Exzerpt:Nakano 2002, Hachiman als lokaler Schutzgott

Aus Kamigraphie
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Themengruppe Exzerpte
Behandeltes Werk „Matsuri no fukkō to mura no chinju“ 祭りの復興と村の鎮守 in:
Hayatoshi Nakano (Hg.) 2002
Hachiman shinkō jiten. Tokyo: Ebisu Kōshō 2002. (S.a. Sieben Stichworte zum Hachiman Glauben.)
, S. 59–61
Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Hachiman-no-pedia verfasst.

Hachiman und die daimyō der Edo-Zeit

Bekanntlich setzte sich die Herrschaft der Krieger auch in der Edo–Zeit 江戸時代 (1603-1868) fort. Hachiman 八幡神 wurde von ihnen als Kriegsgott verehrt. Viele daimyō 大名 ließen neue Burgstädte bauen und setzten Hachiman als Schutzgott dieser Städte ein. Um diesen Zweck zu erfüllen, ließen sie Hachiman-Schreine errichten, wie zum Beispiel den Ōsaki Hachiman-gū 大崎八幡宮 durch die Date Familie 伊達氏 aus Sendai 仙台 oder den Utatsu Hachiman-gū 卯辰八幡宮 in Kanazawa 金沢 von der Maeda-Familie 前田氏. Hachiman Schreine wurden zum Kern der religiösen Feste und sie erfüllten auch die Funktion, die Solidarität der Stadtgemeinschaft zu verstärken.

Aber es gab auch Ausnahmen. Der Feudalherr des Herrschaftsgebiets Mito 水戸藩 Tokugawa Mitsukuni 徳川光圀 (1628–1701), auch bekannt als Kōmon-sama 黄門さま, war ein lerneifriger Mensch, war als Herausgeber des Buches Dai-nihon-shi 大日本史 bekannt und fühlte sich aus Interesse zum Shintō 神道 hingezogen. Er war der Ansicht, dass Hachiman nicht als Hausgott der Familie Genji 源氏 angesehen werden kann. Er ließ die Schreinuntersuchung Hachiman shirabe 八幡調べ durchführen und zahlreiche Hachiman Schreine innerhalb seines Herrschaftsgebiets umbenennen oder zerstören. Der Grund dafür lag wohl in der Tatsache, dass es keine Eintragungen in der klassischen Literatur des Hachiman im Kojiki und Nihon shoki gab. Zudem wurde er als Hachiman Daibosatsu 八幡大菩薩 zum Gegenstand des Synkretismus von Shintō mit Buddhismus. Tokugawa Mitsukunis Aktionen stehen in engem Zusammenhang mit den Untersuchungen über die Zahl der verehrten Gottheiten, religiösen Feste und Herkünfte der Schreine im ganzen Land, die er ungefähr ab der Kanbun-Zeit 寛文時代 (1661-1673) durchführen ließ. Durch diese Untersuchungen traf er Vorbereitungen, um die oben erwähnten Aktionen exakt durchzuführen.

Andererseits gab es schon in alten Zeiten Schreine, die Hachiman geweiht waren, wie z.B. im Usa Schrein 宇佐 und Iwashimizu Schrein 石清水八幡宮, die im engen Zusammenhang mit dem Kaiserhof 朝廷 standen. Zwar wurden viele Zeremonien durch den Verlust der Macht der Kaiserfamilie im Mittelalter abgeschafft, aber als sich das Verhältnis zwischen Kaiserhof und bakufu 幕府 ab Mitte der Edo-Zeit stabilisierte, entstand im bakufu die Idee der Kaisertreue und viele kaiserliche Zeremonien wurden reaktiviert.

Im Jahr Enpō 7 延宝 (1679), wurde das am 15. Tag des 8 Monats stattfindende Fest zur Freilassung der Tiere hōjō-e 放生会, das auch als Südfest 南際 bezeichnet wird, nach über 200 Jahren im Tokyo Iwashimizu Schrein wieder eingeführt. Im Jahr Bunka 10 文化 (1813), im 3. Monat, wurde das Rinjifest 臨時際, dessen Durchführung seit dem Jahr Eikyō 4 永享 (1432) unterbrochen war, ebenfalls wieder eingeführt. Im ersten Jahr der Enkyō Zeit 延享時代 (1744) wurde im 9. Monat am 25. Tag ein Bote des Kaiserhofes zu den beiden Schreinen Usa und Kashii 香椎 in Kyūshū entsendet. Dies war seit dem Jahr Shōan 3 正安 (1300) unterbrochen. Von da an wurden in beiden Schreinen im Kinoene Jahr 甲子, das alle 60 Jahre wiederkehrt (nach dem Kalenderglauben fanden in solchen Jahren große Veränderungen statt), genauer gesagt im ersten Bunka Jahr (1803) und im ersten Genji 元治 Jahr (1864), von kaiserlichen Boten heihaku 幣帛(= Opfer für die Götter) dargebracht.

