Exzerpt:Whitehead 2013
Themengruppe | Exzerpte |
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Behandeltes Werk |
Andrew K. Whitehead erforscht mit seinem Essay Sex and a Drinking Song: The Ethics of Ikkyu Sojun den Amoralismus von Ikkyu, und des Zen. Gegenüber existierenden Standpunkten zur Ethik des Zen geht der Author von Meta-Ethik aus, und betrachtet die Gedichte und Verhaltensweisen des Ikkyus aus einer neuen Perspektive. Im Laufe des Aufsatzes werden Authoritätskonstrukte des Zen hinterfragt und schließlich erklärt, wie das Verhalten des Ikkyu aus gewisser Perspektive nicht verwerflich, sondern als konstruktiv verstanden werden kann. Im Folgenden fasse ich den Essay kurz zusammen.
Amoralismus des Ikkyu
Da Ikkyu als der "verrückte Mönch" bekannt war, der seinen Namen durch das Brechen von Regeln machte (wie beispielsweise das Trinken von Alkohol, Fleisch Essen, Bordellbesuche), ist es schwierig, Ikkyus Werke nach Ethik im konventionellen Sinn zu untersuchen. Während zuvor versucht wurde, einen Ethikbegriff so auszulegen, dass Ikkyu als tugendhaft gilt, war das Resultat aus Sicht von Whitehead nicht zufriedenstellend oder zielführend. Stattdessen möchte er Ikkyus Ethik als Meta-Ethik interpretieren.
Ikkyu und Authorität
Ikkyus Verstöße drücken somit eine Perspektive aus, in der es keine moralische Wertung gibt. Das Ideal der Bodhisattva verlangt eine nicht-normative und nicht-ethische Perspektive, durch welche vermeintliche Verstöße doch keine sind. Mit diesem Ansatz ist Ikkyus Handeln gut, da es Leid mindert, ungeachtet dessen, wie sich dieses Handeln im Kontext der gesellschaftlichen moralischen Wertung einordnet. Ikkyu vertrat nun die Ansicht, dass niemand seine Verstöße anfechten kann, da sein Verständnis unübertroffen wäre. So dürften andere Mönche ihm sein Verhalten nicht vorwerfen, da diese selbst nicht die Erleuchtung hätten, um eben jenes begreifen zu können. Während er zugab, "verrückt" zu sein, galt dies nur mit der Fußnote, dass diese wahrgenommene Verrücktheit lediglich auf das Unverständnis seiner Genossen zurückzuführen wäre. Da das Auflösen die Leidminderung durch Auflösen von wertenden Ansichten eines der Ziele des Buddhismus ist, sei es daher wichtig, normative Ethik zurückzulassen.
Meta-Ethik
Gegenwärtige Philosophie über Moralität unterscheidet zwischen zwei Doktrinen. Eine davon besteht aus normativen ethischen Urteilen, welche Handlungen und Personen als gut oder schlecht, richtig oder falsch einstufen. Die zweite ist der Ansatz der Meta-Ethik und besteht aus der Betrachtung und Bewertung von existierenden normativen Wertungen. "Normative Ethik urteilt über Handlungen und Handelnde, Metaethik analysiert eben diese Urteile".
Da er auch über moralische Gebote und Regeln der Zen Glaubensmänner schreibt und diese hinterfragt, ist in vielen Gedichten des Ikkyus ein metaethischer Ansatz wiedererkennbar.
Ikkyus Gedichte seien ein unersetzliches, wenn auch schwierig zu interpretierendes Dokument über die Moralität des japanischen Buddhismus im Mittelalter. Er analysiert und hinterfragt die Bedeutung hinter moralischen Normen, gibt dafür aber nicht unbedingt eine eigene Stellungnahme. So wird argumentiert, dass er einen Diskurs fordern wollte, für den er mit seinen Gedichten die Rahmenbedingungen legte. Insbesondere werden zwei Gedichte angeführt, die eine metaethische Bedeutung haben, das 44. und 205. Werk der Anthologie. In diesen Gedichten weist Ikkyu darauf hin, das moralische Urteile eigentlich wertlos sind, und nur durch Konvention zutreffen. Diese Konvention nimmt Ikkyu einerseits zur Kenntnis, und er akzeptiert die Existenz von darauf basierenden ethischen Urteilen, andererseits begründet er aber, dass sie wegen ihrem Hintergrund lediglich Illusionen sind. Er behandelt thematisch also das Spannungsfeld, welches zwischen normativer Ethik der damaligen Zen Gemeinschaften und "negativer Ethik" liegt.