Ikonographie/Myoo: Unterschied zwischen den Versionen

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M{{g|myouou|''yōō''}} bilden neben {{s|buddha|Buddhas}} und {{s|bodhisattva|Bodhisattvas}} eine eigene Kategorie von buddhistischen Heilsfiguren. Ihr Aussehen ist jedoch nicht mit der entspannten Schönheit bekannter Buddha-Figuren zu vergleichen. ''Myōō'' haben zornverzerrte Gesichtszüge, Raubtierzähne und oft ein drittes Auge auf der Stirn. Ihre Haut ist rot oder schwarz, in den Händen halten sie gefährliche Waffen, und oft sind sie von einer Aureole aus flackernden Flammen umgeben.
  
 
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{{fl|D}}as Aussehen eines {{glossar:myouou}} (skt. {{skt:Vidyaraja|Vidyārāja}}, „Mantra-König“) ist zwei·fel·los nicht mit der ent·spannten Schön·heit eines {{skt:buddha|Buddhas}} oder {{skt:bodhisattva|Bodhisattvas}} zu ver·gleichen. Er hat zorn·verzerrte Gesichts·züge, Raub·tier·zähne und oft ein drittes Auge auf der Stirn. Seine Haut ist rot oder schwarz, in den Händen hält er ge·fähr·liche Waffen. Meist umgibt ihn eine Aureole von fla·ckern·den Flammen. Den·noch wird die Macht eines ''myōō'' nicht als feind·lich auf·ge·fasst, sondern man trachtet danach, ihn als Ver·bün·deten gegen böse Kräfte zu gewinnen. Der bei weitem popu·lärste Mantra-König Japans ist {{glossar:fudoumyouou|Fudō}}, „der Unbewegliche“ oder „Standfeste“. Er ist, wie die anderen ''myōō'', mit dem eso·teri·schen Buddhis·mus nach Japan gekommen, genießt aber auch außer·halb der eso·teri·schen Rich·tungen (v.a im {{g|Shingonshuu|Shingon}} und z.T. im {{g|Tendaishuu|Tendai}}) ganz beson·dere Ver·ehrung.
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Die gängige Übersetzung von ''myōō'', „Weisheits-König“,  scheint nicht ganz zu diesen aggressiv-furchterregenden Erscheinungen zu passen. Doch wird die Macht der ''myōō'' nicht als feindlich aufgefasst, sondern man trachtet danach, sie als Verbündete gegen böse Kräfte zu gewinnen.  
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==Wortbedeutung==
  
== Fudō, der Unbewegliche ==
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Der Titel {{g|myouou}} (skt. {{s|Vidyaraja}}) ist aus den Zeichen 明 (''myō'', „Licht“) und 王 (''ō'', „König“) zusammengesetzt. „König“ (skt. {{s|raja}}) wird im Buddhismus häufig im Sinne von Beschützer verwendet, bezeichnet also nicht notwendigerweise den höchsten Herrscher. Das Zeichen „Licht“ steht hier für Sanskrit {{s|vidya}}, was u.a. „Weisheit“ bedeutet. Daher die Bezeichnung  „Weisheitskönig“ oder „wisdom king“. Doch kann sowohl ''vidya'' als auch ''myō'' im esoterischen Buddhismus „durch magische Formeln erlangte Weisheit“ und davon abgeleitet „magische Formel“ bzw. {{s|mantra}} bedeuten.<ref>''Mikkyō jiten''.</ref> Dementsprechend bevorzuge ich die Übersetzung „Mantra-König“. ''Myōō'' sind demnach die Könige bzw. Beschützer, die über die Mantren herrschen, oder aber durch Mantren angerufen bzw. aktiviert werden können (s. dazu auch {{showTitel|Ikonographie/Ordnungssysteme}}).
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== Fudō, der Unbewegte ==
 
   
 
   
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Fudō begegnet uns bereits im in·di·schen Buddhis·mus (unter dem Namen {{skt:Acala}}, was auch auf Sanskrit „unbeweglich“ bedeutet). Ikono·graphisch taucht er aber in Indien und China nur sehr selten auf. In Japan, wo er zu·sammen mit den meisten anderen ''myōō'' erst·mals durch {{Glossar:Kuukai}} (774–835), den Be·grün·der des eso·teri·schen Buddhis·mus, bekannt gemacht worden sein soll, erlangte er nicht nur eine größere Be·liebt·heit als in an·deren asia·ti·schen Ländern, auch inner·halb der japa·nischen ''myōō'' ist kein anderer ähn·lich populär wie er. Feuer und Schwert sind seine typi·schen Attri·bute, oft hält er auch ein Seil in seiner Linken zum Ein·fangen von Dämonen. Seine Haut ist zumeist schwarz oder blau.
 
  
Wenn Fudō rituell an·ge·spro·chen wird, so meist im Zu·sammen·hang mit den Feuer-Riten ({{glossar:gomagyouji}}) des eso·teri·schen Buddhis·mus. Diese werden auch heute noch häufig praktiziert. Große Tempel haben oft Seiten·altäre, manchmal auch Seiten·gebäude, die Fudō geweiht sind und wo ''goma''-Zere·monien ab·gehal·ten werden. Kleine Fudō Tempel findet man ver·einzelt in gebir·gigen Regio·nen, wo sie mit den Kulten der Berg·asketen ({{glossar:yamabushi}}) in Ver·bin·dung stehen. Auch ent·lang der Route der [[Alltag/Pilgerschaft | 88 Pilger·tempel]] von {{g|Shikokuhachijuuhakkasho|Shikoku}} stößt man immer wieder auf Fudō-Kulte der ''yamabushi'', die in Ver·bin·dung mit dem Feuer stehen.
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Der bei weitem populärste ''myōō'' Japans ist {{g|fudoumyouou|Fudō}}, „der Unbewegte“ oder „Standfeste“. Er ist, wie die anderen ''myōō'', mit dem esoterischen Buddhismus nach Japan gekommen, genießt aber auch außerhalb der esoterischen Richtungen ({{g|Shingonshuu|Shingon}} und {{g|Tendaishuu|Tendai}}) ganz besondere Verehrung.
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Fudō begegnet uns bereits im indischen Buddhismus (unter dem Namen {{s|Acala}}, was auch auf Sanskrit „unbeweglich“ bedeutet). Ikonographisch taucht er aber in Indien und China nur sehr selten auf. In Japan, wo er zusammen mit den meisten anderen ''myōō'' erstmals durch {{g|Kuukai}} (774–835), den Begründer des esoterischen Buddhismus, bekannt gemacht worden sein soll, erlangte er nicht nur eine größere Beliebtheit als in anderen asiatischen Ländern, auch innerhalb der japanischen ''myōō'' ist kein anderer ähnlich populär wie er. Feuer und Schwert sind seine typischen Attribute, oft hält er auch ein Seil in seiner Linken zum Einfangen von Dämonen. Seine Haut ist zumeist schwarz oder blau.
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Wenn Fudō rituell angesprochen wird, so meist im Zusammenhang mit den Feuer-Riten ({{g|gomagyouji}}) des esoterischen Buddhismus. Diese werden auch heute noch häufig praktiziert. Große Tempel haben oft Seitenaltäre, manchmal auch Seitengebäude, die Fudō geweiht sind und wo ''goma''-Zeremonien abgehalten werden. Kleine Fudō Tempel findet man vereinzelt in gebirgigen Regionen, wo sie mit den Kulten der Bergasketen ({{g|yamabushi}}) in Verbindung stehen. Auch entlang der Route der [[Alltag/Pilgerschaft | 88 Pilgertempel]] von {{g|Shikokuhachijuuhakkasho|Shikoku}} stößt man immer wieder auf Fudō-Kulte der ''yamabushi'', die in Verbindung mit dem Feuer stehen.
  
