Bauten/Bekannte Schreine/Inari: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 23. April 2021, 10:14 Uhr
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Der Inari Schrein von Fushimi [Fushimi Inari Taisha (jap.) 伏見稲荷大社 Großschrein der Gottheit Inari in Fushimi, im Süden Kyōtos] im Süden Kyōtos bietet mit seinen tausenden Schreintoren (senpon torii [senpon torii (jap.) 千本鳥居 „Tausend torii“; Bezeichnung für die zu Tunneln verbundenen Schreintore des Fushimi Inari Taisha und anderer Inari-Schreine]), die oft zu rot leuchtenden Gängen verbunden sind, eine Besonderheit in der an Sehenswürdigkeiten keineswegs armen ehemaligen Hauptstadt. Die torii-Tunnel von Fushimi sind daher auch das touristische Highlight der weitläufigen Schreinanlage.
Keith Leung, 2006.
Tokyo Views, flickr, 2020.
Bildquelle: Jeffrey Friedl, 2008.
Bernhard Scheid, flickr, 2013.
Vorlage:Sidebox3 Die torii [torii (jap.) 鳥居 Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami] sind entlang von Wegen aufgestellt, die vom Hauptschrein zu drei Nebenschreinen auf dem Gipfel des Inari-Berges (233m) führen. Es handelt sich um Opfergaben von Gläubigen, die sich von der Gottheit Inari [Inari (jap.) 稲荷 Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht] einen besonderen Dienst (meist geschäftlichen Erfolg) erhoffen. Die meisten sind von Firmen gespendet. Neben den torii bietet der Fushimi Inari Schrein auch eine Menge pitoresker Fuchswächter, die für alle Inari Schreine kennzeichnend sind. Eine weitere Besonderheit sind die Steinaltäre (o-tsuka [o-tsuka (jap.) お塚 Steinaltäre, oder Gedenksteine zur Verehrung der Gottheit Inari; wtl. „Hügel“]), die sich entlang der Wege finden. Der Fushimi Inari Schrein bietet somit ein anschauliches Beispiel für die in Japan weit verbreitete Tendenz, aus der schieren Masse gleichförmiger Votivgaben eine Art Gesamtkunstwerk zu Ehren einer spezifischen Gottheit entstehen zu lassen. (Siehe dazu z.B. auch die Laternen des Kasuga Schreins.)
Momoyama-Zeit, 1589. Bernhard Scheid, (flickr) 2013.
Rolf Pressel, 2006.
Patrick Elmer, 2017.
Inari Fuchsstatuen
Es gibt in Japan ca. 30.000 Inari Schreine, viele davon eher klein und unscheinbar. Andererseits gibt es — wie so oft in Japan — auch hier die „Drei Großen Inari“, also ein Set von drei repräsentativen Heiligtümern. Zu diesen zählen neben dem Fushimi Inari Schrein in Kyōto, der Yūtoku [Yūtoku Inari Jinja (jap.) 祐徳稲荷神社 Inari Schrein in Kyūshū, zählt zu den „Drei Großen Inari“ Japans] Schrein in Kyūshū und der Toyokawa Inari [Toyokawa Inari (jap.) 豊川稲荷 Inari Kultstätte in Toyokawa, Aichi-ken; eig. ein buddh. Tempel, Myōgon-ji] Tempel(!), welcher der Zen [Zen (jap.) 禅 chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus]-Schule angehört. Alle Tempel und Schreine eint die Verwendung der charakteristischen Fuchsstatuen, die meist als Boten der Gottheit Inari gedeutet werden.
