Exzerpt:Ehrich 1991

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Themengruppe Exzerpte
Behandeltes Werk
Kurt S. Ehrich 1991
Shichifukujin - Die sieben Glücksgötter Japans: Ein Versuch über Genesis und Bedeutung volkstümlicher ostasiatischer Gottheiten. Recklingshausen: Aurel Bongers 1991. (Exzerpt; das verlinkte PDF beinhaltet den Abschnitt über Fukurokuju..)

Die Sieben Glücksgötter

Die Shichi Fukujin 七福神 sind eine Gruppe von sieben Göttern, die das Streben nach materiell-diesseitigem Glück (genze riyaku 現是利益) zum Ausdruck bringen. Sie vereinen sowohl buddhistische, als auch daoistische und shintō-Elemente in einer einzigartigen Anordnung, die in dieser Form nur in Japan existiert. Antoni spricht von einer „festen ikonographischen Verbindung ursprünglich eigenständiger Gottheiten“ (vgl. Antoni 1998:127), die in der Edo-Zeit 江戸時代 (1600−1868) ihre bis heute charakteristische Gestalt erhielten. Die Gruppe umfasst:

Shichi Fukujin

Ebisu stammt aus der indigen-japanischen Tradition; Benzaiten (Sarasvatī सरस्वती) und Bishamon-ten (Vaiśravaṇa वैश्रवण) leiten sich von brahmanischen Devas her; Hotei, als Inkarnation des Bodhisattva Maitreya (jap. Miroku bosatsu 弥勒菩薩), stammt aus dem Buddhismus; und Fukurokuju sowie Jurōjin beruhen auf daoistischen Elementen. Daikoku ist ein etwas speziellerer Fall, da er sowohl eine Beziehung zum indo-buddhistischen Mahākāla महाकाल als auch zur einheimischen Gottheit Ōkuninushi 大国主 aufweist. Besonders im Bürgertum der frühen Edo-Zeit erfreuten sich die Glücksgötter großer Verehrung und haben bis heute nichts an ihrer Popularität eingebüßt. „Keine, wie auch immer geartete Gottheit oder Gruppe von Göttern ist in Japan so volksnah, unverwechselbar und auch namentlich bekannt, wie die sieben Glücksgötter, verehrt und beliebt bei Armen und Reichen, immer wieder Objekt aller Künstler“ (vgl. Ehrich 1991:3).

Zum Buch

In einem einführenden Kapitel, Das Pantheon der Glücksgötter, widmet sich Ehrich eingehend dem chinesischen Kulturraum und den dort verehrten Haushaltsgöttern und häuslichen Schutzgöttern, die den japanischen Glücksgötter insofern ähnlich sind, als dass sie als gesonderte Gruppe im chinesischen Pantheon auftreten. Von noch größerer Bedeutung für das Verständnis der Glücksgötter scheinen die chinesischen Türgötter zu sein, die in ihren zornvollen, kriegerischen Erscheinungen als Beschützer vor Dämonen im Volk große Verehrung genossen. Ehrich verweist darauf, dass zwischen den chinesischen Haushalts- und Schutzgöttern und den japanischen Shichi Fukujin keinerlei Zusammenhang besteht, aber der Grundgedanke in der Konzeption beider Göttergruppen derselbe ist: Der Wunsch nach Vorhandensein derselben (Ehrich 1991:20). Gegen Ende der Einleitung geht Ehrich auf die Entstehung der Sieben Glücksgötter ein, deren Anfänge weitgehen im Dunkeln liegen. Er erwähnt jedoch die verschiedenen Legenden, die von ihrer Formierung berichten: So soll Mönch Tenkai 天海 (1536 – 1643) vom dritten Tokugawa-Shogun Tokugawa Iemitsu 徳川 家光 (1604-1651) den Auftrag erhalten haben, das Ensemble der Sieben zu kreieren. Anderen Quellen nach waren sie eine Schöpfung der Künstlerfamilie Kano (Ehrich 1991:21-22). Abschließend behandelt er noch Takarabume 宝船, das Schatzschiff der Glückgötter.

Der Hauptteil des Buches widmet sich in je einem ausführlichen Kapitel den einzelnen Glücksgöttern Benten, Bishamonten, Daikokuten, Ebisu, Fukurokuju, Hotei und Jurōjin und schildert ihren ikonographischen Transformationsprozess. Um ihr Werden und Wirken besser zu verstehen, geht er dabei sehr detailliert auf ihre jeweilige Entstehungsgeschichte ein, die sich, je nach Gottheit, bis in das brahmanische Pantheon zurückverfolgen lässt, erklärt ihre verschiedene Herkunftsmythen und ihre Eingliederung in Japan und führt auch ihre Zuordnung zu andern Göttergruppierungen an. Dabei erfasst er auch Parallelen zu anderen Gottheiten. In Form von Exkursen behandelt Ehrich in den Kapiteln auch off-topic Themen wie die Erklärung des Begriffes Deva oder die Pagode und gibt weiterführende Informationen dazu, wodurch das Buch eine gute Einführung für Laien darstellt.

