Mythen/Jenseits/Totengericht: Unterschied zwischen den Versionen
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Im ostasiatischen Buddhismus besitzt Yama keine dunkle Vergangenheit mehr. Eher erscheint er als notwendiges Übel, als Personifikation des unerbittlichen Karmas. Obwohl als „König“ tituliert, entspricht seine Funktion der eines Richters, der darüber zu entscheiden hat, in welchen der sechs Lebensbereiche eine Totenseele wiedergeboren zu werden hat. Auf vielen Darstellungen ist implizit angedeutet, dass er die meisten Toten in den niedrigsten und negativsten Bereich, die Hölle, schickt. Yanlou, wie er auf chinesisch heißt, bekommt in China ein komplexes Gefolge, das chinesischen Gerichtshöfen nachempfunden ist. Oft wird er auch von zehn Richtern assistiert bzw. durch diese ersetzt. Außerdem stehen ihm ein Schreiber und ein Vorleser, der Anklage verliest, zur Seite. Schließlich verfügt er über zahlreiche Hilfsmittel, um die Übeltaten der Verstorbenen ausfindig zu machen, etwa einen Spiegel, indem sich Szenen der Vergangenheit wie auf einem Bildschirm abrufen lassen. | Im ostasiatischen Buddhismus besitzt Yama keine dunkle Vergangenheit mehr. Eher erscheint er als notwendiges Übel, als Personifikation des unerbittlichen Karmas. Obwohl als „König“ tituliert, entspricht seine Funktion der eines Richters, der darüber zu entscheiden hat, in welchen der sechs Lebensbereiche eine Totenseele wiedergeboren zu werden hat. Auf vielen Darstellungen ist implizit angedeutet, dass er die meisten Toten in den niedrigsten und negativsten Bereich, die Hölle, schickt. Yanlou, wie er auf chinesisch heißt, bekommt in China ein komplexes Gefolge, das chinesischen Gerichtshöfen nachempfunden ist. Oft wird er auch von zehn Richtern assistiert bzw. durch diese ersetzt. Außerdem stehen ihm ein Schreiber und ein Vorleser, der Anklage verliest, zur Seite. Schließlich verfügt er über zahlreiche Hilfsmittel, um die Übeltaten der Verstorbenen ausfindig zu machen, etwa einen Spiegel, indem sich Szenen der Vergangenheit wie auf einem Bildschirm abrufen lassen. | ||
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Auch im Ostasiatischen Kontext tritt Yanlou/Enma ein Gegenspieler entgegen, der manchmal durch einen unmittelbaren Gnadenakt das strenge Urteil des Enma revidiert, nämlich {{glossar:jizoubosatsu}}. Und auch hier geht die theologische Interpretation noch einen Schritt weiter, indem sie Enma schließlich als Erscheinung des Jizō definiert und somit kategorische Strenge und mildtätige Gnade als Akte der gleichen Figur ausgibt. Aus dieser Logik erklärt sich das Motiv von Jizō und den Zehn Richtern der Unterwelt, das sich im japanischen Mittelalter häufig findet. | Auch im Ostasiatischen Kontext tritt Yanlou/Enma ein Gegenspieler entgegen, der manchmal durch einen unmittelbaren Gnadenakt das strenge Urteil des Enma revidiert, nämlich {{glossar:jizoubosatsu}}. Und auch hier geht die theologische Interpretation noch einen Schritt weiter, indem sie Enma schließlich als Erscheinung des Jizō definiert und somit kategorische Strenge und mildtätige Gnade als Akte der gleichen Figur ausgibt. Aus dieser Logik erklärt sich das Motiv von Jizō und den Zehn Richtern der Unterwelt, das sich im japanischen Mittelalter häufig findet. | ||
Version vom 11. Mai 2011, 14:57 Uhr
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König Enma in verschiedenen Manifestationen
Kamakura-Zeit, 13.–14. Jh. Tokyo National Museum.
Der Name
skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen
Der Begriff „Enma“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
leitet sich von der indischen Gottheit Yama her. Yama gilt in Indien auch außerhalb des Buddhismus als Gottheit der Hölle bzw. der Totenwelt. In den Veden tritt er als das erste sterbliche Wesen überhaupt in Erscheinung. In seiner späteren Funktion ist er aber wohl am ehesten mit Hades/Pluto, dem antiken Gott der Unterwelt, zu vergleichen. Der Buddhismus hat ihn in dieser Funktion in das buddhistische Pantheon integriert. Doch auch als Herrscher des Totenreichs ist Yama im eigentlichen Sinne keine Gottheit, sondern ein sterbliches Wesen in der Lebenswelt der (Hunger)-Geister (skt. preta, jap.