Die Bilder in diesem Abschnitt stammen aus Schreinen der Gottheit Inari [Inari (jap.) 稲荷 Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht], die stets von Fuchswächtern bewacht wird und teilweise selbst in Fuchsgestalt dargestellt wird. Genau genommen handelt es sich um weiße Füchse, die sich durch diese Farbe von den gewöhnlichen, „weltlichen“ Füchsen unterscheiden. Auch tragen sie meist eine Sutrenrolle [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] oder ein Wunschjuwel im Maul. Auf manchen Darstellungen verdickt sich auch ihre Schwanzspitze zu einem Wunschjuwel. All dies zeigt die magische Macht dieser Füchse an. Als Boten (o-tsukai [o-tsukai (jap.) お使い wtl. Bote; auch: Götterbote, häufig in Tiergestalt]) der Inari paaren sie diese Macht allerdings nicht mit der sprichwörtlichen Heimtücke, die den Füchsen (kitsune [kitsune (jap.) 狐 Fuchs; Botentier der Gottheit Inari]) auch in Japan nachgesagt wird. Sutrenrollen und Juwele sind buddhistische Symbole, was auf buddhistische Wurzeln des Inari-Glaubens hindeutet.
Wonder Elf, flickr 2005.
Tokyobling's Blog, 2009.
Die Fuchsstatuen werden außerdem gern mit roten Lätzchen versehen. Dies ist auch bei anderen Statuen üblich, von denen sich Gläubige direkten Beistand erhoffen (vgl. z.B. Jizō [Jizō (jap.) 地蔵 wtl. Schatzhaus/Mutterleib der Erde; skr. Kṣitigarbha; populäre Bodhisattva Figur]). Die Farbe rot soll besonders wirksam zur Abwehr böser Dämonen (mayoke [mayoke (jap.) 魔除け Dämonenabwehr; kann auch Talismane oder Amulette bezeichnen]) geeignet sein. Dieser Symbolismus wurde auch während einer Pockenepidemie Mitte des 19. Jahrhunderts in Form von sog. „Rotbildern“ (aka-e [aka-e (jap.) 赤絵 „Rotbilder“; in rot gehaltene Bilder zur Abwehr der Pocken; rot gilt auch als Farbe der Dämonenabwehr (mayoke); unabhängig davon wurden auch Farbholzschnitte der Meiji-Zeit wegen ihrer hervorstechenden Rotfärbung als aka-e bezeichnet]) eingesetzt, als sogenannte Pockengottheiten (hōsōgami [hōsōgami (jap.) 疱瘡神 Pockengottheit; hōsōgami können die Pocken selbst versinnbildlichen, werden aber auch als Wirkmacht gegen die Pocken verehrt, sie besitzen also einen krankmachenden und einen heilenden Aspekt]) in roter Farbe auf einfache Bilder gedruckt wurden, die als Talismane fungieren sollten. Die Wurzeln dieses Brauchs liegen allerdings weitgehend im Dunkeln.
O-tsuka
Füchse und torii finden sich im Fushimi Inari Schrein auch auf zahlreichen Steinaltären namens o-tsuka [o-tsuka (jap.) お塚 Steinaltäre, oder Gedenksteine zur Verehrung der Gottheit Inari; wtl. „Hügel“], die sich in großer Zahl über die Hügel der Schreinanlage verstreut finden. O-tsuka (wtl. „Hügel“) haben eine gewisse Ähnlichkeit mit japanischen Grabstätten, es handelt sich aber um Andachtsstätten oder Altäre für die Gottheit Inari [Inari (jap.) 稲荷 Reisgottheit, häufig von Fuchswächtern (myōbu) bewacht]. Im Zentrum einer solchen Anlage befinden sich ein oder mehrere natürliche Steine mit einer Inschrift. Diese Inschrift ist als individueller Name der Inari Gottheit zu verstehen, mit dem Inari an diesem Altar angesprochen wird. (Verwirrender Weise sind unter diesen „Spitznamen“ auch die Namen anderer bekannter Gottheiten.) Das Aufstellen solcher o-tsuka-Steine geht auf eine volksreligiöse Bewegung zurück, die sich in den Jahren unmittelbar vor der Meiji Restauration [Meiji Ishin (jap.) 