Exzerpt:Casal 1962

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Themengruppe Exzerpte
Behandeltes Werk
Ugo Alfonso Casal 1962
Hachiman, der Kriegsgott Japans. (Mitteilungen der deutschen Gesellschaft für Natur und Völkerkunde Ostasiens Band XLI, Teil D.) Wiesbaden: Otto Harrassowitz 1962. (Exzerpt.)

Namensgebung

Die Sino-Japanische Lesung der Zusammensetzung 八幡 lautet Hachiman, die rein Japanische Lesung ist jedoch Yahata bzw. Yawata und ist in Japan ebenso geläufig wie die Lesung Hachiman. Übersetzt heißt der Name „8 Banner“. (S.1)

Es gibt einige Theorien und Legenden über die Entstehung des Namens dieser Gottheit. Jedoch erscheint der „Ursprung des Hachiman also zweifellos als gemischt, mit sehr undeutlichen Anlehnungen.“ (S.5)

Theorie 1)

Der Name Hachiman stammt wahrscheinlich von den 8 Bannerscharen, welche das chinesische Militär benützte um ihre Truppen ein kleinere Einheiten, den 4 bzw. 8 Himmelrichtungen nach, einzuteilen. (S.1)

Theorie 2)

Hachiman ist die später Sinifizierung eine älteren Yahata. Hata steht in diesem Fall nicht für Banner sondern für das Feld, hergeleitet von 畠à Hatake à Hata. Der Name steht also für „eine beschützende agrarische Bodengottheit“ (S.3)

Theorie 3)

Es besteht auch noch die Möglichkeit das Yahata eine rein japanische Kriegsgottheit war und Hachiman ein ähnlicher chinesischer Kriegsgott und beide während der Einführung der chinesischen und koreanischen Zivilisation vermengt wurden. (S.5)

Manifestationen, Gottheiten und Symbole

Hachiman wird in ganz Japan als Gott verehrt- als ein beschützender buddhistischer Gott in prächtigen Tempeln, und als Shinto Naturgottheit, stark mit Phallicismus verbunden. Seine Funktionen sind so verschieden, dass wir wohl zwei oder mehr Individualitäten in ihm vermuten dürfen.(S.13) Hachiman ist so eine Universalgottheit der Hilfe und des Schutzes geworden, dass man zu einigen Heiligtümern die kleinen Kinder bringt, damit sie Hachiman vor Darmwürmern bewahre“ (S.19)

Manifestationen

  • Hachiman als Buddha

Im Buddhismus wird er zum Hachiman Daibosatsu, einem grossen Bodhisattva ernannt. im gegensatz zum Shintoismus, wo er keinen Titel erhielt, wie im Buddhismus. (S.2)

  • Hachiman wird auch als Vater von Jimmu Tennô angeshen, dem sagenhaften Gründer des Japanischen Reiches. Gleichzeitig wird er auch als 3ter Sohn des Jimmu Tennô anerkannt, was so viel bedeutet wie das er sein eigener Enkel wäre. (S.6)
  • 2 Bekannte Manifestationen mit Bezug zum Hachiman als Kriegsgott sind

Yoshiie Minamoto, Sohn von Minamoto no Yoriyoshi, wird als Inkarnation des Kriegsgottes Hachiman betrachtet, daher auch der Name Hachiman Tarô. (S.15) Die andere Person ist Toyotomi Hideyoshi, einer der drei Reichseiniger, wollte sich nach seinem Tode als Shin Hachiman (新八幡), also als neuer Hachiman verehren lassen, weil er sich als Kriegsführer unübertroffen fühlte. (S.17)

Assoziationen: Hachiman als....

  • Patron der Fischer, eine Tradition die nach Casal „etwas gezwungen erscheint“, in der „Fischer einst aus dem Meere ein unbekanntes Objekt zogen, es seiner wunderbaren Seereise wegen als heilig betrachteten, und ihm einen Schrein in Usa bauten. So wurde Hachiman zum speziellen Patron der Fischerleute (S.4), aber er ist auch Beschützer aller die Hilfe benötigen, so beschützt er unter anderem auch die japanischen Piraten. (S.22)
  • Ôjin Tennô, wurde mit Hachiman identifiziert. Jener „Sohn der mysteriösen Jingû Kôgô, Witwe des Chûai Tennô und Eroberin Koreas um das Jahr 200. (S.7)
  • Schutzgottheit des Kaiserhauses (S.14)und in weitere Folge als Familiengottheit des Hauses Minamoto. Die Minamoto wählten diesen Gott weil er Kaiserlicher Schutzgott war und sie selbst vom Kaiser Saga abstammten. (S.16)
  • Lebensspender und Lebensschützer. „Alle Gottheiten des Krieges mussten notwendigerweise auch Gottheiten der Fruchtbarkeit, der Wiedergeburt, der frischen Zeugung sein, sonst würden sie ja am Ende sich selbst vernichten“ ( S.19)Im genaueren ist hier Karita-Hachiman gemeint. Wird mit der Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht und der Name Karita wird im Nordosten als bezeichnung für Phalus gebraucht. (S.21)

Symbole

  • Das Mitsu-tomo e wird in allen Hachiman Heiligtümern als Abzeichen oder als Wappen verwendet und weist eine Symbolische Verwandtschaft zur Sonne, zum Wind, Wasser und zum Sturm auf. (S.3)
  • Das Hossu, das alte indische chauri, ein Pferdeschweif-Wedel wurde als Materielle Gestallt des Shinto Hachiman angesehen und wurde vom Buddhismus als Symbol des höchsten okkulten Wissens übernommen. (S.13)
  • Die Taube als Bote oder Vertrauter des Hachiman wurde gewählt weil Karita Hachiman als „Fruchtbarkeitsgott“ angesehen wurde und die Taube, zumindest in Asien, als lüstern und sehr fruchtbar gilt.(S.20) Ist auch gleichzeitig das Familienwappen der Minamoto. (S.21)

Stellungnahme

Der Text selber ist interessant zu lesen und enthält viel Informationen bezüglich der Symbolik und einiges an Hintergrundwissen zum Thema Hachiman. Unter anderem auch viele Legenden und Gottheiten die mit ihm in Verbindung stehen. Der Titel täuscht meiner Meinung nach ein bisschen, weil eben so viele „allgemeine“ Informationen darin vorkommen und das Thema „Hachiman als Kriegsgott“ irgendwo zwischen den zahlreichen Geschichten versteckt ist. Nicht im Exzerpt vermerkt, aber im Buch oft erwähnt und lesenswert, die rivalisierende Haltung des Buddhismus dem Shintoismus gegenüber.

Stellungnahme von B. Scheid

Stilistisch ist der Artikel typisch für einen "erfahrenen Professor", der am Ende seines Gelehrtenlebens aus seinem reichhaltigen Wissensschatz schöpft, ohne auf die Einzelheiten allzu sehr Bedacht zu nehmen. Daher gibt Casal einerseits den Forschungsstand der Vorkriegszeit recht anschaulich wieder, andererseits wirft jeder der angesprochenen Punkte Fragen auf, die nach genauerer Untersuchung "schreien". Der Artikel stellt insofern eine gute Anregung für uns alle dar, weiter zu forschen...

Der wichtigste persönliche Beitrag Casals zur Hachiman-Forschung scheint mir in seinem oftmaligen Bezug zu "Phallus-Kulten" zu liegen, der Zusammenhang wird aber nicht wirklich stichhaltig erklärt. Unter ethnologisch ausgebildeten Japanologen war das aber zur Zeit der Abfassung des Artikels eine Art "Modethema", das seither wieder abgeflaut ist. Dem könnte man genauer nachgehen...

Probleme ergeben sich für mich vor allem aus der (zeitgebundenen) Konzeption von Shinto und Buddhismus, die als zwei konkurrierende Lager erscheinen. In meiner persönlichen Forschung suche ich nach einem differenzierteren Modell: Konkurrenz zwischen religiösen Institutionen gab es sicher, aber die Grabenlinien verliefen eher innerhalb des Buddhismus, während die "Shinto" Schreine wie Vasallen auf der einen oder anderen Seite standen. Wie das im Fall der Hachiman Schreine genau aussah, soll Teil der Fragestellung meines Forschungsprojekts werden.