Denken/Himmelskunde: Unterschied zwischen den Versionen

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| Himmelskunde und Himmelsdeutung
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Himmelskunde ({{g|tenmon}}) war im alten Japan eine bedeutende, proto-wissenschaftliche Kunst, die sowohl zur Zeitmessung als auch zur Vorhersage der Zukunft herangezogen wurde. Das auf der Himmelskunde beruhende Kalenderwesen war seit dem Altertum ein Privileg des kaiserlichen Hofes und blieb auch in Zeiten der politischen Bedeutungslosigkeit des Tennō weitgehend in kaiserlicher Hand. Die eigentlichen Berechnungen wurden aber natürlich von Spezialisten vorgenommen und folgten den Prinzipien der chinesischen [[Denken/Yin und Yang|Naturphilosophie]]. Überraschenderweise findet man aber gerade auf diesem Gebiet auch Gemeinsamkeiten mit der antiken europäischen Himmelskunde.
  
-->Die Beobachtung des nächtlichen Sternenhimmels spielte in allen frühen Hoch·kulturen eine wichtige Rolle und kann als Beginn der heutigen Natur·wissen·schaften an·ge·sehen werden: Sowohl in Babylon als auch in Ägypten oder China führten höfische Astronome Be·ob·ach·tungen durch, hielten sie in Listen fest, be·rech·neten regel·mäßige Vor·komm·nisse und ver·zeichneten un·ge·wöhnliche Ereig·nisse. Aus diesen Daten er·stellten sie Kalender, also Sys·teme zur Ein·teilung und Messung der Zeit. Ein weiterer Bereich der an·ge·wandten Himmels·kunde war die Astro·logie, also die Ab·leitung von Pro·gno·sen irdischer Geschehnisse aus den Beobachtungen des Himmels.
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== Deutungen des Nachthimmels ==
  
Beziehungen des Sternenkosmos und der menschlichen Gesell·schaft wurden in China ganz be·sonders be·tont. Dabei galt die Auf·merk·samkeit weniger dem individuellen Schicksal einzelner Personen (in der Art, wie heute Astrologie betrieben wird), sondern dem Schick·sal der ganzen Gesell·schaft, bzw. ihrer Herr·schaft. Dies stand mit der Grund·an·nahme in Be·ziehung, dass es der Herr·scher selbst sei, der durch die regel·mäßige Ab·haltung be·stimmter Riten die Ordnung der Welt ''und'' des Kosmos aufrecht erhalte. Den kaiser·lichen Riten wurde daher nicht nur eine staats·er·haltende, sondern sogar eine welt·er·haltende Funk·tion zugesprochen. Welche Riten zu welchen Zeiten An·wendung fanden, unterlag astro·nomischen und astro·logischen Be·rech·nungen. Die Himmels·kunde (jap. {{Glossar:Tenmon}}), die Astro·nomie und Astro·logie gemeinsam umfasste, hatte daher in China und den be·nach·barten ost·asiatischen Kulturen einen hohen politischen Stellen·wert und diente sowohl zur Legitimation politischer Herr·schaft als auch zur konkreten politischen Entscheidungsfindung.
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Obwohl die Sonne in vielen Kulturen der Welt als Sinnbild der Herrschaft herangezogen wird (in Japan etwa leitet sich die Tennō-Dynastie von der Sonnengottheit {{g|amaterasu}} ab), stellt der Nachthimmel mit seinen unzähligen Sternenkonstellationen ein wesentlich reichhaltigeres Reservoir an Symbolismen dar und wurde auch in Ostasien entsprechend genützt.  
  
==Astronomische Voraussetzungen==
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=== Astronomische Voraussetzungen ===
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Aus Sicht der Erde rotieren die Sterne des Nachthimmels innerhalb von 24 Stunden um einen Fixpunkt: Auf der nördlichen Hemisphäre um den sogenannten Himmelsnordpol, auf der Südhalbkugel um den Himmelssüdpol. Heute weiß man, dass die scheinbare Rotation des Sternenhimmels durch die Drehung der Erde um die eigene Achse hervorgerufen wird. Die Himmelspole liegen genau dort, wo die verlängerte Erdachse das „Himmelsgewölbe“ durchstoßen würde. Der diesem Punkt am nächsten gelegene Stern ist der Polarstern.<!--
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--><ref>Gegenwärtig ist dieser Punkt auf der nördlichen Halbkugel mehr oder weniger identisch mit dem hellsten Stern im Sternbild des Kleinen Wagens (dem äußersten Stern an der Deichsel), der daher auch als Polarstern bezeichnet wird. In Folge der sogenannten Präzession (einer sehr langsamen, kreiselartigen Verschiebung der Erdachse) lag der Himmelsnordpol allerdings vor etwa 2000 Jahren in der Nähe des Kochab, einem Stern am anderen Ende des Kleinen Wagens.</ref>
  