明治維新 Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat] (1868) spontan herausbildete. Gläubige errichteten ihre eigene Verehrungsstätte für Inari auf dem Berg, indem sie große Steine herbeischafften und darauf individuelle Götternamen schrieben. Dieser individuelle Zugang, den man auch watakushi no Inari-sama („meine persönliche Inari-Gottheit“) bezeichnet, wurde von den Schreinpriestern zunächst einmal verboten. Als es aber nicht gelang, diese Form der Laienfrömmigkeit abzuschaffen, gingen die Inari Priester dazu über sie zu kontrollieren. Man schuf bestimmte Areale, in denen die Errichtung von o-tsuka gestattet war, und förderte die Bildung von Laienorganisationen, die die Zuteilung der noch freien Plätze übernahmen. Heute ist es zwar kaum mehr möglich, einen neuen Altar zu errichten, man kann aber über diese Organisationen einen Altar zugeteilt bekommen.1 Dieser wird dann von den jeweiligen Gläubigen mit torii und Fuchsstatuen ausgestattet, die wiederum vom Inari Schrein hergestellt werden. Dank der großen Zahl der o-tsuka (ca. 10.000) ist dies zweifellos ein einträgliches Geschäft.
Wer ist Inari?
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit, 1814. Internet Archive.
Der Fushimi Inari Schrein taucht in den Quellen bereits im Jahr 711 erstmals auf. Er war zu dieser Zeit ein Ahnenschrein des Klans der Hata [Hata-uji (jap.) 秦氏 Familienklan des japanischen Altertums mit kontinentalen Wurzeln; der Name schreibt sich mit den gleichen Zeichen wie die chinesische Qin Dynastie (778–207 v.u.Z.) und war von jeher sowohl in China als auch in Korea ein häufiger Familiennamen], die wiederum einige Generationen zuvor aus Korea eingewandert waren. Offenbar verehrten die Hata auf den drei Gipfeln des Inari Berges drei Gottheiten, die später kollektiv als „Inari“ bezeichnet wurden. Unter diesen Gottheiten soll sich auch die weibliche Nahrungsgottheit Uka-no-mitama [Uka-no-mitama (jap.) 宇迦之御魂 Weibliche Nahrungsgottheit, die v.a. im Fushimi Inari Schrein verehrt wird.] befunden haben. Möglicherweise ist diese Nahrungsgottheit dafür verantwortlich, dass Inari stets als Reisgottheit charakterisiert wird.
Als im Jahr 794 in der unmittelbaren Nachbarschaft des Schreins die neue Hauptstadt Heian-kyo [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)] errichtet wurde, erlangte der Schrein rasch überregionale Bedeutung. Er diente nun nicht mehr als Klan-Schrein der Hata, sondern wurde von Kūkai [Kūkai (jap.) 空海 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi] (774–835), dem vielleicht bedeutendesten Mönch des japanischen Buddhismus, zum Schutzschrein des neu gegründeten „Ost-Tempels“ (Tōji [Tōji (jap.) 東寺 Ost-Tempel in Kyōto, eig. Kyōō Gokoku-ji (Tempel des Königs der Lehre zum Schutz des Landes)]) der neuen Hauptstadt umfunktioniert. In einer Gründungslegende des Schreins wird davon erzählt, dass die Gottheit von Inari Kūkai in der Gestalt eines alten Mannes, der Reis auf dem Rücken trug, erschien:
Auf seinen Wanderungen traf Kūkai in Tanabe in der Provinz Kii [heute Wakayama, südlich von Nara] auf einen seltsamen alten Mann. Obwohl sich die beiden zum ersten Mal sahen, erkannten sie sofort, dass sie sich in einem früheren Leben bei der Rede des Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] auf dem Geierberg (Grdhrakuta [Gṛdhrakūṭa (skt.) गृध्रकूट „Geiergipfel“, indischer Berg bei Rajagrha (Rajgir), auf dem Buddha predigte (jap. Ryōjusen 霊鷲山)]) in Indien getroffen hatten. Hoch erfreut über das Wiedersehen lud Kūkai den Greis ein, ihn in der Hauptstadt zu besuchen, wo er einen Tempel errichten wollte. Einige Jahre später, als der Tōji bereits erbaut war, erschien der Greis am Südtor des Tempels mit einigen Reisgarben auf dem Rücken2 und Zypressenzweigen in den Händen in Begleitung zweier Mädchen und zweier Kinder. Kūkai war überglücklich und hielt ihm zu Ehren eine Predigt und alle seine Schüler, weltliche wie geistliche, boten ihm zu essen an. Der Greis blieb eine Zeit lang im Hause des Laienschülers Shibamori nahe dem Tōji3 und richtete sich schließlich auf dem Berg Inari ein, wo das Holz für den Bau des Tōji gerodet worden war.4