Hungergeist; skt. preta
Der Begriff „gaki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
).1 Schon in seiner indischen Urform erscheint Yama als Reiter auf einem Büffel oder als Figur mit Büffelkopf.
Tibet, 19. Jh. Himalayan Art.
Im tibetischen Buddhismus erhält Yama in Bodhisattva Manjushri einen Gegenspieler, der ihn unterwirft. Zu diesem Zweck verwandelt sich Manjushri in Yamantaka, den „Bezwinger des Yama“, der eine noch schrecklichere Büffelgestalt als Yama selbst hat und in manchen tantristischen Traditionen als die machtvollste aller kriegerischen Gottheiten gilt. 2 Charakteristischerweise vermischen sich die Gestalten des Bezwingers (Yamantaka) und des zu Bezwingenden (Yama) zu einer einheitlichen Figur, die im tibetischen Tantrismus als ochsenköpfiger Dämon dargestellt wird. Dieser Dämon diente tantristischen Yogis als Identifikationsfigur, um sich auf die Begegnung mit dem Tod vorzubereiten. Das Motiv des „Äußeren Yama, des Dharmakönigs“ zeigt den ochsenköpfigen Dämon mit den üblichen Paraphernalia (Ketten aufs geköpften Häuptern, Totenschädel im lodernden Haar, eine nackte Gespielin, die ihm Blut zu trinken reicht, ...), der seinen Siegestanz auf einem Büffel vollführt, der seinerseits eine menschliche Gestalt vergewaltigt. Ohne alle möglichen Interpretationen dieses Motivs zu kennen, gehe ich davon aus, dass der mittlere Büffel den Tod verkörpert, der den Menschen in seiner Gewalt hat, während der Büffelköpfige den Sieg über diesen Tod darstellt. Das Motiv soll übrigens einer Traumvision des tibetischen Mönchs Tsongkhapa, 1347–1419, entwachsen sein. 3
Im ostasiatischen Buddhismus besitzt Yama keine dunkle Vergangenheit mehr. Eher erscheint er als notwendiges Übel, als Personifikation des unerbittlichen Karmas. Obwohl als „König“ tituliert, entspricht seine Funktion der eines Richters, der darüber zu entscheiden hat, in welchen der sechs Lebensbereiche eine Totenseele wiedergeboren zu werden hat. Auf vielen Darstellungen ist implizit angedeutet, dass er die meisten Toten in den niedrigsten und negativsten Bereich, die Hölle, schickt. Yanlou, wie er auf chinesisch heißt, bekommt in China ein komplexes Gefolge, das chinesischen Gerichtshöfen nachempfunden ist. Oft wird er auch von zehn Richtern assistiert bzw. durch diese ersetzt. Außerdem stehen ihm ein Schreiber und ein Vorleser, der Anklage verliest, zur Seite. Schließlich verfügt er über zahlreiche Hilfsmittel, um die Übeltaten der Verstorbenen ausfindig zu machen, etwa einen Spiegel, indem sich Szenen der Vergangenheit wie auf einem Bildschirm abrufen lassen.
Auch im Ostasiatischen Kontext tritt Yanlou/Enma ein Gegenspieler entgegen, der manchmal durch einen unmittelbaren Gnadenakt das strenge Urteil des Enma revidiert, nämlich
Bodhisattva (Bosatsu); skr. Kṣitigarbha, „Speicher oder Mutterleib der Erde“ (vgl. Jizō)
Der Begriff „Jizō Bosatsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
. Und auch hier geht die theologische Interpretation noch einen Schritt weiter, indem sie Enma schließlich als Erscheinung des Jizō definiert und somit kategorische Strenge und mildtätige Gnade als Akte der gleichen Figur ausgibt. Aus dieser Logik erklärt sich das Motiv von Jizō und den Zehn Richtern der Unterwelt, das sich im japanischen Mittelalter häufig findet.
Eine weitere Funktion, die Yama vom Buddhimus zugesprochen wurde, ist die einer Richtungsgottheit. Zusammen mit sieben weiteren Gottheiten kann er in einem Ensemble der Himmelsrichtungen auftreten und repräsentiert in dieser Form den Süden. Meist bleibt ihm in dieser Funktion sein ursprüngliches Reittier, der Büffel, erhalten.
- ↑ Vgl. Himalayan Art [2011/5].
- ↑ Nitin Kumar 2001
- ↑ The Sacred Art of Tibet, S. 290