Der nächtliche Sternenhimmel erscheint dem menschlichen Betrachter als ein komplexes Muster, das Nacht für Nacht ein beinahe identisches Er·scheinungs·bild zeigt. Es sind zwar bei genauerer Be·ob·ach·tung Be·wegungen am Himmel fest·zu·stellen, doch sind diese zu·meist zyklischer Art, d.h. sie wieder·holen sich in be·stimmten Ab·ständen: ähn·lich wie die Sonne wandern auch die Sterne während einer Nacht über den ganzen Himmel; der Mond nimmt inner·halb von 28 Tagen zu und ab; und selbst die Planeten, deren Lage sich gegen·über der Masse von Fix·sternen verändert, folgen fest·gelegten Bahnen.
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Aus der Sicht eines irdischen Betrachters rotiert das gleich·bleibende Bild der Sterne inner·halb von 24 Stunden um einen Fix·punkt: Auf der nördlichen Hemi·sphäre um den so·ge·nannten Himmels·nord·pol, auf der Süd·halb·kugel um den Himmels·süd·pol. Heute weiß man, dass die schein·bare Rotation des Sternen·himmels durch die Drehung der Erde um die eigene Achse her·vor·gerufen wird. Die Himmels·pole liegen genau dort, wo die ver·längerte Erd·achse das „Himmels·gewölbe“ durch·stoßen würde. Gegen·wärtig ist dieser Punkt auf der nördlichen Halb·kugel mehr oder weniger identisch mit dem hellsten Stern im Stern·bild des Kleinen Wagens (dem äußersten Stern an der Deichsel), der daher auch als Polar·stern be·zeichnet wird. In Folge der so·ge·nannten Präzession (einer sehr langsamen, kreisel·artigen Ver·schiebung der Erd·achse) lag der Himmels·nord·pol aller·dings vor etwa 2000 Jahren in der Nähe des Kochab, einem Stern am anderen Ende des Kleinen Wagens.
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=== Primat des Nordens ===
  
==Sternbilder und Deutungen==
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Im alten China sah man den Himmelsnordpol als Zentrum des gesamten Universums an. Er wurde als das „Große Äußerste“ ({{g|taiji}}) bezeichnet, aus dem sich alle Materie bildete. Mitunter wurde er auch als Palast gedeutet, um den die anderen Sterne gleichsam als Untertanen ihre ewig gleichen Kreise drehen. Insofern lag es nahe, den Kaiser mit dem Himmelsnordpol zu identifizieren. Bezeichnungen wie „Sohn des Himmels“ ({{g|tianzi}}, China) oder „Himmelsherrscher“ ({{g|tennou|''tennō''}}, Japan) leiten sich von diesem Symbolismus ebenso ab wie der Brauch, den Palast des Kaisers im Norden der Hauptstadt zu errichten, ein Muster, das man u.a. in der {{g|Tang}}-zeitlichen Hauptstadt {{g|Changan}},  in {{g|Nara}} und in {{g|Kyouto}} verwirklicht findet.
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Das charakteristischste und am deutlichsten erkennbare Sternbild der nördlichen Hemisphäre ist der Große Wagen. Er besteht aus sieben verhältnismäßig hellen Sternen und befindet sich nicht allzu weit vom Himmelsnordpol entfernt. Daher wird das Sternbild auch mit dem Norden selbst gleichgesetzt. In Ostasien wird das Sternbild als „Nördlicher Schöpflöffel“  ({{g|hokuto}}) bezeichnet. Ähnlich wie der Polarstern selbst wurde auch das Sternbild des Nördlichen Schöpflöffels mit bestimmten Gottheiten assoziiert und in den Mittelpunkt eigener Kulte gestellt. Neben Sonne und Mond stellt das Sternbild das wichtigste dem Himmel entnommene Symbol dar, das sowohl in der religiösen als auch in der politischen Ikonographie, etwa als Symbol des Herrschers, zur Anwendung kommt.
  