In dieser buddhistischen Version der Schreinlegende ist also von einem Inari Schrein vor der Zeit Kūkais gar keine Rede. Der rätselhafte Greis scheint durch den Reis auf seinem Rücken den Schreinnamen zu begründen — tatsächlich wird der Name Inari meist mit den Zeichen „Reisähre tragen“ (稲荷) geschrieben. Doch hat der Berg, auf dem er sich letztlich einquartiert, ebenfalls den Namen Inari. Es sind also zirkuläre (karmische) Verbindungen, die die Gottheit in Gestalt eines Reis-tragenden alten Mannes zu ihrem Bestimmungsort, dem Reistrage-Berg (Inari-yama), führen.
Die Legende könnte natürlich auch so gedeutet werden, dass sich hier bereits ein Schrein befand, der unter Kūkai einer neuen Gottheit zugeschrieben wurde. In jedem Fall deutet die Legende an, dass die Verbindung zum Reis essentiell für die Identität des Fushimi Inari Schreins war. Fraglich bleibt, wieso die Reisgottheit auch als Frau bzw. als Fuchs dargestellt wird.
Inari, Fuchs und Dakini
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit. British Museum.
Die Verbindung Inaris mit dem Fuchs wird manchmal durch die Tatsache erklärt, dass sich Füchse gern in der Nähe von Feldern aufhalten, als Mäusefänger sogar nützlich für die Landwirtschaft sein können und sich daher als Götterboten einer Reisgottheit besonders anboten. Andererseits finden sich Textbelege für die Verbindung zwischen Fuchs und Inari erst ab dem elften Jahrhundert. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Verbindung Inari-Fuchs nicht aus landwirtschaftlichen Assoziationen zu erklären ist, sondern aus der Tatsache, dass Inari neben der Gestalt des alten Mannes auch als junge, auf einem Fuchs reitende Frauengestalt imaginiert wurde.
Die weibliche Gottheit Inari ist eine Erscheinungsform der indisch-stämmigen Gottheit Dakini [Dakini (jap.) 荼枳尼 weibl. buddhist. Schutzgottheit, identifiziert mit Inari; skt. Dākinī; auch: menschenfressende Dämonin]. Diese wiederum ist eine charakteristische Gestalt des tantrischen oder esoterischen Buddhismus mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten]. In Indien bezeichnet Dakini [Ḍākinī (skt.) डाकिनी „Himmelstänzerin“, indische Dämonin (jap. Dakini 荼枳尼)] eigentlich eine Spezies von dämonischen Menschenfresserinnen, die gemäß den Legenden des indischen Buddhismus bekehrt wurden und sich daraufhin in eine buddhistische Schutzgottheit verwandelten. Auf indo-tibetischen Darstellungen ist Dakini nach wie vor mit furchteinflößenden und zugleich erotischen Zügen dargestellt, die sie in die Nähe der esoterischen Wächtergötter rückt. Auch auf einem der klassischen Mandalas des Shingon Buddhismus, im Taizōkai [Taizōkai (jap.) 胎蔵界 Mutterschoß-Welt; Welt der sichtbaren Dinge des Dainichi Nyorai; s.a. Kongōkai], erinnert eine Abbildung von drei Dakinis beim Verzehr einer Leiche an die indische Urform. Als aus der indischen Dämonin eine vertraute Gestalt des Inari-Kults wurde, gingen diese dunklen Züge jedoch verloren, während sich der Schakal, der der indischen Dakini zur Seite steht, in einen Fuchs verwandelte, der ihr als Reittier dient.
Heian-Zeit, 9. Jh. Bildquelle: Katō Yoshihira, Blog.
Die Entstehungszeit der fuchsreitenden Dakini und ihre Transformation zu Inari sind nach wie vor rätselhaft, doch dürften beide unter der Regie des Shingon Buddhismus zustande gekommen sein, da dieser ja, wie aus der oben erwähnten Legende ersichtlich, eine besondere Beziehung zu Inari entwickelte. Die Assoziation Inari-Dakini lässt sich beispielhaft an einem der größten Inari Heiligtümer erkennen: Toyokawa Inari [Toyokawa Inari (jap.) 豊川稲荷 Inari Kultstätte in Toyokawa, Aichi-ken; eig. ein buddh. Tempel, Myōgon-ji] in der Präfektur Aichi wird, wie oben erwähnt, zu den „Drei Großen Inari [Schreinen]“ Japans gezählt, doch im Grunde handelt es sich um eine buddhistische Tempelanlage. Zudem stellt Kannon [Kannon (jap.) 観音 auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt] das Hauptheiligtum (honzon [honzon (jap.) 本尊 Hauptheiligtum eines Tempels]) des Tempels dar, während in den Gründungslegenden Dakini die wichtigste Rolle spielt.5 Es handelt sich also um einen Kannon-Tempel, in dem Dakini als besondere Schutzgottheit verehrt wird. Dies führte wiederum dazu, dass in Toyokawa ein besonderer Inari-Kult entstand, da man Dakini als identisch mit Inari ansah. In der Ikonographie dieses Tempels erscheint Dakini als schöne Frau, die auf einem weißen Fuchs reitet und Reisballen trägt. Die gleichen Attribute besitzt auch die weibliche Inari. Die spezielle ikonographische Gestalt der Dakini/ Inari von Toyokawa soll im übrigen auf den Zen-Mönch Kangan Giin [Kangan Giin (jap.) 寒巌義尹 1217–1300; Mönch des Zen Buddhismus] (1217–1300) zurückgehen.
Fuchsglauben in der Edo-Zeit
In der Edo-Zeit nahm sich dann die höfische Priesterfamilie Shirakawa [[[glossar:shirakawa|]] () ] der Inari Schreine an. Im Gegensatz zu den Yoshida-ke [Yoshida-ke (jap.) 吉田家 höfische Priesterfamilie (urspr. Urabe), die über Jahrhunderte im Götteramt (Jingi-kan) tätig war und Ende des Mittelalters durch eine neue Theologie (Yoshida Shintō) großen Einfluss in der Welt des Shintō gewann], die ähnliche Funktionen für andere Schreine übernahmen, war den höherrangigen Shirakawa bis in 19. Jahrhundert gestattet, das Privileg des „Ersten Hofrangs“ an Schreine unter ihrer Oberhoheit zu vergeben.6 Das erklärt, warum sich manche ansonsten kaum bemerkenswerten Inari Schreine auch heute noch mit dieser Bezeichnung schmücken. Viele Inari Schreine der Edo-Zeit verdanken ihre Existenz außerdem dem in dieser Zeit besonders ausgeprägten Glauben an die magischen Fähigkeiten der Füchse. Oft errichteten Einzelpersonen, die von „Fuchsbesessenheit“ (kitsunetsuki [kitsunetsuki (jap.) 狐憑き Fuchsbessenheit; Glaube, dass der Geist eines Fuchses (kitsune) Besitz von einem Menschen ergreifen und ihn verwirren kann]) geheilt worden waren, zum Dank einen Schrein für Inari. Ein satirischer Vers aus dem frühen 19. Jahrhundert drückte dieses Phänomen so aus:
Ein Fuchsgeist fällt, und schon wieder hat Inari einen Schrein mehr7
nach Miyata 1973, S. 265
Es deutet also vieles darauf hin, dass die komplexe Natur der Inari Gottheit(en) mit einstmals populären Kulten und Figuren des esoterischen Buddhismus in Verbindung steht. Wahrscheinlich ist es der Unterstützung durch den esoterischen Buddhismus zu verdanken, dass Schreine für Inari landesweit verbreiteten. Dass es mehr Schreine für Inari gibt, als für irgend eine andere Schreingottheit in Japan, dürfte jedoch mit dem besonderen Fuchsglauben der Edo-Zeit in Verbindung stehen. Heute sind die buddhistischen Elemente (Kūkai, Dakini) des Inari-Glaubens weitgehend in Vergessenheit geraten, während die Verbindung Inari–Fuchs–Frau–Reis nach wie vor präsent ist.
