Grundbegriffe/Buddhismus: Unterschied zwischen den Versionen

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{{titel | Der Weg des Bud·dhis·mus nach Japan}}  
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| Der Weg des Buddhismus nach Japan
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{{fl|D}}ie Lehre des Bud·dhis·mus (jap. {{g|bukkyou}}) geht auf eine histo·rische Persön·lich·keit zurück, die unter Eigen·namen wie {{s|Gautama}} {{s|Siddhartha}} oder {{s|Shakyamuni}} („der Weise des Shakya-Klans“) bekannt ist.
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{{fl|D}}ie Lehre des Buddhismus (jap. {{g|bukkyou}}) geht auf einen Gründer zurück, der für gewöhnlich schlicht als „der {{s|buddha}}(in etwa: der Erleuchtete) bezeichnet wird und bisweilen als gottähnliches Wesen erscheint. Sowohl der Buddhismus selbst als auch die moderne Buddhismusforschung erachten ihn jedoch als reale historische Persönlichkeit. Diese Seite bietet einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung und Ausbreitung seiner Lehre, die u.a. in Japan auf besonders fruchtbaren Boden stieß.  
Nach bud·dhis·tischer Auf·fas·sung war er ein {{s|Buddha}}, also ein „Erleuch·teter“,  weshalb er auch als „der Buddha“ bzw. genauer 
 
als der „histo·rische Buddha“ be·zeich·net wird. Nach bud·dhis·tischer Auf·fass·ung exis·tier·ten Buddhas nämlich schon in grauer Vorzeit, und auch die Zu·kunft wird weitere Buddhas her·vor·bringen.
 
In Japan wird dieser his·to·rische Buddha als {{g|Shakanyorai|Shaka Nyorai}} verehrt.
 
 
 
Man nahm bis vor kurzem all·ge·mein an, dass Shak·ya·muni im sechs·ten oder fünf·ten Jahr·hundert vor unserer Zeit·rechnung im Norden Indiens tätig war, doch setzen neuere For·schun·gen seine Lebens·zeit hundert Jahre später, etwa 450–370 v.u.Z. an.<!--
 
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Diese Angabe beruht auf jüngeren For·schungen des In·do·logen Heinz Bechert. Bechert zufolge starb Buddha hundert Jahre vor der Krönung König Ashokas (ca. 268 v.). Ähnliche Schät·zungen gehen davon aus, dass Buddha 30 bis 50 Jahre vor dem In·dien·feld·zug Alexanders des Großen (327–325 v.) verstarb. Da die bud·dhis·tische Hagio·graphie  Buddha außer·dem ein·hel·lig ein Alter von achtzig Jahren zuschreibt, erhält man die Lebens·daten 450–370 v.u.Z. (Michaels 2011, S. 21–22).
 
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Shakyamuni lebte jedenfalls in einem nord·indischen König·reich namens {{s|Magadha}}, wo neben dem Bud·dhis·mus auch eine weitere indische Re·ligion, der Jai·nis·mus entstand. Beide Re·ligi·onen lehrten, dass selbst die Götter ({{s|deva}}) der klas·sischen in·dischen Mythen nur eine relative Be·deu·tung besaßen und ver·kündeten einen für alle Lebe·wesen gültigen Heils·weg, der im Wesent·lichen auf einer aske·tischen, mönchi·schen Lebens·weise beruhte.  
 
  
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== Entstehung der Lehre ==
 
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| Magadha.png
 
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| hell= hell
 
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Nach seinem Tod hinter·ließ Shak·ya·muni einen Orden von Mönchen und Nonnen, sowie männ·liche und weib·liche Laien·anhänger. Diese „Vier Ver·samm·lungen“ bildeten die bud·dhis·tische Ge·meinde im weiteren Sinne. Eine ko·di·fi·zier·te Lehre exis·tier·te zu diesem Zeit·punkt wahr·scheinlich noch nicht. Erst Shak·ya·munis Schüler und Enkel·schüler formu·lierten in soge·nannten „Konzilen“ die ersten schrift·lichen Texte, aus denen sich die ver·schie·denen Fas·sungen des weit·läufigen bud·dhis·tischen Kanons — die {{g|tripitaka|„Drei Körbe“}} — ent·wickelten.
 
  
Die Aus·brei·tung des Bud·dhismus folgte im we·sent·lichen den großen Handels·routen, die zahl·reiche Höfe von großen und klein·eren Reichen mit einander ver·banden. Der Bud·dhis·mus war also — trotz seiner aske·tischen Ideale — beson·ders in seiner Früh·zeit eine Re·ligion für Händler und ihre Kunden, die Könige. Während die Händler exo·tische Güter an den Höfen der Könige feilboten, pre·digten die Mönche in ihrer Beglei·tung eine neue Religion, die eben jenen Königen über den Tod hinaus „Rettung“ versprach. Diese Beschäf·tigung mit indivi·duellen Schick·salen in einer kom·men·den Welt war mög·licher·weise eines der Erfolgs·geheim·nisse, das die Lehren des Bud·dhismus ebenso begehrt machte wie mate·rielle Reich·tümer. Bud·dhisten hatten jeden·falls beson·ders an den Königs·höfen Erfolg. Um·ge·kehrt wurden sowohl Händler als auch Könige in den [[Ikonographie/Shaka/Buddhas Leben|Legenden von Buddha]] und seinen Schülern generell positiv dar·ge·stellt. Reich·tum und Macht sind im Bud·dhis·mus per se keine Hinder·nisse auf dem Pfad zur Er·leuch·tung, sondern im Gegen·teil Zeichen der {{s|Karma|karmischen}} Beloh·nung aus früheren Leben, die es in diesem Leben klug und achtsam zu ver·walten und zu mehren gilt.
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Buddha, der auch unter Eigennamen wie {{s|Gautama}} {{s|Siddhartha}} oder {{s|Shakyamuni}} („der Weise des Shakya-Klans“) bekannt ist, lebte in einem nordindischen Königreich namens {{s|Magadha}}. Er predigte — möglicherweise erstmals in der Weltgeschichte der Religionen — einen für alle Lebewesen gültigen Heilsweg, unabhängig von kultureller Herkunft, Abstammung und selbst unabhängig von der Existenzform eines Menschen oder Tiers. Selbst die Götter ({{s|deva}}) der klassischen indischen Mythen, die Shakyamunis kulturelles Umfeld prägten, besaßen nach seiner Auffassung nur eine relative Bedeutung und hatten selbst Bedarf nach „Erleuchtung“ oder „Befreiung“. In der Praxis bestand sein Heilsweg in einer asketischen, mönchischen Lebensweise.
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| Das Leben des Buddha
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Schon zu Lebzeiten predigte Shakyamuni, der selbst aus einem Königshaus stammte, an den Höfen von zahlreichen größeren und kleineren Reichen im Norden Indiens. Wie man den [[Ikonographie/Shaka/Buddhas Leben|Legenden aus Buddhas Leben]] entnehmen kann, befanden er und seine Anhänger sich häufig in Gesellschaft von Händlern, die an denselben Höfen exotische Güter feilboten. Auf ähnliche Weise boten die Buddhisten „Wissen“ um das individuelle Schicksal eines Königs in einer kommenden Welt an. Dass ihre neue Religion den Königen über den Tod hinaus „Rettung“ versprach, war möglicherweise eines der Erfolgsgeheimnisse, das die Lehren des Buddhismus ebenso begehrt machte wie materielle Reichtümer. Umgekehrt werden sowohl Könige als auch Händler im Buddhismus generell positiv dargestellt. Reichtum und Macht sind hier ''per se'' keine Hindernisse auf dem Pfad zur Erleuchtung ({{s|prajnaparamita}}), sondern im Gegenteil Zeichen der {{s|Karma|karmischen}} Belohnung aus früheren Leben, die es in diesem Leben klug und achtsam zu verwalten und zu mehren gilt. Der Buddhismus war also — trotz seiner asketischen Ideale und seiner grundsätzlich egalitären Ideologie — besonders in seiner Frühzeit eine Religion für die Könige.
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Nach seinem Tod hinterließ Shakyamuni einen Orden von Mönchen und Nonnen, sowie männliche und weibliche Laienanhänger. Diese „Vier Versammlungen“ bildeten die buddhistische Gemeinde im weiteren Sinne. Eine kodifizierte Lehre existierte zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht. Erst Shakyamunis Schüler und Enkelschüler formulierten in sogenannten „Konzilen“ die ersten kanonischen Texte, aus denen sich die verschiedenen Fassungen des weitläufigen, erst nach und nach schriftlich fixierten buddhistischen Kanons — die „Drei Körbe“ ({{s|tripitaka}}) — entwickelten.
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== Die Ausbreitung des Buddhismus ==
  
