Essays/Yasukuni: Unterschied zwischen den Versionen
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|Schauraum des War Memorial Museums im Yasukuni Schrein. <br /> Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten. <br /> Im Vordergrund rechts der „japanische Hitler“ Tōjō Hideki. | |Schauraum des War Memorial Museums im Yasukuni Schrein. <br /> Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten. <br /> Im Vordergrund rechts der „japanische Hitler“ Tōjō Hideki. | ||
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+ | == Jahrestag der Kapitulation == | ||
Der wichtigste Feiertag des Schreins ist seit dem Ende des zweiten Weltkriegs der 15. August, der Jahres·tag der japanischen Kapitulations·erklärung, also das offizielle Kriegsende. Offiziell wird der Feiertag als Friedensfeier bezeichnet. Der Schrein unterhält sogar einen Taubenschlag für weiße Tauben, die bei dieser Gelegenheit demonstrativ freigesetzt werden. Doch ebenso wie der Name des Schreins hat auch dieses Fest eine ambivalente Beziehung zum Frieden, wenn man etwa die zahl·rei·chen Kriegs·vetera·nen und rechts·radikalen Grup·pie·rungen in Betracht zieht, die bei dieser Gele·gen·heit (von der Polizei vor Gegen·demons·tra·tion geschützt) an die angeblich glor·reichen Zeiten des Krieges und/oder ihre persön·lichen Opfer für das Vater·land erin·nern. Regel·mäßig wird bei dieser Gele·gen·heit auch für eine Verfas·sungs·änderung demons·triert, um Japan vom dort festge·schrie·benen Verzicht auf Krieg (Artikel 9) zu befreien. Ebenso wie der Schrein selbst dienen also auch die Feiern zum Jahres·tag des Kriegs·endes weniger einer pazifis·tischen Hoffnung auf Frieden, sondern revan·chis·tischen Wunsch·phantasien, die auf eine Ver·herr·lichung des Milita·rismus hinauslaufen. | Der wichtigste Feiertag des Schreins ist seit dem Ende des zweiten Weltkriegs der 15. August, der Jahres·tag der japanischen Kapitulations·erklärung, also das offizielle Kriegsende. Offiziell wird der Feiertag als Friedensfeier bezeichnet. Der Schrein unterhält sogar einen Taubenschlag für weiße Tauben, die bei dieser Gelegenheit demonstrativ freigesetzt werden. Doch ebenso wie der Name des Schreins hat auch dieses Fest eine ambivalente Beziehung zum Frieden, wenn man etwa die zahl·rei·chen Kriegs·vetera·nen und rechts·radikalen Grup·pie·rungen in Betracht zieht, die bei dieser Gele·gen·heit (von der Polizei vor Gegen·demons·tra·tion geschützt) an die angeblich glor·reichen Zeiten des Krieges und/oder ihre persön·lichen Opfer für das Vater·land erin·nern. Regel·mäßig wird bei dieser Gele·gen·heit auch für eine Verfas·sungs·änderung demons·triert, um Japan vom dort festge·schrie·benen Verzicht auf Krieg (Artikel 9) zu befreien. Ebenso wie der Schrein selbst dienen also auch die Feiern zum Jahres·tag des Kriegs·endes weniger einer pazifis·tischen Hoffnung auf Frieden, sondern revan·chis·tischen Wunsch·phantasien, die auf eine Ver·herr·lichung des Milita·rismus hinauslaufen. | ||
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− | Andererseits ist es der regierenden Liberal-Demokratischen Partei trotz mehr·maliger ent·sprechender Ver·suche nicht gelungen, einen Gesetzes·antrag im Parlament durch·zu·setzen, der den Yasukuni Schrein als nicht-religiöse Institution ein·stuft und daher neuer·lich einer staatlichen Unter·stützung zu·gäng·lich macht. Hin·gegen wurde die Frage, ob der Besuch eines Premier·ministers im Yasukuni Schrein ver·fassungs·konform sei oder nicht, bereits mehrmals vom Obersten Gerichtshof ab·schlägig be·ant·wortet: Der Besuch eines Premiers, in der Form wie er etwa durch | + | In den 70er Jahren begannen auch einzelne Premierminister mit der Praxis, dem Schrein am 15. August einen informellen Besuch ab·zu·statten. Zwar hat bisher jeder Premier·minister betont, dass dies ein rein privater Besuch sei, aber solche Be·suche rufen doch jedes Mal eben·so·viel Empörung wie Zu·stimmung hervor, polarisieren also die japanische Wähler·schaft. Regel·mäßig wird diskutiert, in wie weit ein solcher Schrein·besuch nicht doch gegen Artikel 20 der Ver·fassung ver·stößt, in dem die Trennung von Religion und Staat fest·ge·schrieben ist, bzw. in wie weit in einem solchen Akt die Kriegs·ver·gangen·heit Japans nicht doch im Nach·hin·ein gerecht·fertigt werden soll. Vor allem China und Korea reagieren sehr empfind·lich auf Besuche von offiziellen Amts·trägern beim Yasukuni Schrein. Den größten Unmut hat diesbezüglich {{Glossar:Koizumijunichirou}} erregt, der während seiner sechsjährigen Amtszeit jeden 15. August zum Yasukuni Schrein pilgerte. |
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+ | Aus außenpolitischen Erwägungen tendieren zwar die meisten Premier·minister dazu, den Yasukuni Schrein un·be·sucht zu lassen, aber die, die ihn doch be·suchten, ver·sprachen sich davon ganz offen·sicht·lich einen populistischen Prestige·gewinn, vor allem im rechten politischen Lager. Umfragen haben er·geben, dass nur etwa 20% der Japaner für einen Besuch ihres Premiers beim Yasukuni Schrein sind, die über·wiegende Mehrheit ist eher da·gegen. Aber offen·sicht·lich stört der Yasukuni Schrein die Mehr·heit der Wähler·schaft nicht so sehr, dass sich ein Besuch des Premiers negativ bei Wahlen auswirken würde. | ||
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+ | Andererseits ist es der regierenden Liberal-Demokratischen Partei trotz mehr·maliger ent·sprechender Ver·suche nicht gelungen, einen Gesetzes·antrag im Parlament durch·zu·setzen, der den Yasukuni Schrein als nicht-religiöse Institution ein·stuft und daher neuer·lich einer staatlichen Unter·stützung zu·gäng·lich macht. Hin·gegen wurde die Frage, ob der Besuch eines Premier·ministers im Yasukuni Schrein ver·fassungs·konform sei oder nicht, bereits mehrmals vom Obersten Gerichtshof ab·schlägig be·ant·wortet: Der Besuch eines Premiers, in der Form wie er etwa durch Koizumi unter·nommen wurde, stellt daher nach japanischem Recht eine Über·tretung der ver·fassungs·mäßig fest·gelegten Trennung von Religion und Politik dar. | ||
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Version vom 19. Juli 2013, 11:59 Uhr
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20. Jh. Bernhard Scheid, flickr, 2012.
Der
Yasukuni Schrein, Tōkyō; Schrein zum Gedenken an Kriegsgefallene
Der Begriff „Yasukuni Jinja“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
Geographische Lage
in unmittelbaren Nähe des Kaiser·palastes in Tokyo ist trotz seines pazifis·tischen Namens — „Schrein des fried·lichen Landes“ oder freier: „Schrein zur Er·haltung des Friedens im Land“ — das be·kannteste Krieger·denkmal Japans. Vielen gilt er außerdem als Inbegriff des japanischen Ultra·nationalismus/ Faschismus. Der Schrein wurde 1869 ge·gründet, also un·mittel·bar nach der
posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
Der Begriff „Meiji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
-Restauration, am heutigen Ort und in seiner heutigen Gestalt existiert er aber erst seit 1879. Er be·her·bergte von Anfang an keine all·gemein be·kannte Gottheit, sondern sollte die „Helden·seelen“ (
„Heldenseele“; bezeichnet v.a. die im Yasukuni Schrein verehrten Kriegshelden
Der Begriff „eirei“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) der·jeni·gen ehren, die für die Res·taura·tion der
jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Bilder
-Herr·schaft im Jahr 1868 ihr Leben ge·lassen hatten. Später wurden dann die Seelen der für den Tenno ge·fallenen Soldaten, an·ge·fangen vom ersten chine·sisch-japani·schen Krieg bis zum Zweiten Welt·krieg, zu
Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
Der Begriff „kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
des Yasukuni Schreins er·hoben. Ihre Gesamt·zahl beläuft sich derzeit auf ca. 2,3 Millionen.
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Essays/Yasukuni. Seit seiner Gründung entwickelte sich der Schrein mehr und mehr zu einem Kult·platz moderner Kriegs·helden- und Tenno-Ver·ehrung. Seine be·sondere Nähe zum Tenno wird nicht nur durch das kaise·rliche Chrysan·themen-Wappen symbo·lisiert, das auch heute noch auf den Tüchern über dem Ein·gang zum Schrein und an vielen anderen Stellen zu sehen ist; der Tenno selbst be·suchte den Schrein bis zum Ende des Zweiten Welt·kriegs regel·mäßig und auch danach noch ge·legent·lich. Dies war der einzige religiöse Akt, bei dem der Tenno An·ge·hörige der all·ge·meinen Bevölkerung ehrte. Die Postkarte aus der Zwischen·kriegs·zeit (Abb. rechts) verdeut·licht, dass man sich sehr bemühte, den Schrein zu einem populären Treff·punkt für jeder·mann zu machen, den nicht nur Soldaten oder ihre Angehörigen besuchen sollten.
Der Schrein unterstand bis 1945 dem Militär. Nach 1945 wurde er einer unabhängige Religions·ge·mein·schaft über·ant·wortet, die sich um ihn bildete, ähnlich einer ge·wöhn·lichen shintoistischen Institution. Allerdings be·her·bergt das Schrein·ge·lände nach wie vor ein heeres·ge·schicht·liches Museum, vor·nehmlich mit Exponaten aus dem Zweiten Welt·krieg, in dem die japanische Eroberung·politik unkritisch ver·herr·licht wird. Wirtschaft·lich werden die Schrein·aktivitäten von „unabhängigen Sponsoren“ unter·stützt, meist privaten Vereinen, denen namhafte Vertreter des öffent·lichen Lebens und der Politik an·gehören, bzw. vorstehen.
Zu einem wirklich heißen politischen Thema wurde der Schrein jedoch erst im Jahr 1978, als die so·ge·nannten „Showa Märtyrer“ in den Kreis der verehrten Gott·heiten des Schreins auf·ge·nommen wurden. Viele dieser „Märtyrer“ waren als Kriegsverbrecher der obersten Klasse hin·ge·richtet worden, unter ihnen auch
1884–1948; General und Premierminister während des 2. WKs; verurteilter Kriegsverbrecher; kami des Yasukuni Schreins
Der Begriff „Tōjō Hideki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
(1884–1948), der als Ober·befehls·haber und Premierminister während des Zweiten Welt·kriegs die Spitze so·wohl der politischen als auch der militärischen Macht Japans darstellte.
Bilder von im Schrein vergöttlichten Soldaten.
Im Vordergrund rechts der „japanische Hitler“ Tōjō Hideki.
Yamamoto Munesuke, 2005.
Jahrestag der Kapitulation
Der wichtigste Feiertag des Schreins ist seit dem Ende des zweiten Weltkriegs der 15. August, der Jahres·tag der japanischen Kapitulations·erklärung, also das offizielle Kriegsende. Offiziell wird der Feiertag als Friedensfeier bezeichnet. Der Schrein unterhält sogar einen Taubenschlag für weiße Tauben, die bei dieser Gelegenheit demonstrativ freigesetzt werden. Doch ebenso wie der Name des Schreins hat auch dieses Fest eine ambivalente Beziehung zum Frieden, wenn man etwa die zahl·rei·chen Kriegs·vetera·nen und rechts·radikalen Grup·pie·rungen in Betracht zieht, die bei dieser Gele·gen·heit (von der Polizei vor Gegen·demons·tra·tion geschützt) an die angeblich glor·reichen Zeiten des Krieges und/oder ihre persön·lichen Opfer für das Vater·land erin·nern. Regel·mäßig wird bei dieser Gele·gen·heit auch für eine Verfas·sungs·änderung demons·triert, um Japan vom dort festge·schrie·benen Verzicht auf Krieg (Artikel 9) zu befreien. Ebenso wie der Schrein selbst dienen also auch die Feiern zum Jahres·tag des Kriegs·endes weniger einer pazifis·tischen Hoffnung auf Frieden, sondern revan·chis·tischen Wunsch·phantasien, die auf eine Ver·herr·lichung des Milita·rismus hinauslaufen.
In den 70er Jahren begannen auch einzelne Premierminister mit der Praxis, dem Schrein am 15. August einen informellen Besuch ab·zu·statten. Zwar hat bisher jeder Premier·minister betont, dass dies ein rein privater Besuch sei, aber solche Be·suche rufen doch jedes Mal eben·so·viel Empörung wie Zu·stimmung hervor, polarisieren also die japanische Wähler·schaft. Regel·mäßig wird diskutiert, in wie weit ein solcher Schrein·besuch nicht doch gegen Artikel 20 der Ver·fassung ver·stößt, in dem die Trennung von Religion und Staat fest·ge·schrieben ist, bzw. in wie weit in einem solchen Akt die Kriegs·ver·gangen·heit Japans nicht doch im Nach·hin·ein gerecht·fertigt werden soll. Vor allem China und Korea reagieren sehr empfind·lich auf Besuche von offiziellen Amts·trägern beim Yasukuni Schrein. Den größten Unmut hat diesbezüglich
1942–; japanischer Premierminister; (r. 2001–2006)
Der Begriff „Koizumi Jun'ichirō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
erregt, der während seiner sechsjährigen Amtszeit jeden 15. August zum Yasukuni Schrein pilgerte.
Aus außenpolitischen Erwägungen tendieren zwar die meisten Premier·minister dazu, den Yasukuni Schrein un·be·sucht zu lassen, aber die, die ihn doch be·suchten, ver·sprachen sich davon ganz offen·sicht·lich einen populistischen Prestige·gewinn, vor allem im rechten politischen Lager. Umfragen haben er·geben, dass nur etwa 20% der Japaner für einen Besuch ihres Premiers beim Yasukuni Schrein sind, die über·wiegende Mehrheit ist eher da·gegen. Aber offen·sicht·lich stört der Yasukuni Schrein die Mehr·heit der Wähler·schaft nicht so sehr, dass sich ein Besuch des Premiers negativ bei Wahlen auswirken würde.
Andererseits ist es der regierenden Liberal-Demokratischen Partei trotz mehr·maliger ent·sprechender Ver·suche nicht gelungen, einen Gesetzes·antrag im Parlament durch·zu·setzen, der den Yasukuni Schrein als nicht-religiöse Institution ein·stuft und daher neuer·lich einer staatlichen Unter·stützung zu·gäng·lich macht. Hin·gegen wurde die Frage, ob der Besuch eines Premier·ministers im Yasukuni Schrein ver·fassungs·konform sei oder nicht, bereits mehrmals vom Obersten Gerichtshof ab·schlägig be·ant·wortet: Der Besuch eines Premiers, in der Form wie er etwa durch Koizumi unter·nommen wurde, stellt daher nach japanischem Recht eine Über·tretung der ver·fassungs·mäßig fest·gelegten Trennung von Religion und Politik dar.
Bernhard Scheid, flickr, 2012.
Literatur und Links
- John Breen, 2005
„Yasukuni Shrine: Ritual and Memory“.
Artikel der Online Zeitschrift The Asia-Pacific Journal: Japan Focus (Autor oder Artikeltitel eingeben)
Sonstige Links:
- Yasukuni Jinja, offizielle Homepage (en.)
- Yasukuni End of War Celebrations, Photoreportage von Damon Coulter, 2009.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2013