Der umfangreiche Anhang enthält ein Verzeichnis der Exkurse mit Kurzhinweisen zur Thematik, das Verzeichnis der Abbildungen, in dem er die einzelnen Abbildungen nochmals in aller Ausführlichkeit erklärt sowie das Literaturverzeichnis. Illustriert wird das Werk durch fast 400 Abbildungen, durch die sich die Ikonographie der Gottheiten veranschaulichen lässt. Zu zahlreichen Beispielen fügt er eine genaue Analyse der jeweiligen Plastik an, die auf Punkte wie Sitzstellung, Objekte und ihre Bedeutung, Gesichtsausdruck, Körperbau, Waffen und Beschreibung des Kopfschmuckes Bezug nimmt.

Kritik

Ehrichs Buch Shichifukujin. Die Sieben Glücksgötter Japans ist ein umfassendes Kompendium zur Gruppe der Sieben Glücksgötter, das, mit viel Liebe zum Detail, als Einführung in die Thematik und ikonographisches Handbuch dienlich ist. Etwas eigentümlich für ein Buch aus den 1990er Jahren sind die Schreibmaschinenschrift und das gewöhnungsbedürftige Layout des Textes.

Obwohl sehr interessant und für ein besseres Verständnis des Materials von Bedeutung, so ist die Platzierung der Exkurse oftmals störend. Diese befinden sich nicht am Ende eines Absatzes oder eines Gedankens, sondern mitten im Fließtext. Sie stören den Lesefluss und machen es schwierig, den roten Faden wiederzufinden, so dass man den Exkurs entweder auslässt und ohnehin zu späterer Stelle darauf zurückgreift oder den letzten Absatz des Hauptgedankens erneut lesen muss, um wieder in das Thema zu finden. Die Schilderung der Entwicklung der einzelnen Götter verfügt über keine zeitliche Chronologie: So spricht Ehrich von der ersten Erwähnung Bishamon-tens unter Shōtoku taishi und springt dann zur Buddhisierung indischer Devas zurück.

Generell hätte Ehrichs Buch viel Potential, ist für den wissenschaftlichen Gebrauch jedoch nur (äußerst) begrenzt nutzbar. Die 400 Bebilderungen sind zwar detailliert beschrieben und analysiert, lassen jedoch Großteils Entstehungszeiten vermissen, wodurch sie für die Untersuchung eines ikonographischen Entwicklungs- oder Transformationsprozesses nur eingeschränkt nutzbar sind. Im Fließtext findet sich keine einzige Quellenangabe. Ehrich gibt den Inhalt zahlreicher Mythen, japanisch wie auch chinesisch oder vedisch-brahmanisch, wieder, erwähnt jedoch nicht, aus welchen Werken diese stammen. Überhaupt wirkt die Auswahl der Mythen zur Illustration der Herkunft der Gottheiten sehr willkürlich und generalisiert, ohne darüber zu reflektieren, dass es zahlreiche Versionen eines Mythos oder generell divergierende Mythen gibt. Das Literaturverzeichnis enthält, bis auf wenige englische Werke, fast ausschließlich deutschsprachige Sekundärliteratur und keine einzige japanische Quelle. Zudem sind dies meist keine themenspezifischen Bücher zu den Shichi Fukujin, japanischen Göttern oder Ikonographie sondern zu oberflächlichen Themen wie Netsuke, Sagen aus Japan, Kunst des Buddhismus, Japan, Buddha. Er verwendet, außer den Übersetzungen der japanischen Chroniken von Karl Florenz, auch keine Translate mythologischer Primärquellen, sondern zitiert deren Inhalt offensichtlich aus Begleitliteratur.

Weiterführende Literatur

  • Klaus Antoni 1998
    Shintō und die Konzeption des japanischen Nationalwesens (kokutai): Der religiöse Traditionalismus in Neuzeit und Moderne Japans. (Handbuch der Orientalistik Abt. 5, Japan; Bd. 8.) Leiden, Boston und Köln: Brill 1998.
  • Ugo A. Casal 1958
    Die sieben Glücksgötter: Shichifukujin. Wiesbaden: Otto Harrassowitz Kommissionsverlag 1958.
  • Scheid, Bernhard (2001-2011): „Die Sieben Glücksgötter“, Religion in Japan (25. 10. 2011)