== Die „Fahrzeuge“ des Buddhismus ==
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Im dritten Jahrhundert v.u.Z., also etwa hundert Jahre nach Buddhas Tod, erfuhr der Buddhismus eine massive Förderung durch König {{s|ashoka|Ashoka}} (304?–232 v.u.Z.), der große Teile Indiens unter seiner Herrschaft vereinte. Von da an begann der Buddhismus auch über die Grenzen der indischen Kultur hinaus wirksam zu werden.
  
 
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|Ausbreitung des Buddhismus
 
|Ausbreitung des Buddhismus
 
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Im dritten Jahr·hundert v.u.Z., also etwa hundert Jahre nach Buddhas Tod, erfuhr der Bud·dhis·mus eine massive För·de·rung durch König {{s|ashoka|Ashoka}} (304?–232 v.u.Z.), der große Teile Indiens unter seiner Herr·schaft vereinte. Von da an begann der Bud·dhis·mus auch über die Grenzen der in·di·schen Kultur hinaus wirksam zu werden. Es ent·standen zwei große Über·liefe·rungs·tradi·tionen, die man in der Sprache des Bud·dhismus als „Fahrzeuge“ (''yāna'') bezeichnet. Die südliche Route verlief zum Groß·teil über den See·weg nach Südost·asien und China, die nörd·liche er·reichte über die Seiden·straße diverse zentral·asia·tische Reiche und schließ·lich eben·falls China, Korea und Japan.
 
 
=== Süden: Thera·vada ===
 
 
Die süd·liche Rich·tung wird auch als {{s|Shravakayana}} („Fahrzeug der Schüler“) be·zeich·net, von ihren zahl·reichen Schul·rich·tungen hat al·ler·dings nur der {{s|Theravada}} („Schule der Ordens·älteren“, jap. {{g|jouzabubukkyou}}) bis heute über·dau·ert. Der Thera·vada Bud·dhis·mus gilt im Ver·gleich zur  nörd·lichen Schul·rich·tung als ortho·doxere oder kon·serva·tivere Form des Bud·dhis·mus. Ge·gen·über dem Maha·yana konzen·triert er sich stärker auf mön·chische Lebens·führung (das {{s|Arhat}}-Ideal) und Askese. Er wird heute vor allem in Sri Lanka, Myanmar (Burma), Thai·land, Laos und Kam·bodscha prak·tiziert.
 
  
===Norden: Maha·yana===
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Im Norden stieß der Buddhismus zunächst auf die natürliche Grenze des Himalaya und breitete sich entlang dieses Gebirgszuges nach Westen bis ins {{s|sindhu|Indus}}-Tal aus. Hier führte der Kontakt mit hellenistischen Kulturen zu einigen Neuerungen, vor allem auf ikonographischem Gebiet (s.u.), doch drang der Buddhismus nicht ins benachbarte Persien vor. Seine Westbewegung endete auf dem Gebiet des heutigen Afghanistan. Von diesem Punkt aus entwickelte sich das im Osten gelegene China zum Hauptziel der buddhistischen Mission. Dieser geographische Richtungswechsel erklärt sich wahrscheinlich (ähnlich wie später im Fall der christlichen Mission) aus pragmatischen Bedingungen, etwa den kommerziellen Möglichkeiten, die der Handel mit China versprach. 
  
Die nörd·liche Rich·tung ist all·gemein als {{s|Mahayana}}, „Großes Fahr·zeug“ (jap. {{g|daijoubukkyou}}), bekannt. Das Große Fahr·zeug war eine Reform·bewe·gung, die die ur·sprüng·liche, auf eine rein mönch·ische Lebens·führung ausge·richtete Form des Bud·dhis·mus auch für Laien zu·gäng·lich machen wollte. Auch Laien können nach Auf·fassung des Maha·yana er·leuch·tet werden. Im Maha·yana wurden die Lehren und Schrif·ten des ortho·doxen Shravaka·yana Bud·dhis·mus zwar nicht grund·sätzlich abge·lehnt, doch bezeich·nete man diesen Bud·dhismus, ein wenig ab·wer·tend, als {{s|Hinayana}}, „Kleines Fahr·zeug“.
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Um nach China zu gelangen, benutzten Händler und Mönche aus Indien zumeist die zentralasiatische Seidenstraße, was bedeutete, dass sie den Himalaya nördlich umrunden mussten. Doch konnte man China auch per Schiff erreichen, wenn man eine südliche Route wählte. Hier boten die Inseln Sri Lanka, Sumatra und Java sowohl für den Handel als auch für die buddhistische Mission wichtige Stützpunkte, wo sich bald frühe buddhistische Zentren etablierten. Diese Route wird auch als „maritime Seidenstraße“ bezeichnet. Dem nördlichen Land- und dem südlichen Seeweg folgend entstanden zwei große Überlieferungstraditionen, die man in der Sprache des Buddhismus als „Fahrzeuge“ ({{s|yana}}) bezeichnet.  
  
=== Tantrismus oder esoterischer Buddhismus ===
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=== Süden: Theravada ===
  
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Die südliche Richtung wird auch als {{s|Shravakayana}} („Fahrzeug der Schüler“) bezeichnet, von ihren zahlreichen Schulrichtungen hat allerdings nur der {{s|Theravada}} („Schule der Ordensälteren“, jap. {{g|jouzabubukkyou}}) bis heute überdauert. Der Theravada Buddhismus gilt im Vergleich zur nördlichen Schulrichtung als orthodoxere oder konservativere Form. Er konzentriert sich stärker auf mönchische Lebensführung (das {{s|Arhat}}-Ideal) und Askese. Er wird heute vor allem in Sri Lanka, Myanmar (Burma), Thailand, Laos und Kambodscha praktiziert.
| gosanze_myoo.jpg
 
| Gōsanze Myōō
 
| caption= Eine charakteristische Figur des esoterischen Buddhismus in Japan (Statue aus dem 14. Jh.)
 
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Im fünf·ten und sech·sten Jahr·hundert u.Z. kam dann noch eine weitere Reform·bewe·gung dazu, die sich in Indien nicht nur innerhalb des Bud·dhis·mus, sondern auch im {{s|shiva|Shiva-}} und {{s|vishnu|Vishnuismus}} (also dem, was letzt·lich zum Hindu·ismus führte) breit machte: der Tan·tris·mus, benannt nach eigenen Lehr·schriften, den {{s|tantra|Tantren}}, in denen vor allem neu·artige Ritual·tech·niken be·han·delt werden. Der Tan·tris·mus führte von der generell of·fe·nen Haltung des Maha·yana zurück zu engen, in sich geschlos·senen Zirkeln von Ein·geweih·ten, inner·halb derer die Rituale kursier·ten. Man spricht daher auch vom „eso·terischen Bud·dhis·mus“ (esoterisch im Sinne von „nach innen gewandt“) — jap. {{g|mikkyou}}, wtl. „geheime Lehre“.  
 
