Geschichte/Neo-Konfuzianismus: Unterschied zwischen den Versionen
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Somit bildete sich also eine anti-buddhistische Front aus neo-konfuzianischen Intellektuellen und Shinto-Priestern, die immer wieder von einzelnen Feudalherren unterstützt wurde. In einzelnen Daimyaten wurde sogar das [[Geschichte:Terauke | ''terauke'' System]], also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Tempel, durch eine Art ''jinja-uke'', also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Schrein ersetzt. Zu den promi·nentesten Förderern der shinto-konfuzianischen Reformideen zählten {{glossar:Hoshinamasayuki}} (1611–72), Daimyō von Aizu und Regent des Shogun Ietsuna, oder der bereits erwähnte Tokugawa Mitsukuni, der durch sein Geschichtsprojekt zum Mäzen der neo-konfuzianischen Mito-Schule wurde. | Somit bildete sich also eine anti-buddhistische Front aus neo-konfuzianischen Intellektuellen und Shinto-Priestern, die immer wieder von einzelnen Feudalherren unterstützt wurde. In einzelnen Daimyaten wurde sogar das [[Geschichte:Terauke | ''terauke'' System]], also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Tempel, durch eine Art ''jinja-uke'', also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Schrein ersetzt. Zu den promi·nentesten Förderern der shinto-konfuzianischen Reformideen zählten {{glossar:Hoshinamasayuki}} (1611–72), Daimyō von Aizu und Regent des Shogun Ietsuna, oder der bereits erwähnte Tokugawa Mitsukuni, der durch sein Geschichtsprojekt zum Mäzen der neo-konfuzianischen Mito-Schule wurde. |
Version vom 4. November 2014, 18:46 Uhr
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Neo-Konfuzianismus.
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Während der Buddhismus der frühen
Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
-Zeit immer stärker zu einem Voll·zugs·organ der staat·lichen Ver·waltung wurde, erwachte innerhalb der intel·lektu·ellen Avant·garde ein neues Inter·esse am Kon·fuzia·nis·mus einer·seits und an der Idee eines eigen·stän·digen japa·ni·schen Shinto ander·er·seits. China, das durch die Ab·schließungs·politik (
Abschließung des Landes in der Edo-Zeit, 1639–1853
Der Begriff „sakoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) der Toku·gawa in un·er·reich·bare Ferne gerückt war, wurde von vielen Gelehr·ten als zivi·lisa·tori·sches Leit·bild wieder·ent·deckt, wäh·rend andere in der mythi·schen Ver·gangen·heit Japans nach einem idealen Gesell·schafts·modell suchten. Gemein·sam war beiden Strö·mun·gen, dass sie dem Bud·dhis·mus grund·sätz·lich kri·tisch gegen·über standen, auch wenn viele Intel·lektu·elle ihre Kennt·nisse in bud·dhis·tischen Klös·tern er·worben hatten oder gar als bud·dhis·tische Mönche tätig waren.
Öffentlicher Nutzen
Unter den Einflüssen aus China übte v.a. der soge·nannte Neo-Kon·fuzia·nis·mus in Ge·stalt der Lehren des chine·si·schen Philo·sophen
1130–1200; chin. Philosoph; Begründer des Neo-Konfuzianismus
Der Begriff „Zhu Xi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(auch Chu Hsi, 1130–1200, jap. Shushi) eine große An·ziehungs·kraft auf die intel·lektu·elle Avant·garde der frühen Edo-Zeit aus. Im Gegensatz zum klas·sischen Kon·fuzi·anis·mus, der ja im wesent·lichen eine Philo·sophie der staats·bürger·lichen Rechte und Pflich·ten dar·stellt und sich daher vor allem auf das Dies·seits be·zieht, be·schäftigte sich Zhu Xi auch mit Fra·gen des Über·natür·lichen und der Religion und ent·wickel·te ein Erklä·rungs·modell des Kos·mos, das viele Be·rüh·rungs·punkte mit dem Buddhis·mus auf·weist. Zu·gleich be·diente er sich aber auch klas·sischer kon·fuziani·scher Kon·zepte, vor allem der Kate·gorien „öffentlich“ (
„öffentlich“
Der Begriff „kō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) und „privat“ (
„privat“
Der Begriff „shi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
). Dieser Gegen·satz kann auch durch die Be·griffe „gemein·nützig“ und „eigen·nützig“ aus·ge·drückt werden und ent·hält eine ein·deuti·ge Wer·tung zu·guns·ten des „Öffent·lichen“. Unter kon·fuzia·nischen Gesichts·punk·ten ist nur das von Wert, was dem all·gemei·nen Wohl der Öffent·lich·keit dient, „öffent·lich“ ist somit gleich·be·deu·tend mit „gut“. Sämt·liche private Interes·sen werden da·ge·gen poten·tiell schäd·lich für Gesell·schaft und Staat auf·ge·fasst und werden ent·sprechend negativ be·wertet.
Für die Edo-zeitlichen Gelehrten stellten die Kategorien öffent·lich und privat den Aus·gangs·punkt einer funda·men·talen Kritik an den her·ge·brachten Formen des Bud·dhis·mus dar, weil dieser sich zu wenig um das gesell·schaft·liche Gemein·wohl küm·mern würde. Eine un·mittel·bare Konse·quenz dieser Kritik war die zuneh·mende Ableh·nung eso·terisch-buddhis·tischer Wis·sens·vermitt·lung: Geheim·lehren, die nur münd·lich von Meister zu Schüler weiter·ge·geben werden durften, galten den Kon·fuzia·nern als etwas „Privates“ oder „Eigen·nütziges“, das ab·zu·lehnen war. Reli·giöse Wahr·heiten sollten der Öf·fent·lich·keit dienen und all·ge·mein zu·gäng·lich sein. Die da·mals weit ver·brei·teten For·men des eso·teri·schen Bud·dhis·mus wurden aus der Sicht der kon·fuzia·nischen Kritik zum Inbegriff eigen·nütziger Ge·heim·nis·krämerei.
Die Entdeckung der Geschichte
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Neo-Konfuzianismus. Ein weiterer Reiz lag für die Intellektuellen der Edo-Zeit in der konfuzianischen Geschichtsphilosophie. Schon Konfuzius hatte den Sinn von Geschichte darin gesehen, der Gegenwart einen „Spiegel“ vorzuhalten. Einerseits fand er in der Geschichte Vorbilder einer guten Herrschaft, andererseits aber auch abschreckende Beispiele. Konfuzius benützte Geschichte mit einem Wort als didaktisches Mittel, um die gegenwärtige Politik zu kritisieren oder zu loben. Spätere Konfuzianer folgten ihm darin. Manche kritisierten ihre Herrscher, andere boten sich als Ideologen an, um deren Herrschaft zu legitimieren.
In jedem Fall musste die Geschichte zunächst in einer Weise präsentiert werden, dass sich aus ihr Gutes und Schlechtes herauslesen ließ. Konfuzianische Historiker sahen sich daher nicht als neutrale Berichterstatter oder objektive Chronisten, sondern erachteten es als ihre Aufgabe, die Prinzipien einer guten Politik aus der Geschichte heraus zu destillieren. Dieses Ziel verfolgte u.a. auch
145?–86? v.u.Z.; Han-zeitlicher Historiker, Begründer der chinesischen Historiographie
Der Begriff „Sima Qian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, der Anfang der Han-Zeit die erste umfassende Geschichte Chinas schrieb und damit stilprägend wirkte.
Es ist daher kein Zufall, dass Anfang der Edo-Zeit eine Reihe monumentaler Geschichtswerke unter konzianischem Einfluss entstand. So legte etwa der Hof-Konfuzianer des Shōguns, Hayashi Gahō (1618–1680), im Jahr 1670 eine Geschichte Japans (Honchō tsugan) in 310 Bänden (oder Faszikeln) vor, an der er und sein Vater,
1583–1657; neo-konfuzianischer Gelehrter
Der Begriff „Hayashi Razan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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jahrzehntelang im Auftrag des Shogunats gearbeitet hatten. Zur gleichen Zeit begann
Der Begriff „Tokugawa Mitsukuni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, der Daimyō von Mito, seine „Große Geschichte Japans“ (
Gesamtdarstellung der japanischen Geschichte bis 1392 in 397 Bänden, verfasst zw. 1657 und 1906
Der Begriff „Dai Nihon-shi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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), ein noch umfangreicheres Projekt, das 1720 in fragmentarischer Form veröffentlicht, aber erst 1906, also nach etwa 250 Jahren, in Form von knapp 400 Bänden abgeschlossen wurde. In beiden Fällen folgten die Historiker chinesischen Vorbildern, indem sie sich strikt an den Regierungszeiten der Tennō und nicht etwa an den Herrschaftsperioden der Shōgune orientierten.
