I-02

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Eine Füchsin zur Frau nehmen und ein Kind zeugen
SNKBT 30: , Bohner 1934: , Nakamura 1997:

Einst zur Regierungszeit des Kaisers Kinmei 欽明天皇, machte sich ein Mann aus dem Landkreis Oono 三乃国 im Lande Mino 大乃郡 auf den Weg nach einer guten Ehefrau. Als er in eine weite Ebene (曠き野 auch Wildnis/Ödnis) kam, stand mitten drinnen eine hübsche Frau (姝き女). Jene Frau war in den besten Jahren (壮), flirtete (und blickte ihn) vertraulich (馴く?) mit dem Mann. Der Mann blickte sie an (?) und sprach: "Wohin gehst du elegante junge Frau (雅き嬢)?" Die Frau antwortete: "Ich bin eine Frau, die auf der Suche nach einem begabten jungen Mann (in den besten Jahren) ist, um seine Frau zu werden."(?) Der Mann sprach was er sagen wollte: "Willst du zu meiner Frau werden (成)?" Sie antwortete und sprach: "Ich willige ein (聴さむ)."

Sogleich nahm er sie mit nach Hause, wo sie wohnten und heiratete sie. In dieser Zeit wurde sie schwanger und gebar einen Jungen. Zu besagter Zeit, dem 15. Tag des 12. Monats, brachte auch der Hund des Hauses Junge zur Welt. Besagte Welpen jaulten, starrten die Frau immer an und bellten. Die Frau des Hauses fühlte sich bedroht/fürchtete sich vor der Bedrohung und verkündete dem Herren des Hauses (家長): "Erschlage die Hunde (打ち殺せ)!" Doch er hatte Mitleid (患) und entgegen ihrer Bitte tötete er die Hunde nicht.

Um die Zeit des 2. oder 3. Monats wurde wurde das jährliche Reisstampfen vorbereitet. Zu dieser Zeit ging die Frau des Hauses ins Mörserhaus (碓室 うすや), um den Frauen (女等) [welche den Reis stampften (稲春?)] eine Zwischenmahlzeit zu bringen. Da rannte ihr ein Hund bellend hinterher (und wollte sie beißen ?). Die Frau erschreckte und fürchtete sich, verwandelte sich in einen Fuchs und kletterte auf einen Zaun. Der Hausherr sah dies und sagte: "Weil in unserer Beziehung ein Kind geboren wurde, komme zu mir, ich werde dich nicht vergessen. Komme wann immer du willst und lass uns schlafen." Daher gehorchte sie ihrem Ehemann und kam, um zusammen zu schlafen. Auf Grund dessen wird der Fuchs "kitsune" (zum Schlafen kommen) genannt.

Einst trug jene Ehefrau einen rot gefärbten Rock, das heutige Pfirsichblütenschurzgewand, und die Schleppe ziehend schwand sie dahin. Der Mann schaute der verschwindenden Gestalt nach und sang ein Liebeslied:

[...]in der Ferne seh ich sie verschwinden [...]

Daher wurde das gezeugte Kind Kitsune genannt. Kinder trugen den Familiennamen "Kitsune no Atahi". Zahlreiche Nachkommen waren stark. Sie konnten so schnell laufen, wie ein Vogel fliegt. Die Provinz Mino ist der Ursprung von Kitsune no Atahi.





Hintergrund

  • Zeit: Regierungszeit des Kinmei Tennō
  • Ort: Distrikt Ōno in der Provinz Mino
  • Personen: ein Mann, der eine Gemahlin sucht; ein schönes Mädchen, welches sich als Fuchs entpuppt; deren beider Sohn; eine Hündin und deren Junges

Ursache und Wirkung

Dadurch, dass sich der Mann von seiner Frau, welche sich als Füchsin entpuppte, nicht abwandte oder sie gar davonjagte, gedieh seine Familie lange Zeit sehr gut. Eine gute Tat schafft über lange Zeit hinweg gutes Karma. So waren die Nachkommin der Fuchsfrau sehr kräftig und konnten so schnell laufen wie ein Vogel fliegt.