Im alten China und in der Folge auch in Japan, sah man den Himmels·nord·pol, als Zentrum des ge·samten Universums an. Er wurde auch als das „Große Äußerste“ ({{glossar:taiji}}) bezeichnet, aus dem sich alle Materie bildete. Mitunter wurde er auch als Palast gedeutet, um den die anderen Sterne gleich·sam als Unter·tanen ihre ewig gleichen Kreise drehen. Insofern lag es nahe, den Kaiser mit dem Himmels·nord·pol zu identifizieren. Be·zeich·nungen wie „Sohn des Himmels“ (''tian zi'', China) oder „Himmels·herrscher“ ({{glossar:tennou}}, Japan) leiten sich von diesem Symbolismus ab.
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=== Der Südpol als alter Mann ===
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Besonders helle Sterne wurden sowohl in der europäischen Antike als auch in China zu be·stimmten Konstellationen zu·sammen·ge·fasst, die meist mit mytho·logischen Motiven in Be·ziehung gebracht wurden. Man spricht auch von „Stern·bildern“. Das charak·teristischste und am deut·lichsten er·kenn·bare Stern·bild der nördlichen Hemi·sphäre ist der Große Wagen ({{glossar:hokuto}}). Er besteht aus sieben verhältnis·mäßig hellen Sternen und be·findet sich nicht allzu weit vom Himmels·nord·pol ent·fernt. Daher wird das Stern·bild auch mit dem Norden selbst gleich·ge·setzt. In Ost·asien wird das Stern·bild als Nörd·licher Schöpf·löffel bezeichnet. Ähnlich wie der Polar·stern selbst wurde auch das Stern·bild des Nörd·lichen Schöpf·löffels mit bestimmten Gott·heiten assoziiert und in den Mittel·punkt eigener Kulte ge·stellt. Neben Sonne und Mond stellt das Stern·bild das wichtigste dem Himmel ent·nommene Symbol dar, das sowohl in der religiösen als auch in der politischen Ikono·graphie (Symbol des Herrschers) zur An·wendung kommt.
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In China war spätesten nach Ausweitung des Überseehandels in der {{g|song}}-Zeit bekannt, dass der südliche Sternenhimmel um einen anderen Punkt kreist: den Südlichen Polarstern. Dieser wurde bisweilen mit der berühmtesten Figur des Daoismus, dem legendären Philosophen {{g|laozi}} als Gott des Langen Lebens, identifiziert. In Japan wurde diese Gestalt wiederum in den Glücksgott {{g|fukurokuju}} verwandelt, dem man zusätzlich zu seinen großen Ohrläppchen auch einen phallisch elongierten Schädel verpasste. Gelehrte Schriften wussten zu berichten, dass es sich um die Manifestation des Südlichen Polarsterns handle, Erklärungen, wie es zu dieser Wesensgleichheit kam, findet man hingegen kaum.
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== Einteilung der Zeit ==
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=== Tierkreiszeichen ===
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Ähnlich wie in Europa und dem Vorderen Orient stößt man auch in Ostasien auf zwölf Tierkreiszeichen ({{g|juunishi}}), die zur Einteilung des Raums, der Zeit und schließlich auch zur horoskopischen Vorhersage von menschlichen Schicksalen verwendet werden. Es handelt sich dabei in Ostasien um folgende Tiere:
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<p style="text-align:center"> Ratte (Maus), Ochse (Büffel, Rind), Tiger, Hase, Drache, Schlange,<br>Pferd, Ziege (Schaf), Affe, Hahn, Hund, Eber (Schwein)</p>
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|Die Zwölf Tiere des chinesischen Kalenders (1857)
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Die Tierkreiszeichen dienten ehemals vor allem zur Benennung der Tageszeit. Sie stehen mit dem Sonnenstand (und insoferne nicht mit dem Nachthimmel) in Verbindung. Die heute noch gebräuchlichen japanischen Ausdrücke {{g|gozen}} (Vormittag) und {{g|gogo}} (Nachmittag) bedeuten wörtlich „vor dem Pferd“ und „nach dem Pferd“, da das Pferd die Mittagsstunde markiert. Zugleich steht das Pferd auch für den Süden, also die Richtung aus der die Sonne mittags scheint. Außerdem verwendete man die Tierkreiszeichen um Jahre, Monate und Tage in Serien von jeweils zwölf Einheiten zu arrangieren. Im Fall der Jahreszählung kombinierte man sie mit dem Zyklus der Fünf Elemente oder Wandlungsphasen ({{g|gogyou}}) und erhielt so den Sechziger-Zyklus (s. dazu {{showTitel|Metalog:Japan/Kalender|anf=1}}).
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=== Ursprungslegenden ===
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Interessanterweise stellen die Zwölf {{g|juunishi|Tierkeiszeichen}} keine Sagengestalten oder Fabelwesen dar wie in Europa, sondern ziemlich „normale“ Tiere, die im  Alltag einer agrarischen Gesellschaft als Haus- oder Nutztiere praktische Funktionen erfüllen. Auch Affen, Hasen oder Wildschweine waren alltägliche Erscheinungen und Tiger stellten in vielen Teilen Ostasiens eine reale Gefahr dar. Lediglich [[Mythen/Imaginaere Tiere/Drachenbilder |Drachen]] scheinen aus dem Rahmen zu fallen, doch muss man sich vergegenwärtigen, dass auch sie als real existierende Wesen aufgefasst wurden. (Sie beherrschten vor allem den Regen und sind insofern auch für die Landwirtschaft relevant.)
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Zur Entstehung der Tierkreiszeichen beziehungsweise zur Begründung, wie es zu ihrer Reihenfolge kam, gibt es verschiedene Legenden, die die Einteilung als Ergebnis eines Wettkampfes deuten, der entweder vom legendären „Gelben Kaiser“ (dem Begründer des chinesischen Kalenders) oder von {{s|Buddha}} veranstaltet wurde. Es ging dabei darum, einen großen Fluss zu durchqueren, was dem (Wasser-) Büffel am besten gelang. Dank seiner Gutmütigkeit hatte er aber die Ratte mitgenommen, die im letzten Augenblick vor ihm ans Ufer sprang und so den Wettlauf gewann. Die Ratte soll außerdem die Katze, die auch auf dem Rücken des Ochsen saß, ins Wasser gestoßen haben, weshalb die Katze nicht in den Tierkreiszyklus aufgenommen wurde und der Ratte ewige Feindschaft schwor. Möglich ist allerdings auch, dass die Katze zum Zeitpunkt, als sich der Tierkreiszyklus etablierte, in China noch gar nicht domestiziert war. Die Vietnamesen schufen diesem Umstand Abhilfe, indem sie in ihrem Tierkreiszyklus den Hasen durch die Katze ersetzten.