 
==Aizen, Mantra-König der Liebe==
 
==Aizen, Mantra-König der Liebe==
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{{g|aizenmyouou}} wird oft schreckenerregender als Fudō dargestellt. Erkennbar an seiner feuerroten Hautfarbe und an Pfeil und Bogen (neben anderen Waffen) kann er bis zu sechs Arme und Beine besitzen. Auch er erfährt vor allem im japanischen esoterischen Buddhismus große Verehrung und wird hier oft in Kombination mit Fudō verehrt. Sein Name bedeutet zwar wörtlich „Mantra-König der Liebe“, doch bedeutet das lediglich, dass er die irdischen Leidenschaften der Menschen in die rechten Gefühle eines {{g|Bosatsu}} verwandelt — und das mit seinen Methoden.
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{{glossar:aizenmyouou}} wird oft schrecken·er·regender als Fudō dar·gestellt. Er·kenn·bar an seiner feuer·roten Haut·farbe und an Pfeil und Bogen (neben anderen Waffen) kann er bis zu sechs Arme und Beine besitzen. Auch er erfuhr vor allem im eso·teri·schen Bud·dhis·mus große Ver·ehrung. Sein Name bedeutet zwar wörtlich „Mantra-König der Liebe“, doch bedeutet das lediglich, dass er die irdischen Leiden·schaften der Menschen in die rechten Gefühle eines {{g|Bosatsu}} verwandelt — und das mit seinen Methoden. Wie die meisten anderen ''myōōs'' (außer Fudō) dürfte Aizen mit dem Rück·gang des eso·teri·schen Buddhis·mus in der {{glossar:edo}}-Zeit an Bedeu·tung verloren haben und ist daher heute ver·hältnis·mäßig wenig bekannt. Doch noch in der Edo-Zeit fühlten sich Liebende — oder die, die mit der Liebe handelten — zu ihm hinge·zogen. Er galt zu dieser Zeit als der Be·schützer der Geishas in {{g|Yoshiwara}}, dem Freuden·viertel von Edo.
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Aizen soll ursprünglich in esoterischen Regenriten ({{g|shouu}}) eine besondere Rolle gespielt haben. Am kaiserlichen Hof der {{g|Heian}}-Zeit erzielte er einen ersten Achtungserfolg, als ein Shingon Mönch mit seiner Hilfe den frühen Tod eines Tennō ({{g|goreizeitennou}}, 1025–1068) herbeibetete, um einem anderen Kandidaten (dem späteren {{g|gosanjoutennou}}, 1034–1073) zum Thron zu verhelfen.<ref>{{zitiert|Trenson 2018}}, S. 113. Der Thronwechsel gilt als Bruch im Machtmonopol der Fujiwara und als Auftakt zum System der Ex-Kaiser-Regierung ({{gb|insei}}).</ref> 
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Wie die meisten anderen ''myōōs'' (außer Fudō) dürfte Aizen gegen Ende des Mittelalters allmählich an Bedeutung verloren haben und ist daher heute verhältnismäßig wenig bekannt. Doch noch in der {{g|Edo}}-Zeit fühlten sich Liebende — oder die, die mit der Liebe handelten — zu ihm hingezogen. Er galt zu dieser Zeit als der Beschützer der Geishas in {{g|Yoshiwara}}, dem Freudenviertel von Edo.
  
 
==Die Fünf Großen Myōō==
 
==Die Fünf Großen Myōō==
  
Neben Fudō und Aizen stößt man ver·einzelt auch auf die Gruppe der Fünf Großen Myōō ({{glossar:godaimyouou}}), in deren Zen·trum wiederum Fudō steht, während vier weitere ''myōō'' nach den Himmels·richtun·gen um ihn gruppiert sind. Laut Shingon-Tradi·tion ver·körpern sie die zorn·vollen Er·scheinungs·formen der fünf Haupt·buddhas im [[Ikonographie/Mandala/Ryogai_Mandara | Vajra-Welt-Mandala]] und setzen sich fol·gen·der·maßen zu·sam·men:
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Neben Fudō und Aizen stößt man vereinzelt auch auf die Gruppe der Fünf Großen Myōō ({{g|godaimyouou}}), in deren Zentrum wiederum Fudō steht, während vier weitere ''myōō'' nach den Himmelsrichtungen um ihn gruppiert sind. Laut Shingon-Tradition verkörpern sie die zornvollen Erscheinungsformen der fünf Hauptbuddhas im Vajra-Welt Mandala ({{g|kongoukaimandara}}) und setzen sich folgendermaßen zusammen:
  
# Fudō, Mitte (Erschei·nungs·form des {{glossar:dainichinyorai}}). Mit lediglich zwei Armen, zwei Augen, etc. unter den Fünf Myōō der men·schen·­ähn·lichste.
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# Fudō Myōō, Mitte (Erscheinungsform des {{g|dainichinyorai}}). Mit lediglich zwei Armen, zwei Augen, etc. unter den Fünf Myōō der menschenähnlichste.
# {{glossar:gousanzemyouou}}, skt. {{skt:Trailokyavijaya}} („Bezwinger der drei Welten“), Osten (Ashuku Nyorai). Steht auf zwei mensch·lichen Figuren, die Shiva und seine Gespielin reprä·sen·tieren.
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# {{g|gousanzemyouou}}, skt. {{s|Trailokyavijaya}} („Bezwinger der drei Welten“), Osten (Ashuku Nyorai). Steht auf zwei menschlichen Figuren, die Shiva und seine Gespielin repräsentieren.
# {{glossar:gundarimyouou}}, skt. {{skt:Kundali}}, Süden (Hōshō Nyorai).
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# {{g|gundarimyouou}}, skt. {{s|Kundali}}, Süden (Hōshō Nyorai).
# {{glossar:daiitokumyouou}}, skt. {{skt:Yamantaka}} („der Überwinder des {{skt:Yama}}“), Westen ({{Glossar:Amidanyorai}}). Seinem Namen ent·sprech·end über·windet er den König der Unter·welt (Yama, jap. {{Glossar:Enma}}), bzw. den Tod. Cha·rak·te·ris·ti·scher·weise reitet Yamantaka auf dem Büffel des Yama (bzw. hat in man·chen tibe·tischen Dar·stel·lungen auch den Kopf eines Büffels).
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# {{g|daiitokumyouou}}, skt. {{s|Yamantaka}} („der Überwinder des {{s|Yama}}“), Westen ({{g|Amidanyorai}}). Seinem Namen entsprechend überwindet er den König der Unterwelt (Yama, jap. {{g|Enma}}), bzw. den Tod. Charakteristischerweise reitet Yamantaka auf dem Büffel des Yama (bzw. hat in manchen tibetischen Darstellungen auch den Kopf eines Büffels).
# {{glossar:kongouyashamyouou}}, skt. {{skt:Vajrayaksa}} („{{skt:vajra|Vajra}}-General“), Norden (Fukūjōja Nyorai). Besitzt ein Gesicht mit fünf Augen.
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# {{g|kongouyashamyouou}}, skt. {{s|Vajrayaksa}} („{{s|vajra|Vajra}}-General“), Norden (Fukūjōja Nyorai). Besitzt ein Gesicht mit fünf Augen.
  
 
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Die älteste und be·rühm·teste Dar·stel·lung dieser Gruppe stammt aus dem Jahr 839 und befindet sich im {{glossar:touji}}, einem der Haupt·tempel des {{Glossar:shingonshuu | Shingon}} Buddhis·mus. Die Statuen wurden von {{glossar:kuukai}} in Auftrag gegeben, der diese Ge·stal·ten in Japan bekannt machte. Sie re·präsen·tieren somit den Aus·gangs·punkt der japa·nischen ''myōō''-Ikono·graphie. Allerdings setzte sich das En·semble der Fünf nicht auf Dauer durch: Ge·stal·ten wie Aizen oder der pferde·köpfige Batō Myōō (auch {{glossar:batoukannon}}) über·flügelten die Gruppe an Be·deu·tung. Ledig·lich der von Kūkai besonders verehrte Fudō fand in Japan so etwas wie seine wahre Heimat.
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Die älteste und berühmteste Darstellung dieser Gruppe stammt aus dem Jahr 839 und befindet sich im {{g|touji}}, einem der Haupttempel des Shingon Buddhismus. Die Statuen wurden von {{g|kuukai}} in Auftrag gegeben, der diese Gestalten in Japan bekannt machte. Sie repräsentieren somit den Ausgangspunkt der japanischen ''myōō''-Ikonographie. Allerdings setzte sich das Ensemble der Fünf nicht auf Dauer durch: Gestalten wie Aizen oder der pferdeköpfige Batō Myōō (auch {{g|batoukannon}}) überflügelten die Gruppe an Bedeutung. Lediglich der von Kūkai besonders verehrte Fudō fand in Japan so etwas wie seine wahre Heimat.
  