Durch die kaiserlichen Boten, die entlang der Hauptstraßen schritten, kam es zu einer Art Trennung von kami und Buddhas, indem man die Steinstatuen und Steinsäulen unter Strohmatten versteckt hatte. Den buddhistischen Mönchen war es nicht gestattet einen kaiserlichen Boten während der feierlichen Prozession zu beobachten, und beim Kashii Schrein wurde ihnen sogar die Teilnahme an den Opferzeremonien verwehrt. Obwohl die Mönche den Schrein leiteten, waren nur shintoistische Priester befugt an den Opferzeremonien teilzunehmen. Man beachte, dass dies eine Vorwegnahme der Trennung von Buddhas und kami am Ende der Tokugawa-Zeit 徳川時代 (Meiji Restauration) darstellt. Schließlich wurde auch das Yabusame-shinji 流鏑馬神事, das allerdings keine kaiserliche Zeremonie ist, wieder eingeführt. Im 13. Jahr Kyōhō 享保 (1728) hat es den Ana Hachiman Schrein 穴八幡神社 in Takadanobaba 高田馬場 in Bezirk Shinjuku 新宿区 wieder aufleben lassen.

Hachiman-Schreine in den Dörfern

Als nächstes schauen wir uns die Hachiman-Schreine in den Dörfern an. Toyotomi Hideyoshi 豊臣秀吉 (1537-1598) beendete das alte Shōen-System shōenseido 荘園制度 und führte etwa zur selben Zeit das katanagari 刀狩り durch. Katanagari war die Entwaffnung der Bauern, um die soziale Stellung von Bauern und Kriegern klar voneinander zu trennen. Gleichzeitig sammelten sich die in den Dörfern lebenden Krieger in den Burgstädten. Dadurch lebten in den Dörfern nur noch die Bauern. Dies brachte zwei große Veränderungen mit sich:

  1. Die Aufgabe der Erhaltung der Schreine in den Dörfern, die bisher die Krieger übernahmen, wurde nun von den Bauern übernommen.
  2. Taikokenchi 太閤検地 ist die von Hideyoshi angeordnete Landvermessung. Hideyoshi ließ den überwiegenden Teil des Landbesitzes von Schreinen konfiszieren. Dadurch, dass sie verarmten, waren sie wirtschaftlich auf die Hilfe der Dorfbewohner angewiesen. Zwar bekamen später einige Schreine einen Teil des Landbesitzes zurück, doch war dies zumeist auf eine geringe Fläche beschränkt, die nur einen Jahresertrag von 10 koku 石 Reis (ca. 2,8 Tonnen) einbrachten, sodass es für sie unmöglich war sich selbst zu erhalten. Durch diese zwei großen Veränderungen, wurde Hachiman nicht als Kriegsgott einer Gruppe/Einzelperson oder als Hausgott einer Familie angesehen, sondern änderte sich zu einer Lokalgottheit des ganzen Dorfes, zu der man für den Wohlstand der Gemeinschaft, Friede und reiche Ernte betete. Auch heute noch bestimmt dieser Charakter die Hachiman Schreine in der ländlichen Gegend.

In der obigen Darstellung kann man zwei große Ströme bei der Entwicklung des Edo-zeitlichen Hachimanglaubens verfolgen.

  1. Hachiman wurde vom Kaiserhof, bakufu und auch den daimyō verehrt und geschützt. Dadurch wurden verschiedene Feste mit den alten und großen Schreinen als Zentrum wiedereingeführt, was zur Verbreitung des Glaubens beigetragen hat.
  2. Es bildete sich in ländlichen Gebieten die heute noch bestehende Form des dörflichen Hachiman Schreins heraus, in dem Hachiman als Lokalgottheit und Beschützer des gesamten Dorfes fungiert und diese Rolle auch heute noch einnimmt.

Durch diese zwei Ströme damals wurde Hachiman einerseits auf staatlicher Ebene stärker verehrt und andererseits breitete sich auch seine Verehrung auf dörflicher Ebene aus. Hachiman ist daher tief mit dem Leben der Menschen verwurzelt.