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=== Planeten und Wochentage===
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Planeten sind jene Himmelskörper, die aus der scheinbar fest gefügten Architektur der Sterne ausbrechen, und eigene Bahnen ziehen. In der europäischen Antike kannte man „Sieben Planeten“, nämlich Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn. Sie wurden u.a. zur Einteilung der Wochentage herangezogen. Fast alle europäischen Sprachen benennen und reihen ihre Wochentage nach diesem Schema (auch wenn im Deutschen Mars zu Odin, Jupiter zum Donner und Venus zu Freia wurden).
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In Japan wird die Sieben-Tage-Woche erst seit der Einführung des westlichen Kalenders (1873) allgemein anerkannt. Wie im Westen gibt es einen „Sonnen-“ und einen „Mond-Tag“, die restlichen Wochentagsnamen lauten allerdings: „Feuer-, Wasser-, Holz-, Metall- und Erd-Tag“. In Japan dienen somit keine in den Himmel projizierten Götter, sondern {{g|yinyang|Yin und Yang }} (Mond und Sonne) sowie die Fünf Wandlungsphasen ({{g|gogyou}} = Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser) zur Markierung der Zeit.
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Tatsächlich besteht aber eine erstaunliche Übereinstimmung in diesen Benennungen. Die Fünf Phasen wurden nämlich traditionellerweise auch zur Bezeichnung der fünf am Nachthimmel sichtbaren Planeten herangezogen: der Mars wurde wegen seiner rötlichen Färbung dem Feuer zugeordnet, und heißt in Ostasien daher „Feuerstern“, der Merkur ist der „Wasserstern“, der Jupiter der „Holzstern“, die Venus der „Metallstern“ und der Saturn der „Erdstern“. Das japanische Wochentag-System orientiert sich also ebenfalls an den „Sieben Planeten“ und zählt sie in der gleichen Reihenfolge auf wie die Europäer seit der Antike.
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In Japan soll die Kenntnis der chinesischen Sieben-Tage-Woche auf den Mönch {{g|kuukai}} zurückgehen, der entsprechende Schriften Anfang des neunten Jahrhunderts von seiner Chinareise mitbrachte. Diese Schriften entstammen wiederum dem esoterischen Buddhismus, in dem die indische Astrologie zu dieser Zeit eine bemerkenswerte Rolle spielte (s.u.). Gleichzeitig bemühte man sich, die indischen Konzepte in chinesische zu übersetzen und bediente sich dazu Yin und Yang. Auch China verwendet heute die Sieben-Tage-Woche, doch hat sich die Konvention, die Wochentage nach Yin Yang und den Fünf Phasen abzuzählen, nicht durchgesetzt. Hier, wo der esoterische Buddhismus letztlich weniger erfolgreich war als in Japan, zählt man die Wochentage heute einfach numerisch ab.
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== Astrologie ==
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Das chinesische Horoskop, das auch in allen von China beeinflussten Nachbarländern bekannt ist, orientiert sich  an den oben genannten Tierkreiszeichen bzw. am Sechzigerzyklus. Es fragt in erster Linie nicht nach dem Geburtsmonat, sondern nach dem Geburtsjahr und ordnet allen, die im gleichen Jahr geboren sind, gewisse gemeinsame Eigenschaften zu. So gilt es als vorteilhaft gilt, im Jahr des Drachen geboren zu werden, doch haben letztlich alle Tierkreiszeichen sowohl positive als auch negative, bzw. neutrale Eigenschaften. Viele dieser Eigenschaften sind auch für Laien durchaus nachzuvollziehen. Die Ratte gilt beispielsweise als intelligent, aber aufgrund ihres Sammeltriebes auch als geizig, der Ochse als gutmütig, aber stur, usw... Darüber hinaus gibt es wie in der europäischen Astrologie auch Theorien, zwischen welchen Tierzeichen grundsätzlich eher Harmonie bzw. Disharmonie besteht.
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===Geburtenrate und Astrologie ===
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Horoskope, die aufgrund des Sechzigerzyklus getroffen werden, beeinflussen teilweise heute noch die Heirats- und Familienplanung. In Japan gilt es beispielsweise als unvorteilhaft, eine Frau zu heiraten, die in einem Feuer+Pferd-Jahr ({{g|hinoeuma}}) geboren wurde, da Pferd und Feuer besonders starke Yang-Eigenschaften repräsentieren (Pferd = Süden = Feuer = Yang) und daher „männlich“ konnotiert sind. 1966, im letzten Feuerpferd-Jahr kam es aus diesem Grunde zu einem deutlichen Einbruch in der Geburtenrate, da man vermeiden wollte, eine Tochter in die Welt zu setzen, die dann unter dem negativen Feuerpferd-Zeichen zu leiden hätte.
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| Geburtenrate
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|caption=Japanische Geburtenrate, Einbruch im Jahr 1966. <br /> Quelle: [http://www.berlin-institut.org/online-handbuchdemografie/bevoelkerungsdynamik/regionale-dynamik/japan.html Online-Handbuch Demographie] [2010/9]
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Tatsächlich sind Frauen dieses Jahrgangs Diskriminierungen verschiedenster Art ausgesetzt. Es gibt sogar Selbsthilfegruppen von 1966er Frauen, die sich dagegen zur Wehr setzen. Für Frauen des vorletzten Feuerpferd-Jahrgangs 1906 sollen die Folgen im übrigen noch weitaus schlimmer gewesen sein. Trotz fortschreitender Modernisierung sind diese auf dem traditionellen Kalender begründeten Vorstellungen also nach wie vor wirksam.
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=== Westliche Sternzeichen ===
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| Westliche Astrologie in Japan
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Schließlich findet man auch Spuren der hierzulande bekannten Sternzeichen, wenn auch nur in weitgehend unbeachteten Archiven buddhistischer Tempel. Wie auf der Spezialseite {{showTitel|Denken/Himmelskunde/Astrologie}} genauer ausgeführt, wurde die auf diesen Sternzeichen fußende Astrologie aus dem Westen des eurasiatischen Kontinents offenbar — ähnlich wie die oben erwähnten Wochentage — durch den esoterischen Buddhismus ({{g|mikkyou}}) in Japan bekannt gemacht.{{Verweise
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|thisway=Denken/Sutra}}

