I-07

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Schildkröten kaufen und freilassen und durch unmittelbare Vergeltung von ihnen gerettet werden
SNKBT 30: 18-19, Bohner 1934: 76-77, Nakamura 1997: 116-118

Der Dhyāna[1]-Meister (zenji 禅師) Gusai 弘濟[2] war ein Mann aus dem Land Kutara 白済国.[3].Zur Zeit als Kutara in Unruhen (midare 乱れ) geriet entsandte man einen Vorfahren des Dairyō[4] von Mitani 三谷 in der Provinz Bingo[5] mit einer Armee 軍旅 um Kutara Beistand zu leisten und da sprach dieser ein Gelübde 誓願: „Falls ich heil zurückkehre, will ich den verschiedenartigen (もろもろ) Göttern (神x) Heiligtümer (garan 伽藍) erbauen und viele Tempel errichten." Schließlich entging er allen Gefahren und bat zenji [Gusai] mit ihm gemeinsam zurückzukehren. Daraufhin errichtete der zenji den Tempel von Mitani. Dieser war eines der [vielen] verschiedenen Heiligtümer und Tempel die er erbaute. Buddhistische Mönche und Laien (dōsōku 道俗) [,die den Tempel sahen] erwiesen [diesem] Erfurcht und Respekt. Um eine ehrfürchtige Statue zu bauen stieg der zenji [eines Tages] zur Hauptstadt 京 hinauf. Er kaufte günstig Gold, Zinnober und andere Dinge und als er seiner bei Rückkehr den Hafen 津 von Naniwa 難破´ [6] erreichte, verkauften die Leute von der Meeresküste gerade vier Schildkröten. Der Zen-Meister riet den Leuten die Schildkröten zu kaufen und frei zulassen.[7] Danach lieh er ein Boot und fuhr mit seinen beiden Dienern [8] aufs Meer. Der Tag verging, und es wurde tiefe Nacht. Die Gier der Schiffsleute erwachte, und als sie in die Nähe der Knocheninsel (kabanejima 骨嶋) kamen, packten sie die Diener und warfen sie ins Meer. Danach sprachen sie zu dem Zen-Meister und verlangten: "Rasch, hinein ins Meer!". Der Meister wollte sie zwar belehren, doch die Räuber erlaubten es ihm nicht. Da stieß er ein Gebet (gan 願) hervor und sprang ins Meer. Als das Wasser seine Hüfte erreichte, wurden seine Füße wie von Steinen gestützt. Bei Tagesanbruch sah er, dass ihn die Schildkröten trugen. Er befand sich bei der Küste von Bitchū 備中[9], und am Ufer [angekommen] nickten die Schildkröten dreimal und verschwanden. Zweifellos haben die Schildkröten ihm seine Gnade vergolten. Nun kamen die sechs Diebe zu seinem Tempel um das Gold und die Farbe zu verkaufen. Zunächst wog der Stifter [des Tempels] (dan wo chi 檀越[10]) [das Gold ab] und schätzte den Wert. Als der Dhyāna-Meister hervortrat versetze es die Diebe so sehr in Eile, dass sie weder vorwärts noch rückwärts wussten. Der Dhyāna-Meister übte Mitleid und sah von einer Strafe ab. Er stellte den Buddha fertig, schmückte die Pagode und brachte Opfergaben dar. Danach lebte er bei der Küste und beinflusste die vorbeikommenden Leute. Er lebte über 80 Frühlinge und Herbste bis er starb. Sogar Tiere vergessen eine Wohltat nicht und vergelten sie wieder. Wie kann dann ein Mensch eine Wohltat vergessen?



  1. Siehe Dhyāna unter Anmerkungen
  2. Bei Bohner Zen-Meister Hōsai, bei Nakamura Dhyāna Master Gusai, bei Neumann Meditationsmeister Gusai und im Japanischen Text zenji Gusai
  3. Kutara/Kudara war der frühere Name Koreas, oder zumindest der Teil Koreas den man auch Paekche nannte. Später wurde dieses Gebiet von Jingū Kōgō 神功皇后 erobert.
  4. Dairyō 大領, Gouverneur, Verwalter eines Kōri (郷,(ehem.) Verwaltungseinteilung) vergleichbar mit dem heutigen Gun (郡) im Ritsuryō-System).
  5. Die Provinz Bingo 備後 lag auf West-Honshū, war der Inlandsee zugewandt und grenzte an die Provinzen Bitchū 備中, Hōki 伯耆, Izumo 出雲, Iwami 石見 und Aki 安芸. Deren heutige Lage entspricht dem östlichen Teil der Präfektur Hiroshima. Die Provinz entstand in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts durch die Aufspaltung der alten Provinz Kibi 吉備 in die Provinzen Bizen 備前, Bitchū 備中 und Bingo.
  6. Naniwa 難破 war ursprünglich der Name der heutigen Stadt Ōsaka 大阪.
  7. Siehe hōjō-Praxis unter Anmerkungen.
  8. 將童子 — vermutlich handelt es sich bei den Dienern um Tempeldiener aus dem vom Zen-Meister errichteten Tempel.
  9. Das heutige Okayama-ken 岡山県.
  10. Laut Nakamura waren taniochi oder auch dan'otsu Gönner/ Stifter eines Tempels, die meistens dem Adel angehörten und durch Spenden an den finanziellen Angelegenheiten des Tempels beteiligt waren.


Hintergrund

  • Zeit: 白済国の乱れ (vermutlich Saimei 6.Jahr 9.Monat (660))
  • Ort: Hafen von Naniwa 浪速 (heute: Namba 難波, Ōsaka 大阪), Kabanejima in Bizen 備前 (heute: Küste von Okayama-ken 岡山県), Strand von Bitchū 備中 (heute: Okayama-ken 岡山県)
  • Personen: Dhyāna-Meister Gusai, Vorfahre des Dairyō, sechs anonyme Seeräuber

Ursache und Wirkung

Zen-Meister hilft Schildkröten, diese vergelten ihm die Wohltat indem sie ihn vor dem Ertrinken retten

Anmerkungen

  • Dhāyna (Sanskrit, n., ध्यान, dhyāna, Meditation) bezeichnet in der indischen Yoga-Philosophie die höheren Bewusstseinszustände der Meditation oder der Versenkung. Ursprünglich entstammt der Begriff dem Buddhismus (Jhana) und gelangte über diesen zuerst in die indische Vedanta-Philosophie. Nach Verbreitung des Buddhismus in China wurde daraus das chinesische Chan, was dann später im Japanischen zu Zen und in Korea Seon.
  • Die Zeitangabe dieser Geschichte lässt sich laut Bohners Anmerkungen auf die Truppenentsendung nach Kudara in Saimai/Saimei 660 zur Zeit der zweiten Regentschaft der Kōgyoku tennō 皇極天皇 zurückführen. Diese bestieg zweimal den Thron und regierte von 642 bis 645, und von 655 bis 661 und zu ihrer zweiten Regentschaft gab der japanische Hof ihr den Titel Saimei Tennō 斉明天皇. Unter ihrer Herrschaft konnten im Jahr 660 China und Paekche besetzt werden.
  • Der Begriff zenji wird generell als ehrerbietige Anrede für Mönche benützt.(Nakamura: 116, A. 2)
  • Hōjō 放生, das Kaufen von gefangenen Fischen, Vögeln, oder anderen Tieren, und diese dann frei zulassen, wird empfohlen um die buddhistische Lehre ahimsā (nicht-verletzen) zu fördern, besonders unter Fischern. Den ersten Beleg für hōjō findet man im Nihon shoki unter der Regentschaft des Kaisers Tenmu 天武天皇 (676), der anordnete alle Lebewesen in Gefangenschaft frei zulassen. (Nakamura: 117, A.12)
  • Eine andere bekannte Legende in der Schildkröten eine Rolle spielen, ist die Geschichte des Urashima Tarō 浦島太郎. Dieser rettet eine Schildkröte und darf als Dank die Tochter des Drachenkönigs am Meeresgrund ehelichen.

Materialien

Weiterführende Informationen


Artikel erstellt von Doris Krätschmer 16:03, 7. Okt. 2010 (CEST).