Verweise
Verwandte Themen
Fußnoten
- ↑ Smyers 1999, S. 160–64
- ↑ Ine o ninai 稻を荷い, „Reisgarben tragend“, eine Anspielung auf den Schreinnamen Inari 稻荷
- ↑ Laut Iyanaga handelt es sich um den tabisho von Fushimi Inari, also jenen Ort, wohin die Gottheit Inari während der Schreinfeste gebracht wird.
- ↑ Auszug aus Inari Daimyōjin ryū no ki 稻荷大明神流記. Angeblich ein Text des Kūkai Schülers Shinga (801–879), wahrscheinlich jedoch aus der Kamakura-Zeit. Übersetzung B. Scheid nach Iyanaga Nobumi: Ḍākinī et l’Empereur.
- ↑ S. Gründungslegende des Toyokawa Inari Tempels (jap.).
- ↑ Die Yoshida hatten ehemals ähnliche Ränge im Namen des Tennō vergeben, mussten diese Praxis aber im Jahr 16.. aufgeben.
- ↑ Kitsune tsuki ochite Inari ga issha fue 狐憑き落ちて稲荷が一社殖え
Internetquellen
- Dance of the Yogini: Images of Aggression in Tantric Buddhism, Nitin Kumar (en.)
Online Artikel auf Indian Art: Exotic India. - Fushimi-Inari Taisha shrine, Asano Noboru (en.)
Ausführliche Foto-Dokumentation, Teil der Website My Kind of Kyōto. - Toyokawa Inari (jap.)
Homepage des Toyokawa Inari Tempels.
Literatur
Bilder
- ^ Torii-Tunnel des Fushimi Inari Taisha in nächtlicher Beleuchtung.
Hisanori, flickr, 2014. - ^ Diese torii sind Spenden von frommen Gläubigen.
Yves Rubin, 2006. - ^ An der Rückseite der torii des Fushimi Inari Taisha sind die Namen der Spender und das Datum der Errichtung verzeichnet.
Keith Leung, 2006. - ^ Der gesamte Berg hinter der Haupthalle des Fushimi Inari Schreins ist von Wegen durchzogen, die mit roten torii bestückt sind.
Tokyo Views, flickr, 2020. - ^ Zwei parallel geführte torii-Tunnelwege am Beginn des Aufstiegs.
Binx, flickr, 2009. - ^ Torii-Tunnel des Fushimi Inari Taisha.
Kevin Hulsey, 2009. - ^ Es dauert mehrere Stunden, den ganzen Berg mit seinen torii-Tunneln zu bewandern.
Bildquelle: Jeffrey Friedl, 2008. - ^ Immer wieder zweigen Seitenpfade der torii-Tunnel vom Hauptweg ab.
Markowich, (pbase) 2005. - ^ Zwischen den torii-Tunnel sieht man auch manchmal Miniatur-torii, die zur Ausgestaltung individueller Schreinaltäre (o-tsuka) dienen.
Bernhard Scheid, flickr, 2013. - ^ Eingang zur frisch gestrichenen Anlage des Fushimi Inari Taisha. Das Tor im Stil eines buddhistischen Tempeltores (rōmon) wurde von Toyotomi Hideyoshi aus Dank für die Genesung seiner Mutter gestiftet. Anstelle der im Buddhismus üblichen Torwächterfiguren (niō) sind shintoistische Wächter (suijin) in Form realistischer Bogenschützen zu erkennen.
Momoyama-Zeit, 1589. Bernhard Scheid, (flickr) 2013. - ^ Die meisten torii werden von Firmen gespendet. Namen und Adresse der Firmen sind an der Rückseite der torii eingraviert.
Rolf Pressel, 2006. - ^ Bemalung eines frisch errichteten torii des Fushimi Inari Taisha. Das torii im Vordergrund erhält das Jahresdatum Heisei 29 (2017), das im Hintergrund stammt aus Heisei 5 (1993).
Patrick Elmer, 2017. - ^ Die Fuchsstatuen (kitsune) sind individuelle Opfergaben (sonaemono) von Gläubigen (ähnlich wie z.B. die zahllosen torii des Fushimi Inari Schreins).
takmagar, flickr 2006. - ^ Statue eines Fuchswächters (kitsune)
bycollie, flickr 2005. - ^ Statue eines Fuchses (kitsune) mit einem Dharma-Schlüssel (hōyaku).
orandajin, flickr 2007. - ^ Füchse (kitsune), welche als Souvenir im Fushimi Inari Taisha verkauft werden.
Wonder Elf, flickr 2005.
- ^ Bemalte ema mit Füchsen (kitsune) des Fushimi Inari Taisha
Matthew Bednarik, flickr 2008. - ^ Fuchs-ema, die zum Verkauf angeboten werden.
Ajisai, flickr 2008. - ^ Exzentrischer Inari Fuchs (kitsune) mit Juwel auf dem Haupt
Owen Waygood, flickr 2006. - ^ Kitsune-Familie eines Inari Schreins in Fukushima
komainu.net, 2004. - ^ Detailansicht kleiner Inari-Statuen
Trane DeVore, flickr 2009. - ^ Tänzer mit Fuchsmaske bei einem matsuri in Ishioka, nördlich von Tōkyō.
Thomas Lottermoser, 2006. - ^ Kleine Inari-Statuen
Lostintokyo, flickr 2005. - ^ Boten der Gottheit Inari werden immer als weiße Füchse (kitsune) gedacht, allerdings nicht notwendigerweise weiß bemalt. Außerdem besitzen sie ein Wunschjuwel, das manchmal an ihrer Schwanzspitze erscheint.
Tokyobling's Blog, 2009. - ^ O-tsuka, welche von torii in allen Größen umrahmt sind.
Bildquelle: Jeffrey Friedl, 2008. - ^ Buchillustration der Gottheiten Dakini und Inari Daimyōjin, jeweils mit einem Fuchs.
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit, 1814. Internet Archive. - ^ Auf ihren Schultern trägt Dakini Reisballen.
Toyokawa Inari Schrein, über Internet Archive. - ^ Illustration einer Legende aus der Jugend des späteren Gewaltherrschers Taira no Kiyomori (nach Genpei seisuiki). Ein von ihm gejagter Fuchs entpuppt sich als Dienerin der Gottheit Kiko Tennō 貴狐天王 — aka. Dakini, aka. Inari — und verspricht Belohnung für den Fall, dass Kiyomori sie verschont. Er folgt der Bitte und steigt in der Folge zum mächtigsten Mann im Lande auf.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit. British Museum. - ^ Dakini auf einem weißen Fuchs (kitsune).
Kamakura-Zeit, 14. Jh. Ruth and Sherman Lee Institute. - ^ Tanzende Dakini des indischen Tantrismus.
exoticindiaart.com. - ^ Detail aus dem Taizōkai mandara, dem Mandala der Mutterschoß-Welt des Shingon Buddhismus (Gesamtansicht links oben). Drei Dakinis beim Verzehr einer Leiche. Es ist nicht ganz klar, ob die Dämoninnen hier dem indischen Vorbild entsprechend als Frauen dargestellt sind.
Heian-Zeit, 9. Jh. Bildquelle: Katō Yoshihira, Blog.
Glossar
- Gṛdhrakūṭa (skt.) गृध्रकूट ^ „Geiergipfel“, indischer Berg bei Rajagrha (Rajgir), auf dem Buddha predigte (jap. Ryōjusen 霊鷲山)
- hōju 宝珠 ^ wtl. Schatzperle; auch nyoi no tama, „Perle, die jeden Wunsch erfüllt“; skt. cintamani; magische Perle, meist, aber nicht nur, im buddhistischen Kontext
- Iyanaga Nobumi 彌永信美 ^ 1948–; Spezialist für kulturelle Beziehungen innerhalb der buddhistischen Welt; verfasste u.a. eine Studie zu den indischen Wurzeln des japanischen Daikoku
- Kannon 観音 ^ auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt
- kitsunetsuki 狐憑き ^ Fuchsbessenheit; Glaube, dass der Geist eines Fuchses (kitsune) Besitz von einem Menschen ergreifen und ihn verwirren kann
- Meiji Ishin 明治維新 ^ Meiji Restauration, wtl. Meiji-Erneuerung, umfasst den politischen Umsturz 1867–68 und die nachfolgende Konsolidierung Japans als moderner Nationalstaat
- mochi 餅 ^ Japanische Reiskuchen bzw. Klöße aus gestampftem Reis, die traditionell vor allem zu Neujahr (O-shōgatsu) gegessen werden.
- Nagashino gassen 長篠合戦 ^ Schlacht von Nagashino, 1557, zwischen Oda Nobunaga und Tokugawa Ieyasu auf der einen und dem Haus Takeda auf der anderen Seite; ging dank der Verwendungen von Feuerwaffen zugunsten von Oda/Tokugawa aus
- otora-gitsune おとら狐 ^ legendärer Fuchs (kitsune), der von einem Mädchen namens Otora Besitz ergriff; davon abgeleitet: eine bestimmte Form von Fuchsbesessenheit (kitsunetsuki)
- senpon torii 千本鳥居 ^ „Tausend torii“; Bezeichnung für die zu Tunneln verbundenen Schreintore des Fushimi Inari Taisha und anderer Inari-Schreine
- Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
- Shirakawa-ke 白川家 ^ Priesterfamilie, die traditionellerweise das oberste Amt (haku) des höfischen Götteramts (Jingi-kan) innehatte und in der Edo-Zeit zusammen mit den konkurrierenden Yoshida die oberste Instanz der Shinto-Priester darstellte
- Taizōkai mandara 胎蔵界曼陀羅 ^ Mutterschoß-Welt-Mandala; Mandala des Buddha Dainichi in seiner „Mutterschoß-Welt“ (Taizōkai)
- Takeda 武田 ^ Familie von mächtigen Kriegsherren der Sengoku-Zeit; bekanntester Vertreter Takeda Shingen
- Toyokawa Inari 豊川稲荷 ^ Inari Kultstätte in Toyokawa, Aichi-ken; eig. ein buddh. Tempel, Myōgon-ji
- Yoshida-ke 吉田家 ^ höfische Priesterfamilie (urspr. Urabe), die über Jahrhunderte im Götteramt (Jingi-kan) tätig war und Ende des Mittelalters durch eine neue Theologie (Yoshida Shintō) großen Einfluss in der Welt des Shintō gewann