Version vom 9. Januar 2023, 15:30 Uhr

Himmelskunde und Himmelsdeutung

Himmelskunde (tenmon [tenmon (jap.) 天文 Himmelskunde, proto-wissenschaftliche Astronomie]) war im alten Japan eine bedeutende, proto-wissenschaftliche Kunst, die sowohl zur Zeitmessung als auch zur Vorhersage der Zukunft herangezogen wurde. Das auf der Himmelskunde beruhende Kalenderwesen war seit dem Altertum ein Privileg des kaiserlichen Hofes und blieb auch in Zeiten der politischen Bedeutungslosigkeit des Tennō weitgehend in kaiserlicher Hand. Die eigentlichen Berechnungen wurden aber natürlich von Spezialisten vorgenommen und folgten den Prinzipien der chinesischen Naturphilosophie. Überraschenderweise findet man aber gerade auf diesem Gebiet auch Gemeinsamkeiten mit der antiken europäischen Himmelskunde.

Deutungen des Nachthimmels

Obwohl die Sonne in vielen Kulturen der Welt als Sinnbild der Herrschaft herangezogen wird (in Japan etwa leitet sich die Tennō-Dynastie von der Sonnengottheit Amaterasu [Amaterasu (jap.) 天照 Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise] ab), stellt der Nachthimmel mit seinen unzähligen Sternenkonstellationen ein wesentlich reichhaltigeres Reservoir an Symbolismen dar und wurde auch in Ostasien entsprechend genützt.

Astronomische Voraussetzungen

Aus Sicht der Erde rotieren die Sterne des Nachthimmels innerhalb von 24 Stunden um einen Fixpunkt: Auf der nördlichen Hemisphäre um den sogenannten Himmelsnordpol, auf der Südhalbkugel um den Himmelssüdpol. Heute weiß man, dass die scheinbare Rotation des Sternenhimmels durch die Drehung der Erde um die eigene Achse hervorgerufen wird. Die Himmelspole liegen genau dort, wo die verlängerte Erdachse das „Himmelsgewölbe“ durchstoßen würde. Der diesem Punkt am nächsten gelegene Stern ist der Polarstern.1

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1 Sternenhimmel im Zeitraffer
Aufnahme des nördlichen Sternenhimmels mit Zeitraffertechnik, welche die Rotation der Sterne um den astronomischen Nordpol sichtbar werden lässt.
Werk von Gunther Wegner. gwegner.de, 2012.

Primat des Nordens

Im alten China sah man den Himmelsnordpol als Zentrum des gesamten Universums an. Er wurde als das „Große Äußerste“ (taiji [taiji (chin.) 太極 Urmaterie, wtl. das Große Äußerste]) bezeichnet, aus dem sich alle Materie bildete. Mitunter wurde er auch als Palast gedeutet, um den die anderen Sterne gleichsam als Untertanen ihre ewig gleichen Kreise drehen. Insofern lag es nahe, den Kaiser mit dem Himmelsnordpol zu identifizieren. Bezeichnungen wie „Sohn des Himmels“ (tianzi [tianzi (chin.) 天子 Titel des chinesischen Kaisers], China) oder „Himmelsherrscher“ (tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels], Japan) leiten sich von diesem Symbolismus ebenso ab wie der Brauch, den Palast des Kaisers im Norden der Hauptstadt zu errichten, ein Muster, das man u.a. in der Tang [Tang (chin.) chin. Herrschaftsdynastie, 618–907]-zeitlichen Hauptstadt Changan [Changan (chin.) 長安 chin. Hauptstadt, u.a. in der Tang-Dynastie; wtl. „Langer Friede“; heute Xian], in Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō] und in Kyōto [Kyōto (jap.) 京都 von 894 bis 1869 Sitz des Tennō und damit offizielle Hauptstadt Japans. Im Lauf der Zeit unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt, u.a. Heian-kyō] verwirklicht findet.

Das charakteristischste und am deutlichsten erkennbare Sternbild der nördlichen Hemisphäre ist der Große Wagen. Er besteht aus sieben verhältnismäßig hellen Sternen und befindet sich nicht allzu weit vom Himmelsnordpol entfernt. Daher wird das Sternbild auch mit dem Norden selbst gleichgesetzt. In Ostasien wird das Sternbild als „Nördlicher Schöpflöffel“ (hokuto [hokuto (jap.) 北斗 Sternbild des Großen Wagens (chin. Nördlicher Schöpflöffel)]) bezeichnet. Ähnlich wie der Polarstern selbst wurde auch das Sternbild des Nördlichen Schöpflöffels mit bestimmten Gottheiten assoziiert und in den Mittelpunkt eigener Kulte gestellt. Neben Sonne und Mond stellt das Sternbild das wichtigste dem Himmel entnommene Symbol dar, das sowohl in der religiösen als auch in der politischen Ikonographie, etwa als Symbol des Herrschers, zur Anwendung kommt.

Der Südpol als alter Mann

Fukurokuju kinmozui.jpg
2 Fukurokuju
Der Glücksgott Fukurokuju mit einem Kranich als Tierbegleiter in der Edo-zeitlichen Bild-Enzyklopädie Kinmo zui. In der Anmerkung wird erwähnt, dass er eine Manifestation des Südlichen Polarsterns (tennan sei 天南星) sei.
Werk von Tachibana Morikuni. Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō, bildbearbeitet.

In China war spätesten nach Ausweitung des Überseehandels in der Song [Song (chin.) chin. Herrschaftsdynastie, 960–1279]-Zeit bekannt, dass der südliche Sternenhimmel um einen anderen Punkt kreist: den Südlichen Polarstern. Dieser wurde bisweilen mit der berühmtesten Figur des Daoismus, dem legendären Philosophen Laozi [Laozi (chin.) 老子 trad. Schreibung: Laotse; Lao Tse, Lao-tzu; wtl. „alter Knabe“; legendärer Philosoph und Begründer des Daoismus] als Gott des Langen Lebens, identifiziert. In Japan wurde diese Gestalt wiederum in den Glücksgott Fukurokuju [Fukurokuju (jap.) 福禄寿 Glücksgott, Gott des Langen Lebens] verwandelt, dem man zusätzlich zu seinen großen Ohrläppchen auch einen phallisch elongierten Schädel verpasste. Gelehrte Schriften wussten zu berichten, dass es sich um die Manifestation des Südlichen Polarsterns handle, Erklärungen, wie es zu dieser Wesensgleichheit kam, findet man hingegen kaum.

Einteilung der Zeit

Tierkreiszeichen

Ähnlich wie in Europa und dem Vorderen Orient stößt man auch in Ostasien auf zwölf Tierkreiszeichen (jūni shi [jūni shi (jap.) 十二支 Zwölf Erdzweige (chin. Tierkreiszeichen)]), die zur Einteilung des Raums, der Zeit und schließlich auch zur horoskopischen Vorhersage von menschlichen Schicksalen verwendet werden. Es handelt sich dabei in Ostasien um folgende Tiere:

Ratte (Maus), Ochse (Büffel, Rind), Tiger, Hase, Drache, Schlange,
Pferd, Ziege (Schaf), Affe, Hahn, Hund, Eber (Schwein)

Junishi meiji.jpg
3 Die Zwölf Tiere des chinesischen Kalenders (1857)
Die Tierkreiszeichen des chinesischen Kalenderwesens.
Meiji-Zeit, 1875. Waseda University Library.

Die Tierkreiszeichen dienten ehemals vor allem zur Benennung der Tageszeit. Sie stehen mit dem Sonnenstand (und insoferne nicht mit dem Nachthimmel) in Verbindung. Die heute noch gebräuchlichen japanischen Ausdrücke gozen [gozen (jap.) 午前 Vormittag; wtl. „vor der Stunde des Pferdes“] (Vormittag) und gogo [gogo (jap.) 午後 Nachmittag; wtl. „nach der Stunde des Pferdes“] (Nachmittag) bedeuten wörtlich „vor dem Pferd“ und „nach dem Pferd“, da das Pferd die Mittagsstunde markiert. Zugleich steht das Pferd auch für den Süden, also die Richtung aus der die Sonne mittags scheint. Außerdem verwendete man die Tierkreiszeichen um Jahre, Monate und Tage in Serien von jeweils zwölf Einheiten zu arrangieren. Im Fall der Jahreszählung kombinierte man sie mit dem Zyklus der Fünf Elemente oder Wandlungsphasen (gogyō [gogyō (jap.) 五行 Fünf Wandlungsphasen; Prinzip der chin. Naturphilosophie]) und erhielt so den Sechziger-Zyklus (s. dazu „Der traditionelle Kalender“).

Ursprungslegenden

Interessanterweise stellen die Zwölf Tierkeiszeichen [jūni shi (jap.) 十二支 Zwölf Erdzweige (chin. Tierkreiszeichen)] keine Sagengestalten oder Fabelwesen dar wie in Europa, sondern ziemlich „normale“ Tiere, die im Alltag einer agrarischen Gesellschaft als Haus- oder Nutztiere praktische Funktionen erfüllen. Auch Affen, Hasen oder Wildschweine waren alltägliche Erscheinungen und Tiger stellten in vielen Teilen Ostasiens eine reale Gefahr dar. Lediglich Drachen scheinen aus dem Rahmen zu fallen, doch muss man sich vergegenwärtigen, dass auch sie als real existierende Wesen aufgefasst wurden. (Sie beherrschten vor allem den Regen und sind insofern auch für die Landwirtschaft relevant.)

Zur Entstehung der Tierkreiszeichen beziehungsweise zur Begründung, wie es zu ihrer Reihenfolge kam, gibt es verschiedene Legenden, die die Einteilung als Ergebnis eines Wettkampfes deuten, der entweder vom legendären „Gelben Kaiser“ (dem Begründer des chinesischen Kalenders) oder von Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] veranstaltet wurde. Es ging dabei darum, einen großen Fluss zu durchqueren, was dem (Wasser-) Büffel am besten gelang. Dank seiner Gutmütigkeit hatte er aber die Ratte mitgenommen, die im letzten Augenblick vor ihm ans Ufer sprang und so den Wettlauf gewann. Die Ratte soll außerdem die Katze, die auch auf dem Rücken des Ochsen saß, ins Wasser gestoßen haben, weshalb die Katze nicht in den Tierkreiszyklus aufgenommen wurde und der Ratte ewige Feindschaft schwor. Möglich ist allerdings auch, dass die Katze zum Zeitpunkt, als sich der Tierkreiszyklus etablierte, in China noch gar nicht domestiziert war. Die Vietnamesen schufen diesem Umstand Abhilfe, indem sie in ihrem Tierkreiszyklus den Hasen durch die Katze ersetzten.

Planeten und Wochentage

Planeten sind jene Himmelskörper, die aus der scheinbar fest gefügten Architektur der Sterne ausbrechen, und eigene Bahnen ziehen. In der europäischen Antike kannte man „Sieben Planeten“, nämlich Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn. Sie wurden u.a. zur Einteilung der Wochentage herangezogen. Fast alle europäischen Sprachen benennen und reihen ihre Wochentage nach diesem Schema (auch wenn im Deutschen Mars zu Odin, Jupiter zum Donner und Venus zu Freia wurden).

In Japan wird die Sieben-Tage-Woche erst seit der Einführung des westlichen Kalenders (1873) allgemein anerkannt. Wie im Westen gibt es einen „Sonnen-“ und einen „Mond-Tag“, die restlichen Wochentagsnamen lauten allerdings: „Feuer-, Wasser-, Holz-, Metall- und Erd-Tag“. In Japan dienen somit keine in den Himmel projizierten Götter, sondern Yin und Yang [Yin Yang (chin.) 陰陽 Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie] (Mond und Sonne) sowie die Fünf Wandlungsphasen (gogyō [gogyō (jap.) 五行 Fünf Wandlungsphasen; Prinzip der chin. Naturphilosophie] = Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser) zur Markierung der Zeit.

Tatsächlich besteht aber eine erstaunliche Übereinstimmung in diesen Benennungen. Die Fünf Phasen wurden nämlich traditionellerweise auch zur Bezeichnung der fünf am Nachthimmel sichtbaren Planeten herangezogen: der Mars wurde wegen seiner rötlichen Färbung dem Feuer zugeordnet, und heißt in Ostasien daher „Feuerstern“, der Merkur ist der „Wasserstern“, der Jupiter der „Holzstern“, die Venus der „Metallstern“ und der Saturn der „Erdstern“. Das japanische Wochentag-System orientiert sich also ebenfalls an den „Sieben Planeten“ und zählt sie in der gleichen Reihenfolge auf wie die Europäer seit der Antike.

In Japan soll die Kenntnis der chinesischen Sieben-Tage-Woche auf den Mönch Kūkai [Kūkai (jap.) 空海 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi] zurückgehen, der entsprechende Schriften Anfang des neunten Jahrhunderts von seiner Chinareise mitbrachte. Diese Schriften entstammen wiederum dem esoterischen Buddhismus, in dem die indische Astrologie zu dieser Zeit eine bemerkenswerte Rolle spielte (s.u.). Gleichzeitig bemühte man sich, die indischen Konzepte in chinesische zu übersetzen und bediente sich dazu Yin und Yang. Auch China verwendet heute die Sieben-Tage-Woche, doch hat sich die Konvention, die Wochentage nach Yin Yang und den Fünf Phasen abzuzählen, nicht durchgesetzt. Hier, wo der esoterische Buddhismus letztlich weniger erfolgreich war als in Japan, zählt man die Wochentage heute einfach numerisch ab.

Astrologie

Das chinesische Horoskop, das auch in allen von China beeinflussten Nachbarländern bekannt ist, orientiert sich an den oben genannten Tierkreiszeichen bzw. am Sechzigerzyklus. Es fragt in erster Linie nicht nach dem Geburtsmonat, sondern nach dem Geburtsjahr und ordnet allen, die im gleichen Jahr geboren sind, gewisse gemeinsame Eigenschaften zu. So gilt es als vorteilhaft gilt, im Jahr des Drachen geboren zu werden, doch haben letztlich alle Tierkreiszeichen sowohl positive als auch negative, bzw. neutrale Eigenschaften. Viele dieser Eigenschaften sind auch für Laien durchaus nachzuvollziehen. Die Ratte gilt beispielsweise als intelligent, aber aufgrund ihres Sammeltriebes auch als geizig, der Ochse als gutmütig, aber stur, usw... Darüber hinaus gibt es wie in der europäischen Astrologie auch Theorien, zwischen welchen Tierzeichen grundsätzlich eher Harmonie bzw. Disharmonie besteht.

Geburtenrate und Astrologie

Horoskope, die aufgrund des Sechzigerzyklus getroffen werden, beeinflussen teilweise heute noch die Heirats- und Familienplanung. In Japan gilt es beispielsweise als unvorteilhaft, eine Frau zu heiraten, die in einem Feuer+Pferd-Jahr (hinoe-uma [hinoe-uma (jap.) 丙午 „Feuer-Pferd“; 43. Jahr des Sechzigerzyklus (kanshi) im chinesischen Kalender]) geboren wurde, da Pferd und Feuer besonders starke Yang-Eigenschaften repräsentieren (Pferd = Süden = Feuer = Yang) und daher „männlich“ konnotiert sind. 1966, im letzten Feuerpferd-Jahr kam es aus diesem Grunde zu einem deutlichen Einbruch in der Geburtenrate, da man vermeiden wollte, eine Tochter in die Welt zu setzen, die dann unter dem negativen Feuerpferd-Zeichen zu leiden hätte.

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Geburtenrate
Die japanische Geburtenrate zeigt einen deutlichen Einbruch im Jahr 1966, einem Feuer/Pferd Jahr.
Online-Handbuch Demographie.
Japanische Geburtenrate, Einbruch im Jahr 1966.
Quelle: Online-Handbuch Demographie [2010/9]

Tatsächlich sind Frauen dieses Jahrgangs Diskriminierungen verschiedenster Art ausgesetzt. Es gibt sogar Selbsthilfegruppen von 1966er Frauen, die sich dagegen zur Wehr setzen. Für Frauen des vorletzten Feuerpferd-Jahrgangs 1906 sollen die Folgen im übrigen noch weitaus schlimmer gewesen sein. Trotz fortschreitender Modernisierung sind diese auf dem traditionellen Kalender begründeten Vorstellungen also nach wie vor wirksam.

Westliche Sternzeichen

Schließlich findet man auch Spuren der hierzulande bekannten Sternzeichen, wenn auch nur in weitgehend unbeachteten Archiven buddhistischer Tempel. Wie auf der Spezialseite Westliche Astrologie im vormodernen Japan genauer ausgeführt, wurde die auf diesen Sternzeichen fußende Astrologie aus dem Westen des eurasiatischen Kontinents offenbar — ähnlich wie die oben erwähnten Wochentage — durch den esoterischen Buddhismus (mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten]) in Japan bekannt gemacht.

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Gegenwärtig ist dieser Punkt auf der nördlichen Halbkugel mehr oder weniger identisch mit dem hellsten Stern im Sternbild des Kleinen Wagens (dem äußersten Stern an der Deichsel), der daher auch als Polarstern bezeichnet wird. In Folge der sogenannten Präzession (einer sehr langsamen, kreiselartigen Verschiebung der Erdachse) lag der Himmelsnordpol allerdings vor etwa 2000 Jahren in der Nähe des Kochab, einem Stern am anderen Ende des Kleinen Wagens.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Startrails.jpg
    Aufnahme des nördlichen Sternenhimmels mit Zeitraffertechnik, welche die Rotation der Sterne um den astronomischen Nordpol sichtbar werden lässt.
    Werk von Gunther Wegner. gwegner.de, 2012.
  2. ^ 
    Fukurokuju kinmozui.jpg
    Der Glücksgott Fukurokuju mit einem Kranich als Tierbegleiter in der Edo-zeitlichen Bild-Enzyklopädie Kinmo zui. In der Anmerkung wird erwähnt, dass er eine Manifestation des Südlichen Polarsterns (tennan sei 天南星) sei.
    Werk von Tachibana Morikuni. Edo-Zeit. National Diet Library, Tōkyō, bildbearbeitet.
  1. ^ 
    Junishi meiji.jpg
    Die Tierkreiszeichen des chinesischen Kalenderwesens.
    Meiji-Zeit, 1875. Waseda University Library.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amaterasu 天照 ^ Sonnengottheit; Ahnherrin des Tennō-Geschlechts; Hauptgottheit von Ise
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • Changan (chin.) 長安 ^ chin. Hauptstadt, u.a. in der Tang-Dynastie; wtl. „Langer Friede“; heute Xian
  • Fukurokuju 福禄寿 ^ Glücksgott, Gott des Langen Lebens
  • gogo 午後 ^ Nachmittag; wtl. „nach der Stunde des Pferdes“
  • gogyō 五行 ^ Fünf Wandlungsphasen; Prinzip der chin. Naturphilosophie
  • gozen 午前 ^ Vormittag; wtl. „vor der Stunde des Pferdes“
  • hinoe-uma 丙午 ^ „Feuer-Pferd“; 43. Jahr des Sechzigerzyklus (kanshi) im chinesischen Kalender
  • hokuto 北斗 ^ Sternbild des Großen Wagens (chin. Nördlicher Schöpflöffel)
  • jūni shi 十二支 ^ Zwölf Erdzweige (chin. Tierkreiszeichen)
  • Kūkai 空海 ^ 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi
  • Kyōto 京都 ^ von 894 bis 1869 Sitz des Tennō und damit offizielle Hauptstadt Japans. Im Lauf der Zeit unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt, u.a. Heian-kyō
  • Laozi (chin.) 老子 ^ trad. Schreibung: Laotse; Lao Tse, Lao-tzu; wtl. „alter Knabe“; legendärer Philosoph und Begründer des Daoismus
  • mikkyō 密教 ^ esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten
  • Nara 奈良 ^ Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō
  • Song (chin.) 宋 ^ chin. Herrschaftsdynastie, 960–1279
  • taiji (chin.) 太極 ^ Urmaterie, wtl. das Große Äußerste
  • Tang (chin.) 唐 ^ chin. Herrschaftsdynastie, 618–907
  • tenmon 天文 ^ Himmelskunde, proto-wissenschaftliche Astronomie
  • Tennō 天皇 ^ jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
  • tianzi (chin.) 天子 ^ Titel des chinesischen Kaisers
  • Yin Yang (chin.) 陰陽 ^ Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie