Das Verhältnis von Kami und Buddhas/Bodhisattvas

Aus Kamigraphie
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Themengruppe Sonstige Themen
Schlagworte Buddhismus, honji sujiaku 本地垂迹, shinbutsu shūgō 神仏習合
Diese Seite entstand im Kontext des Seminars Intern:Randfiguren.

In der japanischen Religionsgeschichte weisen der kami-Kult und Buddhismus bedeutende Interaktionen auf, die im Folgenden kurz dargelegt werden sollen, da sich das Verständnis auf diesem Gebiet in den letzten Jahrzehnten weg von der Idee eines synkretistischen Prozesses zweier abstrakter eigenständiger Entitäten wie Buddhismus und Shintoismus neu entwickelt hat.[1] „The history of Japanese religion should not be considered the story of the relationship between “two major faiths,” but rather a tableau, or an ever-shifting kaleidoscopic pattern of forces, constantly within the conceptual limits of the comprehensive theoretical discourse and practical institutional structure.”[2]

Spätestens seit Kuroda 1981[3] muss und kann nicht mehr eine essenzialistische Definition von Shintoismus angewendet werden, weshalb auch innerhalb der Fragestellung bewusst die Darstellung von Kami betrachtet werden soll und diese nicht etwa als ‚shintoistische Gottheiten‘ deklariert werden, da Shintoismus immer mehr als eine relativ junge Erscheinung angesehen wird.

Shinbutsu shūgō

Laut Havens[4] wird die moderne Forschung zur Assozierung von Kamis und Buddhas/Bodhisattvas (shinbutsu shūgō 神仏習合) in drei Phasen eingeteilt, die allerdings nicht aufeinander folgten, sondern vielmehr teils parallel verliefen und Phänomene einer früheren Phase auch weiterhin in der Beziehung zwischen Kami und Buddhas/Bodhisattvas bestehen blieben.

In der ersten Phase wurden buddhistische Kräfte ähnlich jenen der Kami angesehen, sodass diese unvorhersehbare Wesen waren, denen man Verehrung entgegenbringen musste, um von ihnen sonst hervorgerufene Plagen und Katastrophen zu verhindern. In dieser Phase etablierte sich die Doktrin des Karma und die Ansicht, Kami wären auch Wesen, die nach Erlösung streben. Es entstanden Komplexe aus Schreinen und Tempeln (jingūji 神宮寺), in denen Kami nach buddhistischen Riten gehuldigt wurde, um ihnen bei ihrer Erlösung zu helfen. Zudem wurde die frühere Deutung von Katastrophen als unvorhersehbare Darlegung des Willens der Kami durch die Ansicht ersetzt, diese seien ein Zeichen für das Leiden der Kami und ihren Wunsch nach Erlösung.[5]

Gleichzeitig kam es zu einer Annäherung zwischen Buddhismus und Kami in der Deutung von Kami als Schutzgottheiten für den Buddhismus.[6] Als dritter Prozess wird die Assoziation von Kami und Buddhas/Bodhisattvas durch die Argumentation von honji sujiaku 本地垂迹 angesehen, „according to which the kami formed the ‘trace’ (suijaku 垂迹) left behind on earth by the ‘original form’ (honji 本地) of the Buddhas”.[7]

Diese Idee leitete sich unter anderem von der steigenden Verbreitung der Lotos-Sūtra ab, aus welcher die zwei Hälften abgeleitet wurden, die als Urform und Spur bezeichnet wurden. Hierbei stellt die Urform die immaterielle Form absoluter Wahrheit dar, während die Spuren Erscheinungen dieser absoluten Wahrheit waren.[8] Allerdings wurden nicht nur Kami in diesem Sinne mit Buddhas/Bodhisattvas assoziiert, sondern vielmehr wurden ebenso Berge und andere heilige Stätten mit einem immateriellen Daseinsbereich, einem sogenannten Reinen Land, gleichgesetzt.

Als eine vierte Phase kann noch die entgegengesetzte honji suijaku Doktrin genannt werden, bei der die Spuren nicht nur als ebenbürtig mit der Urform, sondern auf Grund der größeren Zugänglichkeit sogar als dieser überlegen angesehen wurden, ein Phänomen, das allerdings innerhalb des in der vorliegenden Arbeit analysierten Kultes von Kasuga nicht von Bedeutung ist.[9] Grapard[10] fasst die Assoziierungen zwischen Kami und Buddhas/Bodhisattvas folgendermaßen zusammen: "What is found in Japanese cultic centers is not a hopeless incoherence but an extremely concrete combinatory phenomenon in which the various elements of the combination reatained some of their pristine identity, their fundamental characteristics, but also gained, by accretion and interplay (it is tempting to say, by dialectic), a mass of meaning that they did not have as independent entities. Thus, for example, in some cases a kami gained an anthromorphic status, while a Buddha gained a specific territory in which to ground its identity and activity. […] Similarly, shrines gained architectural, economic, organizational, and ritual features from temples, and vice versa."

Verweise

Literatur

  • Allan Georges Grapard 1992
    The protocol of the gods: A study of the Kasuga cult in Japanese history. Berkeley and Los Angeles, Oxford: University of California Press 1992.
  • Norman Havens 2006
    „Shinto.“ In: Swanson, Paul und Mark Chilson (Hg.), Nanzan guide to Japanese Religions. Honolulu: University of Hawai'i Press 2006, S. 14-37.
  • Joseph M. Kitagawa 1987
    On understanding Japanese religion. Princeton: Princeton University Press 1987.
  • Kuroda Toshio 1981
    „Shinto in the history of Japanese religion.“ Journal of Japanese Studies 7/1 (1981), S. 1-22. (Ü. von J. Dobbins und S. Gay.)
  • Bernhard Scheid 2012
    „Shinto shrines: Traditions and transformations.“ In: John Nelson, Inken Prohl (Hg.), Handbook of Contemporary Japanese Religions. Leiden: Brill 2012.

Internetquellen

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Fußnoten

  1. Grapard 1992, S. 74
  2. Havens 2006, S. 18
  3. vgl. Kuroda 1981
  4. Havens 2006, S. 23
  5. Havens 2006, S. 23; Kitagawa 1987, S. 158
  6. Havens 2006, S. 23
  7. Scheid 2012, S. 11
  8. JAANUS, s.v. „honji butsu“
  9. Havens 2005, S. 25
  10. Grapard 1992, S. 75