Anmerkungen

Nakamura bezeichnet diese Erzählung in der Einführung von Nihon ryōiki 日本霊異記 als eine der „nicht buddhistischen“ Legenden in dieser Sammlung. Nakamura identifiziert diese und 3 weitere Geschichten (I-03, II-04, II-27) als „nicht buddhistisch“ und stellt thematische und strukturelle Ähnlichkeiten fest, die sie von der Mehrheit der Erzählungen in Nihon ryōiki 日本霊異記 deutlich unterscheiden lassen. Alle 4 Erzählungen stammen aus den Provinzen Owari und Mino und basieren auf deren lokalen Tradition. Die 4 Geschichten erinnern mit ihren Inhalt mehr auf die Japanische Volksgeschichten als an die buddhistischen Legenden. Weiter besitzen die 2 Helden und 2 Heldinnen, die in den Erzählungen eine primäre Rolle spielen, eine außergewöhnliche Kraft. Die Quelle ihrer Kraft ist der Donner. Das Motiv des Donners findet man auch in der Geschichte I-01, in der man die Donnergottheit zu fangen versucht. Yanagita Kunio, japanischer Forscher und Gründer der Volkskunde in Japan, interpretiert Donner als die Verkörperung einer Himmelsgottheit amatsukami 天つ神, von der man die Kraft erhält, was jedenfalls mehr mit der schintoistischer als mit der buddhistischen Tradition in Japan übereinstimmt (deswegen „nicht buddhistisch“). (Nakamura 1997:73)

Es gibt 4 weitere Erzählungen in dieser Sammlung , die sich laut Nakamura als „nicht buddhistische“ Legenden beschreiben lassen: I-25, II-33, II-41, III-31.

Bei der Analyse dieser 8 Geschichten (I-02, I-03, II-04, II-27, I-25, II-33, II-41, III-31) erfahren wir, dass sich bei 5 Helden und 3 Heldinnen ein Bezug auf Donner feststellen lässt. In der Mehrheit der Geschichten erfolgt eine Kraft-Übertragung von einer Himmelsgottheit amatsukami 天つ神. Alle Erzählungen, wo eine Frau (Heldin) die primäre Rolle spielt, nehmen ein Bezug auf die Sexualität der Frau und betonen das Motiv der übernatürlichen Geburt: I-02, II-33, II-41, III-31. Das Motiv der der übernatürlichen Geburt wiederholt sich in den Japanischen Volksgeschichten und Mythen und symbolisiert die Übertragung der Kraft durch die Geburt (Blutsverbindung zwischen dem Meschen und kami 神). Die Symbolik der Frau als ein Mediator einer solchen Übertragung erklärt das Japanische Phänomen der weiblichen Schamaninnen und Priesterinnen. (Nakamura 1997:74)

Ein weiteres Motiv, das wir in dieser Erzählung beobachten können, und das sich in den Japanischen Mythen wiederholt, ist das Motiv von "divine marriage", einer Heirat zwischen einem Menschen und einer Gottheit (meistens handelt sich um eine männliche Himmelsgottheit und ein irdisches Mädchen), das man unter anderen in dem Koreanischen Mythos von Hyŏkkŏses Heirat mit einem irdischen Wesen und dem Mythos von der Heirat zwischen Nigihayahi und Nagasune-hikos Schwester findet. Weitere Beispiele aus der Japanischen Mythologie findet man unter anderen in Kojiki, wobei das Berühmteste davon das Mythos von der Heirat zwischen Amewakahiko und Ōkuninushis Tochter wäre.

Wie in dieser Erzählung (I-02), erscheint die Gottheit vor der Heirat in der Japanischen Mythologie oft in einer menschlichen Form. Die Heirat endet meistens mit der Trennung der Eheleute nach der Geburt, oder nach dem der Mensch die wirkliche Form der Gottheit erblickt (ein Tabu bricht). Beispiele finden wir zum Beispiel in einer Geschichte aus Hitachi fudoki, in der die menschliche Frau mit einer Schlange schwanger wird oder dem Mythos von Ōtatanekos Geburt. Dieses Motiv ist kein Phänomen der Japanischen Mythologie. Die wahrscheinlich bekannteste Erzählung, an deren Ende das Liebespaar trennen muss, weil das Tabu gebrochen wurde, ist der Griechische Mythos von Eros und Psyche.

Materialien


Artikel erstellt von Simone Kahofer 16:53, 11. Okt. 2010 (CEST).