==Wortbedeutung==
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== Die kriegerischen Züge der ''Myōō'' ==
  
Der Titel {{glossar:myouou}} ist aus den Zeichen für „hell“ und „König“ zu·sammen·gesetzt. „König“ (ō; skt. {{skt:raja}}) wird im Bud·dhis·mus häufig im Sinne von Herr·scher, Herr oder auch Be·schützer ver·wendet. Das Zeichen „hell“ steht hier für Sanskrit {{skt:vidya}}, was u.a. „Weis·heit“ bedeutet. „Weis·heits·könig“ oder „wisdom king“ ist daher eine ge·läufige Über·setzung von „''myōō''. Laut dem japa·nischen Standard·wörter·buch des eso·teri·schen Buddhis·mus (''Mikkyō jiten'') kann ''myō'' (skt: vidya) im eso·teri·schen Buddhis·mus aber auch „durch magische Formeln erlangte Weis·heit“ und davon abgeleitet „magische Formel“ bzw. {{skt:mantra|Mantra}} bedeuten. Dem·ent·sprechend be·vor·zuge ich die Über·setzung „Mantra-König“. ''Myōō'' sind dem·nach die Könige bzw. Herren oder Be·schützer, die über die Mantren herrschen, oder aber durch Mantren ange·rufen bzw. akti·viert werden können.
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''Myōō'' sind ebenso wie die meisten anderen Wächtergottheiten ({{g|tenbu}}) mit dem esoterischen Buddhismus ({{s|tantra|Tantrismus}}, {{s|Vajrayana}}) in Japan verbreitet worden. Obwohl die Ikonographie der japanischen ''myōō'' sich bis zu Kūkai, also bis ins 9. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, war ihre große Zeit das japanische Mittelalter (12.–16. Jh.), als esoterische Riten in fast allen großen Tempeln, vor allem aber in Shingon- und Tendai-Klöstern praktiziert wurden. Es hat den Anschein, als ob diese Beliebtheit furchterregender Figuren, auch wenn sie noch so symbolisch gedeutet werden mögen, in unruhigen, kriegerischen Zeiten besonders ausgeprägt war. Dies lässt sich bereits in Indien nachweisen, wo in den ersten Jahrhunderten unserer Zeit mit der Figur des „Vajraträgers“ (skt. {{s|Vajrapani}}, jap. {{g|kongoushu}}) ein Prototyp für alle weiteren zornvollen Gestalten entsteht. Der Buddhismus hatte in dieser Zeit zunehmend mit der Konkurrenz shivaitischer und vishnuitischer Glaubensformen zu kämpfen, in denen die jeweiligen Hauptgötter ({{s|Shiva}} und {{s|Vishnu}}) als siegreiche Kriegsherren dargestellt wurden, und übernahm dabei deren Umgang mit kriegerischen Symbolen. Zu diesen zählt auch der {{s|Vajra}} (jap. {{g|kongou}}), der u.a. dem „diamantenen Fahrzeug“ — Vajrayana, Synonym des esoterischen Buddhismus —  seinen Namen gab: ursprünglich handelte es sich dabei um eine Waffe oder ein Insignium der Herrschaft. Viele esoterisch-buddhistische Wächtergötter scheinen also zunächst als Verteidiger des Buddhismus gegen Feinde aus dem „hinduistischen Lager“ aufgetreten zu sein und machten sich dabei die Attribute ihrer Gegner zu eigen.
  
==Die kriegerischen Züge der ''Myōō''==
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Sobald sich im Buddhismus die Auffassung durchgesetzt hatte, dass der {{s|Dharma}} nicht allein durch Mildtätigkeit und Weltentsagung, sondern auch durch den (symbolischen?) Einsatz kriegerischer Mittel beschützt, bzw. verbreitet werden konnte, entstanden also parallel zu Buddhas und Bodhisattvas neue Klassen von furchteinflößenden Erscheinungen, die zunächst entweder als zum Buddhismus bekehrte, ehemals feindliche Gottheiten, mit zunehmender Beliebtheit aber auch als „zornvolle Erscheinungsform“ eines Buddhas oder Bodhisattvas interpretiert wurden. Zur letzteren Gruppe zählen in Japan die ''myōō'', die unter den zornigen Gottheiten somit eine Art Aristokratie darstellen. Sie genossen zusammen mit den niederrangigeren {{s|deva|Deva-Gottheiten}} (''tenbu'') vor allem im von Bürgerkriegen gezeichneten japanischen Mittelalter große Verehrung.
{{Sidebox|sidepage=Vajrapani|titel =essay| Vajrapani_tibet_18cent.jpg|w=180|left=-10|top=-30|Vajrapani, Feldherr des {{credits2|him}} esoterischen Buddhismus}}
 
''Myōō'' sind ebenso wie die meisten anderen Wächter·gott·heiten ({{glossar:tenbu}}) mit dem eso·teri·schen Buddhis·mus ({{skt:tantra|Tantrismus}}, {{skt:Vajrayana}}) in Japan ver·breitet worden. Obwohl die Ikono·graphie der japa·nischen ''myōō'' sich bis zu Kūkai, also bis ins 9. Jahr·hundert zurück·verfolgen lässt, war ihre große Zeit das japa·nische Mittel·alter (12.–16. Jh.), als eso·teri·sche Riten in fast allen großen Tempeln, vor allem aber in Shingon- und Tendai-Klöstern prakti·ziert wurden. Es hat den Anschein, als ob diese Be·liebt·heit furcht·er·regender Figuren, auch wenn sie noch so symbo·lisch gedeutet werden mögen, in un·ruhigen, kriege·rischen Zeiten beson·ders aus·geprägt war. Dies lässt sich bereits in Indien nach·weisen, wo in den ersten Jahr·hunder·ten unserer Zeit mit der Figur des „Vajraträgers“ (skt. {{skt:Vajrapani}}, jap. {{glossar:kongoushu}}) ein Proto·typ für alle weiteren zorn·vollen Gestalten entsteht. Der Buddhis·mus hatte in dieser Zeit zunehmend mit der Kon·kurrenz shivaitischer und vishnuitischer Glaubens·formen zu kämpfen, in denen die jeweiligen Haupt·götter ({{s|Shiva}} und {{s|Vishnu}}) als sieg·reiche Kriegs·herren dargestellt wurden, und über·nahm dabei deren Umgang mit krieger·ischen Symbolen. Zu diesen zählt auch der {{skt:Vajra}} (jap. {{glossar:kongou}}), der u.a. dem „dia·man·tenen Fahr·zeug“ — Vajra·yana, Synonym des eso·teri·schen Buddhis·mus —  seinen Namen gab: ur·sprüng·lich handelte es sich dabei um eine Waffe oder ein Insignium der Herr·schaft. Viele eso·terisch-buddhis·tische Wächter·götter scheinen also zunächst als Ver·teidi·ger des Buddhis·mus gegen Feinde aus dem „hinduis·tischen Lager“ auf·getreten zu sein und machten sich dabei die Attri·bute ihrer Gegner zu eigen.
 
