Nacktfeste (hadaka matsuri)

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Nacktfeste (hadaka matsuri)

Vorlage:Flacktfeste finden ty·pi·scher·weise im Winter statt und haben den Cha·rak·ter von Mut·pro·ben, bei denen gestandene Männer Härte de·mons·trie·ren. Die tra·di·tio·nel·le japanische Un·ge·zwun·gen·heit gegenüber dem nackten Körper kommt bei diesen Anlässen un·ge·bro·chen zum Aus·druck. Frauen sind allerdings meist nur als Zu·se·he·rin·nen zu·ge·las·sen.

Ikenoue Misogi Matsuri

Ikenoue2.jpg
Hadaka matsuri in Ikenoue (2007/12/8)
Die Teilnehmer des hadaka matsuri, nur mit fundoshi bekleidet, auf dem Weg zum Fluss.
2007. Wada Yoshio, 2007 (mit freundlicher Genehmigung).
Ikenoue1.jpg
Winterliches Bad im Fluss
Die ausschließlich männlichen Teilnehmer des hadaka matsuri, natürlich mit dem traditionellen fundoshi bekleidet, beim Bad (misogi) im Fluss, das jährlich am zweiten Samstag im Dezember veranstaltet wird.
2007. Wada Yoshio, 2007 (mit freundlicher Genehmigung).

Gegen Ende des Jahres ver·an·stal·tet der Katsuragake Jinja [Katsuragake Jinja (jap.) 葛懸神社 Schrein in Ikenoue, Gifu-ken] Schrein in Ikenoue, Präf. Gifu, sein tra·di·tio·nel·les Nacktfest, das der rituellen Reinigung dient. Die ausnahmslos männlichen Teilnehmer sind wie bei den meisten Nackt·fes·ten mit einem tra·di·tio·nel·len Len·den·schurz (fundoshi [fundoshi (jap.) traditionelle, japanische Unterwäsche für Männer]) bekleidet und stürzen sich bei win·ter·lichen Temperaturen ins Wasser. Das rituelle Bad im Fluss als Akt der Rei·ni·gung (misogi [misogi (jap.) Purifikation, Reinigungsritus, rituelle Waschung]) ist bereits aus den Mythen bekannt. Nach seiner Flucht aus der Un·ter·welt, entledigt sich der Götter·vater Izanagi [Izanagi (jap.) 伊耶那岐/伊奘諾 Göttervater; auch Izanaki (ki hier männliche Endung); Bruder und Mann von Izanami] aller Ver·un·rein·igungen, die ihm im Reich der Toten begegnet sind, indem er sich in einem Fluss badet. Das Fest in Ikenoue soll seinen Ursprung in einer Hungerperiode des Jahres 1394 haben.

Die Schlacht der Nackten im Saidai-ji von Okayama

Eines der spek·ta·ku·lärs·ten und größten Nacktfeste findet alljährlich im Februar (zum Jahresbeginn nach dem Alten Kalender) im Saidai-ji [Saidai-ji (jap.) 西大寺 Buddhistischer Tempel in Nara, err. 765, Haupttempel der Shingon Risshū Schule] in Okayama statt. Nach einem reinigenden Bad im kalten Flusswasser begeben sich mehrere tau·send männliche Teil·nehmer, nur mit fundoshi bekleidet, in die Haupt·halle des Tempels. Hier werden um Mitter·nacht einige Glücks·bringer (in diesem Fall simple Bündel aus Holzstäben) in die Menge geworfen, wobei zusätzlich alle Lichter gelöscht werden. Es ent·steht ein wilder Kampf, bei dem nicht selten Ver·letzte und sogar Tote zu beklagen sind. Wer schließlich einen Glück·bringer erfolg·reich in seinen Besitz gebracht hat, soll angeblich das ganze Jahr über Glück haben.

Hadaka saidaiji1.jpg
Hadaka matsuri
Nach einem Bad in Eiswasser des hadaka matsuri drängen knapp 10.000 mit Lendenschurz (fundoshi) bekleidete Männer in den Tempel des Saidai-ji, wo um Mitternacht alle Lichter gelöscht werden und ein Kampf um das eine Glückslos, das in die Menge geworfen wird, beginnt.
2012. Farmofmind, Blog, 2012.
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An die 10.000 Männer wetteifern um ein Symbol des Glücks
Nur mit Lendenschurz (fundoshi) bekleidete Männer harren des Kampfes um das Glückslos beim hadaka matsuri im Saidai-ji.
2015. Laughterkey, Blog, 2015.

Um die Stimmung unter den nackten Männer weiter anzuheizen, wird der Event von einem Trom·mel·orchester begleitet, das aus·schließ·lich aus (an·ge·klei·deten) Frauen besteht. Auch zahlreiche Schau·lustige sind zugelassen.

