Mythen/Goetter des Himmels/Uzume: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
(13 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
{{titel2
+
{{titel
 
| Ame no Uzume: Die Ahnherrin von Ritus, Tanz und Theater
 
| Ame no Uzume: Die Ahnherrin von Ritus, Tanz und Theater
 
}}
 
}}
  
{{fl|A}}{{g|Amenouzume|me no Uzume}} tritt in den Mythen in zwei ent·schei·den·den Episo·den auf: Im Mythos von [[Mythen/Goetter des Himmels  | Amaterasu in der Felsen·höhle]], wo sie die Sonnen·gottheit durch ihren Tanz aus der Höhle hervor·lockt, und im Mythos von der [[Mythen/Goetter der Erde | Her·ab·kunft des Himm·li·schen Enkels]]. In beiden Fällen ent·blößt sie sich und bewirkt dadurch einen Sinnes·wandel ihres Gegen·übers.
+
{{fl|A}}{{g|Amenouzume|me no Uzume}} ist die vielleicht bekannteste weibliche Nebenrolle im mythologischen Epos der Tennō-Dynastie. Sie tritt in zwei entscheidenden Episoden auf: Im Mythos von [[Mythen/Goetter des Himmels  | Amaterasu in der Felsenhöhle]], wo sie die Sonnengottheit durch ihren Tanz aus der Höhle hervorlockt, und im Mythos von der [[Mythen/Goetter der Erde | Herabkunft des Himmlischen Enkels]]. In beiden Fällen entblößt sie sich und bewirkt dadurch einen Sinneswandel ihres Gegenübers. Zweifellos ist Uzumes Bekanntheit dieser sexuellen Konnotation geschuldet.
  
 
{{w502
 
{{w502
 
| rh= 330
 
| rh= 330
| uzume-hokusai.jpg | t1=-40 | lr1=-10
+
| uzume-hokusai.jpg | t1=-80 | lr1=-12
| Uzume Taki Katei.jpg  
+
| Uzume Taki Katei.jpg | t2=-130 | lr2=-50
 
| Hokusai, 1816
 
| Hokusai, 1816
 
| Taki Katei, 1866
 
| Taki Katei, 1866
Zeile 15: Zeile 15:
 
| hell= hell
 
| hell= hell
 
}}  
 
}}  
Uzumes Ent·blößun·gen sind allerdings kein schnöder Strip·tease, sondern tragen gewisse rituelle Züge. Gleich·zeitig wird ihr Tanz vor der Felsen·höhle auch als Ur·szene des japa·nischen Theaters an·gesehen. Die Gestalt der Uzume macht somit deut·lich, dass Tanz, Theater und Ritus in alter Zeit wohl nicht von ein·ander zu trennen waren, und verrät zudem, dass Spaß und Erotik im alten Ritual·wesen durchaus ihren Platz hatten.  
+
Uzumes Entblößungen sind allerdings kein schnöder Striptease, sondern tragen rituelle Züge. Gleichzeitig wird ihr Tanz vor der Felsenhöhle auch als Urszene des japanischen Theaters angesehen. Die Gestalt der Uzume macht somit deutlich, dass Tanz, Theater und Ritus in alter Zeit wohl nicht von einander zu trennen waren, und verrät zudem, dass Spaß und Erotik im alten Ritualwesen durchaus ihren Platz hatten.  
  
 
== Die mythologische Gestalt der Uzume ==
 
== Die mythologische Gestalt der Uzume ==
Zeile 25: Zeile 25:
 
| hell= hell
 
| hell= hell
 
}}
 
}}
Uzumes bekann·teste mytholo·gische Episode handelt von ihrem Tanz vor der Felsen·höhle, in die sich die Sonnen·gottheit {{g|Amaterasu}} zurück gezogen hat. Während das {{g|Nihonshoki}} Uzumes Tanz lediglich als heiter und aus·gelassen schildert, spezifiziert das {{g|Kojiki}}, dass Uzume dabei ihre Brüste entblößt, was die versam·melten Götter zu lautem Lachen reizt.
+
Uzumes Tanz vor der Felsenhöhle, in die sich die Sonnengottheit {{g|Amaterasu}} schmollend zurück gezogen hat, wird im {{g|Nihonshoki}} in knappen Worten als heiter und ausgelassen geschildert. Im {{g|Kojiki}} wird die Szene hingegen folgendermaßen geschildert:
In beiden Mythen·varianten erregt Uzume auf diese Weise die Neugier der Sonnen·gottheit, die daraufhin ihre freiwillige Isolation beendet und die Welt wieder in ihrem Licht er·strahlen lässt.
 
  
 
{{zitat| text=  
 
{{zitat| text=  
Während·dessen befestigte Amé-nó-uzume-nó-mikótó die Ranken vom himm·lischen Schatten·gewächs (''hikage'') des [Berges] Amé-no-kagu-yama als Ärmel·band, machte die himmlischen ''masaki''-Ranken zum Haar·schmuck, nahm die Blätter des Kleinen Bambus vom [Berg] Amé-no-kagu-yama zu einem Strauß gebunden in die Hand, stellte neben der Tür des Himm·lischen Felsen·hauses einen Kübel auf, trat dröhnend darauf und vollzog eine göttliche Beses·senheit. Sie ließ die Brüste heraus·hängen und zog das Saum·band ihres Gewandes hinab bis zur Scheide. Da geriet das Hohe Himmels·gefilde in Aufruhr, und die acht Millionen Gott·heiten brachen alle vereint in Lachen aus.<ref>''Kojiki'' 1, Antoni 2012, S. 39–40. Für die ''Nihon shoki'' Variante s.  Aston 1972 I, S. 44–45; Florenz 1919, S. 155–56.</ref>
+
Währenddessen befestigte Amé-nó-uzume-nó-mikótó die Ranken vom himmlischen Schattengewächs (''hikage'') des [Berges] Amé-no-kagu-yama als Ärmelband, machte die himmlischen ''masaki''-Ranken zum Haarschmuck, nahm die Blätter des Kleinen Bambus vom [Berg] Amé-no-kagu-yama zu einem Strauß gebunden in die Hand, stellte neben der Tür des Himmlischen Felsenhauses einen Kübel auf, trat dröhnend darauf und vollzog eine göttliche Besessenheit. Sie ließ die Brüste heraushängen und zog das Saumband ihres Gewandes hinab bis zur Scheide. Da geriet das Hohe Himmelsgefilde in Aufruhr, und die acht Millionen Gottheiten brachen alle vereint in Lachen aus.<ref>''Kojiki'' 1, Antoni 2012, S. 39–40. Für die ''Nihon shoki'' Variante s.  Aston 1972 I, S. 44–45; Florenz 1919, S. 155–56.</ref>
 
}}  
 
}}  
  
Man kann sich diese tanzende Uzume also am ehesten als eine wilde, mit Beses·sen·heits·kulten in Verbin·dung stehende Shamanin vor·stellen, die sich aus Ranken, Gräsern und Baum·zweigen Arm- und Kopf·schmuck fertigt. Laut dem ''Nihon shoki'' hält sie außer·dem einen Speer in der Hand. So angetan steigt sie auf einen um·ge·stürzten Zuber, der als Reso·nanz·boden ihres stamp·fenden Tanzes dient, und verfällt in einen eksta·tischen Trance-Zustand.<ref>Während das Stampfen in der japanischen Tradition, namentlich im {{gb|nou}}, durchaus erhalten blieb, ist die Ent·blö·ßung kein Element des klassi·schen japanischen Theaters. Im {{gb|butoh}} (wtl. Stampftanz) des 20. Jahr·hunderts wurden beide Elemente aller·dings erneut mit einander verbunden.</ref>
+
Man kann sich diese tanzende Uzume also am ehesten als eine wilde, mit Besessenheitskulten in Verbindung stehende Shamanin vorstellen, die sich aus Ranken, Gräsern und Baumzweigen Arm- und Kopfschmuck fertigt. Laut dem ''Nihon shoki'' hält sie außerdem einen Speer in der Hand. So angetan steigt sie auf einen umgestürzten Zuber, der als Resonanzboden ihres stampfenden Tanzes dient, und verfällt in einen ekstatischen Trance-Zustand. In beiden Mythenvarianten erregt Uzume auf diese Weise die Neugier der Sonnengottheit, die daraufhin ihre freiwillige Isolation beendet und die Welt wieder in ihrem Licht erstrahlen lässt. Insofern erscheint Uzumes Tanz in beiden Varianten als das richtige Mittel, um einen Stimmungswandel bei beleidigten Gottheiten herbeizuführen.
  
In der zweiten Episode gehört Uzume zum Ge·folge des „Himmli·schen Enkel·sohns“ {{g|Ninigi}}, der die Herr·schaft auf der Erde an·treten soll. Im Zuge seines Ab·stiegs zur Erde stellt sich ihm und seinen Begleitern eine unheim·liche Gott·heit namens {{g|Sarutahiko}} (wtl. „Prinz des Affenfelds“) in den Weg. Saruta·hiko besitzt eine „sieben-Hand-lange“ Nase, ist zudem von un·ge·wöhn·lich hohem Wuchs und emittiert Licht·strahlen aus Mund und After. Die himm·lischen Götter wissen nicht, ob er feind·lich oder freund·lich ge·son·nen ist. Ame no Uzume ergreift die Ini·tiative, um die Sache zu klären, und ent·blößt vor dem selt·samen Gott ein weiteres Mal ihre Brüste, wobei sie in ver·ächt·liches Lachen ausbricht. Saruta·hiko erklärt darauf·hin, dass er gekommen sei, um dem Himmli·schen Enkel den Weg zu weisen. Ob dies sein ur·sprüng·liches Vor·haben war, oder ob Uzume ihn durch ihr Ver·halten dazu brachte, bleibt offen. Auffallend ist jedoch, dass sich Uzume in beiden Szenen einer Art Strip·tease bedient, um andere Gott·heiten zu mani·pulieren.
+
In der zweiten Episode gehört Uzume zum Gefolge des „Himmlischen Enkelsohns“ {{g|Ninigi}}, der die Herrschaft auf der Erde antreten soll. Im Zuge seines Abstiegs zur Erde stellt sich ihm und seinen Begleitern eine unheimliche Gottheit namens {{g|Sarutahiko}} (wtl. „Prinz des Affenfelds“) in den Weg. Sarutahiko besitzt eine „sieben-Hand-lange“ Nase, ist zudem von ungewöhnlich hohem Wuchs und emittiert Lichtstrahlen aus Mund und After. Die himmlischen Götter wissen nicht, ob er feindlich oder freundlich gesonnen ist. Ame no Uzume ergreift die Initiative, um die Sache zu klären, und entblößt vor dem seltsamen Gott ein weiteres Mal ihre Brüste, wobei sie in verächtliches Lachen ausbricht. Sarutahiko erklärt daraufhin, dass er gekommen sei, um dem Himmlischen Enkel den Weg zu weisen. Ob dies sein ursprüngliches Vorhaben war, oder ob Uzume ihn durch ihr Verhalten dazu brachte, bleibt offen. Auffallend ist jedoch, dass sich Uzume in beiden Szenen einer Art Striptease bedient, um andere Gottheiten zu manipulieren.
  
 
{{w500
 
{{w500
Zeile 50: Zeile 49:
 
|ref=1
 
|ref=1
 
}}
 
}}
Uzume und Saruta·hiko werden schluss·endlich ein Paar und Uzume übernimmt von ihm den Namens·teil „Affe“ ({{g|saru}}). Sie wird nun als {{g|sarume|Sarume}} no kimi — wtl. „Herrin der Affen·frauen“ tituliert. [[Affe]] ist dabei nicht als Schimpf·wort zu ver·stehen, sondern steht meta·phorisch für Schau·spieler, wie sich auch in einem alten Namen des -Theaters andeutet: {{g|sarugaku}}, wtl. „Affenmusik“. Die „Affen·frauen“ wiederum waren Priester-Tänze·rinnen des frühen Tennō-Hofes, die in  Ame no Uzume ihre Ahn·herrin erblickten. Uzumes Hand·lungen, ihr eroti·scher Tanz vor der Felsen·höhle und ihr provo·kantes Techtel·mechtel mit Saruta·hiko, stehen also mit dem Ritual·wesen bei Hof in enger Bezie·hung und dienen als Grün·dungs·mythen für bestimmte, regel·mäßig praktizierte Zere·monien. Laut dem {{g|Kogoshuui}} (verfasst 807) leitet sich insbe·sondere der  „Ritus zur Besänf·ti·gung der Geister“ ({{g|chinkonsai}}) auf den Tanz der Ame no Uzume zurück. Damit wird indirekt klar, dass die von Uzume adres·sierten Gott·heiten, Amaterasu und Sarutahiko, in einem ent·rückten, übel·wollen·den Zustand waren, der mitunter auch als {{g|aramitama}}, als wilder, bösartiger Seelen·zu·stand bezeichnet wird. Uzumes Aufgabe bestand also darin, die jewei·ligen Gott·heiten durch thea·tra·lische Mittel in einen milden Seelen·zustand ({{g|nigimitama}}) zu ver·setzen.
+
Uzume und Sarutahiko werden schlussendlich ein Paar und Uzume übernimmt von ihm den Namensteil „Affe“ ({{g|saru}}). Sie wird nun als {{g|sarume|Sarume}} no kimi — wtl. „Herrin der Affenfrauen“ tituliert. [[Affe]] ist dabei nicht als Schimpfwort zu verstehen, sondern steht metaphorisch für Schauspieler, wie sich auch in einem alten Namen des {{g|nou}}-Theaters andeutet: {{g|sarugaku}}, wtl. „Affenmusik“. Die „Affenfrauen“ wiederum waren Priester-Tänzerinnen des frühen Tennō-Hofes, die in  Ame no Uzume ihre Ahnherrin erblickten. Uzumes Handlungen, ihr erotischer Tanz vor der Felsenhöhle und ihr provokantes Techtelmechtel mit Sarutahiko, stehen also mit dem Ritualwesen bei Hof in enger Beziehung und dienen als Gründungsmythen für bestimmte, regelmäßig praktizierte Zeremonien. Laut dem {{g|Kogoshuui}} (verfasst 807) leitet sich insbesondere der  „Ritus zur Besänftigung der Geister“ ({{g|chinkonsai}}) auf den Tanz der Ame no Uzume zurück. Damit wird indirekt klar, dass die von Uzume adressierten Gottheiten, Amaterasu und Sarutahiko, in einem entrückten, übelwollenden Zustand waren, der mitunter auch als {{g|aramitama}}, als wilder, bösartiger Seelenzustand bezeichnet wird. Uzumes Aufgabe bestand also darin, die jeweiligen Gottheiten durch theatralische Mittel in einen milden Seelenzustand ({{g|nigimitama}}) zu versetzen.
  
 
{{w500
 
{{w500
Zeile 57: Zeile 56:
 
}}
 
}}
  
Ähnliche Riten sind für spätere Zeiten nur spärlich dokumentiert. Es existiert jedoch eine Darstellung aus dem {{g|Kitanotenjinengi}} in einer Version aus dem 13. Jahrhundert, in der eine an Uzume gemahnende Szene dargestellt ist. Eine Hofdame im Gewand einer Schreindienerin, aber mit entblößtem Oberkörper, schwenkt in Gegenwart eines betenden Mönchs einen rituellen Gegenstand. Der betreffenden Schreinlegende zufolge hat die Hofdame den Mönch jedoch fälschlich der sexuellen Belästigung beschuldigt und wird mit Hilfe der Gottheit dazu gebracht, diese Verleumdung zurück zu nehmen. Ihr ekstatischer Tanz und ihre Entblößung sind hier demnach als ein Schuldeingeständnis zu deuten.
+
Ähnliche Riten sind für spätere Zeiten nur spärlich dokumentiert. Es existiert jedoch eine Darstellung aus dem {{g|Kitanotenjinengi}} in einer Version aus dem 13. Jahrhundert, in der eine an Uzume gemahnende Szene dargestellt ist. Eine Hofdame im Gewand einer Schreindienerin, aber mit entblößtem Oberkörper, schwenkt in Gegenwart eines betenden Mönchs einen rituellen Gegenstand. Der betreffenden Schreinlegende zufolge hat die Hofdame den Mönch jedoch fälschlich der sexuellen Belästigung beschuldigt und wird mit Hilfe der Gottheit dazu gebracht, diese Verleumdung zurück zu nehmen. Ihr ekstatischer Tanz und ihre Entblößung werden demnach im mittelalterlichen Kontext nicht mehr positiv bewertet, sondern sind eher als Zeichen eines Schuldeingeständnisses zu deuten.
 +
 
 +
Während das Stampfen in der japanischen Tradition, namentlich im Nō, durchaus erhalten blieb, ist die Entblößung kein Element des klassischen japanischen Theaters. Allerdings könnte man vielleicht im {{g|butoh}} (wtl. Stampftanz) des 20. Jahrhunderts, in dem u.a. Nacktheit und Stampfen in Kombination eingesetzt wurden, eine entfernte Erinnerung an den Tanz der Uzume erblicken.
  
 
== Uzume in ''kagura'' und ''ukiyoe'' ==
 
== Uzume in ''kagura'' und ''ukiyoe'' ==
Zeile 66: Zeile 67:
 
|ref=1
 
|ref=1
 
}}
 
}}
Die heute gängige ikono·graphische Form der Uzume lässt sich bereits in den {{g|ukiyoe}} der Edo-Zeit gut erkennen, hat jedoch mit der provo·kanten Shamanin der Mythen auf den ersten Blick nur wenig zu tun. Sie zeigt die Göttin im Gewand einer modernen Schrein·dienerin ({{g|miko}}). Auch die Gegen·stände, die sie in den Händen hält, sind meist dem neu·zeit·lichen Schrein·ritual ent·nommen.  
+
Die heute gängige ikonographische Form der Uzume lässt sich bereits in den {{g|ukiyoe}} der Edo-Zeit gut erkennen, hat jedoch mit der provokanten Shamanin der Mythen auf den ersten Blick nur wenig zu tun. Sie zeigt die Göttin im klassischen Gewand einer Schreindienerin ({{g|miko}}). Auch die Gegenstände, die sie in den Händen hält, sind meist dem neuzeitlichen Schreinritual entnommen.  
Diese Charakte·ristika stammen aller Wahr·scheinlich·keit nach aus den soge·nannten {{g|kagura}}-Tänzen. Dies sind rituelle Tänze, die zumeist in Shintō-Schreinen auf·geführt werden. Während die frühesten bekannten Formen keine drama·tische Handlung besaßen, haben sich seit der {{g|Edo}}-Zeit ''kagura'' in Form von drama·tisierten mytholo·gischen Themen mehr und mehr verbreitet. Die Hervor·lockung der Sonnen·gottheit stellt dabei — neben dem [[Mythen/Goetter_der_Erde|Kampf Susanoos]] mit der acht·köpfigen Schlange {{g|Yamatanoorochi}} — eines der popu·lärsten Sujets dar. Selt·samer·weise tritt in den ''kagura'' neben Uzume stets auch Sarutahiko auf, das Tanz·theater ver·schmilzt also die beiden mytholo·gischen Episoden vom Tanz vor der Felsen·höhle und dem Abstieg des Himm·lischen Enkels. Auch auf den ent·sprechen·den ''ukiyo-e'' ist zumeist Saruta·hiko neben Uzume vor der Felsen·höhle zu erkennen.
+
Diese Charakteristika stammen aller Wahrscheinlichkeit nach aus den sogenannten {{g|kagura}}-Tänzen. Dies sind rituelle Tänze, die zumeist in Shintō-Schreinen aufgeführt werden. Während die frühesten bekannten Formen keine dramatische Handlung besaßen, haben sich seit der {{g|Edo}}-Zeit ''kagura'' in Form von dramatisierten mythologischen Themen mehr und mehr verbreitet. Die Hervorlockung der Sonnengottheit stellt dabei — neben dem [[Mythen/Goetter_der_Erde|Kampf Susanoos]] mit der achtköpfigen Schlange {{g|Yamatanoorochi}} — eines der populärsten Sujets dar. Seltsamerweise tritt in den ''kagura'' neben Uzume stets auch Sarutahiko auf, das Tanztheater verschmilzt also die beiden mythologischen Episoden vom Tanz vor der Felsenhöhle und dem Abstieg des Himmlischen Enkels. Auch auf den entsprechenden ''ukiyo-e'' ist zumeist Sarutahiko neben Uzume vor der Felsenhöhle zu erkennen.
  
 
{{w502
 
{{w502
Zeile 79: Zeile 80:
 
== Otafuku, Okame, Oto Goze: Uzume als Glücksgöttin ==
 
== Otafuku, Okame, Oto Goze: Uzume als Glücksgöttin ==
  
Die erotische Rolle, die Uzume in den Mythen inne hat, kommt in späteren Illu·stra·tionen zwar allent·halben zum Aus·druck, doch ist Uzume alles andere als ein Vamp oder eine ''femme fatale''. Statt·des·sen wurde ihre Gestalt ironisiert und erhielt das Aussehen einer komischen, bisweilen auch dezidiert hässlichen weib·lichen Gestalt. Angeblich soll auch ihr Name auf diese Häss·lichkeit hin·deuten (wobei die Ety·molo·gie allerdings nicht über jeden Zweifel erhaben ist): Aston (1896) übersetzt Uzume mit „terrible female“, Florenz (1919) mit „ab·schrecken·des Weib“.<ref>Beide Über·setzer beziehen sich dabei auf eine Erklärung des Namens Uzume im {{gb|Kogoshuui}} (807), das einen Zusammen·hang mit ''ozoshi'', „furchtbar“, herstellt. S. z.B. Florenz 1919, S. 421–22.</ref>  Jedenfalls wurde Uzume in einer wenig attrak·tiven, aber komischen Gestalt schließlich sogar zu einer [[Ikonographie/Gluecksgoetter|Glücks·göttin]], wobei gerade ihr hässliches Aussehen dem Ver·treiben von Unglück förderlich sein soll.  
+
Die erotische Rolle, die Uzume in den Mythen inne hat, kommt in späteren Illustrationen zwar allenthalben zum Ausdruck, doch ist Uzume alles andere als ein Vamp oder eine ''femme fatale''. Stattdessen wurde ihre Gestalt ironisiert und erhielt das Aussehen einer komischen, bisweilen auch dezidiert hässlichen, aber in jedem Fall rundlichen jungen Frau. Angeblich soll auch ihr Name auf diese Hässlichkeit hindeuten (wobei die Etymologie allerdings nicht über jeden Zweifel erhaben ist): Aston (1896) übersetzt Uzume mit „terrible female“, Florenz (1919) mit „abschreckendes Weib“.<ref>Beide Übersetzer beziehen sich dabei auf eine Erklärung des Namens Uzume im {{gb|Kogoshuui}} (807), das einen Zusammenhang mit ''ozoshi'', „furchtbar“, herstellt. S. z.B. Florenz 1919, S. 421–22.</ref>  Jedenfalls wurde Uzume in einer wenig attraktiven, aber komischen Gestalt schließlich sogar zu einer [[Ikonographie/Gluecksgoetter|Glücksgöttin]], wobei gerade ihr hässliches Aussehen dem Vertreiben von Unglück förderlich sein soll.  
 
{{w502
 
{{w502
 
|otogoze.jpg|top1=-20
 
|otogoze.jpg|top1=-20
Zeile 98: Zeile 99:
 
|ref=1
 
|ref=1
 
}}
 
}}
Als  volks·tümlich komö·dianti·sche Glücks·bringerin ist Uzume auch unter Namen wie {{g|Otafuku}} oder {{g|Okame}} bekannt ist. Jedes Kind in Japan kennt Otafuku als dicke, kleine Frau mit birnen·förmi·gem Gesicht, einer hohen Stirn und kleinen lachen·den Augen. Diese äußer·lichen Merk·male lassen sich auf eine Figur des komö·dianti·schen {{g|kyougen}}-Theaters namens {{g|Otogoze}} zurück·führen. Diese eher derbe Gestalt gehört zur Kate·gorie der „häss·lichen Frauen“ ({{g|shikome}}) im Kyōgen und stellt einen be·wussten Kontrast zur ätheri·schen Schön·heit der weib·lichen Nō-Masken dar.  
+
Als  volkstümlich komödiantische Glücksbringerin ist Uzume auch unter Namen wie {{g|Otafuku}} oder {{g|Okame}} bekannt ist. Jedes Kind in Japan kennt Otafuku als dicke, kleine Frau mit birnenförmigem Gesicht, einer hohen Stirn und kleinen lachenden Augen. Diese äußerlichen Merkmale lassen sich auf eine Figur des komödiantischen {{g|kyougen}}-Theaters namens {{g|Otogoze}} zurückführen. Sie gehört zur Kategorie der „hässlichen Frauen“ ({{g|shikome}}) und stellt einen bewussten dramaturgischen Kontrapunkt zur ätherischen Schönheit der weiblichen Nō-Masken dar.  
  
Ob die Figur der Oto-goze von Anfang an mit Uzume identi·fiziert wurde, oder ob dies erst eine sekun·däre Entwick·lung darstellt, ist unklar. Jedenfalls ist die ent·spre·chende Maske seit der {{g|Muromachi}}-Zeit bekannt und prägt nicht nur die bis heute popu·lären Otafuku-Darstel·lungen, sondern auch die Dar·stel·lungen der mytho·logi·schen Uzume. In dieser Form trat Ame no Uzume einst sogar als einzige Frau im Ensemble der Sieben Glücks·götter ({{g|shichifukujin}}) auf, wurde Anfang der {{g|Edo}}-Zeit aller·dings von {{g|Benzaiten}} ver·drängt.<ref> Kita Sadakichi,  „Shichifukujin no seiritsu“ (Die Entstehung der Sieben Glücksgötter) 1935, nach Miyata 1998, S. 304–305</ref>
+
Ob die Figur der Oto-goze von Anfang an mit Uzume identifiziert wurde, oder ob dies erst eine sekundäre Entwicklung darstellt, ist unklar. Jedenfalls ist die entsprechende Maske seit der {{g|Muromachi}}-Zeit bekannt und prägt nicht nur die populäre Otafuku, sondern auch die Darstellungen der mythologischen Uzume. In dieser Form trat Ame no Uzume einst sogar als einzige Frau im Ensemble der Sieben Glücksgötter ({{g|shichifukujin}}) auf, wurde Anfang der {{g|Edo}}-Zeit allerdings von {{g|Benzaiten}} verdrängt.<ref> Kita Sadakichi,  „Shichifukujin no seiritsu“ (Die Entstehung der Sieben Glücksgötter) 1935, nach Miyata 1998, S. 304–305</ref>
  
Wie man an den Ab·bildun·gen des 19. Jahr·hunderts erkennt, haben manche Illustra·toren die an·geb·liche Häss·lich·keit der Uzume/ Otafuku sehr wört·lich genom·men, viel·leicht auch, um die ero·tische Kompo·nente der mytho·logi·schen Erzäh·lung ab·zuschwä·chen. Im Allge·meinen hat sich aber ein hu·moris·tischer, durchaus nicht un·attrak·tiver Er·schei·nungs·typ der Uzume durch·gesetzt, der bei·spiel·haft in Hokusais Dar·stellung am Anfang dieser Seite wieder·ge·geben ist (s.o.).
+
Wie man an den Abbildungen des 19. Jahrhunderts erkennt, haben manche Illustratoren die angebliche Hässlichkeit der Uzume/ Otafuku sehr wörtlich genommen, vielleicht auch, um die erotische Komponente der mythologischen Erzählung abzuschwächen. Im Allgemeinen hat sich aber ein humoristischer, durchaus nicht unattraktiver Erscheinungstyp der Uzume durchgesetzt, der beispielhaft in Hokusais Darstellung am Anfang dieser Seite wiedergegeben ist (s.o.).
  
 
{{w502
 
{{w502

Version vom 22. Juli 2022, 12:08 Uhr

Ame no Uzume Die Ahnherrin von Ritus, Tanz und Theater

Vorlage:Flme no Uzume [Ame no Uzume (jap.) 天鈿女/天宇受賣 mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters] ist die vielleicht bekannteste weibliche Nebenrolle im mythologischen Epos der Tennō-Dynastie. Sie tritt in zwei entscheidenden Episoden auf: Im Mythos von Amaterasu in der Felsenhöhle, wo sie die Sonnengottheit durch ihren Tanz aus der Höhle hervorlockt, und im Mythos von der Herabkunft des Himmlischen Enkels. In beiden Fällen entblößt sie sich und bewirkt dadurch einen Sinneswandel ihres Gegenübers. Zweifellos ist Uzumes Bekanntheit dieser sexuellen Konnotation geschuldet.

Uzume-hokusai.jpg
1 Hokusai, 1816
Darstellung der Ame no Uzume.
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit, 1816. Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art, Paris.
Uzume Taki Katei.jpg
2 Taki Katei, 1866
Ame no Uzume in der Kleidung einer Schreindienerin (miko), mit Schellen und Zickzack-Papier (gohei). Sie trägt die Züge der dicklichen und vergnügten Glücksgöttin Otafuku.
Werk von Taki Katei (1832–1901). Bakumatsu Zeit, 1859. Library of Congress.
Typische Darstellungen der Ame no Uzume

Uzumes Entblößungen sind allerdings kein schnöder Striptease, sondern tragen rituelle Züge. Gleichzeitig wird ihr Tanz vor der Felsenhöhle auch als Urszene des japanischen Theaters angesehen. Die Gestalt der Uzume macht somit deutlich, dass Tanz, Theater und Ritus in alter Zeit wohl nicht von einander zu trennen waren, und verrät zudem, dass Spaß und Erotik im alten Ritualwesen durchaus ihren Platz hatten.

Die mythologische Gestalt der Uzume

Vorlage:Sidebox3 Uzumes Tanz vor der Felsenhöhle, in die sich die Sonnengottheit Amaterasu [Amaterasu (jap.) 天照 Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise] schmollend zurück gezogen hat, wird im Nihon shoki [Nihon shoki (jap.) 日本書紀 Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)] in knappen Worten als heiter und ausgelassen geschildert. Im Kojiki [Kojiki (jap.) 古事記 „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)] wird die Szene hingegen folgendermaßen geschildert:

Währenddessen befestigte Amé-nó-uzume-nó-mikótó die Ranken vom himmlischen Schattengewächs (hikage) des [Berges] Amé-no-kagu-yama als Ärmelband, machte die himmlischen masaki-Ranken zum Haarschmuck, nahm die Blätter des Kleinen Bambus vom [Berg] Amé-no-kagu-yama zu einem Strauß gebunden in die Hand, stellte neben der Tür des Himmlischen Felsenhauses einen Kübel auf, trat dröhnend darauf und vollzog eine göttliche Besessenheit. Sie ließ die Brüste heraushängen und zog das Saumband ihres Gewandes hinab bis zur Scheide. Da geriet das Hohe Himmelsgefilde in Aufruhr, und die acht Millionen Gottheiten brachen alle vereint in Lachen aus.1

Man kann sich diese tanzende Uzume also am ehesten als eine wilde, mit Besessenheitskulten in Verbindung stehende Shamanin vorstellen, die sich aus Ranken, Gräsern und Baumzweigen Arm- und Kopfschmuck fertigt. Laut dem Nihon shoki hält sie außerdem einen Speer in der Hand. So angetan steigt sie auf einen umgestürzten Zuber, der als Resonanzboden ihres stampfenden Tanzes dient, und verfällt in einen ekstatischen Trance-Zustand. In beiden Mythenvarianten erregt Uzume auf diese Weise die Neugier der Sonnengottheit, die daraufhin ihre freiwillige Isolation beendet und die Welt wieder in ihrem Licht erstrahlen lässt. Insofern erscheint Uzumes Tanz in beiden Varianten als das richtige Mittel, um einen Stimmungswandel bei beleidigten Gottheiten herbeizuführen.

In der zweiten Episode gehört Uzume zum Gefolge des „Himmlischen Enkelsohns“ Ninigi [Ninigi (jap.) 瓊瓊杵 mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus], der die Herrschaft auf der Erde antreten soll. Im Zuge seines Abstiegs zur Erde stellt sich ihm und seinen Begleitern eine unheimliche Gottheit namens Sarutahiko [Sarutahiko (jap.) 猿田彦 Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt] (wtl. „Prinz des Affenfelds“) in den Weg. Sarutahiko besitzt eine „sieben-Hand-lange“ Nase, ist zudem von ungewöhnlich hohem Wuchs und emittiert Lichtstrahlen aus Mund und After. Die himmlischen Götter wissen nicht, ob er feindlich oder freundlich gesonnen ist. Ame no Uzume ergreift die Initiative, um die Sache zu klären, und entblößt vor dem seltsamen Gott ein weiteres Mal ihre Brüste, wobei sie in verächtliches Lachen ausbricht. Sarutahiko erklärt daraufhin, dass er gekommen sei, um dem Himmlischen Enkel den Weg zu weisen. Ob dies sein ursprüngliches Vorhaben war, oder ob Uzume ihn durch ihr Verhalten dazu brachte, bleibt offen. Auffallend ist jedoch, dass sich Uzume in beiden Szenen einer Art Striptease bedient, um andere Gottheiten zu manipulieren.

Uzume sarutahiko.jpg
3 Buchillustration aus Nakatomi ōbarai ezu, späte Edo-Zeit
Darstellung von Ame no Uzume und Sarutahiko. Für ein sehr ähnliches Motiv von Kuniyoshi siehe hier.
Späte Edo-Zeit. Suzuka bunko, Ehime University.
Ame no Uzume und Sarutahiko
Uzume Sarutahiko ningyo kuniyoshi.jpeg
4 Werbeplakat für eine Puppenausstellung, 1856
Begegnung von Ame no Uzume und Sarutahiko. Im Hintergrund das Urgötterpaar Izanagi und Izanami. Die für Kuniyoshi untypisch naive, fast plumpe Darstellung könnte dem Umstand geschuldet sein, dass hier für eine Ausstellung lebensechter Puppen geworben wird, die 1855–56 in Edo stattfand. Kuniyoshi scheint sich an das Erscheinungsbild der Götter in der Ausstellung gehalten zu haben.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Späte Edo-Zeit, 1856. The Oriental Library, Tōhō bunko.
Ame no Uzume und Sarutahiko

Uzume und Sarutahiko werden schlussendlich ein Paar und Uzume übernimmt von ihm den Namensteil „Affe“ (saru [saru (jap.) Affe; gehört auch zu den zwölf Tierkreiszeichen (jūni shi) (verwendet in dem Fall das Kanji 申)]). Sie wird nun als Sarume [sarume (jap.) 猿女 Priestertänzerin; wtl. „Affenfrau“] no kimi — wtl. „Herrin der Affenfrauen“ tituliert. Affe ist dabei nicht als Schimpfwort zu verstehen, sondern steht metaphorisch für Schauspieler, wie sich auch in einem alten Namen des [ (jap.) traditionelles jap. Theater mit charakterstischem Tanz, Gesang und Masken; entwickelte sich im 14. Jh. aus dem volkstümlichen dengaku (Feld- oder Bauern-Theater) und avancierte zur repräsentativen Theaterform der Kriegerelite (bushi)]-Theaters andeutet: sarugaku [sarugaku (jap.) 猿楽 Alte Bezeichnung für -Theater; wtl. „Affenmusik“], wtl. „Affenmusik“. Die „Affenfrauen“ wiederum waren Priester-Tänzerinnen des frühen Tennō-Hofes, die in Ame no Uzume ihre Ahnherrin erblickten. Uzumes Handlungen, ihr erotischer Tanz vor der Felsenhöhle und ihr provokantes Techtelmechtel mit Sarutahiko, stehen also mit dem Ritualwesen bei Hof in enger Beziehung und dienen als Gründungsmythen für bestimmte, regelmäßig praktizierte Zeremonien. Laut dem Kogo shūi [Kogo shūi (jap.) 古語拾遺 Chronik Japans (807)] (verfasst 807) leitet sich insbesondere der „Ritus zur Besänftigung der Geister“ (chinkonsai [chinkonsai (jap.) 鎮魂祭 Zeremonie zur Beruhigung der Totengeister]) auf den Tanz der Ame no Uzume zurück. Damit wird indirekt klar, dass die von Uzume adressierten Gottheiten, Amaterasu und Sarutahiko, in einem entrückten, übelwollenden Zustand waren, der mitunter auch als aramitama [aramitama (jap.) 荒魂 wtl. rauer (wilder) Geist; gewalttätige Natur (mitama) einer Gottheit (im Ggs. zu nigimitama, milder Geist)], als wilder, bösartiger Seelenzustand bezeichnet wird. Uzumes Aufgabe bestand also darin, die jeweiligen Gottheiten durch theatralische Mittel in einen milden Seelenzustand (nigimitama [nigimitama (jap.) 和魂 wtl. milder Geist; wohltätige Natur (mitama) einer Gottheit (im Ggs. zu aramitama, rauer Geist)]) zu versetzen.

Miko kitano engi.jpg
Tanz einer Schreindienerin
Tanz einer Hofdame mit entblößtem Oberkörper und einem Stab vor einem sitzenden, betenden Mönch. Die Darstellung entstammt dem Kitano tenjin engi, einer der berühmtesten illustrierten Querbildrollen, das die Entstehung des Kitano Tenman-gū Schreins in Kyoto schildert. Die Szene stellt folgende Episode der Schreinlegende dar: Eine Hofdame beschuldigt den Mönch Ninshun, ein „Herz für Frauen“ zu haben. Nachdem dieser am Kitano Schrein um Hilfe betet, wird sie von der Gottheit besessen und teilt im Zuge ihres ekstatischen Tanzes mit, dass sie den betreffenden Mönch zu Unrecht verleumdet hat.  
Kamakura-Zeit, 13. Jh. e-Museum.

Ähnliche Riten sind für spätere Zeiten nur spärlich dokumentiert. Es existiert jedoch eine Darstellung aus dem Kitano tenjin engi [Kitano tenjin engi (jap.) 北野天神縁起 Schreinchronik des Kitano Tenman-gū, in dem der Hofadelige Sugawara no Michizane (845–903) verehrt wird; besonders ab dem 13. Jahrhundert in illustrierten Querbildrollen (emaki) abgefasst] in einer Version aus dem 13. Jahrhundert, in der eine an Uzume gemahnende Szene dargestellt ist. Eine Hofdame im Gewand einer Schreindienerin, aber mit entblößtem Oberkörper, schwenkt in Gegenwart eines betenden Mönchs einen rituellen Gegenstand. Der betreffenden Schreinlegende zufolge hat die Hofdame den Mönch jedoch fälschlich der sexuellen Belästigung beschuldigt und wird mit Hilfe der Gottheit dazu gebracht, diese Verleumdung zurück zu nehmen. Ihr ekstatischer Tanz und ihre Entblößung werden demnach im mittelalterlichen Kontext nicht mehr positiv bewertet, sondern sind eher als Zeichen eines Schuldeingeständnisses zu deuten.

Während das Stampfen in der japanischen Tradition, namentlich im Nō, durchaus erhalten blieb, ist die Entblößung kein Element des klassischen japanischen Theaters. Allerdings könnte man vielleicht im Butoh [Butoh (jap.) 舞踏 wtl. Stampftanz; zeitgenössische Tanzform des 20. Jhs. (auch butō)] (wtl. Stampftanz) des 20. Jahrhunderts, in dem u.a. Nacktheit und Stampfen in Kombination eingesetzt wurden, eine entfernte Erinnerung an den Tanz der Uzume erblicken.

Uzume in kagura und ukiyoe

Vorlage:WmaxX Die heute gängige ikonographische Form der Uzume lässt sich bereits in den ukiyo-e [ukiyo-e (jap.) 浮世絵 „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit] der Edo-Zeit gut erkennen, hat jedoch mit der provokanten Shamanin der Mythen auf den ersten Blick nur wenig zu tun. Sie zeigt die Göttin im klassischen Gewand einer Schreindienerin (miko [miko (jap.) 巫女 Miko, kami-Priesterin, Schreindienerin; auch: weibliche Shamanin; andere Schreibungen 神子 (Gott-Kind) oder 御子 (erhabenes Kind)]). Auch die Gegenstände, die sie in den Händen hält, sind meist dem neuzeitlichen Schreinritual entnommen. Diese Charakteristika stammen aller Wahrscheinlichkeit nach aus den sogenannten kagura [kagura (jap.) 神楽 rituelle Tänze und Gesänge]-Tänzen. Dies sind rituelle Tänze, die zumeist in Shintō-Schreinen aufgeführt werden. Während die frühesten bekannten Formen keine dramatische Handlung besaßen, haben sich seit der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit kagura in Form von dramatisierten mythologischen Themen mehr und mehr verbreitet. Die Hervorlockung der Sonnengottheit stellt dabei — neben dem Kampf Susanoos mit der achtköpfigen Schlange Yamata no Orochi [Yamata no Orochi (jap.) 八岐大蛇 Mythologische Schlange (Drache) mit acht Köpfen; wtl. „achtfach gegabelte Schlange“; wird von Susanoo besiegt] — eines der populärsten Sujets dar. Seltsamerweise tritt in den kagura neben Uzume stets auch Sarutahiko auf, das Tanztheater verschmilzt also die beiden mythologischen Episoden vom Tanz vor der Felsenhöhle und dem Abstieg des Himmlischen Enkels. Auch auf den entsprechenden ukiyo-e ist zumeist Sarutahiko neben Uzume vor der Felsenhöhle zu erkennen.

Uzume toyokuni.jpg
5 Kabuki-Schauspieler als Uzume
Ame no Uzume (rechts) mit anderen Göttern, die Amaterasu aus der Höhle locken wollen. Die Figuren tragen die Züge von Kabuki-Schauspielern, sind also relativ nahe an einer tatsächlichen Aufführung der Szene. Teil eines Triptychons.
Werk von Utagawa Toyokuni (1769–1825). Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.
Uzume kagura.jpg
6 Uzume in einem kagura
Ame no Uzume, dargestellt von einem kagura-Tänzer.
Bildquelle: unbekannt.

Otafuku, Okame, Oto Goze: Uzume als Glücksgöttin

Die erotische Rolle, die Uzume in den Mythen inne hat, kommt in späteren Illustrationen zwar allenthalben zum Ausdruck, doch ist Uzume alles andere als ein Vamp oder eine femme fatale. Stattdessen wurde ihre Gestalt ironisiert und erhielt das Aussehen einer komischen, bisweilen auch dezidiert hässlichen, aber in jedem Fall rundlichen jungen Frau. Angeblich soll auch ihr Name auf diese Hässlichkeit hindeuten (wobei die Etymologie allerdings nicht über jeden Zweifel erhaben ist): Aston (1896) übersetzt Uzume mit „terrible female“, Florenz (1919) mit „abschreckendes Weib“.2 Jedenfalls wurde Uzume in einer wenig attraktiven, aber komischen Gestalt schließlich sogar zu einer Glücksgöttin, wobei gerade ihr hässliches Aussehen dem Vertreiben von Unglück förderlich sein soll.

Otogoze.jpg
7 Maske der Oto-goze, 15./16. Jh.
Oto-goze, auch Okame oder Otafuku, eine komödiantische Figur des kyōgen-Theaters. Sie wird auch als Erscheinung der Ame no Uzume, der Ahnherrin des japanischen Theaters, angesehen.
Muromachi-Zeit, 15./16. Jh. Hans Hansen, 2009.
Oni shibata.jpg
8 Otafuku, 19. Jh.
Illustration des volkstümlichen Brauches, die oni zum setsubun-Fest mit Bohnen aus dem Haus zu treiben um das Glück einzuladen. Das Glück ist hier in Form der Göttin Otafuku dargestellt.
Werk von Shibata Zeshin (1807–1891). Hatena Fotolife, Etsuko and Joe Price Collection.
Uzume Izu-no-Chohachi.jpg
9 Uzume von Irie Chōhachi (1815–1889)
Ame no Uzume mit entblößten Brüsten, hier unter dem Namen Okame.
Werk von Irie Chōhachi (1815–1889). Meiji Zeit, 19. Jh. Master plasterer Izu-no-Chohachi.

Vorlage:Sidebox3 Als volkstümlich komödiantische Glücksbringerin ist Uzume auch unter Namen wie Otafuku [Otafuku (jap.) お多福 komödiantische weibliche Glücksgottheit, wtl. „Großes Glück“; auch Oto-goze, Okame; andere Schreibungen 阿多福] oder Okame [Okame (jap.) おかめ/お亀 Volkstümliche Glücksgöttin, auch Otafuku; wird mit der mythologischen Göttin Ame no Uzume gleichgesetzt] bekannt ist. Jedes Kind in Japan kennt Otafuku als dicke, kleine Frau mit birnenförmigem Gesicht, einer hohen Stirn und kleinen lachenden Augen. Diese äußerlichen Merkmale lassen sich auf eine Figur des komödiantischen kyōgen [kyōgen (jap.) 狂言 komödiantischer Zwischenakt im -Theater]-Theaters namens Oto-goze [Oto-goze (jap.) 乙御前 Nonne Oto; komödiantische weibliche Maske des kyōgenTheaters; Glücksgottheit] zurückführen. Sie gehört zur Kategorie der „hässlichen Frauen“ (shikome [shikome (jap.) 醜女 „hässliche Frau“; Figur des -Theaters; Variante der Ama no Uzume; auch: Dämonin der Unterwelt (in der Izanami-Episode)]) und stellt einen bewussten dramaturgischen Kontrapunkt zur ätherischen Schönheit der weiblichen Nō-Masken dar.

Ob die Figur der Oto-goze von Anfang an mit Uzume identifiziert wurde, oder ob dies erst eine sekundäre Entwicklung darstellt, ist unklar. Jedenfalls ist die entsprechende Maske seit der Muromachi [Muromachi (jap.) 室町 Stadtteil in Kyōto; Sitz des Ashikaga Shōgunats 1336–1573 (= Muromachi-Zeit)]-Zeit bekannt und prägt nicht nur die populäre Otafuku, sondern auch die Darstellungen der mythologischen Uzume. In dieser Form trat Ame no Uzume einst sogar als einzige Frau im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin [Shichi Fukujin (jap.) 七福神 Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft]) auf, wurde Anfang der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit allerdings von Benzaiten [Benzaiten (jap.) 弁才天/弁財天 Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten] verdrängt.3

Wie man an den Abbildungen des 19. Jahrhunderts erkennt, haben manche Illustratoren die angebliche Hässlichkeit der Uzume/ Otafuku sehr wörtlich genommen, vielleicht auch, um die erotische Komponente der mythologischen Erzählung abzuschwächen. Im Allgemeinen hat sich aber ein humoristischer, durchaus nicht unattraktiver Erscheinungstyp der Uzume durchgesetzt, der beispielhaft in Hokusais Darstellung am Anfang dieser Seite wiedergegeben ist (s.o.).

Uzume ekin.jpg
10 Uzume von Ekin (1812–1876)
Ame no Uzume in einer parodistischen Darstellung
Werk von Ekin (1812–76). Edo-Zeit. Bildquelle: Muian.
Uzume hokkei.jpg
11 Uzume von Hokkei
Ame no Uzume als Teil einer Serie von Göttern aus dem Mythos der Felsenhöhle; als Neujahrskarte konzipiert. Siehe auch Sarutahiko.
Werk von Totoya Hokkei (1780–1850). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
Uzume kosugi.jpg
12 Moderne Version der Uzume (1951)
Ame no Uzume in einer modernen Interpretation. Amaterasu ist hier durch die Sonnenscheibe repräsentiert.
Werk von Kosugi Hōan (1881–1964). Shōwa-Zeit, 1951. Chiyoda Days.

Verweise

Fußnoten

  1. Kojiki 1, Antoni 2012, S. 39–40. Für die Nihon shoki Variante s. Aston 1972 I, S. 44–45; Florenz 1919, S. 155–56.
  2. Beide Übersetzer beziehen sich dabei auf eine Erklärung des Namens Uzume im Kogo shūi (807), das einen Zusammenhang mit ozoshi, „furchtbar“, herstellt. S. z.B. Florenz 1919, S. 421–22.
  3. Kita Sadakichi, „Shichifukujin no seiritsu“ (Die Entstehung der Sieben Glücksgötter) 1935, nach Miyata 1998, S. 304–305

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020

Literatur

Siehe auch Literaturliste

William George Aston (Ü.), Nihongi: Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. Rutland, Vt: Tuttle, 1972. (Online.) [Erste Ausgabe: London 1896.]
Karl Florenz (Ü.), Die historischen Quellen der Shinto-Religion. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1919. [Übersetzungen von Kojiki und Nihon shoki (in Auszügen) sowie Kogo shūi (ganz).]
Miyata Noboru 宮田登 (Hg.), Shichifukujin shinkō jiten 七福神信仰事典. Tokyo: Ebisu Kōshō Shuppan, 1998.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Uzume-hokusai.jpg
    Darstellung der Ame no Uzume.
    Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit, 1816. Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art, Paris.
  2. ^ 
    Uzume Taki Katei.jpg
    Ame no Uzume in der Kleidung einer Schreindienerin (miko), mit Schellen und Zickzack-Papier (gohei). Sie trägt die Züge der dicklichen und vergnügten Glücksgöttin Otafuku.
    Werk von Taki Katei (1832–1901). Bakumatsu Zeit, 1859. Library of Congress.
  3. ^ 
    Uzume sarutahiko.jpg
    Darstellung von Ame no Uzume und Sarutahiko. Für ein sehr ähnliches Motiv von Kuniyoshi siehe hier.
    Späte Edo-Zeit. Suzuka bunko, Ehime University.
  4. ^ Uzume Sarutahiko ningyo.jpeg 
  5. ^ 
    Uzume toyokuni.jpg
    Ame no Uzume (rechts) mit anderen Göttern, die Amaterasu aus der Höhle locken wollen. Die Figuren tragen die Züge von Kabuki-Schauspielern, sind also relativ nahe an einer tatsächlichen Aufführung der Szene. Teil eines Triptychons.
    Werk von Utagawa Toyokuni (1769–1825). Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.
  6. ^ 
    Uzume kagura.jpg
    Ame no Uzume, dargestellt von einem kagura-Tänzer.
    Bildquelle: unbekannt.
  1. ^ 
    Otogoze.jpg
    Oto-goze, auch Okame oder Otafuku, eine komödiantische Figur des kyōgen-Theaters. Sie wird auch als Erscheinung der Ame no Uzume, der Ahnherrin des japanischen Theaters, angesehen.
    Muromachi-Zeit, 15./16. Jh. Hans Hansen, 2009.
  2. ^ 
    Oni shibata.jpg
    Illustration des volkstümlichen Brauches, die oni zum setsubun-Fest mit Bohnen aus dem Haus zu treiben um das Glück einzuladen. Das Glück ist hier in Form der Göttin Otafuku dargestellt.
    Werk von Shibata Zeshin (1807–1891). Hatena Fotolife, Etsuko and Joe Price Collection.
  3. ^ 
    Uzume Izu-no-Chohachi.jpg
    Ame no Uzume mit entblößten Brüsten, hier unter dem Namen Okame.
    Werk von Irie Chōhachi (1815–1889). Meiji Zeit, 19. Jh. Master plasterer Izu-no-Chohachi.
  4. ^ 
    Uzume ekin.jpg
    Ame no Uzume in einer parodistischen Darstellung
    Werk von Ekin (1812–76). Edo-Zeit. Bildquelle: Muian.
  5. ^ 
    Uzume hokkei.jpg
    Ame no Uzume als Teil einer Serie von Göttern aus dem Mythos der Felsenhöhle; als Neujahrskarte konzipiert. Siehe auch Sarutahiko.
    Werk von Totoya Hokkei (1780–1850). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
  6. ^ 
    Uzume kosugi.jpg
    Ame no Uzume in einer modernen Interpretation. Amaterasu ist hier durch die Sonnenscheibe repräsentiert.
    Werk von Kosugi Hōan (1881–1964). Shōwa-Zeit, 1951. Chiyoda Days.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • Ame-no-iwato 天岩戸 ^ wtl. Felsentor des Himmels; Höhle, in die sich Amaterasu zurückzieht
  • Ame no Uzume 天鈿女/天宇受賣 ^ mythologische Gottheit, Ahnherrin des Theaters
  • aramitama 荒魂 ^ wtl. rauer (wilder) Geist; gewalttätige Natur (mitama) einer Gottheit (im Ggs. zu nigimitama, milder Geist)
  • Benzaiten 弁才天/弁財天 ^ Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten
  • Butoh 舞踏 ^ wtl. Stampftanz; zeitgenössische Tanzform des 20. Jhs. (auch butō)
  • chinkonsai 鎮魂祭 ^ Zeremonie zur Beruhigung der Totengeister
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • kagura 神楽 ^ rituelle Tänze und Gesänge
  • Kitano tenjin engi 北野天神縁起 ^ Schreinchronik des Kitano Tenman-gū, in dem der Hofadelige Sugawara no Michizane (845–903) verehrt wird; besonders ab dem 13. Jahrhundert in illustrierten Querbildrollen (emaki) abgefasst
  • Kogo shūi 古語拾遺 ^ Chronik Japans (807)
  • Kojiki 古事記 ^ „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)
  • kyōgen 狂言 ^ komödiantischer Zwischenakt im -Theater
  • miko 巫女 ^ Miko, kami-Priesterin, Schreindienerin; auch: weibliche Shamanin; andere Schreibungen 神子 (Gott-Kind) oder 御子 (erhabenes Kind)
  • Muromachi 室町 ^ Stadtteil in Kyōto; Sitz des Ashikaga Shōgunats 1336–1573 (= Muromachi-Zeit)
  • nigimitama 和魂 ^ wtl. milder Geist; wohltätige Natur (mitama) einer Gottheit (im Ggs. zu aramitama, rauer Geist)
  • Nihon shoki 日本書紀 ^ Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
  • Ninigi 瓊瓊杵 ^ mytholog. Gottheit, Enkel Amaterasus
  • ^ traditionelles jap. Theater mit charakterstischem Tanz, Gesang und Masken; entwickelte sich im 14. Jh. aus dem volkstümlichen dengaku (Feld- oder Bauern-Theater) und avancierte zur repräsentativen Theaterform der Kriegerelite (bushi)
  • Okame おかめ/お亀 ^ Volkstümliche Glücksgöttin, auch Otafuku; wird mit der mythologischen Göttin Ame no Uzume gleichgesetzt
  • Otafuku お多福 ^ komödiantische weibliche Glücksgottheit, wtl. „Großes Glück“; auch Oto-goze, Okame; andere Schreibungen 阿多福
  • Oto-goze 乙御前 ^ Nonne Oto; komödiantische weibliche Maske des kyōgenTheaters; Glücksgottheit
  • saru^ Affe; gehört auch zu den zwölf Tierkreiszeichen (jūni shi) (verwendet in dem Fall das Kanji 申)
  • sarugaku 猿楽 ^ Alte Bezeichnung für -Theater; wtl. „Affenmusik“
  • sarume 猿女 ^ Priestertänzerin; wtl. „Affenfrau“
  • Sarutahiko 猿田彦 ^ Mythologische Gottheit in tengu-ähnlicher Gestalt
  • Shichi Fukujin 七福神 ^ Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft
  • shikome 醜女 ^ „hässliche Frau“; Figur des -Theaters; Variante der Ama no Uzume; auch: Dämonin der Unterwelt (in der Izanami-Episode)
  • ukiyo-e 浮世絵 ^ „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit
  • Yamata no Orochi 八岐大蛇 ^ Mythologische Schlange (Drache) mit acht Köpfen; wtl. „achtfach gegabelte Schlange“; wird von Susanoo besiegt