  
Sobald sich im Buddhis·mus die Auf·fassung durch·gesetzt hatte, dass der {{s|Dharma}} nicht allein durch Mild·tätig·keit und Welt·ent·sagung, sondern auch durch den (symbolischen?) Einsatz kriege·rischer Mittel be·schützt, bzw. ver·breitet werden konnte, ent·standen also parallel zu Buddhas und Bodhi·sattvas neue Klassen von furcht·ein·flößenden Erschei·nungen, die zunächst entweder als zum Bud·dhis·mus bekehrte, ehe·mals feind·liche Gott·heiten, mit zu·nehmen·der Beliebt·heit aber auch als „zorn·volle Erschei·nungsform“ eines Buddhas oder Bodhi·sattvas inter·pretiert wurden. Zur letzteren Gruppe zählen in Japan die ''myōō'', die unter den zornigen Gott·heiten somit eine Art Aristo·kratie dar·stellen. Sie genos·sen zusammen mit den nieder·rangigeren {{skt:deva|Deva-Gottheiten}} (''tenbu'') vor allem im von Bürger·kriegen gezeich·neten japa·nischen Mittel·alter große Ver·ehrung.
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Als wieder fried·lichere Zeiten an·brachen, gerieten die meisten eso·teri·schen Schutz·gott·heiten (mit Aus·nahme Fudōs) weit·gehend in Ver·gessen·heit oder wurden in ihrem Wirkungs·bereich ein·ge·schränkt und um·gedeutet. Die heutigen [[Ikonographie/Gluecksgoetter | Glücksgötter]] {{glossar:benzaiten|Benzai-ten}}, {{glossar:bishamonten}} und {{glossar:daikoku|Daikoku-ten}} können bei·spiels·weise auf eine Karriere als furcht·erregende Schutz·gott·hei·ten zurück·blicken. Be·son·ders interes·sant ist der Fall des Daikoku, der einst·mals auch unter dem Namen {{glossar:makakaraten}} (skt. {{skt:Mahakala}}, wtl. „Großer Schwar·zer“) in einer Gestalt verehrt wurde, die direkt aus dem tibeti·schen Buddhis·mus über·nommen zu sein scheint. Im Laufe der Edo-Zeit gewannen seine Eigen·schaf·ten als Gott des Reich·tums aber die Ober·hand über seine schau·rigen Attri·bute. In manchen älteren Dar·stel·lungen noch seinem Namen gemäß schwarz und düster, ist er heute nur noch als ewig lächelnder Glücksgott bekannt (s. dazu auch den Essay [[Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku | Meta·morpho·sen des Daikoku]]).
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Als wieder friedlichere Zeiten anbrachen, gerieten die meisten esoterischen Schutzgottheiten (mit Ausnahme Fudōs) weitgehend in Vergessenheit oder wurden in ihrem Wirkungsbereich eingeschränkt und umgedeutet. Die heutigen [[Ikonographie/Gluecksgoetter | Glücksgötter]] {{g|benzaiten|Benzai-ten}}, {{g|bishamonten}} und {{g|daikoku|Daikoku-ten}} können beispielsweise auf eine Karriere als furchterregende Schutzgottheiten zurückblicken. Besonders interessant ist der Fall des Daikoku, der einstmals auch unter dem Namen {{g|makakara}} (skt. {{s|Mahakala}}, wtl. „Großer Schwarzer“) in einer Gestalt verehrt wurde, die direkt aus dem tibetischen Buddhismus übernommen zu sein scheint. Im Laufe der Edo-Zeit gewannen seine Eigenschaften als Gott des Reichtums aber die Oberhand über seine schaurigen Attribute. In manchen älteren Darstellungen noch seinem Namen gemäß schwarz und düster, ist er heute nur noch als ewig lächelnder Glücksgott bekannt (s. dazu auch {{showTitel|Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku|anf=1}}).
 
+
{{Verweise
{{Linkbox|text=
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|thisway=Ikonographie/Waechtergoetter
*[http://www.kms.ac.jp/%7ehsc/henro/f_k_j/fudo.htm Shikoku Henro Shashinshū] (jap.)<br/>Fudō-Statuen entlang der 88 Tempel Pilgerroute in Shikoku.
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| links=
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*[http://www.kms.ac.jp/~hsc/henro/FJK/fudo/fudo.htm Shikoku Henro Shashinshū] (jap.)<br/>Fudō-Statuen entlang der 88 Tempel Pilgerroute in Shikoku.
 
*[http://www.touji-ennichi.com/info/koudo_j.htm Tōji Kōdō Rittai Mandara] (jap.)<br/>„Skulpturen-Mandala in der Predigthalle des Tōji Tempels“: Darstellung und Besprechung einer Skulpturengruppe des „Ost-Tempels“ (Tōji) in Kyoto, zu der auch die Godai Myōō gehören.
 
*[http://www.touji-ennichi.com/info/koudo_j.htm Tōji Kōdō Rittai Mandara] (jap.)<br/>„Skulpturen-Mandala in der Predigthalle des Tōji Tempels“: Darstellung und Besprechung einer Skulpturengruppe des „Ost-Tempels“ (Tōji) in Kyoto, zu der auch die Godai Myōō gehören.
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Aktuelle Version vom 24. August 2024, 15:22 Uhr

Fudō Myōō &Co

Myōō [myōō (jap.) 明王 wtl. Licht-König, auch „Mantra-König“ oder „Weisheits-König“; meist zornvoll dargestellte Schutzgottheit; skt. vidyaraja] bilden neben Buddhas [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] und Bodhisattvas [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)] eine eigene Kategorie von buddhistischen Heilsfiguren. Ihr Aussehen ist jedoch nicht mit der entspannten Schönheit bekannter Buddha-Figuren zu vergleichen. Myōō haben zornverzerrte Gesichtszüge, Raubtierzähne und oft ein drittes Auge auf der Stirn. Ihre Haut ist rot oder schwarz, in den Händen halten sie gefährliche Waffen, und oft sind sie von einer Aureole aus flackernden Flammen umgeben.

Daiitoku myoo detail.jpg
1
Daiitoku (skt. Yamantaka), ein myōō mit sechs Köpfen, sechs Beinen und sechs Armen. Teil der Fünf Großen Myōō (Godai Myōō), dem Westen zugeordnet. Verkörpert den zornvollen Aspekt des Budda Amida.
Kamakura-Zeit, 13. Jh. Minneapolis Institute of Art.
Aizen 1256.jpg
2
Aizen Myōō (skr. Rāgarāja), der Mantrakönig (myōō) der Liebe, mit feuerroter Haut, zu Berge flammendem Haar, Raubtierzähnen, einem dritten Auge und einer Kappe mit Löwenkopf. Die Statue enthält eine Inschrift, laut der der Bildhauer Kaijō die Figur aus einem halbverbrannten Holzpfeiler schnitzte, der ehemals Teil der Halle des Großen Buddha des Tōdai-ji (zerstört 1180, wiedererrichtet ab 1195) gewesen war.
Werk von Kaijō (oder Kaisei). Kamakura-Zeit, 1256. e-Museum.
Gosanze myoo.jpg
3
Gōzanze Myōō (skt. Trailokyavijaya) mit der charakteristischen mudra der Dämonenabwehr (Gōsanze-in).
14. Jh. Kyōto National Museum, Saichō and Treasures of Tendai (Ausstellungskatalog) 2005, S. 165.
Charakteristische myōō

Die gängige Übersetzung von myōō, „Weisheits-König“, scheint nicht ganz zu diesen aggressiv-furchterregenden Erscheinungen zu passen. Doch wird die Macht der myōō nicht als feindlich aufgefasst, sondern man trachtet danach, sie als Verbündete gegen böse Kräfte zu gewinnen.

Wortbedeutung

Der Titel myōō [myōō (jap.) 明王 wtl. Licht-König, auch „Mantra-König“ oder „Weisheits-König“; meist zornvoll dargestellte Schutzgottheit; skt. vidyaraja] (skt. vidyaraja [vidyārāja (skt.) विद्याराज „Mantra-König, Weisheits-König“, Kategorie zornvoller Schutzgottheiten im Buddhismus (jap. myōō 明王)]) ist aus den Zeichen 明 (myō, „Licht“) und 王 (ō, „König“) zusammengesetzt. „König“ (skt. raja [rāja (skt.) राज „König“ (jap. ō 王)]) wird im Buddhismus häufig im Sinne von Beschützer verwendet, bezeichnet also nicht notwendigerweise den höchsten Herrscher. Das Zeichen „Licht“ steht hier für Sanskrit vidya [vidyā (skt.) विद्या „Wissen“ (jap. myō 明)], was u.a. „Weisheit“ bedeutet. Daher die Bezeichnung „Weisheitskönig“ oder „wisdom king“. Doch kann sowohl vidya als auch myō im esoterischen Buddhismus „durch magische Formeln erlangte Weisheit“ und davon abgeleitet „magische Formel“ bzw. mantra [mantra (skt.) मन्त्र Gebetsformel (jap. shingon 真言)] bedeuten.1 Dementsprechend bevorzuge ich die Übersetzung „Mantra-König“. Myōō sind demnach die Könige bzw. Beschützer, die über die Mantren herrschen, oder aber durch Mantren angerufen bzw. aktiviert werden können (s. dazu auch Ordnungssysteme im buddhistischen Pantheon).