  
Ein leicht er·kenn·bares Cha·rak·teris·tikum des eso·terischen Bud·dhismus sind krie·gerische Figuren mit zornigen Gesichtern, die jedoch keine Feinde des Bud·dhismus darstellen, sondern Helfer oder Ver·tei·diger. Sie sollen dem Gläu·bigen helfen, innere Wi·der·stände oder „Be·gierden“ auf dem Pfad zur Er·leuch·tung zu über·winden, doch wandte man sich auch mit hand·festeren An·liegen wie z.B. der Bitte um Schla·chten·glück an sie.
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===Norden: Mahayana===
 
Obwohl der eso·terische Bud·dhismus generell als eine Unter·kate·gorie des Mahayana gilt, lässt er sich doktrinär oft nicht ein·deutig zuordnen. Auch geo·gra·phisch passt er nicht ganz in das oben skiz·zierte Bild, da die ein·fluss·reichs·ten esote·rischen Lehrer China offenbar über die Süd·route erreichten. Manche Re·ligi·ons·his·tori·ker be·handeln den eso·terischen Bud·dhismus daher als eigene, un·ab·hän·gige Rich·tung, die nach eine cha·rak·teris·tischen tan·tris·tischen Ri·tual·in·stru·ment, dem {{s|vajra}}, auch als {{s|vajrayana}} (Vajra-Fahrzeug) be·zeichnet wird.
 
  
Für den ja·pan·ischen Bud·dhis·mus sind jedenfalls vor allem das Maha·yana und die „geheime Lehre“ (''mikkyō'') von Belang.
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Die nördliche Richtung ist allgemein als {{s|Mahayana}}, „Großes Fahrzeug“ (jap. {{g|daijoubukkyou}}), bekannt. Das Große Fahrzeug war eine Reformbewegung, die die ursprüngliche, auf eine rein mönchische Lebensführung ausgerichtete Form des Buddhismus auch für Laien zugänglich machen wollte. Auch Laien können nach Auffassung des Mahayana erleuchtet werden. Das Mahayana lehnte die Lehren und Schriften des orthodoxen Shravakayana Buddhismus zwar nicht grundsätzlich ab, bezeichnete sie aber, ein wenig abwertend, als {{s|Hinayana}}, „Kleines Fahrzeug“. (Insofern ist „Hinayana“ nicht als wertfreie Schulbezeichnung anzusehen und sollte im religionswissenschaftlichen Kontext vermieden werden.)
  
== Ausbreitung nach Ostasien ==
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=== Hellenistische Einflüsse ===
  
Im Norden kam der Bud·dhis·mus zunächst mit dem hellenis·tischen Reich {{s|gandhara}} in Berüh·rung und erfuhr dadurch wichtige Im·pulse, z.B. auf dem Gebiet der [[Ikonographie]]. Der Bud·dha bekam hier erstmals ein kon·kretes Aus·sehen, das er·staun·lich stark an grie·chisch-rö·mi·sche Statuen der Antike gemahnte. Trotz des frucht·baren und schein·bar har·mo·ni·schen Kontakts mit dem Hel·lenismus, breitete sich der Bud·dhismus nicht mehr weiter nach Westen aus. Statt dessen besaß das im Osten ge·leg·ene China eine weit größere Anzie·hungs·kraft als Ziel der bud·dhis·tischen Mission. Die Gründe dafür waren wahr·schein·lich nicht re·ligiö·ser Natur, sondern lagen in den kom·mer·ziel·len Mög·lich·kei·ten, die der Handel mit China versprach. Die bud·dhis·tische Mission richtete sich also, ähnlich wie später die christ·liche, an Handels·routen aus.
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Im Reich {{s|gandhara}} auf dem Gebiet des heutigen Pakistan kam der Buddhismus mit der griechischen Kultur (Hellenismus) in Berührung und erfuhr dadurch wichtige Impulse, u.a. auf dem Gebiet der [[Ikonographie]]. Der Buddha bekam so erstmals ein konkretes Aussehen, das erstaunlich stark an griechisch-römische Statuen der Antike gemahnte. Manche Elemente dieses hellenistischen Erbes sind in der Ikonographie des Mahayāna bis heute lebendig geblieben (s. {{showTitel|Essays/Vajrapani}}).  
 
 
Um nach China zu gelangen, benutz·ten Händler und Mönche zumeist den Land·weg entlang der zentral·asia·tischen Seiden·straße. Doch konnte man China auch per Schiff erreichen, wenn man eine süd·liche Route wählte. Hier boten die In·seln Sri Lanka, Sumatra und Java sowohl für den Handel als auch für die bud·dhis·tische Mission wich·tige Stütz·punkte, wo sich bald frühe buddhis·tische Zentren eta·blier·ten. Diese Route wird auch als „maritime Seiden·straße“ bezeichnet.
 
  
 
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| Buddha und Begleiter im hellenistischen Stil,  Gandhara, 1.–3. Jh. u.Z.
 
| Buddha und Begleiter im hellenistischen Stil,  Gandhara, 1.–3. Jh. u.Z.
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Erste bud·dhis·tische Kon·takte mit China reichen bis ins erste Jahr·hundert vor unserer Zeit·rech·nung zurück, aber zu ein·iger Be·deutung gelangte der chine·sische Bud·dhis·mus erst im zwei·ten und dritten Jahr·hundert unserer Zeit. Von der nord-west·lichen Einfalls·pforte aus er·folgte die Ver·brei·tung fächer·förmig über den ganzen chine·sischen Sub·kontinent, um schließ·lich im fünf·ten und sechs·ten Jahr·hundert auch Korea und Japan zu er·rei·chen. Daneben gab es auch über die südliche Route bud·dhis·tische Einflüsse. Da die bud·dhis·tische Mission aber in erster Linie auf die Höfe konzen·triert war, konnte von einer gleich·mäßigen, flächen·deck·enden Verbrei·tung keine Rede sein. Der frühe chine·sische Bud·dhis·mus blühte daher in den ur·banen Zentren. Doch errich·teten Bud·dhisten auch Klöster in abge·lege·nen Regionen, viel·leicht um sich da·durch eine gewisse Auto·nomie zu sichern.
 
  
In der {{g|Tang}}-Zeit erfuhr der chi·nesi·sche Bud·dhis·mus massive staat·liche För·de·run·gen, die nicht nur zu seiner Ver·brei·tung, sondern auch zu einer großen Ei·gen·stän·dig·keit ge·gen·über dem Ur·sprungs·land Indien führten. Der chine·sische Hof unter·stützte nämlich groß angelegte Über·setzungs·projekte, die es mit sich brachten, dass heute mehr bud·dhistische Schrif·ten in chi·nesi·scher Über·set·zung tradiert sind als in Sanskrit oder Pali, den Sprachen der Original·manus·kripte.
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=== Ausbreitung nach Ostasien ===
Die Über·setz·ungen in ein voll·kommen anderes Idiom, in dem weder die grammati·kalischen, noch die philo·sophi·schen Grund·strukturen des in·di·schen buddhis·tischen Kanons vor·handen waren, stellten nicht nur eine gewaltige Heraus·forderung dar, sie führten zwangs·läufig zu einer Sini·sierung des Bud·dhis·mus. Es ist dieser si·ni·sier·te Bud·dhismus, der in Ost·asien weiter wirkte. 
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Erste buddhistische Kontakte mit China reichen bis ins erste Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zurück, aber zu größerer Bedeutung gelangte der chinesische Buddhismus erst im zweiten und dritten Jahrhundert unserer Zeit. Von der nord-westlichen Einfallspforte aus erfolgte die Verbreitung fächerförmig über den ganzen chinesischen Subkontinent, um schließlich im fünften und sechsten Jahrhundert auch Korea und Japan zu erreichen. Daneben gab es auch über die südliche Route buddhistische Einflüsse. Da die buddhistische Mission  in erster Linie auf die Höfe konzentriert war, konnte von einer gleichmäßigen, flächendeckenden Verbreitung keine Rede sein. Der frühe chinesische Buddhismus blühte daher in den urbanen Zentren. Doch errichteten Buddhisten auch Klöster in abgelegenen Regionen, vielleicht um sich dadurch eine gewisse Autonomie zu sichern.
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In der {{g|Tang}}-Zeit erfuhr der chinesische Buddhismus massive staatliche Förderungen, die nicht nur zu seiner Verbreitung, sondern auch zu einer großen Eigenständigkeit gegenüber dem Ursprungsland Indien führten. Der chinesische Hof unterstützte nämlich groß angelegte Übersetzungsprojekte, die es mit sich brachten, dass heute mehr buddhistische Schriften in chinesischer Übersetzung tradiert sind als in Sanskrit oder Pali, den Sprachen der Originalmanuskripte.
  
 
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Nicht nur auf der Ebene der Texte, auch in der Ikono·graphie, also der Bilder·sprache, kam es zu neuen, chinesi·schen Stan·dardi·sie·rungen. Die typ·ische, leicht dick·liche Bud·dha-Figur ist beispiels·weise eine chine·sische Ent·wicklung, die  vollin·haltlich von Korea und Japan über·nommen wurde. Aller·dings war in ganz Ost·asien immer klar, dass der Bud·dha Inder war und in·sofern auch exo·tische Merk·male besaß.
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Die Übersetzungen des indo-buddhistischen Kanons in ein vollkommen neues Idiom, das weder sprachliche noch ideengeschichtliche Gemeinsamkeiten mit der indischen Philosophie aufwies, stellten nicht nur eine gewaltige linguistische Herausforderung dar, sie führten zwangsläufig zu einer Sinisierung des Buddhismus. Doch nicht nur auf der Ebene der Texte, auch in der Ikonographie, also der Bildersprache, kam es zu neuen, chinesischen Standardisierungen. Es ist dieser sinisierte Buddhismus, der in Ostasien weiter wirkte.  Die typische, leicht dickliche Buddha-Figur ist beispielsweise eine chinesische Entwicklung, die  vollinhaltlich von Korea und Japan übernommen wurde. Zugleich war in ganz Ostasien immer klar, dass der Buddha Inder war. Im Unterschied zum Jesusbild im europäischen Christentum blieb Buddha in den Kulturen Ostasiens immer von einem exotischen Hauch umhüllt.
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=== Tantrismus oder esoterischer Buddhismus ===
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| Gōsanze Myōō
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Im fünften und sechsten Jahrhundert u.Z. wurden Shravakayāna und Mahayāna durch eine weitere Richtung ergänzt, die sich in Indien nicht nur innerhalb des Buddhismus, sondern auch im {{s|shiva|Shiva-}} und {{s|vishnu|Vishnuismus}} (also dem, was letztlich zum Hinduismus führte) breit machte: der Tantrismus, benannt nach eigenen Lehrschriften, den {{s|tantra|Tantren}}, in denen vor allem neuartige Ritualtechniken behandelt werden. Der Tantrismus führte von der generell offenen Haltung des Mahayana zurück zu engen, in sich geschlossenen Zirkeln von Eingeweihten, innerhalb derer die Rituale kursierten. Man spricht daher auch vom „esoterischen Buddhismus“ (esoterisch im Sinne von „nach innen gewandt“) — jap. {{g|mikkyou}}, wtl. „geheime Lehre“.
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Ein leicht erkennbares Charakteristikum des esoterischen Buddhismus sind kriegerische Figuren mit zornigen Gesichtern, die jedoch keine Feinde des Buddhismus darstellen, sondern Helfer oder Verteidiger. Sie unterstützen die Gläubigen dabei, innere Widerstände oder „Begierden“ auf dem Pfad zur Erleuchtung zu überwinden, doch wandte man sich auch mit handfesteren Anliegen wie z.B. der Bitte um Schlachtenglück an sie.
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Obwohl der esoterische Buddhismus generell als eine Unterkategorie des Mahayana gilt, lässt er sich doktrinär oft nicht eindeutig zuordnen. Auch geographisch passt er nicht ganz in das oben skizzierte Bild, da die einflussreichsten esoterischen Lehrer China offenbar über die Südroute erreichten. Manche Religionshistoriker behandeln den esoterischen Buddhismus daher als eigene, unabhängige Richtung, die nach einem charakteristischen tantristischen Ritualinstrument, dem {{s|vajra}}, auch als {{s|vajrayana}} (Vajra-Fahrzeug) bezeichnet wird.
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Für den japanischen Buddhismus sind jedenfalls vor allem das Mahayana und die „geheime Lehre“ (''mikkyō'') von Belang.
  
 
== Übernahme des Buddhismus in Japan ==
 
== Übernahme des Buddhismus in Japan ==
  
 
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| Buddha Shakyamuni, 623
 
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Im japan·ischen Bud·dhis·mus haben wir es also mit dem Re·sul·tat einer langen Über·liefe·rungs·ge·schichte zu tun, im Zuge derer die ur·sprüng·lich indi·sche Re·ligi·on mit Ele·menten aus Zentral·asien und China ange·reichert wurde. Da China für die japa·nische Kultur das Vor·bild schlech·thin dar·stellte, ten·dierte man dazu, den Bud·dhis·mus in seiner chine·sischen Form zu be·las·sen und unter·nahm zunächst nur zag·hafte Ver·suche der Adap·tion. Die {{s|sutra|Sutren}} wurden daher kein weite·res Mal ins Japa·nische über·setzt.
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Als der Buddhismus Japan erreichte, war die ursprünglich indische Religion bereits mit Elementen aus Zentralasien und China angereichert worden. Seine Texte waren Chinesisch, die Verwendung von Sanskrit blieb auf einige Ritualformeln ({{s|mantra}}) beschränkt. Da China für die japanische Kultur das Vorbild schlechthin darstellte, unternahm man zunächst nur zaghafte Versuche einer weiteren Adaption. Die {{s|sutra|Sutren}} wurden daher kein weiteres Mal ins Japanische übersetzt.
  
In wei·terer Folge nahm die Ge·schich·te des Bud·dhis·mus in Japan jedoch einen an·deren Verlauf als in China. Dort erwuchs dem Bud·dhis·mus vor allem in Ge·stalt des {{g|doukyou2|Daois·mus}} ein mäch·tiger Kon·kurrent: Auf Zeiten der staat·lichen Förde·rung folgten Zeiten des Nieder·gangs und sogar der Ver·folgung von Bud·dhisten. In Japan dagegen gelang es dem Bud·dhis·mus, bereits existie·rende Glau·bens·vor·stel·lungen fast voll·ständig zu absor·bieren. Auch wenn die Blüte·zeit des japa·nischen Bud·dhis·mus mit dem Beginn der Frühen Neuzeit ({{g|Edo}}-Zeit) zu Ende ging und kon·kur·rierende Vor·stell·ungen in Form des {{g|jukyou|Kon·fuzia·nismus}} und des {{g|Shintou}} auf·tauchten, wurden Bud·dhisten — von den Anfän·gen im 6. Jh. und einer kurzen anti-bud·dhistischen Phase Ende des 19. Jahr·hun·derts einmal abge·sehen — in Japan nie verfolgt. Japa·nische bud·dhis·tische Tempel wurden im Lauf ihrer Ge·schichte gene·rell nicht von Anders·gläu·bigen, sondern ledig·lich von anderen buddhisti·schen Tempeln bedroht (s. [[Geschichte|Reli·gions·ge·schichte]]).
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In weiterer Folge nahm die Geschichte des Buddhismus in Japan jedoch einen anderen Verlauf als in China. Dort erwuchs dem Buddhismus vor allem in Gestalt des {{g|doukyou2|Daoismus}} ein mächtiger Konkurrent: Auf Zeiten der staatlichen Förderung folgten Zeiten des Niedergangs und sogar der Verfolgung von Buddhisten. In Japan dagegen gelang es dem Buddhismus, bereits existierende Glaubensvorstellungen fast vollständig zu absorbieren. Auch wenn die Blütezeit des japanischen Buddhismus mit dem Beginn der Frühen Neuzeit ({{g|Edo}}-Zeit) zu Ende ging und konkurrierende Vorstellungen in Form des {{g|jukyou|Konfuzianismus}} und des {{g|Shintou}} auftauchten, wurden Buddhisten — von den Anfängen im 6. Jh. und einer kurzen anti-buddhistischen Phase Ende des 19. Jahrhunderts einmal abgesehen — in Japan nie verfolgt. Japanische buddhistische Tempel wurden im Lauf ihrer Geschichte generell nicht von Andersgläubigen, sondern lediglich von anderen buddhistischen Tempeln bedroht (s. [[Geschichte|Religionsgeschichte]]).
  
Heute ist der Bud·dhismus aus seinem ehe·maligen Kern·land Indien fast völlig ver·schwun·den, und auch in seiner „zweiten Heimat“ China stellt er nur eine reli·giöse Rich·tung unter vielen dar. Hin·gegen tritt er uns als Haupt·religion in den ehe·maligen Rand·ge·bie·ten der bud·dhisti·schen Ein·fluss·sphäre, in Süd·ost·asien, Tibet und Japan entgegen.
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Heute ist der Buddhismus aus seinem ehemaligen Kernland Indien fast völlig verschwunden, und auch in seiner „zweiten Heimat“ China stellt er nur eine religiöse Richtung unter vielen dar. Hingegen tritt er uns als Hauptreligion in den ehemaligen Randgebieten der buddhistischen Einflusssphäre, in Südostasien, Tibet und Japan entgegen.
  
 
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Version vom 15. Juli 2022, 13:06 Uhr

Der Weg des Buddhismus nach Japan

Vorlage:Flie Lehre des Buddhismus (jap. bukkyō [bukkyō (jap.) 仏教 Lehre des Buddha, Buddhismus]) geht auf einen Gründer zurück, der für gewöhnlich schlicht als „der Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)]“ (in etwa: der Erleuchtete) bezeichnet wird und bisweilen als gottähnliches Wesen erscheint. Sowohl der Buddhismus selbst als auch die moderne Buddhismusforschung erachten ihn jedoch als reale historische Persönlichkeit. Diese Seite bietet einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung und Ausbreitung seiner Lehre, die u.a. in Japan auf besonders fruchtbaren Boden stieß.

Entstehung der Lehre

Magadha.png
Das indische Reich Magadha, 6.–4. Jh. v.u.Z.
Ausbreitung des nordindischen Königreichs Magadha.
Wikimedia Commons, nach Schwartzberg, J. E. (1992), A Historical Atlas of South Asia: University of Oxford Press.

Buddha, der auch unter Eigennamen wie Gautama [Gautama (skt.) गौतम Eigennamen des historischen Buddha; Pali: Gotama (jap. Kudon 瞿曇)] Siddhartha [Siddhārtha (skt.) सिद्धार्थ Eigennamen des historischen Buddha, Shakyamuni (jap. Shiddatta 悉達多)] oder Shakyamuni [Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)] („der Weise des Shakya-Klans“) bekannt ist, lebte in einem nordindischen Königreich namens Magadha [Magadha (skt.) मगध Nordostindisches Königreich das im 6. bis 4. Jh. v.u.Z. seine Blütezeit erreichte]. Er predigte — möglicherweise erstmals in der Weltgeschichte der Religionen — einen für alle Lebewesen gültigen Heilsweg, unabhängig von kultureller Herkunft, Abstammung und selbst unabhängig von der Existenzform eines Menschen oder Tiers. Selbst die Götter (deva [deva (skt.) देव „Gottheit“, oberste Klasse indischer Götter (jap. -ten 天 oder tenbu 天部)]) der klassischen indischen Mythen, die Shakyamunis kulturelles Umfeld prägten, besaßen nach seiner Auffassung nur eine relative Bedeutung und hatten selbst Bedarf nach „Erleuchtung“ oder „Befreiung“. In der Praxis bestand sein Heilsweg in einer asketischen, mönchischen Lebensweise.

Vorlage:Sidebox3 Schon zu Lebzeiten predigte Shakyamuni, der selbst aus einem Königshaus stammte, an den Höfen von zahlreichen größeren und kleineren Reichen im Norden Indiens. Wie man den Legenden aus Buddhas Leben entnehmen kann, befanden er und seine Anhänger sich häufig in Gesellschaft von Händlern, die an denselben Höfen exotische Güter feilboten. Auf ähnliche Weise boten die Buddhisten „Wissen“ um das individuelle Schicksal eines Königs in einer kommenden Welt an. Dass ihre neue Religion den Königen über den Tod hinaus „Rettung“ versprach, war möglicherweise eines der Erfolgsgeheimnisse, das die Lehren des Buddhismus ebenso begehrt machte wie materielle Reichtümer. Umgekehrt werden sowohl Könige als auch Händler im Buddhismus generell positiv dargestellt. Reichtum und Macht sind hier per se keine Hindernisse auf dem Pfad zur Erleuchtung (prajnaparamita [prajñāpāramitā (skt.) प्रज्ञापारमिता „Vollkommene Weisheit“ (jap. hannyaharamitta 般若波羅蜜多)]), sondern im Gegenteil Zeichen der karmischen [Karma (skt.) कर्म „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)] Belohnung aus früheren Leben, die es in diesem Leben klug und achtsam zu verwalten und zu mehren gilt. Der Buddhismus war also — trotz seiner asketischen Ideale und seiner grundsätzlich egalitären Ideologie — besonders in seiner Frühzeit eine Religion für die Könige.

Nach seinem Tod hinterließ Shakyamuni einen Orden von Mönchen und Nonnen, sowie männliche und weibliche Laienanhänger. Diese „Vier Versammlungen“ bildeten die buddhistische Gemeinde im weiteren Sinne. Eine kodifizierte Lehre existierte zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht. Erst Shakyamunis Schüler und Enkelschüler formulierten in sogenannten „Konzilen“ die ersten kanonischen Texte, aus denen sich die verschiedenen Fassungen des weitläufigen, erst nach und nach schriftlich fixierten buddhistischen Kanons — die „Drei Körbe“ (Tripitaka [Tripiṭaka (skt.) त्रिपिटक „Drei Körbe“, kanonische Schriften des Buddhismus (jap. Sanzō 三蔵)]) — entwickelten.

Die Ausbreitung des Buddhismus

Im dritten Jahrhundert v.u.Z., also etwa hundert Jahre nach Buddhas Tod, erfuhr der Buddhismus eine massive Förderung durch König Ashoka [Aśoka (skt.) अशोक „Der Unbesorgte“, 304?–232 v.u.Z., König von Nord-Indien (jap. Muu 無憂 oder Aikuō 阿育王)] (304?–232 v.u.Z.), der große Teile Indiens unter seiner Herrschaft vereinte. Von da an begann der Buddhismus auch über die Grenzen der indischen Kultur hinaus wirksam zu werden.

Buddh expansion.jpg
Ausbreitung des Buddhismus
Ausbreitung des Buddhismus.
Bernhard Scheid, 2015.

Im Norden stieß der Buddhismus zunächst auf die natürliche Grenze des Himalaya und breitete sich entlang dieses Gebirgszuges nach Westen bis ins Indus [Sindhu (skt.) सिन्धु Indus; Fluss im heutigen Pakistan (Quellgebiet im tibetischen Himalaya), der lange die Grenze zwischen persischer und indischer Einflusssphäre darstellte]-Tal aus. Hier führte der Kontakt mit hellenistischen Kulturen zu einigen Neuerungen, vor allem auf ikonographischem Gebiet (s.u.), doch drang der Buddhismus nicht ins benachbarte Persien vor. Seine Westbewegung endete auf dem Gebiet des heutigen Afghanistan. Von diesem Punkt aus entwickelte sich das im Osten gelegene China zum Hauptziel der buddhistischen Mission. Dieser geographische Richtungswechsel erklärt sich wahrscheinlich (ähnlich wie später im Fall der christlichen Mission) aus pragmatischen Bedingungen, etwa den kommerziellen Möglichkeiten, die der Handel mit China versprach.

Um nach China zu gelangen, benutzten Händler und Mönche aus Indien zumeist die zentralasiatische Seidenstraße, was bedeutete, dass sie den Himalaya nördlich umrunden mussten. Doch konnte man China auch per Schiff erreichen, wenn man eine südliche Route wählte. Hier boten die Inseln Sri Lanka, Sumatra und Java sowohl für den Handel als auch für die buddhistische Mission wichtige Stützpunkte, wo sich bald frühe buddhistische Zentren etablierten. Diese Route wird auch als „maritime Seidenstraße“ bezeichnet. Dem nördlichen Land- und dem südlichen Seeweg folgend entstanden zwei große Überlieferungstraditionen, die man in der Sprache des Buddhismus als „Fahrzeuge“ (yāna [yāna (skt.) यान „Fahrzeug“, Schule, Glaubensrichtung]) bezeichnet.

Süden: Theravada

Die südliche Richtung wird auch als Shravakayana [Śrāvakayāna (skt.) श्रावकयान „Fahrzeug der Schüler“, Richtung des Buddhismus (jap. Shōmon-jō 声聞乗)] („Fahrzeug der Schüler“) bezeichnet, von ihren zahlreichen Schulrichtungen hat allerdings nur der Theravada [Theravāda (pali) थेरवाद „Schule der Ordensälteren“, buddhistische Richtung (hier in Pali angegeben; skt: Sthaviravada) (jap. jōzabu bukkyō 上座部仏教)] („Schule der Ordensälteren“, jap. jōzabu bukkyō [jōzabu bukkyō (jap.) 上座部仏教 Theravada Buddhismus, wtl. „Lehre der Ordensältesten“]) bis heute überdauert. Der Theravada Buddhismus gilt im Vergleich zur nördlichen Schulrichtung als orthodoxere oder konservativere Form. Er konzentriert sich stärker auf mönchische Lebensführung (das Arhat [Arhat (skt.) अर्हत् buddhistische Heiligenfigur; höchste Stufe des Menschseins vor dem Austritt aus dem Geburtenkreislauf (jap. rakan)]-Ideal) und Askese. Er wird heute vor allem in Sri Lanka, Myanmar (Burma), Thailand, Laos und Kambodscha praktiziert.

Norden: Mahayana

Die nördliche Richtung ist allgemein als Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)], „Großes Fahrzeug“ (jap. daijō bukkyō [daijō bukkyō (jap.) 大乗仏教 Mahayana Buddhismus, wtl. „Lehre des Großen Fahrzeugs“]), bekannt. Das Große Fahrzeug war eine Reformbewegung, die die ursprüngliche, auf eine rein mönchische Lebensführung ausgerichtete Form des Buddhismus auch für Laien zugänglich machen wollte. Auch Laien können nach Auffassung des Mahayana erleuchtet werden. Das Mahayana lehnte die Lehren und Schriften des orthodoxen Shravakayana Buddhismus zwar nicht grundsätzlich ab, bezeichnete sie aber, ein wenig abwertend, als Hinayana [Hīnayāna (skt.) हीनयान „Kleines Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. Shōjō 小乗)], „Kleines Fahrzeug“. (Insofern ist „Hinayana“ nicht als wertfreie Schulbezeichnung anzusehen und sollte im religionswissenschaftlichen Kontext vermieden werden.)

Hellenistische Einflüsse

Im Reich Gandhara [Gandhāra (skt.) गन्धार Königreich im heutigen Pakistan bzw. gleichnamige Stadt (auch Purushapura, heute Peshavar); nach den griechischen Eroberungen unter Alexander dem Großen unter dem Einfluss der hellenistischen Kultur, später, im 1.–3. Jh. u.Z. Hauptstadt des buddhistischen Kushana Reichs; frühes Zentrum der buddhistischen Kunst] auf dem Gebiet des heutigen Pakistan kam der Buddhismus mit der griechischen Kultur (Hellenismus) in Berührung und erfuhr dadurch wichtige Impulse, u.a. auf dem Gebiet der Ikonographie. Der Buddha bekam so erstmals ein konkretes Aussehen, das erstaunlich stark an griechisch-römische Statuen der Antike gemahnte. Manche Elemente dieses hellenistischen Erbes sind in der Ikonographie des Mahayāna bis heute lebendig geblieben (s. Vajrapani: Der Feldherr des esoterischen Buddhismus).

Vajrapani kusana2 hunt.jpg
1 Buddha und Begleiter im hellenistischen Stil, Gandhara, 1.–3. Jh. u.Z.
Darstellung der Unterwerfung der schwarzen Schlange in Rajgrha durch Buddha und Vajrapani.
Kushana Periode, N-Indien, 1.–3.Jh. u.Z. Huntington Archive.
Coin of Kanishka I.jpg
2 Goldmünze mit Buddha-Figur (r.); Gandhara, 2. Jh. u.Z.
Goldmünze aus der Zeit König Kanishkas (ca. 127–163 u.Z.). Kanishka regierte die „goldene Zeit“ des Kushana Reichs, einer Dynastie aus Nordchina. Das Zentrum des Kushana Reiches befand sich allerdings in Gandhara im heutigen Pakistan und war stark vom Hellenismus geprägt. Das Kushana Reich war besonders wichtig für die Entwicklung der Seidenstraße, die China mit dem Mittelmeerraum verband. Zugleich war Kanishka ein großer Förderer des Buddhismus. Dies lässt sich auch an der vorliegenden Münze erkennnen. Auf einer Seite ist die Figur des Herrschers zu sehen, auf der anderen die Figur Buddhas. Die Münze ist in griechischen Buchstaben beschriftet, das Wort „Boddo“ (Buddha) ist deutlich zu erkennen.
Kushana Reich. Wikimedia Commons.

Ausbreitung nach Ostasien

Erste buddhistische Kontakte mit China reichen bis ins erste Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zurück, aber zu größerer Bedeutung gelangte der chinesische Buddhismus erst im zweiten und dritten Jahrhundert unserer Zeit. Von der nord-westlichen Einfallspforte aus erfolgte die Verbreitung fächerförmig über den ganzen chinesischen Subkontinent, um schließlich im fünften und sechsten Jahrhundert auch Korea und Japan zu erreichen. Daneben gab es auch über die südliche Route buddhistische Einflüsse. Da die buddhistische Mission in erster Linie auf die Höfe konzentriert war, konnte von einer gleichmäßigen, flächendeckenden Verbreitung keine Rede sein. Der frühe chinesische Buddhismus blühte daher in den urbanen Zentren. Doch errichteten Buddhisten auch Klöster in abgelegenen Regionen, vielleicht um sich dadurch eine gewisse Autonomie zu sichern.

In der Tang [Tang (chin.) chin. Herrschaftsdynastie, 618–907]-Zeit erfuhr der chinesische Buddhismus massive staatliche Förderungen, die nicht nur zu seiner Verbreitung, sondern auch zu einer großen Eigenständigkeit gegenüber dem Ursprungsland Indien führten. Der chinesische Hof unterstützte nämlich groß angelegte Übersetzungsprojekte, die es mit sich brachten, dass heute mehr buddhistische Schriften in chinesischer Übersetzung tradiert sind als in Sanskrit oder Pali, den Sprachen der Originalmanuskripte.

Longmen.jpg
3 Felsenbuddha aus der Tang-Zeit, Longmen, 7. Jh.
Hauptnische der berühmten Felsengrotten von Longmen (Drachentor), einem Zentrum der buddhistischen Felsskulptur. Die größte Nische stammt aus der Tang-Zeit, aus der Zeit der einzigen Kaiserin dieser Zeit, Wu Zetian (625–705), die ihrerseits eine große Förderin des Buddhismus war. Im Zentrum dieser Nische steht Buddha Vairocana, dessen individuelle Züge angeblich der Kaiserin nachempfunden sind. Jedenfalls repräsentiert die Statuengruppe einen Höhepunkt des chinesischen Buddhismus.
China, Tang-Zeit, err. 672–676. Global Travel Authors, über Internet Archive.

