Mythen/Jenseits/Hoellen: Unterschied zwischen den Versionen

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{{fl|D}}ie Bilder auf dieser Seite zeigen Aus·schnitte aus der weitläufigen Topo·graphie der Hölle ({{g|jigoku}}), wie sie sich in der buddhis·tischen Welt ganz ähnlich wie im Christen·tum heraus·gebildet hat. Zumeist entsprechen die darge·stellten Foltern den Sünden, die an den jeweiligen Orten gesühnt werden sollen.  
 
{{fl|D}}ie Bilder auf dieser Seite zeigen Aus·schnitte aus der weitläufigen Topo·graphie der Hölle ({{g|jigoku}}), wie sie sich in der buddhis·tischen Welt ganz ähnlich wie im Christen·tum heraus·gebildet hat. Zumeist entsprechen die darge·stellten Foltern den Sünden, die an den jeweiligen Orten gesühnt werden sollen.  
  
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| Abb. aus dem ''Kasuga gongen kenki'' von Takashina Takakane, 1309
 
| Abb. aus dem ''Kasuga gongen kenki'' von Takashina Takakane, 1309

Version vom 30. August 2020, 15:54 Uhr

Höllenbilder

Vorlage:Flie Bilder auf dieser Seite zeigen Aus·schnitte aus der weitläufigen Topo·graphie der Hölle (jigoku [jigoku (jap.) 地獄 wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle]), wie sie sich in der buddhis·tischen Welt ganz ähnlich wie im Christen·tum heraus·gebildet hat. Zumeist entsprechen die darge·stellten Foltern den Sünden, die an den jeweiligen Orten gesühnt werden sollen.

Vorlage:WmaxX

Höllenbereiche

Hölle des Maßnehmens

Die „Hölle des Maßnehmens“ ist Betrügern vorbe·halten, die mit gefälschten Maßen arbeiten. Die unten dar·ge·stellte Szene beruht auf dem Qishi jing [Qishi jing (chin.) 起世経 chinesisches sutra aus dem 6. Jh., wtl. „Sutra von der Entstehung einer [besseren] Welt“; jap. Kise-kyō] und wurde wahr·schein·lich im zwölften Jahr·hundert von Go-Shirakawa Tennō [Go-Shirakawa Tennō (jap.) 後白河天皇 1127–1192; 77. Kaiser von Japan (r. 1155–1158); stellte vor allem als Exkaiser im Mönchsstand ein wichtiges politisches Gegengewicht zu den Diktatoren Taira no Kiyomori und Minamoto no Yoritomo dar] in Auftrag gegeben (s.u.).

Jigokuzoshi nara1.jpg
1 Die Hölle des Maßnehmens. Abb. aus den Jigoku zōshi, 12. Jh
Die „Hölle (jigoku) des Maßnehmens“ in einer klassischen Höllendarstellung (Jigoku zōshi).
Späte Heian-Zeit, 12. Jh. Nara National Museum.

Hölle des Eisernen Mörsers

Eine weitere Szene aus der zuvor gezeigten Höllen-Bildrolle zeigt die Hölle des Eisernen Mörsers. Folter·knechte zer·mahlen hier Diebe in einem Mörser. In dieser frühen Dar·stellung sind die Folter·knechte noch viel individueller und ge·stalten·reicher als auf späteren Höllen·bildern. Auch eine alte Frau (vielleicht Datsueba [Datsueba (jap.) 奪衣婆 wtl. die Alte, die die Kleider wegnimmt; Dämonin des Totenreichs]?) ist darunter.

Jigokuzoshi nara2.jpg
2 Die „Hölle des Eisernen Mörsers“; Abb. aus den Jigoku zōshi, 12. Jh
Die „Hölle (jigoku) des Eisernen Mörsers“ in einer klassischen Höllendarstellung (Jigoku zōshi).
Späte Heian-Zeit, 12. Jh. Nara National Museum.

Zermalmen, Kochen und Braten

Zermalmen, Kochen und Braten gehören zu den Standard-Folter·methoden der buddhistischen Hölle. Motive, die sich im Mittelalter etabliert hatten, wurden auch in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit noch getreulich reproduziert:

Ojoyoshu1790.jpg
3 Abb. aus einer illustrierten Ausgabe von Genshins Ōjōyōshū, Edo-Zeit,
Höllenszene // Buchillustration. Edo-Zeit, 1790 // // Illustration des Ōjō yōshū von Genshin.

Blutteich

Der „Blutteich“ (chi no ike [chi no ike (jap.) 血の池 Blutsee; für Frauen vorbehaltener Bereich der buddhistischen Hölle]) ist ein Teil der Hölle, der speziell den Frauen vor·be·halten ist. Hier eine der ältesten Darstellungen (12. Jh.):

Jigokusoshi chinoike.jpg
4 Blutteich, Abb. aus den Jigoku zōshi, späte Heian-Zeit, 12. Jh.
Der Blutteich (chi no ike) in der Hölle der Frauen auf einem mittelalterlichen Höllenbild (Jigoku zōshi.
Späte Heian-Zeit, 12. Jh. The TNM Collection.

In vielen vulkani·schen Gegenden Japans kann es vorkommen, dass röt·liches Wasser aus dem Felsen kommt. Wo das der Fall ist, findet man zu·meist auch einen „Blutteich“ (s. Osore-zan).


Hölle als unmittelbare Strafe

Ähnlich wie in christlichen Legenden gibt es auch im ja·pa·nischen Buddhismus das Motiv der unmittelbaren Bestrafung durch die Hölle, vor allem in populären Nach·er·zählungen älterer Geschichten. Das folgende Beispiel zeigt dies anhand eines klassischen buddhistischen Bösewichts, Devadatta [Devadatta (skt.) देवदत्त „Gottesgeschenk“, Cousin und Gegenspieler des Buddha (jap. Daibadatta 提婆達多)].

Devadatta hokusai.jpg
5 Devadattas Höllenfahrt
Das Bild stammt aus einem Buch mit Legenden aus Buddhas Leben. Es zeigt Buddha, umgeben von mehreren Jüngern und im Vordergrund Buddhas Gegenspieler, seinen Cousin Devadatta, der aus Eifersucht diverse Anschläge auf Buddhas Leben unternahm. Das Bild trägt folgende Inschrift: „Devadatta, der dem Welt-Heiligen [Buddha] schaden wollte, wie er bei lebendigem Leib in die Hölle stürzt.“
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit. Waseda University Library.

Devadatta unternahm der Legende nach mehrere Mordanschläge auf den Buddha, da er selbst die Führung innerhalb der buddhistischen Gemeinde übernehmen wollte. Er war also ähnlich wie der Buddha ein Mönch, der dem weltlichen Leben entsagt hatte. Der ukiyo-e [ukiyo-e (jap.) 浮世絵 „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit]-Künstler Katsushika Hokusai [Katsushika Hokusai (jap.) 葛飾北斎 1760–1849; Maler und Zeichner. Bekanntester Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts] konnte es sich allerdings nicht verkneifen, Devadatta als dämonischen Krieger zu portraitieren.

Textquellen

Die frühesten Beschrei·bungen der Hölle aus Sicht japanischer Autoren finden sich im Nihon ryōiki [Nihon ryōiki (jap.) 日本霊異記 „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)] aus dem frühen neunten Jahr·hundert. Im Unter·schied zu späteren Quellen ist hier die Lage und räumliche Struktur der Hölle noch weit·gehend unbestimmt, auch die Höllen·qualen (Ertrinken, Verbrennen) werden nur kurz angedeutet. Die konkreten japanischen Höllen·darstellun·gen aus späterer Zeit hängen meist direkt oder indirekt mit einem Werk namens Ōjō yōshū [Ōjō yōshū (jap.) 往生要集 „Essentielle [Lehren] der Wiederbgeburt“, 985 von Genshin verfasst] („Über die Wieder·geburt im Reinen Land“) zu·sammen. Es wurde 985 von Genshin [Genshin (jap.) 源信 Tendai-Mönch (942–1017); auch bekannt als Eshin; Autor des Ōjō yōshū; Wegbereiter der Jōdo-shū], einem Mönch der Tendai-shū [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] verfasst und gilt als einer der einfluss·reichs·ten Texte über buddhis·tische Jenseits·vor·stel·lungen in Japan. Obwohl im Titel das Reine Land des Amida [Amida Nyorai (jap.) 阿弥陀如来 Amida Buddha; skt. Buddha Amitabha] an·ge·sprochen ist, beginnt der Text mit einer Beschrei·bung der Sechs Bereiche der Wiedergeburt und widmet sich aus·führlich den acht Ab·teilungen der buddhis·tischen Hölle, um im Anschluss daran das Reine Land zu schildern. Die an·schließen·den Kapitel behandeln die Techniken, um im Reinen Land wieder·geboren zu werden, im be·sonderen die Anrufung von Amidas Namen (nenbutsu [nenbutsu (jap.) 念仏 Anrufung des Namens von Buddha Amida, Gebetsformel der Amida-Anhänger]). Den stärksten Ein·druck — zumindest in der Ikono·graphie — hinter·ließen aber nicht die im Ōjōyōshū in Aussicht gestell·ten Be·lohnun·gen, sondern die Bestra·fungen in der Hölle.

Die Höllen·beschreibun·gen des Ōjō yōshū beruhen ihrerseits auf diversen chinesi·schen Werken, u.a. dem Qishi jing [Qishi jing (chin.) 起世経 chinesisches sutra aus dem 6. Jh., wtl. „Sutra von der Entstehung einer [besseren] Welt“; jap. Kise-kyō] (jap. Kise-kyō), ein Sutra, das bereits um 600 in China be·kannt war. Manche der obigen Ab·bildungen aus dem zwölften Jahrhundert sind Illustra·tionen zu diesem Werk. Man nimmt an, dass sie von Go-Shirakawa Tennō [Go-Shirakawa Tennō (jap.) 後白河天皇 1127–1192; 77. Kaiser von Japan (r. 1155–1158); stellte vor allem als Exkaiser im Mönchsstand ein wichtiges politisches Gegengewicht zu den Diktatoren Taira no Kiyomori und Minamoto no Yoritomo dar] (1127–1192, r. 1155–58) in Auftrag gegeben wurden. Von diesem einfluss·reichen Herrscher aus der Zeit der Kämpfe zwischen Minamoto und Taira (Genpei Krieg [Genpei Gassen (jap.) 源平合戦 Krieg zwischen den Minamoto (Gen) und den Taira (Hei, bzw. Pei), 1180–1185]) weiß man, dass er eine ganze Reihen von Jenseits-Bildrollen (rokudō-e) herstellen ließ, zu denen auch die Bilder der Hunger·geister (Gaki zōshi [Gaki zōshi (jap.) 餓鬼草紙 Illustrierte Querbildrollen der Hungergeister]) zählen.


Verweise

Verwandte Themen

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

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    Jigokuzoshi nara1.jpg
    Die „Hölle (jigoku) des Maßnehmens“ in einer klassischen Höllendarstellung (Jigoku zōshi).
    Späte Heian-Zeit, 12. Jh. Nara National Museum.
  2. ^ 
    Jigokuzoshi nara2.jpg
    Die „Hölle (jigoku) des Eisernen Mörsers“ in einer klassischen Höllendarstellung (Jigoku zōshi).
    Späte Heian-Zeit, 12. Jh. Nara National Museum.
  3. ^ Ojoyoshu1790.jpg 
  1. ^ 
    Jigokusoshi chinoike.jpg
    Der Blutteich (chi no ike) in der Hölle der Frauen auf einem mittelalterlichen Höllenbild (Jigoku zōshi.
    Späte Heian-Zeit, 12. Jh. The TNM Collection.
  2. ^ 
    Devadatta hokusai.jpg
    Das Bild stammt aus einem Buch mit Legenden aus Buddhas Leben. Es zeigt Buddha, umgeben von mehreren Jüngern und im Vordergrund Buddhas Gegenspieler, seinen Cousin Devadatta, der aus Eifersucht diverse Anschläge auf Buddhas Leben unternahm. Das Bild trägt folgende Inschrift: „Devadatta, der dem Welt-Heiligen [Buddha] schaden wollte, wie er bei lebendigem Leib in die Hölle stürzt.“
    Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit. Waseda University Library.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amida 阿弥陀 ^ Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)
  • Amida Nyorai 阿弥陀如来 ^ Amida Buddha; skt. Buddha Amitabha
  • Bosch, Hieronymus (west.) ^ 1450–1516; niederländischer Maler, bekannt für seine apokalyptischen Höllendarstellungen
  • chi no ike 血の池 ^ Blutsee; für Frauen vorbehaltener Bereich der buddhistischen Hölle
  • Datsueba 奪衣婆 ^ wtl. die Alte, die die Kleider wegnimmt; Dämonin des Totenreichs
  • Devadatta (skt.) देवदत्त ^ „Gottesgeschenk“, Cousin und Gegenspieler des Buddha (jap. Daibadatta 提婆達多)
  • Enma 閻魔 ^ skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen
  • Gaki zōshi 餓鬼草紙 ^ Illustrierte Querbildrollen der Hungergeister
  • Genpei Gassen 源平合戦 ^ Krieg zwischen den Minamoto (Gen) und den Taira (Hei, bzw. Pei), 1180–1185
  • Genshin 源信 ^ Tendai-Mönch (942–1017); auch bekannt als Eshin; Autor des Ōjō yōshū; Wegbereiter der Jōdo-shū
  • Go-Shirakawa Tennō 後白河天皇 ^ 1127–1192; 77. Kaiser von Japan (r. 1155–1158); stellte vor allem als Exkaiser im Mönchsstand ein wichtiges politisches Gegengewicht zu den Diktatoren Taira no Kiyomori und Minamoto no Yoritomo dar
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • jigoku 地獄 ^ wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle
  • Jigoku zōshi 地獄草紙 ^ Bildrollen der Hölle; im zwölften Jh. angefertigte Illustrationen von verschiedenen Bereichen der Hölle (jigoku), heute in zwei fragmentarischen Varianten bekannt
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • Kasuga gongen kenki 春日権現験記 ^ illustrierte Chronik des Kasuga Taisha, des Ahnenschreins der Adelsfamilie Fujiwara, aus der Kamakura-Zeit (1309); das Original im Besitz des Kaiserhauses ist unzugänglich, existiert aber in Kopien aus dem 19. und 20. Jh.
  • Katsushika Hokusai 葛飾北斎 ^ 1760–1849; Maler und Zeichner. Bekanntester Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts
  • kegare 穢れ ^ rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande
  • Kitano tenjin engi emaki 北野天神縁起絵巻 ^ Sammelbegriff für eine Reihe von illustrierten Herkunftslegenden (engi) des Kitano Tenman-gū, die ab dem 13. Jh. in leicht unterschiedlichen Varianten hergestellt wurden
  • nenbutsu 念仏 ^ Anrufung des Namens von Buddha Amida, Gebetsformel der Amida-Anhänger
  • Nihon ryōiki 日本霊異記 ^ „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)
  • Ōjō yōshū 往生要集 ^ „Essentielle [Lehren] der Wiederbgeburt“, 985 von Genshin verfasst
  • Qishi jing (chin.) 起世経 ^ chinesisches sutra aus dem 6. Jh., wtl. „Sutra von der Entstehung einer [besseren] Welt“; jap. Kise-kyō
  • rokudō 六道 ^ wtl. die Sechs Wege = Bereiche der Wiedergeburt
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • ukiyo-e 浮世絵 ^ „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit