Denken/Mythentexte

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Die Mythentexte

Die bekanntesten und bis heute wichtigsten Werke, die uns Auskunft über die ältesten japanischen Mythen und Legenden geben, sind zugleich die ältesten Zeugnisse der japanischen Literatur überhaupt:

Kojiki 古事記 (jap.)

„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)

Text

Der Begriff „Kojiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(„Berichte alter Begebenheiten“, 712) und

Nihon shoki 日本書紀 (jap.)

Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)

Text

Der Begriff „Nihon shoki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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(„Berichte über Japan“, 720, auch als Nihongi bekannt). Wie fast alle frühen Schriftwerke handelt es sich um staatlich geförderte Mammutunternehmungen. Sie entstanden im Auftrag des kaiserlichen Hofes und repräsentieren daher die offizielle Sichtweise der Geschichte des Landes und seiner Herrscher.
nihon shoki
Eine Seite aus der Nihon shoki Abschrift von Urabe Kanekata, eine der ältesten fragmentarischen Abschriften aus dem Jahr 1286. Neben dem Haupttext finden sich zahlreiche Anmerkungen und Angaben zur Lesung, die auf einer langen Tradition der „Textpflege“ innerhalb der kaiserlichen Hofgelehrten hindeuten.
Bildquelle: e-kokuhō [2010/8]

Dennoch darf man sich Kojiki und Nihon shoki nicht als trockene Chroniken vorstellen. Mythen, Legenden und penible Aufzeichnungen gehen vielmehr in einander über und verschmischen sich. Die Erzählung beginnt mit der Erschaffung der Erde (bzw. der japanischen Inseln) und reicht beinahe bis zum Zeitpunkt der Abfassung (Kojiki bis 628, Nihon shoki bis 697).

Zahlreiche Gottheiten, bzw. ihre Nachkommen steigen im Laufe der Erzählung auf die Erde herab und werden zu den Ahnen menschlicher Familien. Wie sie sich von nicht-göttlichen Menschen unterscheiden, wird nicht beschrieben. Ebenso wenig wie es eine Trennung zwischen Mythos und historischer Chronik gibt, gibt es eine markante Trennlinie zwischen Göttern und Menschen. (Für eine genauere Inhaltsangabe siehe das Kapitel Mythen, Zeitalter der Götter).

Schriftlicher Stil

Im Unterschied zu anderen Mythologien, z.B. der griechischen, zeigen beide Chroniken, vor allem aber das Nihon shoki, eine große Bedachtnahme auf eine genaue Genealogie und auf die Datierung von Ereignissen. Es sind dies Merkmale, die auch die spätere japanische Geschichtsschreibung auszeichnen und den Einfluss der chinesischen Geschichtstradition widerspiegeln. Dieser Geschichtstradition, die zusammen mit der Schriftlichkeit von China übernommen wurde, entspricht es auch, dass wir sogar über die Autoren oder besser Kompilatoren der Chroniken relativ gut informiert sind. Zugleich verdeutlicht uns der Stil der Chroniken, dass wir es nicht mit der unmittelbaren Niederschrift von Erzähltem zu tun haben. Sowohl der Inhalt als auch die Art der Erzählung sind vom Bemühen bestimmt, das damals noch verhältnismäßig junge japanische Staatswesen zu legitimieren und zu stärken, bzw. den Führungsanspruch der

Tennō 天皇 (jap.)

jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels

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Dynastie über dieses Staatswesen zu begründen.

Man sollte sich bei der Lektüre von Kojiki oder Nihon shoki also bewusst sein, dass uns beide Werke keinen unmittelbaren Blick auf die älteste Mythologie ermöglichen, sondern dass wir durch verschiedene Filter auf die vorgeschichtlichen Erzähltraditionen blicken. Besonders das Vorbild der chinesischen Geschichtsschreibung einerseits, und die Interessenslage der Tenno-Dynastie andererseits sind solche Filter, die die Chroniken sowohl stilistisch als auch inhaltlich prägen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die mythologischen Erzählungen ausschließlich als ideologische Werkzeuge zu verstehen sind. Zweifellos enthalten sie sehr viel „mythologisches Allgemeingut“, also Erzählungen, die tatsächlich für das allgemeine religiöse Weltbild im damaligen Japan repräsentativ sind. Der Einfluss oraler Traditionen lässt sich außerdem in der Lyrik erkennen und diese wird vor allem im Kojiki keineswegs ausgespart. Aus diesem Grund wird das Kojiki oft als der „ursprünglichere“ Text angesehen. Andererseits bietet das Nihon shoki zu vielen Episoden gleich mehrere Varianten an, was das Verständnis der großen Handlungszusammenhänge zwar erschwert, zugleich aber auch zeigt, dass es zu einem Thema oft mehrere, widersprüchliche Erzähltraditionen gegeben haben muss.

Als historische Quelle betrachtet, ist das Kojiki im Vergleich zum Nihon shoki ungenauer, auch werden Festlandkontakte kaum und der Buddhismus gar nicht erwähnt. Offenbar wurden diese Themen bewusst ausgeklammert. Das Nihon shoki ist dagegen stärker von chinesischen Geschichtswerken beeinflusst, z.T. wird daraus sogar zitiert. Die neuere japanische Forschung sieht den Unterschied der beiden Chroniken als Reflexion von zwei unterschiedlichen Haltungen gegenüber China an, die zur damaligen Zeit wahrscheinlich gleichzeitig vorhanden waren: Im Fall des Kojiki ein Negieren des Vorbildcharakters von China und ein bewusster Versuch, autochthone Traditionen soweit als möglich zu bewahren. Dies drückt sich sowohl auf sprachlicher Ebene (weniger Anleihen aus dem Chinesischen), als auch auf inhaltlicher Ebene (Ausklammern auslandsbezogener Themen) aus. Zum anderen der Versuch, China zwar als Vorbild anzuerkennen, aber ihm als gleichrangiger Partner gegenüber zu treten (Nihon shoki). Daher ist das Nihon shoki stilistisch näher bei chinesischen Geschichtswerken, betont aber dennoch (im Unterschied zu vergleichbaren chinesischen Werken) den mythologischen Ursprung des Landes und seiner Herrscher.

Philologische Aufarbeitung

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Was die Texte bis heute zu einem unerschöpflichen Reservoir neuer Forschungen und Interpretationen macht, ist die Tatsache, dass man in vielen Fällen weder die genaue Aussprache noch die genaue Bedeutung einzelner Begriffe kennt. Das liegt vor allem an der damals noch nicht standardisierten Verwendung der chinesischen Schriftzeichen, die teils als Sinngeber (also wie heute zur Wiedergabe eines ganzen Begriffes), teils als Lautträger (zur lautlichen Wiedergabe japanischer Silben, ähnlich den modernen kana-Zeichen) verwendet wurden.

Erst seit dem 17. Jh. gibt es systematische Bemühungen, eine allgemeingültige Lesart zu rekonstruieren und diese der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Davor wurden die alten Chroniken Jahrhunderte lang innerhalb weniger Priester- und Gelehrtendynastien geheim weiter gegeben. Selbst wenn Außenstehende sie zu Gesicht bekamen, wussten sie damit nichts anzufangen. Interessanterweise wurde dem Nihon shoki durch viele Jahrhunderte hindurch die größere Bedeutung beigemessen. Erst durch die Wirkung des Gelehrten

Motoori Norinaga 本居宣長 (jap.)

1730–1801; Shintō-Gelehrter der „nationalen Schule“ (kokugaku)

Gelehrte Person

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(1730—1801), dem wichtigsten Repräsentanten der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-zeitlichen

kokugaku 国学 (jap.)

„Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete

Schulrichtung

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(wtl. „Nationale Lehre“, s. Kapitel Geschichte, Kokugaku) erhielt das Kojiki eine Aufwertung.
Religion in JapanDenken
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„Japans klassische Mythentexte.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001