Hadaka okayama edo.jpg
Edo-zeitliche Darstellung des Nacktfestes von Okayama, 17. Jh.
Auszug aus der Bildrolle Saidai-ji engi, welche das hadaka matsuri des Saidai-ji zeigt.
Edo-Zeit, 17. Jh. Bildquelle: Wada Yoshio.

Die Ursprünge des Festes reichen bis in die Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō]-Zeit zurück, doch der Brauch Glückssymbole in die Menge zu werfen, soll aus der sengoku [[[glossar:sengoku|]] () ]-Zeit stammen. Wie auf der Abbildung aus der frühen Edo-Zeit zu erkennen, mussten sich schon damals alle Teilnehmer zunächst im nahe gelegenen Fluss baden. In diesem Fall dient das Bad im Fluss also lediglich als Vorbereitung des eigentlichen Hauptevents, des Wettkampfes um einen glückbringenden Gegenstand.

Winter-matsuri von Enoshima

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Szenen der Schreinprozession durchs Meer
Wada Yoshio stellt auf seiner Homepage Bilder und eine ausführliche Dokumentation des hadaka matsuri mit dem mikoshi vom 28.1.2006 zur Verfügung.
Wada Yoshio, 2006 (mit freundlicher Genehmigung).
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Präfektur Kanagawa, Fujisawa-shi, Enoshima (2006/1/28)
Bei diesem Fest werden drei mikoshi aus Städten rund um die Schreininsel Enoshima durch das seichte Wasser zur Insel getragen. In vielen Fällen ist es Frauen untersagt, einen tragbaren Schrein zu berühren, in diesem Fall scheinen sie jedoch die Göttin der Schreininsel, Benzaiten, zu repräsentieren.
Wada Yoshio, 2006 (mit freundlicher Genehmigung).

Bei diesem Festival werden mehrere tragbare Schreine (mikoshi [mikoshi (jap.) 神輿 tragbarer Schrein]) aus den nahe·ge·le·genen Städten Fujisawa und Kamakura durch das seichte Meer·wasser zur Schrein·insel Enoshima [Enoshima (jap.) 江ノ島 Schreininsel; rel. Zentrum nahe Kamakura] getragen. Pi·kan·ter·weise trans·por·tie·ren die nackten Männer auch einige Mädchen zur Insel der lau·ni·schen Göttin Benzaiten [Benzaiten (jap.) 弁才天/弁財天 Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten].

Die erotische Spannung zwischen den bekleideten Frauen (Herrinnen) und den nackten dienenden Männern, die in diesem Nackt·fest besonders deutlich zum Aus·druck kommt, wird auch in einem shunga [shunga (jap.) 春画 wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen] der Edo-Zeit the·ma·ti·siert, auf dem männliche Träger beim Tran·sport von Reisenden durch einen Fluss dargestellt sind. Dieser heute aus·ge·storbene Beruf hat wohl auch die Idee zu diesem matsuri [matsuri (jap.) religiöses (Volks-)Fest] geliefert.

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Shunga von Kuniyoshi, ca. 1835
Kanaya, die 25. Station des Tōkaidō, befand sich am Fluss Ōi in der heutigen Präfektur Shizuoka. Da es keine Brücke gab, waren die Reisenden auf Flöße oder Träger angewiesen. Diese Träger sind daher auch ein fixes Motiv auf Abbildungen dieser Tōkaidō-Station, so auch auf diesem satirischen shunga: Während der vordere Träger offensichtlich Gefallen an seiner Tätigkeit findet, hält sich der hintere die Nase zu.
Werk von Utagawa Kuniyoshi (1798–1861). Edo-Zeit, ca. 1835. Edo Prints Gallery.
Während der vordere Träger offensichtlich Gefallen an seiner Tätig·keit findet, hält sich der hintere die Nase zu.

Eisbad des Teppōzu Inari Schreins

Nur für die härtesten: Neujahrsfeier im Eiswasser. Der Teppōzu Inari Jinja [Teppōzu Inari Jinja (jap.) 鉄砲洲稲荷神社 Inari Schrein in Tōkyō] in Tōkyō führt seine Tradition auf die Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit zurück, das Eis·wasser·fest entstand aller·dings erst nach dem zweiten Weltkrieg. 2005 badeten 38 Personen im eisigen Wasser, darunter auch zwei Frauen.

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Eisbad
Auf der Homepage von Wada Yoshio findet sich eine ausführliche Dokumentation des Festes des Teppōzu Inari Jinja vom 9.1.2005.
Wada Yoshio, 2005 (mit freundlicher Genehmigung).
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Tōkyō, Chūō-ku, Teppōzu Inari Jinja. 9. 1. 2005
Aufnahme des Eiswasserfestes des Teppōzu Inari Jinja.
Wada Yoshio, 2005 (mit freundlicher Genehmigung).
Religion in JapanAlltag
Diese Seite:

„Nacktfeste.“ In: Bernhard Scheid, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch. Universität Wien, seit 2001