Mythen/Hoellen: Unterschied zwischen den Versionen

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Gebete und Rituale können dazu beitragen, Verstorbene von den Höllenqualen zu befreien. In der Tat wurde und wird ein bedeutender Teil buddhistischer Zeremonien zu diesem Zweck abgehalten. Beispielhaft ist die Geschichte des Mönchs {{g|mokuren}}, (skt. {{s|Maudgalyayana}}), ein Schüler des {{s|Buddha}}, der durch seine Exerzitien und Gebete die Rettung seiner Mutter aus der Hölle erwirkte. Später wurde die Legende dergestalt ausgebaut, dass Mokuren persönlich auf der Suche nach seiner Mutter die Hölle durchquerte.  
 
Gebete und Rituale können dazu beitragen, Verstorbene von den Höllenqualen zu befreien. In der Tat wurde und wird ein bedeutender Teil buddhistischer Zeremonien zu diesem Zweck abgehalten. Beispielhaft ist die Geschichte des Mönchs {{g|mokuren}}, (skt. {{s|Maudgalyayana}}), ein Schüler des {{s|Buddha}}, der durch seine Exerzitien und Gebete die Rettung seiner Mutter aus der Hölle erwirkte. Später wurde die Legende dergestalt ausgebaut, dass Mokuren persönlich auf der Suche nach seiner Mutter die Hölle durchquerte.  
  
Diese Legende bildet den Ursprung des [[Alltag/Jahr/Obon | Bon Fests]], das heute zu Ehren der Ahnen mitte August gefeiert wird. {{g|Bon}} ist die Abkürzung von {{g|urabon}}, abgeleitet von skt. {{s|ullambana}}, was „herab hängen“ bedeutet. Dieser Begriff soll auf die Torturen der Hölle bezogen sein. Seinem ursprünglichen Sinn nach ist O-bon also eine religiöse Zeremonie, um die Ahnen von den Qualen der Hölle, bzw. aus einem der niederen Bereiche der Wiedergeburt zu befreien.
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Diese Legende bildet den Ursprung des [[Alltag/Jahr/Obon | Bon Fests]] ({{g|obon}}), das heute zu Ehren der Ahnen Mitte August gefeiert wird. {{g|Bon}} ist die Abkürzung von {{g|urabon}}, abgeleitet von skt. {{s|ullambana}}, was „herab hängen“ bedeutet. Dieser Begriff soll auf die Torturen der Hölle bezogen sein. Seinem ursprünglichen Sinn nach ist O-bon also eine religiöse Zeremonie, um die Ahnen von den Qualen der Hölle, bzw. aus einem der niederen Bereiche der Wiedergeburt zu befreien.
 
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In China und Taiwan, wo das Urabon (Chin. ''yulanpen'') Fest ursprünglich entstand, ist es auch als Fest der Hungrigen Geister bekannt (nach einer Version wurde Mokurens Mutter nämlich zu einem Hungergeist). Auch in Japan brachte man in früherer Zeit zum Bon-Fest Nahrungsopfer für die Hungergeister ({{g|gaki}}) dar. Die Vorstellung der Hungergeister wurde offenbar zusammen mit der Hölle Ende der Heian-Zeit populär. Illustrierte Bildrollen ({{g|gakizoushi}}) erläutern, was man sich unter Hungergeistern vorzustellen hat. Diese spindeldürren Wesen mit den aufgequollenen Bäuchen sind zugleich Mitleid und Ekel erregend. Sie ernähren sich von Kot, Urin und Leichenteilen, sind aber beständig hungrig und durstig, und werden außerdem von anderen Geistern drangsaliert. Sie verkörpern die Existenzform, in die man hineingeboren wird, wenn man gierig war. Dass man gerade diesen Geistern ein besonderes Fest bereitete, hängt vielleicht damit zusammen, dass Gier eine so universelle menschliche Eigenschaft ist. Demnach kann es leicht sein, dass man selbst einmal als Hungergeist wiedergeboren wird. Andererseits wirken die Darstellungen der ''gaki'' so, als würden diese die Unreinheit personifizieren. In den Zeremonien für das Seelenheil der ''gaki'' könnte also auch das Motiv mitschwingen, sich selbst von Unreinheit zu befreien, indem man die ''gaki'' zum Verschwinden bringt.   
 
In China und Taiwan, wo das Urabon (Chin. ''yulanpen'') Fest ursprünglich entstand, ist es auch als Fest der Hungrigen Geister bekannt (nach einer Version wurde Mokurens Mutter nämlich zu einem Hungergeist). Auch in Japan brachte man in früherer Zeit zum Bon-Fest Nahrungsopfer für die Hungergeister ({{g|gaki}}) dar. Die Vorstellung der Hungergeister wurde offenbar zusammen mit der Hölle Ende der Heian-Zeit populär. Illustrierte Bildrollen ({{g|gakizoushi}}) erläutern, was man sich unter Hungergeistern vorzustellen hat. Diese spindeldürren Wesen mit den aufgequollenen Bäuchen sind zugleich Mitleid und Ekel erregend. Sie ernähren sich von Kot, Urin und Leichenteilen, sind aber beständig hungrig und durstig, und werden außerdem von anderen Geistern drangsaliert. Sie verkörpern die Existenzform, in die man hineingeboren wird, wenn man gierig war. Dass man gerade diesen Geistern ein besonderes Fest bereitete, hängt vielleicht damit zusammen, dass Gier eine so universelle menschliche Eigenschaft ist. Demnach kann es leicht sein, dass man selbst einmal als Hungergeist wiedergeboren wird. Andererseits wirken die Darstellungen der ''gaki'' so, als würden diese die Unreinheit personifizieren. In den Zeremonien für das Seelenheil der ''gaki'' könnte also auch das Motiv mitschwingen, sich selbst von Unreinheit zu befreien, indem man die ''gaki'' zum Verschwinden bringt.   

Version vom 4. Mai 2022, 17:26 Uhr

Höllen und Hungergeister

Vorlage:Sidebox3 Vorlage:Flöllenbilder existierten in Japan wohl schon im frühen Buddhismus, konkret ausgestaltet wurden sie aber erst ab der späten Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit. Sie entwickelten sich bezeichnenderweise Hand in Hand mit den Paradiesvorstellungen des Reinen Landes. Diese Jenseitsdarstellungen lassen wenig Zweifel, dass die meisten Verstorbenen, die nicht zur Erleuchtung fanden bzw. in Amidas [Amida (jap.) 阿弥陀 Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)] Reines Land errettet wurden, mit schrecklichen Torturen zu rechnen hatten. Oft werden sie schon während der Befragung vor dem Gerichtshof Enmas [Enma (jap.) 閻魔 skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen] gefoltert, um schließlich in einer der Höllen zu landen, wo sie von gehörnten Dämonen auf jede erdenkliche Weise gequält werden.

Jigoku rokudoe.jpg
1 Höllenszenen, Edo-Zeit
Nach einer Vorlage aus dem 13. Jahrhundert. Verschiedene Bereiche der Hölle (jigoku), in denen tierartige Folterknechte die Seelen der Toten mit allen erdenklichen Foltern und Torturen drangsalieren.
Späte Edo-Zeit, 19. Jh. The British Museum.

Vorlage:Sidebox3

Ähnlich wie etwa auf den Bildern des Hieronymus Bosch [Bosch, Hieronymus (west.) 1450–1516; niederländischer Maler, bekannt für seine apokalyptischen Höllendarstellungen] gibt es auch im Buddhismus spezielle Höllenbereiche für spezielle Sünden. Für lasterhafte Männer gibt es einen Dornenbaum, auf dem eine schöne Frau sitzt. Wer zu ihr hinaufklettern will, wird auf den Dornen aufgespießt. Für Frauen gibt es wiederum den Blutsee (chi no ike [chi no ike (jap.) 血の池 Blutsee; für Frauen vorbehaltener Bereich der buddhistischen Hölle]). Dass verstorbene Frauen in diesem Blutsee ziellos umherschwimmen müssen, steht explizit mit der durch Menstruation verursachten „Verunreinigung“ in Zusammenhang. Andere Sünder werden zwischen Felsen zermalmt, mit glühenden Zangen traktiert, von wilden Tieren und Monstern angefallen und in großen Kesseln gegart. (Siehe dazu auch Osore-zan, der „Angstberg“.)

O-bon und die Hungergeister

Vorlage:Sidebox3 Gebete und Rituale können dazu beitragen, Verstorbene von den Höllenqualen zu befreien. In der Tat wurde und wird ein bedeutender Teil buddhistischer Zeremonien zu diesem Zweck abgehalten. Beispielhaft ist die Geschichte des Mönchs Mokuren [Mokuren (jap.) 目連 Schüler des Buddha; skt. Maudgalyayana; errettet seine Mutter aus der Hölle], (skt. Maudgalyayana [Maudgalyāyana (skt.) मौद्गल्यायन Schüler des Buddha; mit übersinnlichen Fähigkeiten begabt, war es ihm möglich, die Unterwelt zu besuchen; in ostasiatischen Versionen seiner Legende errettet er dort seine Mutter (jap. Mokuren 目連)]), ein Schüler des Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)], der durch seine Exerzitien und Gebete die Rettung seiner Mutter aus der Hölle erwirkte. Später wurde die Legende dergestalt ausgebaut, dass Mokuren persönlich auf der Suche nach seiner Mutter die Hölle durchquerte.

Diese Legende bildet den Ursprung des Bon Fests (O-bon [O-bon (jap.) お盆 Fest der Ahnen; Bon-Fest]), das heute zu Ehren der Ahnen Mitte August gefeiert wird. Bon [Bon (jap.) Bon-Fest (Ahnenfest); in der Alltagssprache meist O-bon] ist die Abkürzung von urabon [urabon (jap.) 盂蘭盆 Ursprünglicher (buddhistischer) Name des Bon-Fests, abgeleitet von ullambana], abgeleitet von skt. ullambana [ullambana (skt.) उल्लम्बन „Herab hängend“, Name eines (apokryphen) Sutras (jap. urabon 盂蘭盆)], was „herab hängen“ bedeutet. Dieser Begriff soll auf die Torturen der Hölle bezogen sein. Seinem ursprünglichen Sinn nach ist O-bon also eine religiöse Zeremonie, um die Ahnen von den Qualen der Hölle, bzw. aus einem der niederen Bereiche der Wiedergeburt zu befreien.

Gaki.gif

In China und Taiwan, wo das Urabon (Chin. yulanpen) Fest ursprünglich entstand, ist es auch als Fest der Hungrigen Geister bekannt (nach einer Version wurde Mokurens Mutter nämlich zu einem Hungergeist). Auch in Japan brachte man in früherer Zeit zum Bon-Fest Nahrungsopfer für die Hungergeister (gaki [gaki (jap.) 餓鬼 Hungergeist; skt. preta]) dar. Die Vorstellung der Hungergeister wurde offenbar zusammen mit der Hölle Ende der Heian-Zeit populär. Illustrierte Bildrollen (Gaki zōshi [Gaki zōshi (jap.) 餓鬼草紙 Illustrierte Querbildrollen der Hungergeister]) erläutern, was man sich unter Hungergeistern vorzustellen hat. Diese spindeldürren Wesen mit den aufgequollenen Bäuchen sind zugleich Mitleid und Ekel erregend. Sie ernähren sich von Kot, Urin und Leichenteilen, sind aber beständig hungrig und durstig, und werden außerdem von anderen Geistern drangsaliert. Sie verkörpern die Existenzform, in die man hineingeboren wird, wenn man gierig war. Dass man gerade diesen Geistern ein besonderes Fest bereitete, hängt vielleicht damit zusammen, dass Gier eine so universelle menschliche Eigenschaft ist. Demnach kann es leicht sein, dass man selbst einmal als Hungergeist wiedergeboren wird. Andererseits wirken die Darstellungen der gaki so, als würden diese die Unreinheit personifizieren. In den Zeremonien für das Seelenheil der gaki könnte also auch das Motiv mitschwingen, sich selbst von Unreinheit zu befreien, indem man die gaki zum Verschwinden bringt.

Verweise

Verwandte Themen

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen

  • Gaki zōshi, National Institutes for Cultural Heritage
    Mehrsprachig dokumentierte Präsentation einer Bildrolle zum Thema Hungergeister. Teil der Bild-Datenbank von „nationalen Kulturschätzen“ E-kokuhō.
  • Nihon zenkoku Sai-no-kawara meguri (jap.)
    Verschiedene Sai-no-kawara Kultstätten in ganz Japan.


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Jigoku rokudoe.jpg
    Nach einer Vorlage aus dem 13. Jahrhundert. Verschiedene Bereiche der Hölle (jigoku), in denen tierartige Folterknechte die Seelen der Toten mit allen erdenklichen Foltern und Torturen drangsalieren.
    Späte Edo-Zeit, 19. Jh. The British Museum.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amida 阿弥陀 ^ Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)
  • Amida Nyorai 阿弥陀如来 ^ Amida Buddha; skt. Buddha Amitabha
  • Bosch, Hieronymus (west.) ^ 1450–1516; niederländischer Maler, bekannt für seine apokalyptischen Höllendarstellungen
  • chi no ike 血の池 ^ Blutsee; für Frauen vorbehaltener Bereich der buddhistischen Hölle
  • Datsueba 奪衣婆 ^ wtl. die Alte, die die Kleider wegnimmt; Dämonin des Totenreichs
  • Devadatta (skt.) देवदत्त ^ „Gottesgeschenk“, Cousin und Gegenspieler des Buddha (jap. Daibadatta 提婆達多)
  • Enma 閻魔 ^ skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen
  • Gaki zōshi 餓鬼草紙 ^ Illustrierte Querbildrollen der Hungergeister
  • Genpei Gassen 源平合戦 ^ Krieg zwischen den Minamoto (Gen) und den Taira (Hei, bzw. Pei), 1180–1185
  • Genshin 源信 ^ Tendai-Mönch (942–1017); auch bekannt als Eshin; Autor des Ōjō yōshū; Wegbereiter der Jōdo-shū
  • Go-Shirakawa Tennō 後白河天皇 ^ 1127–1192; 77. Kaiser von Japan (r. 1155–1158); stellte vor allem als Exkaiser im Mönchsstand ein wichtiges politisches Gegengewicht zu den Diktatoren Taira no Kiyomori und Minamoto no Yoritomo dar
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • jigoku 地獄 ^ wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle
  • Jigoku zōshi 地獄草紙 ^ Bildrollen der Hölle; im zwölften Jh. angefertigte Illustrationen von verschiedenen Bereichen der Hölle (jigoku), heute in zwei fragmentarischen Varianten bekannt
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • Kasuga gongen kenki 春日権現験記 ^ illustrierte Chronik des Kasuga Taisha, des Ahnenschreins der Adelsfamilie Fujiwara, aus der Kamakura-Zeit (1309); das Original im Besitz des Kaiserhauses ist unzugänglich, existiert aber in Kopien aus dem 19. und 20. Jh.
  • Katsushika Hokusai 葛飾北斎 ^ 1760–1849; Maler und Zeichner. Bekanntester Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts
  • kegare 穢れ ^ rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande
  • Kitano tenjin engi emaki 北野天神縁起絵巻 ^ Sammelbegriff für eine Reihe von illustrierten Herkunftslegenden (engi) des Kitano Tenman-gū, die ab dem 13. Jh. in leicht unterschiedlichen Varianten hergestellt wurden
  • nenbutsu 念仏 ^ Anrufung des Namens von Buddha Amida, Gebetsformel der Amida-Anhänger
  • Nihon ryōiki 日本霊異記 ^ „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)
  • Ōjō yōshū 往生要集 ^ „Essentielle [Lehren] der Wiederbgeburt“, 985 von Genshin verfasst
  • Qishi jing (chin.) 起世経 ^ chinesisches sutra aus dem 6. Jh., wtl. „Sutra von der Entstehung einer [besseren] Welt“; jap. Kise-kyō
  • rokudō 六道 ^ wtl. die Sechs Wege = Bereiche der Wiedergeburt
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • ukiyo-e 浮世絵 ^ „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit