Exzerpt:Astley 1995

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1995 Astley, Trevor The Transformation of a Recent Japanese New Religion: Ryūhō Ōkawa and Kofuku no Kagaku, Japanese Journal of Religious Studies 22/3-4, S. 343–380.

Religionsgründer Ōkawa Ryūhō

Ōkawa Ryūhō 大川隆法 wurde am 7. Juli 1956 als zweiter Sohn des Ehepaars Nakagawa Tadayoshi 中川忠義 und Kimiko Tadayoshi 君ナ忠義 in der Präfektur Tokushima (Japan) geboren. Schon im Grundschulalter wurden Ōkawa und sein Bruder von ihrem Vater in religiösem Gedankengut des Zens und der Bibel unterrichtet. Durch Ehrgeiz und Ambition konnte Ōkawa mit exzellenten schulischen Leistungen hervorstechen (Astley 1995:345). Aufgrund seines Essverhaltens wurde in kurzer Zeit stark übergewichtig und wog bei einer Körpergröße von 143cm bis zu 60kg. Ihm wurde nahegelgt, eine Karriere als Sumo-Kämpfer anzustreben - jedoch schaffte er die Aufnahmeprüfung nicht. 1975 zog er nach Tokyo, um dort an der namhaften Universität Tokyo zu studieren. Er schaffte jedoch die Aufnahmeprüfung nicht sofort und erst beim zweiten Anlauf gelang es ihm, einen Platz im Studiengang für Kunstgeschichte zu bekommen. (Astley 1995:344-345)

Als Student hatte er eine strikte Tagesroutine, die er nach seinem Vorbild Immanuel Kant plante und als Grundstein der ersten Phase seiner Erleuchtung sieht: Um 3 Uhr morgens ging Ōkawa spazieren und schrieb dabei Gedichte. Um 5 Uhr ging er baden, um über den Tag zu reflektieren. Zwischen 8:30 Uhr und 9 Uhr las er Bücher und trank japanischen Tee, bevor er an einem Buch über Philosophie schrieb. (Astley 1995:345) Nach zwei Jahren wechselte Ōkawa 1978 zum Studium der Rechtswissenschaften. In seinem dritten Studienjahr pausierte er für ein Jahr und fiel bei der gerichtlichen Prüfung durch. Im vierten und letzten Abschnitt des Studiums entschied sich Ōkawa aufgrund seiner schlechten Noten dazu, bei der Handelsfirma „Tōmen“ zu arbeiten. (Astley 1995:345)

Nach dem Universitätsabschluss 1981, kurz vor Arbeitsantritt an der Handelsfirma, hatte Ōkawa eine Vision, die er selbst als „buddhistische Erleuchtung“ bezeichnet: Er wurde durch eine plötzliche Macht geführt und schrieb auf einen Zettel „Ii shirase, ii shirase“ (gute Nachrichten, gute Nachrichten). Als er fragte, wer diese Nachricht überbringe, unterschrieb seine Hand mit „Nikkō“. Eine Woche später wurde ihm die erste Nachricht von Nichiren übermittelt: "Liebe andere, helfe anderen, vergebe anderen." (Astley 1995:346) Seit dem Tag seiner Erleuchtung erhielt Ōkawa Botschaften solcher Art von verschiedenen nahmhaften Gottheiten wie Jesus, Moses, Nostradamus, Shinran, Konfuzius oder Kūkai (Astley 1995:346).

Eines Abends im Juni erhielt Ōkawa vom Geist des Gründers der Neureligion "GLA" eine Nachricht, dass er eine eigene Religion gründen solle (Astley 1995:346). Um dieser Aufforderung nachgehen zu können, konsultierte er seinen Kindheitsfreund Yoshikawa Saburō 吾川三良, der daraufhin nach Tokyo eilte und zu Ōkawas loyalster Anhänger und Unterstützer wurde. (Astley 1995:346)

1982 wurde Ōkawa mit 26 Jahren nach New York zur Fortbildung versetzt. Er absolvierte einen Englischkurs an der Berlitz Language Schook und ging an die New York University, um Weltwirtschaft zu studieren; gab jedoch nach kurzer Zeit das Studium auf. Die Periode in New York bezeichnet Ōkawa als "zweite Stufe der buddhistischen Erleuchtung". Als euphorischer Leser hatte er damals schon mehr als 3000 Bücher gelesen und kehrte nach Tokyo zurück. (Atley 1995:346)

1985 veröffentlichte er unter einem Pseudonym sein erstes Buch über Buddhismus, Nichiren Shōnin no reigen 日蓮聖人の霊言, um Konflikte am Arbeitsplatz zu vermeiden (Astley 1995:347). An seinem Arbeitsplatz gingen schließlich Gerüchte um, dass Ōkawa behaupte, er würde erkennen, welche Menschen von fremden Seelen besessen seien und exorziere diese sogar. 1986 rieten ihm einige göttliche Wesen dazu, seine Arbeit an der Handelsfirma zu beenden und dem Pfad der Wahrheit Gottes zu folgen. Mit 30 Jahren verließ Ōkawa die Firma Tōmen und gründete die Sekte „Kōfuku no kagaku“ (Happy Science) mit der Behauptung, dass er eine Inkarnation der Gottheit El Cantare ist. (Astley 1995:347)


Vom spirituellen Medium hin zu Buddha

Im Juli 1991 deklariert Ōkawa auf seinem Geburtstagsfest, dass er nicht nur ein spirituelles Medium, sondern Buddha selbst sei: "Der, der vor euch steht, ist Ōkawa Ryūhō, aber auch nicht Ōkawa Ryūhō. Der, der vor euch steht und die unendliche, göttliche Wahrheit spricht, ist El Cantare. Ich bin derjenige, der von dieser höchsten Autorität auf dieser Erde geführt wird. Ich bin derjenige, der die gesamte Autorität der Welt bis zum Ende inne hat. Ich bin nicht menschlich, ich bin das Gesetz selbst." (Astley 1995:350) Die drei Bücher, welche die drei Grundlagen der Glaubenslehre der Happy Science bilden, sind Taiyō no hō 太陽の'法 [The Laws of the Sun],Ōgon no hō 黄金の法 [The Laws of Gold] und Eien no hō 永遠の法 [The Laws of Eternity] (Astley 1995:363).

Die Organisation

Happy Science wurde 1986 gegründet und 1991 als legale Organisation anerkannt. Die Religionsgemeinschaft selbst ist wie eine normale japanische Firma aufgebaut, die von einem Präsidenten geführt wird. Neben den hierarchisch angeordneten Gruppen gibt es auch diverse Gemeinschaften für Frauen, Männer, Kinder und Studenten. Durch die Firmenstruktur und Organisation konnte die Religionsgemeinschaft finanzielle Absicherung finden und ist international vertreten. Es gibt große Vereinigungen der Happy Science in New York, Los Angeles, San Francisco, Hawaii, Seoul, Sao Paulo, Melbourne und London. (Astley 1995:347-349)

Veröffentlichungen

Happy Science hat einen eigenen Verlag, Kōfuku no kagaku shuppan. Er veröffentlicht nicht nur religiöse Werke von Ōkawa, sondern auch Texte zur Anwerbung neuer Religionsanhänger. Ōkawa schrieb einige Bestseller und veröffentlichte Filme, die in japanischer und englischer Sprache erhältlich sind. Den internationalen Durchbruch 1991 hat der Verlag gut koordinierten Werbekampagnen zu verdanken. Mit Hilfe der Massenmedien konnten zwei Bücher Ōkawas efolgreich vermarktet werden. (Astley 1995:349-350)

Religionsmitglieder

1995 hatte die Gemeinschaft Happy Science 10 Millionen Mitgliedern, wobei nicht zwischen „Freundschaftsmitgliedern“ und „vollen Mitgliedern“ unterschieden wird. Um ein „Freundschaftsmitglied“ der Happy Science zu sein, muss man nur das monatlich veröffentlichte Magazin abonniert haben. Es wird geschätzt, dass es lediglich 10 000 – 30 000 aktive Mitglieder waren. (Astley 1995:352-355)

Politische Tätigkeit

Happy Science konnte durch gezielte Werbung sehr gute Ergebnisse erreichen und eine große Anzahl an Anhängern werben. Politisch ging Happy Science gegen die religiösen Gemeinschaften Aum Shinrikyō sowie Sōka Gakkai vor. (Astley 1995:370)