Fudō, der Unbewegte

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4 Fudō Myōō
Fudō Myōō von Kaikei bzw. aus der Werkstatt der Kei-Schule. Stilistisch eng verwandt mit dem berühmten Fudō des Daigo-ji, der 1203 datiert ist. Besonders auffallend die hervorquellenden Augen, die aus Glas bestehen und innen in die Statue eingelegt wurden.
Werk von Kaikei. Kamakura-Zeit, frühes 13. Jh. Burke Collection.

Der bei weitem populärste myōō Japans ist Fudō [Fudō Myōō (jap.) 不動明王 prominentester japanischer myōō (Mantra-König), wtl. „der Unbewegliche“], „der Unbewegte“ oder „Standfeste“. Er ist, wie die anderen myōō, mit dem esoterischen Buddhismus nach Japan gekommen, genießt aber auch außerhalb der esoterischen Richtungen (Shingon [Shingon-shū (jap.) 真言宗 Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan] und Tendai [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai]) ganz besondere Verehrung.

Fudō begegnet uns bereits im indischen Buddhismus (unter dem Namen Acala [Acala (skt.) अचल „Unbeweglich“, Beinamen des in Japan wichtigsten Mantra-Königs (jap. Fudō 不動)], was auch auf Sanskrit „unbeweglich“ bedeutet). Ikonographisch taucht er aber in Indien und China nur sehr selten auf. In Japan, wo er zusammen mit den meisten anderen myōō erstmals durch Kūkai [Kūkai (jap.) 空海 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi] (774–835), den Begründer des esoterischen Buddhismus, bekannt gemacht worden sein soll, erlangte er nicht nur eine größere Beliebtheit als in anderen asiatischen Ländern, auch innerhalb der japanischen myōō ist kein anderer ähnlich populär wie er. Feuer und Schwert sind seine typischen Attribute, oft hält er auch ein Seil in seiner Linken zum Einfangen von Dämonen. Seine Haut ist zumeist schwarz oder blau.

Wenn Fudō rituell angesprochen wird, so meist im Zusammenhang mit den Feuer-Riten (goma gyōji [goma gyōji (jap.) 護摩行事 buddh. Feuerritus, skt. Homa]) des esoterischen Buddhismus. Diese werden auch heute noch häufig praktiziert. Große Tempel haben oft Seitenaltäre, manchmal auch Seitengebäude, die Fudō geweiht sind und wo goma-Zeremonien abgehalten werden. Kleine Fudō Tempel findet man vereinzelt in gebirgigen Regionen, wo sie mit den Kulten der Bergasketen (yamabushi [yamabushi (jap.) 山伏 Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō]) in Verbindung stehen. Auch entlang der Route der 88 Pilgertempel von Shikoku [Shikoku hachijū hakkasho (jap.) 四国八十八箇所 Die 88 Pilgerstätten von Shikoku.] stößt man immer wieder auf Fudō-Kulte der yamabushi, die in Verbindung mit dem Feuer stehen.

Aizen, Mantra-König der Liebe

Aizen Myōō [Aizen Myōō (jap.) 愛染明王 wtl. Mantra-König der Liebe; einer der bekanntesten myōō Japans] wird oft schreckenerregender als Fudō dargestellt. Erkennbar an seiner feuerroten Hautfarbe und an Pfeil und Bogen (neben anderen Waffen) kann er bis zu sechs Arme und Beine besitzen. Auch er erfährt vor allem im japanischen esoterischen Buddhismus große Verehrung und wird hier oft in Kombination mit Fudō verehrt. Sein Name bedeutet zwar wörtlich „Mantra-König der Liebe“, doch bedeutet das lediglich, dass er die irdischen Leidenschaften der Menschen in die rechten Gefühle eines bosatsu [bosatsu (jap.) 菩薩 Bodhisattva, buddhistische Heilsgestalt] verwandelt — und das mit seinen Methoden.

Aizen nezu.jpg
5 Hängerollbild, um 1300
Drei Augen, sechs Arme, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, thront Aizen Myōō hier auf einer Lotosblüte, umrahmt von einer roten Mondscheibe. Die Ikonographie beruht auf dem Yugi-kyō, einem wahrscheinlich in China entstandenen Sutra des esoterischen Buddhismus, das Aizen ein eigenes Kapitel widmet.
Kamakura-Zeit. Nezu Museum.
Aizen mandara 1107.jpg
6 Skizze, 1107
Aizen Myōō als zentrale Gestalt im ältesten erhaltenen Aizen mandala aus dem Jahr 1107. Obwohl Aizen vor allem im Shingon Buddhismus hochgehalten wird, entstammt die Vorlage zu diesem Mandala der Tendai-shū.
Heian-Zeit, 1107. Metropolitan Museum, New York.
Aizen Myōō

Aizen soll ursprünglich in esoterischen Regenriten (shōu [shōu (jap.) 請雨 Regenbitte; Ritus, um Regen zu erwirken; s.a. amagoi, kiu]) eine besondere Rolle gespielt haben. Am kaiserlichen Hof der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit erzielte er einen ersten Achtungserfolg, als ein Shingon Mönch mit seiner Hilfe den frühen Tod eines Tennō (Go-Reizei Tennō [Go-Reizei Tennō (jap.) 後冷泉天皇 1025–1068 (r. 1045–1068), 70. Kaiser von Japan], 1025–1068) herbeibetete, um einem anderen Kandidaten (dem späteren Go-Sanjō Tennō [Go-Sanjō Tennō (jap.) 後三条天皇 1034–1073 (r. 1068–1073), 71. Kaiser von Japan], 1034–1073) zum Thron zu verhelfen.2

Wie die meisten anderen myōōs (außer Fudō) dürfte Aizen gegen Ende des Mittelalters allmählich an Bedeutung verloren haben und ist daher heute verhältnismäßig wenig bekannt. Doch noch in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit fühlten sich Liebende — oder die, die mit der Liebe handelten — zu ihm hingezogen. Er galt zu dieser Zeit als der Beschützer der Geishas in Yoshiwara [Yoshiwara (jap.) 吉原 Freudenviertel des Edo-zeitlichen Tōkyō], dem Freudenviertel von Edo.

Die Fünf Großen Myōō

Neben Fudō und Aizen stößt man vereinzelt auch auf die Gruppe der Fünf Großen Myōō (Godai Myōō [Godai Myōō (jap.) 五大明王 die Fünf Großen Myōō]), in deren Zentrum wiederum Fudō steht, während vier weitere myōō nach den Himmelsrichtungen um ihn gruppiert sind. Laut Shingon-Tradition verkörpern sie die zornvollen Erscheinungsformen der fünf Hauptbuddhas im Vajra-Welt Mandala (Kongōkai mandara [Kongōkai mandara (jap.) 金剛界曼陀羅 Vajra-Welt-Mandala, Diamant-Welt-Mandala; Mandala des Buddha Dainichi in seiner „Vajra-Welt“ (Kongōkai)]) und setzen sich folgendermaßen zusammen:

  1. Fudō Myōō, Mitte (Erscheinungsform des Dainichi Nyorai [Dainichi Nyorai (jap.) 大日如来 Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“]). Mit lediglich zwei Armen, zwei Augen, etc. unter den Fünf Myōō der menschenähnlichste.
  2. Gōzanze Myōō [Gōzanze Myōō (jap.) 降三世明王 skt. Trailokyavijaya, einer der Fünf Großen Myōō], skt. Trailokyavijaya [Trailokyavijaya (skt.) त्रैलोक्यविजय „Bezwinger der drei Welten“, einer der Fünf Großen Myōō (jap. Gōzanze 降三世)] („Bezwinger der drei Welten“), Osten (Ashuku Nyorai). Steht auf zwei menschlichen Figuren, die Shiva und seine Gespielin repräsentieren.
  3. Gundari Myōō [Gundari Myōō (jap.) 軍荼利明王 skt. Kundali, einer der Fünf Großen Myōō], skt. Kundali [Kuṇḍali (skt.) कुण्डलि „Geringelt, schlangenhaft“, Beinamen eines der Fünf Großen Myōō (jap. Gundari 軍荼利)], Süden (Hōshō Nyorai).
  4. Daiitoku Myōō [Daiitoku Myōō (jap.) 大威徳明王 skt. Yamantaka, einer der Fünf Großen Myōō], skt. Yamantaka [Yamāntaka (skt.) यमान्तक „Bezwinger des Todes (Yama)“, einer der Fünf Großen Myōō (jap. Daiitoku Myōō 大威徳明王)] („der Überwinder des Yama [Yama (skt.) यमराज Gottheit der Unterwelt und des Todes (jap. Enma 閻魔)]“), Westen (Amida Nyorai [Amida Nyorai (jap.) 阿弥陀如来 Amida Buddha; skt. Buddha Amitabha]). Seinem Namen entsprechend überwindet er den König der Unterwelt (Yama, jap. Enma [Enma (jap.) 閻魔 skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen]), bzw. den Tod. Charakteristischerweise reitet Yamantaka auf dem Büffel des Yama (bzw. hat in manchen tibetischen Darstellungen auch den Kopf eines Büffels).
  5. Kongōyasha Myōō [Kongōyasha Myōō (jap.) 金剛夜叉 skt. Vajrayaksha, einer der Fünf Großen Myōō], skt. Vajrayaksa [Vajrayakṣa (skt.) वज्रयक्ष „Vajra General“, einer der Fünf Großen Myōō (jap. Kongōyasha 金剛夜叉)] („Vajra [vajra (skt.) वज्र „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)]-General“), Norden (Fukūjōja Nyorai). Besitzt ein Gesicht mit fünf Augen.
Kongoyasha myoo toji.jpg
7 Kongō Yasha Myōō (N)
Kongōyasha Myōō aus der Gruppe der Godai Myōō des Tōji in Kyōto.
Heian-Zeit, 839. Bildquelle: unbekannt.
Gundari myoo toji.jpg
8 Gundari Myōō (S)
Gundari Myōō aus der Gruppe der Godai Myōō des Tōji in Kyōto.
Heian-Zeit, 839. Bildquelle: unbekannt.
Fudo toji.jpg
9 Fudō Myōō
Älteste erhaltene Statue des Fudō Myōō (skt. Acala) Japans.
839. Tōji Kōdō Ritai Mandara.
Gosanze myoo toji.jpg
10 Gozanze Myōō (O)
Gōzanze Myōō (skt. Trailokyavijaya) mit vier Gesichtern und acht Armen, auf den Körpern von Shiva und seiner Gespielin Parvati (Umā) tanzend. Statue aus der Gruppe der n der „Fünf Großen Myōō“ (Godai Myōō) des Tōji in Kyōto, die zusammen mit anderen Figuren des esoterischen Buddhismus im Auftrag von Kūkai als dreidimensionales Mandala angelegt und 839 vollendet wurden. S.a. Tōji kōbō-ichi (2011/10)
Heian-Zeit, 839. unbekannt.
Daiitoku myoo toji.jpg
11 Daiitoku Myōō (W)
Daiitoku Myōō aus der Gruppe der Godai Myōō des Tōji in Kyōto. Charakterisiert durch sein Reittier, den Stier. Dies verbindet ihn mit Enma (skt. Yama), dem Herrn der Totenwelt.
Heian-Zeit, 839. Bildquelle: unbekannt.

Die älteste und berühmteste Darstellung dieser Gruppe stammt aus dem Jahr 839 und befindet sich im Tōji [Tōji (jap.) 東寺 Ost-Tempel in Kyōto, eig. Kyōō Gokoku-ji (Tempel des Königs der Lehre zum Schutz des Landes)], einem der Haupttempel des Shingon Buddhismus. Die Statuen wurden von Kūkai [Kūkai (jap.) 空海 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi] in Auftrag gegeben, der diese Gestalten in Japan bekannt machte. Sie repräsentieren somit den Ausgangspunkt der japanischen myōō-Ikonographie. Allerdings setzte sich das Ensemble der Fünf nicht auf Dauer durch: Gestalten wie Aizen oder der pferdeköpfige Batō Myōō (auch Batō Kannon [Batō Kannon (jap.) 馬頭観音 Kannon mit dem Pferdekopf, eine zornvolle Manifestation Kannons]) überflügelten die Gruppe an Bedeutung. Lediglich der von Kūkai besonders verehrte Fudō fand in Japan so etwas wie seine wahre Heimat.

Die kriegerischen Züge der Myōō

Myōō sind ebenso wie die meisten anderen Wächtergottheiten (tenbu [tenbu (jap.) 天部 Gruppe der indischen bzw. aus Indien übernommene Gottheiten im japanischen Buddhismus (skt. deva)]) mit dem esoterischen Buddhismus (Tantrismus [tantra (skt.) तन्त्र „Gewebe“, Lehrschrift des esoterischen Buddhismus (ähnlich sutra, aber meist mit rituellem Inhalt)], Vajrayana [Vajrayāna (skt.) वज्रयन „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)]) in Japan verbreitet worden. Obwohl die Ikonographie der japanischen myōō sich bis zu Kūkai, also bis ins 9. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, war ihre große Zeit das japanische Mittelalter (12.–16. Jh.), als esoterische Riten in fast allen großen Tempeln, vor allem aber in Shingon- und Tendai-Klöstern praktiziert wurden. Es hat den Anschein, als ob diese Beliebtheit furchterregender Figuren, auch wenn sie noch so symbolisch gedeutet werden mögen, in unruhigen, kriegerischen Zeiten besonders ausgeprägt war. Dies lässt sich bereits in Indien nachweisen, wo in den ersten Jahrhunderten unserer Zeit mit der Figur des „Vajraträgers“ (skt. Vajrapani [Vajrapāṇi (skt.) वज्रपाणि „Vajrahand“, Vajraträger (jap. Kongōshu 金剛手)], jap. kongōshu [kongōshu (jap.) 金剛手 Vajra-Hand, skt. Vajrapani; s.a. Niō]) ein Prototyp für alle weiteren zornvollen Gestalten entsteht. Der Buddhismus hatte in dieser Zeit zunehmend mit der Konkurrenz shivaitischer und vishnuitischer Glaubensformen zu kämpfen, in denen die jeweiligen Hauptgötter (Shiva [Śiva (skt.) शिव „Glückverheißender“, indische Göttheit, auch Maheshvara oder Ishvara (jap. Daijizai-ten 大自在天)] und Vishnu [Viṣṇu (skt.) विष्णु indische (vedische) Gottheit; gilt im Vishnuismus als Manifestation des höchsten Seins]) als siegreiche Kriegsherren dargestellt wurden, und übernahm dabei deren Umgang mit kriegerischen Symbolen. Zu diesen zählt auch der vajra [vajra (skt.) वज्र „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)] (jap. kongō [kongō (jap.) 金剛 skt. Vajra; „Diamant“, magische Waffe, Donnerkeil]), der u.a. dem „diamantenen Fahrzeug“ — Vajrayana, Synonym des esoterischen Buddhismus — seinen Namen gab: ursprünglich handelte es sich dabei um eine Waffe oder ein Insignium der Herrschaft. Viele esoterisch-buddhistische Wächtergötter scheinen also zunächst als Verteidiger des Buddhismus gegen Feinde aus dem „hinduistischen Lager“ aufgetreten zu sein und machten sich dabei die Attribute ihrer Gegner zu eigen.

Sobald sich im Buddhismus die Auffassung durchgesetzt hatte, dass der Dharma [Dharma (skt.) धर्म Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha) (jap. 法)] nicht allein durch Mildtätigkeit und Weltentsagung, sondern auch durch den (symbolischen?) Einsatz kriegerischer Mittel beschützt, bzw. verbreitet werden konnte, entstanden also parallel zu Buddhas und Bodhisattvas neue Klassen von furchteinflößenden Erscheinungen, die zunächst entweder als zum Buddhismus bekehrte, ehemals feindliche Gottheiten, mit zunehmender Beliebtheit aber auch als „zornvolle Erscheinungsform“ eines Buddhas oder Bodhisattvas interpretiert wurden. Zur letzteren Gruppe zählen in Japan die myōō, die unter den zornigen Gottheiten somit eine Art Aristokratie darstellen. Sie genossen zusammen mit den niederrangigeren Deva-Gottheiten [deva (skt.) देव „Gottheit“, oberste Klasse indischer Götter (jap. -ten 天 oder tenbu 天部)] (tenbu) vor allem im von Bürgerkriegen gezeichneten japanischen Mittelalter große Verehrung.

Makakara daikoku.jpg
12 Esoterischer Mahakala/Daikoku
Makakara (oder auch Daikoku, skt. Mahakala) hier als zentrale Figur eines ihm gewidmeten Mandala (Makakara mandara). Die Abbildung entstammt dem Titelblatt eines Buches zu diesem Thema.
Edo-Zeit. Yamamoto Hiroko, Ishin. Chūsei Nihon no mikkyōteki sekai („Seltsame Götter: Die esoterische Welt des japanischen Mittelalters“), Titelblatt.
Daikoku neu.jpg
13 Daikoku heute
Daikoku, wie er als einer der sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin) in modernen Souvenierläden zu finden ist.
20. Jh. Bildquelle: unbekannt.

Als wieder friedlichere Zeiten anbrachen, gerieten die meisten esoterischen Schutzgottheiten (mit Ausnahme Fudōs) weitgehend in Vergessenheit oder wurden in ihrem Wirkungsbereich eingeschränkt und umgedeutet. Die heutigen Glücksgötter Benzai-ten [Benzaiten (jap.) 弁才天/弁財天 Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten], Bishamon-ten [Bishamon-ten (jap.) 毘沙門天 Himmelswächter des Nordens, Glücksgott; abgeleitet von einem indischen Gott des Reichtums, Vaishravana] und Daikoku-ten [Daikoku (jap.) 大黒 Gott des Reichtums und Stellvertreter der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); skt. Mahakala = „Großer Schwarzer“; auch Daikoku-ten] können beispielsweise auf eine Karriere als furchterregende Schutzgottheiten zurückblicken. Besonders interessant ist der Fall des Daikoku, der einstmals auch unter dem Namen Makakara [Makakara (jap.) 摩訶迦羅 skt. Mahakala, „Großer Schwarzer“; alternativer Name des Glücksgotts Daikoku] (skt. Mahakala [Mahākāla (skt.) महाकाल „Großer Schwarzer“, esoterische Gottheit (jap. Makakara 摩訶迦羅 oder Daikoku 大黒)], wtl. „Großer Schwarzer“) in einer Gestalt verehrt wurde, die direkt aus dem tibetischen Buddhismus übernommen zu sein scheint. Im Laufe der Edo-Zeit gewannen seine Eigenschaften als Gott des Reichtums aber die Oberhand über seine schaurigen Attribute. In manchen älteren Darstellungen noch seinem Namen gemäß schwarz und düster, ist er heute nur noch als ewig lächelnder Glücksgott bekannt (s. dazu auch „Die rätselhafte Karriere des Daikoku“).

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Mikkyō jiten.
  2. Trenson 2018, S. 113. Der Thronwechsel gilt als Bruch im Machtmonopol der Fujiwara und als Auftakt zum System der Ex-Kaiser-Regierung (insei).

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen

  • Shikoku Henro Shashinshū (jap.)
    Fudō-Statuen entlang der 88 Tempel Pilgerroute in Shikoku.
  • Tōji Kōdō Rittai Mandara (jap.)
    „Skulpturen-Mandala in der Predigthalle des Tōji Tempels“: Darstellung und Besprechung einer Skulpturengruppe des „Ost-Tempels“ (Tōji) in Kyoto, zu der auch die Godai Myōō gehören.


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Steven Trenson, „A Study on the Combination of the Deities Fudō and Aizen in Medieval Shingon Esoteric Buddhism“. In: Ann Heirman, Carmen Meinert, Christoph Anderl (Hg.), Buddhist Encounters and Identities Across East Asia. Leiden: Brill, 2018, 108–136. (Online.)

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Daiitoku myoo detail.jpg
    Daiitoku (skt. Yamantaka), ein myōō mit sechs Köpfen, sechs Beinen und sechs Armen. Teil der Fünf Großen Myōō (Godai Myōō), dem Westen zugeordnet. Verkörpert den zornvollen Aspekt des Budda Amida.
    Kamakura-Zeit, 13. Jh. Minneapolis Institute of Art.
  2. ^ 
    Aizen 1256.jpg
    Aizen Myōō (skr. Rāgarāja), der Mantrakönig (myōō) der Liebe, mit feuerroter Haut, zu Berge flammendem Haar, Raubtierzähnen, einem dritten Auge und einer Kappe mit Löwenkopf.

    Die Statue enthält eine Inschrift, laut der der Bildhauer Kaijō die Figur aus einem halbverbrannten Holzpfeiler schnitzte, der ehemals Teil der Halle des Großen Buddha des Tōdai-ji (zerstört 1180, wiedererrichtet ab 1195) gewesen war.
    Werk von Kaijō (oder Kaisei). Kamakura-Zeit, 1256. e-Museum.

  3. ^ 
    Gosanze myoo.jpg
    Gōzanze Myōō (skt. Trailokyavijaya) mit der charakteristischen mudra der Dämonenabwehr (Gōsanze-in).
    14. Jh. Kyōto National Museum, Saichō and Treasures of Tendai (Ausstellungskatalog) 2005, S. 165.
  4. ^ 
    Fudo kaikei 2b.jpg
    Fudō Myōō von Kaikei bzw. aus der Werkstatt der Kei-Schule. Stilistisch eng verwandt mit dem berühmten Fudō des Daigo-ji, der 1203 datiert ist. Besonders auffallend die hervorquellenden Augen, die aus Glas bestehen und innen in die Statue eingelegt wurden.
    Werk von Kaikei. Kamakura-Zeit, frühes 13. Jh. Burke Collection.
  5. ^ 
    Aizen nezu.jpg
    Drei Augen, sechs Arme, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, thront Aizen Myōō hier auf einer Lotosblüte, umrahmt von einer roten Mondscheibe. Die Ikonographie beruht auf dem Yugi-kyō, einem wahrscheinlich in China entstandenen Sutra des esoterischen Buddhismus, das Aizen ein eigenes Kapitel widmet.
    Kamakura-Zeit. Nezu Museum.
  6. ^ 
    Aizen mandara 1107.jpg
    Aizen Myōō als zentrale Gestalt im ältesten erhaltenen Aizen mandala aus dem Jahr 1107. Obwohl Aizen vor allem im Shingon Buddhismus hochgehalten wird, entstammt die Vorlage zu diesem Mandala der Tendai-shū.
    Heian-Zeit, 1107. Metropolitan Museum, New York.
  7. ^ 
    Kongoyasha myoo toji.jpg
    Kongōyasha Myōō aus der Gruppe der Godai Myōō des Tōji in Kyōto.
    Heian-Zeit, 839. Bildquelle: unbekannt.
  1. ^ 
    Gundari myoo toji.jpg
    Gundari Myōō aus der Gruppe der Godai Myōō des Tōji in Kyōto.
    Heian-Zeit, 839. Bildquelle: unbekannt.
  2. ^ 
    Fudo toji.jpg
    Älteste erhaltene Statue des Fudō Myōō (skt. Acala) Japans.
    839. Tōji Kōdō Ritai Mandara.
  3. ^ 
    Gosanze myoo toji.jpg
    Gōzanze Myōō (skt. Trailokyavijaya) mit vier Gesichtern und acht Armen, auf den Körpern von Shiva und seiner Gespielin Parvati (Umā) tanzend. Statue aus der Gruppe der n der „Fünf Großen Myōō“ (Godai Myōō) des Tōji in Kyōto, die zusammen mit anderen Figuren des esoterischen Buddhismus im Auftrag von Kūkai als dreidimensionales Mandala angelegt und 839 vollendet wurden. S.a. Tōji kōbō-ichi (2011/10)
    Heian-Zeit, 839. unbekannt.
  4. ^ 
    Daiitoku myoo toji.jpg
    Daiitoku Myōō aus der Gruppe der Godai Myōō des Tōji in Kyōto. Charakterisiert durch sein Reittier, den Stier. Dies verbindet ihn mit Enma (skt. Yama), dem Herrn der Totenwelt.
    Heian-Zeit, 839. Bildquelle: unbekannt.
  5. ^ 
    Makakara daikoku.jpg
    Makakara (oder auch Daikoku, skt. Mahakala) hier als zentrale Figur eines ihm gewidmeten Mandala (Makakara mandara). Die Abbildung entstammt dem Titelblatt eines Buches zu diesem Thema.
    Edo-Zeit. Yamamoto Hiroko, Ishin. Chūsei Nihon no mikkyōteki sekai („Seltsame Götter: Die esoterische Welt des japanischen Mittelalters“), Titelblatt.
  6. ^ 
    Daikoku neu.jpg
    Daikoku, wie er als einer der sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin) in modernen Souvenierläden zu finden ist.
    20. Jh. Bildquelle: unbekannt.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Acala (skt.) अचल ^ „Unbeweglich“, Beinamen des in Japan wichtigsten Mantra-Königs (jap. Fudō 不動)
  • Aizen Myōō 愛染明王 ^ wtl. Mantra-König der Liebe; einer der bekanntesten myōō Japans
  • Amida Nyorai 阿弥陀如来 ^ Amida Buddha; skt. Buddha Amitabha
  • Batō Kannon 馬頭観音 ^ Kannon mit dem Pferdekopf, eine zornvolle Manifestation Kannons
  • Benzaiten 弁才天/弁財天 ^ Glücksgöttin im Ensemble der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); Gottheit des Wassers, der Musik und der Beredsamkeit; skt. Sarasvati; auch: Benten
  • Bishamon-ten 毘沙門天 ^ Himmelswächter des Nordens, Glücksgott; abgeleitet von einem indischen Gott des Reichtums, Vaishravana
  • Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
  • bosatsu 菩薩 ^ Bodhisattva, buddhistische Heilsgestalt
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • Daiitoku Myōō 大威徳明王 ^ skt. Yamantaka, einer der Fünf Großen Myōō
  • Daikoku 大黒 ^ Gott des Reichtums und Stellvertreter der Sieben Glücksgötter (Shichi Fukujin); skt. Mahakala = „Großer Schwarzer“; auch Daikoku-ten
  • Dainichi Nyorai 大日如来 ^ Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“
  • deva (skt.) देव ^ „Gottheit“, oberste Klasse indischer Götter (jap. -ten 天 oder tenbu 天部)
  • Dharma (skt.) धर्म ^ Gesetz (des Universums), Lehre (des Buddha) (jap. 法)
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • Enma 閻魔 ^ skt. Yama; König oder Richter der Unterwelt; auch Enra; meist als Enma-ten oder Enma-ō angesprochen
  • Fudō Myōō 不動明王 ^ prominentester japanischer myōō (Mantra-König), wtl. „der Unbewegliche“
  • Godai Myōō 五大明王 ^ die Fünf Großen Myōō
  • goma gyōji 護摩行事 ^ buddh. Feuerritus, skt. Homa
  • Go-Reizei Tennō 後冷泉天皇 ^ 1025–1068 (r. 1045–1068), 70. Kaiser von Japan
  • Go-Sanjō Tennō 後三条天皇 ^ 1034–1073 (r. 1068–1073), 71. Kaiser von Japan
  • Gōzanze Myōō 降三世明王 ^ skt. Trailokyavijaya, einer der Fünf Großen Myōō
  • Gundari Myōō 軍荼利明王 ^ skt. Kundali, einer der Fünf Großen Myōō
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • kongō 金剛 ^ skt. Vajra; „Diamant“, magische Waffe, Donnerkeil
  • Kongōkai mandara 金剛界曼陀羅 ^ Vajra-Welt-Mandala, Diamant-Welt-Mandala; Mandala des Buddha Dainichi in seiner „Vajra-Welt“ (Kongōkai)
  • kongōshu 金剛手 ^ Vajra-Hand, skt. Vajrapani; s.a. Niō
  • Kongōyasha Myōō 金剛夜叉 ^ skt. Vajrayaksha, einer der Fünf Großen Myōō
  • Kuṇḍali (skt.) कुण्डलि ^ „Geringelt, schlangenhaft“, Beinamen eines der Fünf Großen Myōō (jap. Gundari 軍荼利)
  • Kūkai 空海 ^ 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi
  • Mahākāla (skt.) महाकाल ^ „Großer Schwarzer“, esoterische Gottheit (jap. Makakara 摩訶迦羅 oder Daikoku 大黒)
  • Makakara 摩訶迦羅 ^ skt. Mahakala, „Großer Schwarzer“; alternativer Name des Glücksgotts Daikoku
  • mantra (skt.) मन्त्र ^ Gebetsformel (jap. shingon 真言)
  • myōō 明王 ^ wtl. Licht-König, auch „Mantra-König“ oder „Weisheits-König“; meist zornvoll dargestellte Schutzgottheit; skt. vidyaraja
  • rāja (skt.) राज ^ „König“ (jap. ō 王)
  • Shikoku hachijū hakkasho 四国八十八箇所 ^ Die 88 Pilgerstätten von Shikoku.
  • Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
  • Śiva (skt.) शिव ^ „Glückverheißender“, indische Göttheit, auch Maheshvara oder Ishvara (jap. Daijizai-ten 大自在天)
  • shōu 請雨 ^ Regenbitte; Ritus, um Regen zu erwirken; s.a. amagoi, kiu
  • tantra (skt.) तन्त्र ^ „Gewebe“, Lehrschrift des esoterischen Buddhismus (ähnlich sutra, aber meist mit rituellem Inhalt)
  • tenbu 天部 ^ Gruppe der indischen bzw. aus Indien übernommene Gottheiten im japanischen Buddhismus (skt. deva)
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • Tōji 東寺 ^ Ost-Tempel in Kyōto, eig. Kyōō Gokoku-ji (Tempel des Königs der Lehre zum Schutz des Landes)
  • Trailokyavijaya (skt.) त्रैलोक्यविजय ^ „Bezwinger der drei Welten“, einer der Fünf Großen Myōō (jap. Gōzanze 降三世)
  • vajra (skt.) वज्र ^ „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)
  • Vajrapāṇi (skt.) वज्रपाणि ^ „Vajrahand“, Vajraträger (jap. Kongōshu 金剛手)
  • Vajrayakṣa (skt.) वज्रयक्ष ^ „Vajra General“, einer der Fünf Großen Myōō (jap. Kongōyasha 金剛夜叉)
  • Vajrayāna (skt.) वज्रयन ^ „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)
  • vidyā (skt.) विद्या ^ „Wissen“ (jap. myō 明)
  • vidyārāja (skt.) विद्याराज ^ „Mantra-König, Weisheits-König“, Kategorie zornvoller Schutzgottheiten im Buddhismus (jap. myōō 明王)
  • Viṣṇu (skt.) विष्णु ^ indische (vedische) Gottheit; gilt im Vishnuismus als Manifestation des höchsten Seins
  • Yama (skt.) यमराज ^ Gottheit der Unterwelt und des Todes (jap. Enma 閻魔)
  • yamabushi 山伏 ^ Bergasket, wtl. der in den Bergen schläft; Praktikant des Shugendō
  • Yamāntaka (skt.) यमान्तक ^ „Bezwinger des Todes (Yama)“, einer der Fünf Großen Myōō (jap. Daiitoku Myōō 大威徳明王)
  • Yoshiwara 吉原 ^ Freudenviertel des Edo-zeitlichen Tōkyō