816 im Tōdaiji in Nara zum vollwertigen Mönch geweiht (zur damaligen Zeit konnte diese Weihe noch nicht von der Tendai-Schule selbst vorgenommen werden). Im Jahr darauf begleitete er Saichō auf einer Missionstour durch diverse Provinzen und suchte dabei auch seine Heimat wieder auf.

Die siebzehnte Japanische Gesandtschaft

Reich der Táng Dynastie 848 n. Chr.

835 (Jōwa 2) wurde Ennin als sogenannter shōyakusō 請益僧 für die siebzehnte Japanische Gesandtschaft in das China der Tang-Dynastie (618–907) gewählt (vgl. ). Dies war die letzte Gesandtschaft ins Tang-Reich und sollte bis ins neunzehnte Jahrhundert auch die letzte, die vom japanischen Hof entsandte Mission ins Ausland bleiben [3]. Einer der Gründe dafür lag im allgemeinen Niedergang der Tang-Dynastie, welcher ab 845 von anti-buddhistischen Ausschreitungen und Verfolgungen begleitet war. In Japan hingegen blieb das Verhältnis zwischen Buddhismus und Staatsmacht weitgehend ungetrübt.

Im Jahr 838 brach Ennin nach China auf, um dort insgesamt neuneinhalb Jahre zu verbleiben. Der primäre Zweck der Reise, der sich auch im Titel seines Reisetagebuchs niederschlug, war die „Suche nach dem Dharma“, konkret die Sammlung bislang unbekannter buddhistischer Texte um das buddhistische Wissen in Japan zu vertiefen, sowie die Schulung bei Mönchen der chinesischen Tiantai (Tendai) Tradition. Das Ziel seiner Reise war daher auch das Zentrum der Schule, Berg Tiantai in der südchinesischen Provinz Zhejiang. Die Mission selbst wurde von einem weltlichen Gesandten geleitet, der andere Ziele verfolgte, den Mönchen in seinem Gefolge aber wohl gesonnen war.

Am dreizehnten Tag des sechsten Monats des Jahres 838 begann Ennin auf dem Schiff mit seinen umfangreichen Aufzeichnungen. Sein Reisetagebuch, das Nittō guhō junreikōki 入唐求法巡禮行記 (Bericht einer Pilgerreise ins Tangreich, auf der Suche nach dem Dharma), gilt als der erste Bericht eines nicht-chinesischen Autors über die chinesische Gesellschaft überhaupt und ist daher auch außerhalb der Religionsgeschichte von unschätzbarem Wert. U.a. beschrieb Ennin auch Details wie beispielsweise die Kaufpreise von diversen Nahrungsmitteln oder hielt Formulare und Briefe von chinesischen Beamten fest.[4]

Nach mehrwöchiger Schiffsreise erreichte die Mission in Yángzhōu (nördlich des Yangtse-Deltas) chinesisches Land. Dort versuchten Ennin und sein Mitbruder Ensai 円載 (–877) mithilfe des japanischen Großgesandten eine offizielle Erlaubnis zu erwirken, nach Berg Tiāntāi weiter zu reisen. Der zuständige Bezirkskommandeur verweigerte diese Erlaubnis jedoch, trotz wiederholter Gesuche seitens Ennins und des japanische Großgesandten. Als das Ende des Aufenthaltes der Gesandtschaft näher kam, hieß es schließlich, dass die Zeit für eine Pilgerreise Ennins nicht mehr ausreiche, während Ensai, der den Status eines Mönchsstudenten hatte, für fünf Jahre in China bleiben durfte und daher die Pilgerfahrt antreten sollte. Für diese Zeit sollte er — in Übereinstimmung mit den damaligen diplomatischen Gepflogenheiten — von der japanischen Regierung mit finanziellen Mitteln unterstützt werden.[5] Ennin trennte sich daher von Ensai, gab ihm jedoch eine detaillierte Liste von Fragen an den Klosterberg Tiantai mit.

Pilgerreise auf eigene Faust

Ennin selbst entschied sich mit stillschweigender Duldung des jap. Gesandten, auf illegalem Wege seine Pilgerreise anzutreten, wurde allerdings von chinesischen Offizieren aufgegriffen und musste schließlich mit seiner Gesandtschaft den Rückweg antreten. Das Schiff geriet jedoch in Seenot und wurde abermals an die Küste zurückgetrieben. Diesmal konnte Ennin die Gelegenheit nützen, um mit drei Begleitern das nahe gelegene Kloster auf Berg Chi’ih aufzusuchen.

Reiseroute Ennins; zusätzlich eingezeichnet: Berg Wǔtái und Berg Tiāntāi

Das Oberhaupt es Klosters verbürgte sich für Ennin und seine Begleiter und erwirkte schließlich bei den örtlichen Behörden eine Aufenthaltsgenehmigung. Ennin wiederum erfuhr von örtlichen Mönchen dass der Klosterberg Berg Wǔtái in Nordchina dem Berg Tiāntāi in vieler Hinsicht überlegen wäre und änderte daraufhin sein Reiseziel entsprechend.[6] Schließlich fand er im koreanischen Konsul Chang Yǒng einen Unterstützer seiner Pläne und konnte seine Pilgerfahrt endlich doch auf legalem Wege ausführen.[7] 840, mit 47 Jahren, erreichte er schließlich den Wutai, wo er ein halbes Jahr blieb. Es folgte eine Besuch der Hauptstadt Changan

Auf seiner Reise fertigte Ennin Kopien von Tiāntāi-Texten an, die es in Japan noch nicht gab. Darüber hinaus ließ er sich von verschiedenen Meistern im esoterischen Buddhismus (mikkyō 密教) unterweisen und studierte das Ritualwesen und Ikonographie von Taizōkai- und Kongōkai-Mandala. Schließlich lernte er Sanskrit, um die originalen Schriften des Māhāyana Buddhismus zu studieren, und stieß dabei sogar auf einen indischen Mönch, der ihm die korrekte Aussprache des Sanskrit beibrachte.[8]

In der zweiten Hälfte seines Aufenthalts wurde Ennin Zeuge der anti-buddhistischen Maßnahmen unter Kaiser Wuzong (814–846), der sich dem Daoismus verschrieben hatte. Dies führte auch schließlich zu seiner Rückreise. Die letzte Notiz seiner Pilgerreise verfasste Ennin am vierzehnten Tag des zwölften Monats im Jahre 847, kurz vor Antritt seiner Rückreise nach Japan, wo er sich schließlich wieder im Kreise seiner Mitmönche auf dem Berg Hiei einfand.

Zurück in Japan

Ein Jahr nach seiner Rückkehr nach Japan, erbaute er eine Halle auf dem Berg Hiei. Diese Halle diente zu einer neunzigtägigen Meditation zur Verehrung Amidas 阿弥, in der man seine Gedanken auf Amida konzentrierte, den Namen Amidas anrief und dessen Statue rituell umschritt. Ennin wollte dadurch Kraft und Tiefe seiner Konzentration fördern und die Wiedergeburt im Reinen Land erlangen. Weiters wurde er zum Abt des Enryaku-Tempels ernannt (vgl. Wachtmann 2006, S. 105f.; vgl. Saeki 1989, S. 219ff.).

Ennins letzter Wille

Vor seinem Tod verfasste Ennin ein Testament mit dreizehn Bitten. Eine dieser Bitten beinhaltete den Wunsch, keine prunkvolle Begräbnisstätte zu bekommen. Er wollte nur eine einfache Beisetzung und als einziges sichtbares Merkmal soll auf seinem Grab ein Baum gepflanzt werden. Er schrieb weiters, dass es in höchsten Maße beschämend für ihn wäre, würde ihm ein Ahnentempel errichtet werden. Im Jahre 864 erkrankte Ennin an Gelbfieber und erlag dieser Krankheit. Seiwa-Tennō 清和天皇 (850–880) war sehr bestürzt über Ennins Tod und bekundete seine Trauer in einer schriftlichen Meldung. Ennins Wunsch auf eine einfache Beisetzung kamen ihm seine Mönche natürlich nach. Postum bekam er den Ehrentitel Jikaku Daishi 慈覚大師 verliehen (vgl. Saeki 1989, S. 254, 256f., 263).

Literatur

Primärliteratur

  • Ennin 円仁 (1984) 10: Nittō guhō junrei gyōki. 1. 入唐求法巡礼行記. Übers. Kiroku Adachi 足立喜六; Mitarb. Ryōdō Shioiri 塩入良道. Tōkyō: Heibonsha.
  • Ennin 円仁 (1985): Nittō guhō junrei gyōki. 2. 入唐求法巡礼行記. Übers. Kiroku Adachi 足立喜六; Mitarb. Ryōdō Shioiri 塩入良道. Tōkyō: Heibonsha.

Sekundärliteratur

  • Beck, Hanno. (1971): Große Reisende. Entdecker und Erforscher unserer Welt. München.
  • Chen, Jinhua (1999): Making and remaking history: a study of Tiantai sectarian historiography. Tōkyō: Internat. Inst. for Buddhist Studies.
  • Groner, Paul (2000): Saichō: the establishment of the Japanese Tendai School. Honolulu: Univ. of Hawaii Press.
  • Huang, Zhihai (2015): Sukhavati kennenlernen: das Amitabha-Buddha Sutra. Amitābha-sūtra. Übers. Liya Fette, Liya. Oldenburg i.O.: Desina.
  • Kanno, Hiroshi (2010) 10: Hokekyō nyūmon. 法華経入門. Tōkyō : Iwanami Shoten.
  • Kiuchi, Gyoo (1980): „Ennin’s Ideas on Buddhist Disciplinary Practices”. In: Journal of Indian and Buddhist Studies (Indogaku Bukkyogaku Kenkyu), Vol 28 (2). 745–750.
  • Kiyota, Minoru (Hrsg.) (1978): Mahāyāna Buddhist meditation : theory and practice. Honolulu: Univ. Press of Hawaii.
  • Kumārajīva (2009): Lotos-Sutra: das große Erleuchtungsbuch des Buddhismus. Saddharmapundarīka-sūtra. Übers. Margareta von Borsig. Freiburg, Wien u. a.: Herder.
  • Michimoto, Tesshin 道元徹心 (Hrsg.) (2012): Tendai: Hiei ni hibiku Hotoke no koe. 天台: 比叡に響く仏の声. Kyōto: Jishōsha Shuppan
  • Palmer, Jesse D. (2009): Searching for the law: Ennin’s Journal as a key to the Heian appropriation of Tang culture. Ann Arbor, MI.: ProQuest.
  • Petzold, Bruno; Hammitzsch, Horst (Hrsg.) (1982): Die Quintessenz der T'ien-t'ai-(Tendai-)Lehre: eine komparative Untersuchung. Wiesbaden : Harrassowitz.
  • Payne, Richard K. (2004): Approaching the land of bliss: religious praxis in the cult of Amitābha. Honolulu: Univ. of Hawai'i
  • Reischauer, Edwin. O. (1955): Ennin’s travels in T’ang China. New York: Ronald Press.
  • Reischauer, Edwin. O. (1955): Ennin’s diary: the record of a pilgrimage to China in search of the law. Ru tang qiu fa xun li xing ji. New York: Ronald Press.
  • Reischauer, Edwin. O. (1963): Die Reisen des Mönchs Ennin: neun Jahre im China des neunten Jahrhunderts. Übers. Annelotte Piper. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Saeki, Arikiyo 佐伯有清 (1989): Ennin 円仁. Tōkyō: Nihon Rekishi Gakkai.
  • Saso, Michael (1990): Tantric art and meditation: the Tendai tradition. Honolulu: Tendai Educational Foundation.
  • Suzuki, Beatrice L. (1990): Mahayana Buddhism. London u.a.: Allen & Unwin.
  • Swanson, Paul L. (1989): Foundations of T'ien-T'ai philosophy: the flowering of the two truths theory in Chinese Buddhism. Berkeley, CA: Asian Humanities Press.
  • Wachtmann, Hans G. (2006): Skulptur im alten Japan. Von den Anfängen bis zum 13. Jahrhundert. München.
  • Ziporyn, Brook A. (2000): Evil and/or/as the good: omnicentrism, intersubjectivity and value paradox in Tiantai Buddhist thought. Cambridge, MA u. a.: Harvard Univ. Press.

Externe Links

  1. Vgl. Saeki 1989, S. 5.
  2. Saeki 1989, S. 33.
  3. Saeki 1989, S. 55; Reischauer 1963, S. 48.
  4. Reischauer 1963, S. 48, 153.
  5. Reischauer 1963, S. 76–82; Saeki 1989, S. 82ff., 101.
  6. Saeki 1989, S. 103, 105, 116, 133, 153; Reischauer 1963, S. 86–95, 103–106.
  7. Reischauer 1963, S. 107f.
  8. Reischauer 1963, S. 176–178.