Das nationale Erbe
Mit der Betonung der eigenen Vergangenheit kamen aber auch Elemente ins Spiel, die die japanischen Konfuzianisten von China entfremdeten, da sie ja danach trachteten, Japan als zumindest ebenbürtige Zivilisation darzustellen. Daher fühlten sich viele Intellektuelle zum aufkommenden Shinto hin·ge·zogen. Die durch den
mittelalterl. Shintō-Richtung, begründet von Yoshida Kanetomo
Der Begriff „Yoshida Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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bereits seit Ende des fünf·zehn·ten Jahr·hunderts propa·gierte Idee eines „reinen Shinto“, der weder von chine·sischen noch von indi·schen Gedan·ken getrübt sei, fiel in der frühen Edo-Zeit auf frucht·baren Boden und be·gann auch außer·halb des Einfluss·be·reichs der Yoshida Priester Früchte zu treiben. Obwohl von der Grund·haltung her xenophob und daher auch gegen China gerichtet, sahen shintoistische Er·neuerer der frühen Edo-Zeit im Buddhimus ihren Haupt·gegner und sympathisierten daher mit der Buddhismus·kritik der Konfuzianer. Umgekehrt entwickel·ten die nam·haftes·ten Ver·treter des japanischen Neo-Konfuzianismus wie Hayashi Razan oder
1618–1682; Neo-Konfuzianist und Shintō-Theologe
Der Begriff „Yamazaki Ansai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
(1618-1682) jeweils auch ihre eigenen Visionen einer shintoistischen Lehre.
Somit bildete sich also eine anti-buddhistische Front aus neo-konfuzianischen Intellektuellen und Shinto-Priestern, die immer wieder von einzelnen Feudalherren unterstützt wurde. In einzelnen Daimyaten wurde sogar das terauke System, also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Tempel, durch eine Art jinja-uke, also die Zwangs·mit·glied·schaft bei einem lokalen Schrein ersetzt. Zu den promi·nentesten Förderern der shinto-konfuzianischen Reformideen zählten
1611–1673; Daimyō von Aizu-han, Regent von Shōgun Tokugawa Ietsuna, konfuzianischer Gelehrter
Der Begriff „Hoshina Masayuki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
(1611–72), Daimyō von Aizu und Regent des Shogun Ietsuna, oder der bereits erwähnte Tokugawa Mitsukuni, der durch sein Geschichtsprojekt zum Mäzen der neo-konfuzianischen Mito-Schule wurde.
Dennoch kann man meiner Ansicht nach nicht sagen, dass der Neo-Konfuzianismus die offizielle Staats·ideologie der Tokugawa dar·stellte, wie in der älteren Fach·literatur häufig an·ge·nommen. In religiösen Fragen machte sich das Shogunat eine politische Linie zu eigen, die einer·seits autoritär, anderer·seits aber pragmatisch und eklektizistisch war: Bud·dhis·mus ja, aber in „gezähmter Form“. Dazu wo immer brauch·bar auch Konfuzianismus und Shinto. In dieser ideologischen Un·be·stimmt·heit liegt wahr·schein·lich der größte Unter·schied der Tokugawa Religions·politik zu den zeit·gleichen Ent·wicklungen in Europa. Obwohl da wie dort ähn·liche, d.h. inquisitorische Methoden der ideologischen Kontrolle ein·gesetzt wurden, gründete diese Kontrolle im Fall des Christentums auf einer rigiden Dogmatik, im Fall Japan hin·gegen auf einem pragmatisch er·stellten Katalog ver·botener Lehren. Es gab natürlich dogmatische neo-konfuzianische Staats·denker, doch ihre Theorien waren ledig·lich so etwas wie ein intellektuelles Experimentier·feld der frühen Edo-Zeit, das die tat·säch·liche religiöse und religionspolitische Praxis nur am Rande betraf.
Literatur
- ^ Der chinesische Philosoph Zhu Xi (1130–1200), der maßgeblich für die Renaissance des Konfuzianismus (Neo-Konfuzianismus) in China und später auch in Japan verantwortlich ist, dargestellt in einer ihm gewidmeten chinesischen Biographie der Ming-Zeit. Das Portrait trägt die Inschrift „Meister Wen Gong (Zhu Xis posthumer Ehrenname) im 61. Lebensjahr“.
China, 1578. Library of Congress. - ^ Der konfuzianische Gelehrte Hayashi Razan, Autor von Werken wie Honchō tsugan ( Geschichte Japans, 1670).
National Institute for Japanese Literature. - ^ Gelehrter beim nächtlichen Studium.
Werk von Totoya Hokkei. Edo-Zeit, 1822–1830. The British Museum.