Die Übersetzungen des indo-buddhistischen Kanons in ein vollkommen neues Idiom, das weder sprachliche noch ideengeschichtliche Gemeinsamkeiten mit der indischen Philosophie aufwies, stellten nicht nur eine gewaltige linguistische Herausforderung dar, sie führten zwangsläufig zu einer Sinisierung des Buddhismus. Doch nicht nur auf der Ebene der Texte, auch in der Ikonographie, also der Bildersprache, kam es zu neuen, chinesischen Standardisierungen. Es ist dieser sinisierte Buddhismus, der in Ostasien weiter wirkte. Die typische, leicht dickliche Buddha-Figur ist beispielsweise eine chinesische Entwicklung, die vollinhaltlich von Korea und Japan übernommen wurde. Zugleich war in ganz Ostasien immer klar, dass der Buddha Inder war. Im Unterschied zum Jesusbild im europäischen Christentum blieb Buddha in den Kulturen Ostasiens immer von einem exotischen Hauch umhüllt.

Tantrismus oder esoterischer Buddhismus

Vorlage:Sidebox3 Im fünften und sechsten Jahrhundert u.Z. wurden Shravakayāna und Mahayāna durch eine weitere Richtung ergänzt, die sich in Indien nicht nur innerhalb des Buddhismus, sondern auch im Shiva- [Śiva (skt.) शिव „Glückverheißender“, indische Göttheit, auch Maheshvara oder Ishvara (jap. Daijizai-ten 大自在天)] und Vishnuismus [Viṣṇu (skt.) विष्णु indische (vedische) Gottheit; gilt im Vishnuismus als Manifestation des höchsten Seins] (also dem, was letztlich zum Hinduismus führte) breit machte: der Tantrismus, benannt nach eigenen Lehrschriften, den Tantren [tantra (skt.) तन्त्र „Gewebe“, Lehrschrift des esoterischen Buddhismus (ähnlich sutra, aber meist mit rituellem Inhalt)], in denen vor allem neuartige Ritualtechniken behandelt werden. Der Tantrismus führte von der generell offenen Haltung des Mahayana zurück zu engen, in sich geschlossenen Zirkeln von Eingeweihten, innerhalb derer die Rituale kursierten. Man spricht daher auch vom „esoterischen Buddhismus“ (esoterisch im Sinne von „nach innen gewandt“) — jap. mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten], wtl. „geheime Lehre“.

Ein leicht erkennbares Charakteristikum des esoterischen Buddhismus sind kriegerische Figuren mit zornigen Gesichtern, die jedoch keine Feinde des Buddhismus darstellen, sondern Helfer oder Verteidiger. Sie unterstützen die Gläubigen dabei, innere Widerstände oder „Begierden“ auf dem Pfad zur Erleuchtung zu überwinden, doch wandte man sich auch mit handfesteren Anliegen wie z.B. der Bitte um Schlachtenglück an sie.

Obwohl der esoterische Buddhismus generell als eine Unterkategorie des Mahayana gilt, lässt er sich doktrinär oft nicht eindeutig zuordnen. Auch geographisch passt er nicht ganz in das oben skizzierte Bild, da die einflussreichsten esoterischen Lehrer China offenbar über die Südroute erreichten. Manche Religionshistoriker behandeln den esoterischen Buddhismus daher als eigene, unabhängige Richtung, die nach einem charakteristischen tantristischen Ritualinstrument, dem vajra [vajra (skt.) वज्र „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)], auch als Vajrayana [Vajrayāna (skt.) वज्रयन „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)] (Vajra-Fahrzeug) bezeichnet wird.

Für den japanischen Buddhismus sind jedenfalls vor allem das Mahayana und die „geheime Lehre“ (mikkyō) von Belang.

Übernahme des Buddhismus in Japan

Shakasanzon horyuji.jpg
4 Buddha Shakyamuni, 623
Shaka-Trinität bestehend aus Shaka Nyorai, flankiert von den Bodhisattvas Yakuō und Yakujō, eine damals häufige Kombination. Hauptheiligtum (honzon) des Hōryū-ji. Die Figurengruppe stammt von Tori Busshi, dem gleichen Bildhauer koreanischer Herkunft, der zuvor auch den sog. Asuka daibutsu schuf. Auch stilistisch zeigen die Figuren noch einen starken Einfluss der damaligen buddhistischen Kunst Chinas und Koreas. An der Rückseite der Aureole ist eine Inschrift angebracht, die nicht nur den Bildhauer nennt, sondern auch den Anlass der Herstellung nennt: Sie wurde 622 in Auftrag gegeben, um damit für die Gesundung des Prinzregenten Shōtoku Taishi zu beten. Als der Prinzregent 622 dennoch starb, wurde die Statue umgewidmet und sollte ihm nun für eine Wiedergeburt im Reinen Land nützlich sein. Ob Text und Aureole tatsächlich aus dem angegebenen Jahr (623) stammen oder eventuell erst einige Jahrzehnte später angefertigt wurden, ist unter Experten umstritten. Es besteht jedoch Konsens, dass es sich um den ältesten erzählenden Text der japanischen Literaturgeschichte handelt.
Werk von Tori Busshi (Kuratsukuri no Tori). Asuka-Zeit, 623. Bildquelle: unbekannt.

Als der Buddhismus Japan erreichte, war die ursprünglich indische Religion bereits mit Elementen aus Zentralasien und China angereichert worden. Seine Texte waren Chinesisch, die Verwendung von Sanskrit blieb auf einige Ritualformeln (mantra [mantra (skt.) मन्त्र Gebetsformel (jap. shingon 真言)]) beschränkt. Da China für die japanische Kultur das Vorbild schlechthin darstellte, unternahm man zunächst nur zaghafte Versuche einer weiteren Adaption. Die Sutren [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] wurden daher kein weiteres Mal ins Japanische übersetzt.

In weiterer Folge nahm die Geschichte des Buddhismus in Japan jedoch einen anderen Verlauf als in China. Dort erwuchs dem Buddhismus vor allem in Gestalt des Daoismus [Dōkyō (jap.) 道教 Daoismus, wtl. Lehre des Weges, chin. Daojiao; philosophisch-rel. Strömung Chinas; s.a. ] ein mächtiger Konkurrent: Auf Zeiten der staatlichen Förderung folgten Zeiten des Niedergangs und sogar der Verfolgung von Buddhisten. In Japan dagegen gelang es dem Buddhismus, bereits existierende Glaubensvorstellungen fast vollständig zu absorbieren. Auch wenn die Blütezeit des japanischen Buddhismus mit dem Beginn der Frühen Neuzeit (Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit) zu Ende ging und konkurrierende Vorstellungen in Form des Konfuzianismus [jukyō (jap.) 儒教 Konfuzianismus, Lehre des Konfuzius (Kong Zi oder Kong Fuzi); wtl. Lehre der Gelehrten] und des Shintō [Shintō (jap.) 神道 Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami] auftauchten, wurden Buddhisten — von den Anfängen im 6. Jh. und einer kurzen anti-buddhistischen Phase Ende des 19. Jahrhunderts einmal abgesehen — in Japan nie verfolgt. Japanische buddhistische Tempel wurden im Lauf ihrer Geschichte generell nicht von Andersgläubigen, sondern lediglich von anderen buddhistischen Tempeln bedroht (s. Religionsgeschichte).

Heute ist der Buddhismus aus seinem ehemaligen Kernland Indien fast völlig verschwunden, und auch in seiner „zweiten Heimat“ China stellt er nur eine religiöse Richtung unter vielen dar. Hingegen tritt er uns als Hauptreligion in den ehemaligen Randgebieten der buddhistischen Einflusssphäre, in Südostasien, Tibet und Japan entgegen.

Verweise

Verwandte Themen

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Axel Michaels, Buddha: Leben, Lehre, Legende. München: C. H. Beck, 2011.
William Deal, Brian Ruppert, A Cultural History of Japanese Buddhism. New York: Wiley-Blackwell, 2015.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Vajrapani kusana2 hunt.jpg
    Darstellung der Unterwerfung der schwarzen Schlange in Rajgrha durch Buddha und Vajrapani.
    Kushana Periode, N-Indien, 1.–3.Jh. u.Z. Huntington Archive.
  2. ^ 
    Coin of Kanishka I.jpg
    Goldmünze aus der Zeit König Kanishkas (ca. 127–163 u.Z.). Kanishka regierte die „goldene Zeit“ des Kushana Reichs, einer Dynastie aus Nordchina. Das Zentrum des Kushana Reiches befand sich allerdings in Gandhara im heutigen Pakistan und war stark vom Hellenismus geprägt. Das Kushana Reich war besonders wichtig für die Entwicklung der Seidenstraße, die China mit dem Mittelmeerraum verband. Zugleich war Kanishka ein großer Förderer des Buddhismus. Dies lässt sich auch an der vorliegenden Münze erkennnen. Auf einer Seite ist die Figur des Herrschers zu sehen, auf der anderen die Figur Buddhas. Die Münze ist in griechischen Buchstaben beschriftet, das Wort „Boddo“ (Buddha) ist deutlich zu erkennen.
    Kushana Reich. Wikimedia Commons.
  1. ^ 
    Longmen.jpg
    Hauptnische der berühmten Felsengrotten von Longmen (Drachentor), einem Zentrum der buddhistischen Felsskulptur. Die größte Nische stammt aus der Tang-Zeit, aus der Zeit der einzigen Kaiserin dieser Zeit, Wu Zetian (625–705), die ihrerseits eine große Förderin des Buddhismus war. Im Zentrum dieser Nische steht Buddha Vairocana, dessen individuelle Züge angeblich der Kaiserin nachempfunden sind. Jedenfalls repräsentiert die Statuengruppe einen Höhepunkt des chinesischen Buddhismus.
    China, Tang-Zeit, err. 672–676. Global Travel Authors, über Internet Archive.
  2. ^ 
    Shakasanzon horyuji.jpg
    Shaka-Trinität bestehend aus Shaka Nyorai, flankiert von den Bodhisattvas Yakuō und Yakujō, eine damals häufige Kombination. Hauptheiligtum (honzon) des Hōryū-ji. Die Figurengruppe stammt von Tori Busshi, dem gleichen Bildhauer koreanischer Herkunft, der zuvor auch den sog. Asuka daibutsu schuf. Auch stilistisch zeigen die Figuren noch einen starken Einfluss der damaligen buddhistischen Kunst Chinas und Koreas. An der Rückseite der Aureole ist eine Inschrift angebracht, die nicht nur den Bildhauer nennt, sondern auch den Anlass der Herstellung nennt: Sie wurde 622 in Auftrag gegeben, um damit für die Gesundung des Prinzregenten Shōtoku Taishi zu beten. Als der Prinzregent 622 dennoch starb, wurde die Statue umgewidmet und sollte ihm nun für eine Wiedergeburt im Reinen Land nützlich sein.

    Ob Text und Aureole tatsächlich aus dem angegebenen Jahr (623) stammen oder eventuell erst einige Jahrzehnte später angefertigt wurden, ist unter Experten umstritten. Es besteht jedoch Konsens, dass es sich um den ältesten erzählenden Text der japanischen Literaturgeschichte handelt.
    Werk von Tori Busshi (Kuratsukuri no Tori). Asuka-Zeit, 623. Bildquelle: unbekannt.


Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Arhat (skt.) अर्हत् ^ buddhistische Heiligenfigur; höchste Stufe des Menschseins vor dem Austritt aus dem Geburtenkreislauf (jap. rakan)
  • Aśoka (skt.) अशोक ^ „Der Unbesorgte“, 304?–232 v.u.Z., König von Nord-Indien (jap. Muu 無憂 oder Aikuō 阿育王)
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • bukkyō 仏教 ^ Lehre des Buddha, Buddhismus
  • daijō bukkyō 大乗仏教 ^ Mahayana Buddhismus, wtl. „Lehre des Großen Fahrzeugs“
  • deva (skt.) देव ^ „Gottheit“, oberste Klasse indischer Götter (jap. -ten 天 oder tenbu 天部)
  • Dōkyō 道教 ^ Daoismus, wtl. Lehre des Weges, chin. Daojiao; philosophisch-rel. Strömung Chinas; s.a.
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • Gandhāra (skt.) गन्धार ^ Königreich im heutigen Pakistan bzw. gleichnamige Stadt (auch Purushapura, heute Peshavar); nach den griechischen Eroberungen unter Alexander dem Großen unter dem Einfluss der hellenistischen Kultur, später, im 1.–3. Jh. u.Z. Hauptstadt des buddhistischen Kushana Reichs; frühes Zentrum der buddhistischen Kunst
  • Gautama (skt.) गौतम ^ Eigennamen des historischen Buddha; Pali: Gotama (jap. Kudon 瞿曇)
  • Hīnayāna (skt.) हीनयान ^ „Kleines Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. Shōjō 小乗)
  • jōzabu bukkyō 上座部仏教 ^ Theravada Buddhismus, wtl. „Lehre der Ordensältesten“
  • jukyō 儒教 ^ Konfuzianismus, Lehre des Konfuzius (Kong Zi oder Kong Fuzi); wtl. Lehre der Gelehrten
  • Karma (skt.) कर्म ^ „Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. 業)
  • Magadha (skt.) मगध ^ Nordostindisches Königreich das im 6. bis 4. Jh. v.u.Z. seine Blütezeit erreichte
  • Mahāyāna (skt.) महायान ^ „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)
  • mantra (skt.) मन्त्र ^ Gebetsformel (jap. shingon 真言)
  • mikkyō 密教 ^ esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten
  • Pāḷi (skt.) पाळि ^ mittelindische Sprache, eng verwandt mit dem Sanskit; Sprache der frühesten kanonischen Texte des Buddhismus
  • prajñāpāramitā (skt.) प्रज्ञापारमिता ^ „Vollkommene Weisheit“ (jap. hannyaharamitta 般若波羅蜜多)
  • Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि ^ „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)
  • Shintō 神道 ^ Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami
  • Śiva (skt.) शिव ^ „Glückverheißender“, indische Göttheit, auch Maheshvara oder Ishvara (jap. Daijizai-ten 大自在天)
  • Śrāvakayāna (skt.) श्रावकयान ^ „Fahrzeug der Schüler“, Richtung des Buddhismus (jap. Shōmon-jō 声聞乗)
  • Siddhārtha (skt.) सिद्धार्थ ^ Eigennamen des historischen Buddha, Shakyamuni (jap. Shiddatta 悉達多)
  • Sindhu (skt.) सिन्धु ^ Indus; Fluss im heutigen Pakistan (Quellgebiet im tibetischen Himalaya), der lange die Grenze zwischen persischer und indischer Einflusssphäre darstellte
  • sūtra (skt.) सूत्र ^ „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)
  • Tang (chin.) 唐 ^ chin. Herrschaftsdynastie, 618–907
  • tantra (skt.) तन्त्र ^ „Gewebe“, Lehrschrift des esoterischen Buddhismus (ähnlich sutra, aber meist mit rituellem Inhalt)
  • Theravāda (pali) थेरवाद ^ „Schule der Ordensälteren“, buddhistische Richtung (hier in Pali angegeben; skt: Sthaviravada) (jap. jōzabu bukkyō 上座部仏教)
  • Tripiṭaka (skt.) त्रिपिटक ^ „Drei Körbe“, kanonische Schriften des Buddhismus (jap. Sanzō 三蔵)
  • vajra (skt.) वज्र ^ „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)
  • Vajrayāna (skt.) वज्रयन ^ „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)
  • Viṣṇu (skt.) विष्णु ^ indische (vedische) Gottheit; gilt im Vishnuismus als Manifestation des höchsten Seins
  • yāna (skt.) यान ^ „Fahrzeug“, Schule, Glaubensrichtung