Ikonographie/Gluecksgoetter/Hotei: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 14. Dezember 2020, 15:04 Uhr
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Um das Jahr 900 lebte in China der sagen·um·wobene Bettel·mönch Qici [Qici (chin.) 契此 chin. Bettelmönch aus dem 10. Jh., besser bekannt unter seinem Spitznamen Budai, „Jutesack“ (jap. Hotei)], besser bekannt unter seinem Spitz·namen Budai [Budai (chin.) 布袋 chinesischer Mönch (10. Jh.); gilt als Inkarnation von Bodhisattva Maitreya; jap. Hotei] („Jutesack“; auch Pu-tai; jap. Hotei [Hotei (jap.) 布袋 Glücksgott; Manifestation von Bodhisattva Maitreya; chin. Budai]). Budai war miss·ge·staltet und dick·bäuchig, stotterte und schlief ein, wo immer er hin·fiel. Aber er war auch magisch be·gabt. Auf seinem Körper blieb der Schnee nicht liegen und er konnte den Regen und andere Dinge vor·her·sagen. Er war mit jeder Nahrung zu·frie·den, nahm dankbar alle Spen·den, die man ihm gab, und hortete sie in seinem Sack. Er soll 916, nach einer anderen Version zwischen 901 und 904, ge·stor·ben sein.1
Budai und Maitreya
Oh Maitreya, wahrer Maitreya! Du besitzt unzählige Formen.
Du zeigst Dich beständig den Menschen, aber die Menschen erkennen Dich nicht. 2
Dieses Loblied auf Maitreya [Maitreya (skt.) मैत्रेय „Der Freundliche, der Liebevolle“, Buddha der Zukunft (jap. Miroku 弥勒)] soll von Budai stammen. Maitreya (jap. Miroku [Miroku (jap.) 弥勒 Bodhisattva Maitreya, „Buddha der Zukunft“]) war schon im in·dischen, vor allem aber im chine·sischen Buddhis·mus eine Art Messias-Figur (vgl. Der Große Buddha von Leshan). Er residiert im Tushita [Tuṣita (skt.) तुषित höchster Himmel im indisch-buddhistischen Pantheon (jap. Tosotsu-ten 兜率天)]-Himmel, dem vierten und höchsten Himmel der indischen Götter (deva [deva (skt.) देव „Gottheit“, oberste Klasse indischer Götter (jap. -ten 天 oder tenbu 天部)]), wo er als Bodhisattva [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)] der neunten Stufe auf seine Wieder·geburt als Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] wartet. Dies wird am Ende des der·zeitigen Welt·zeit·alters der Fall sein und zur Er·leuchtung aller führen, die an Maitreya geglaubt haben. Deshalb wird Maitreya auch als „Buddha der Zukunft“ apostro·phiert.
Kamakura-Zeit. Wakasa Obama no dejitaru bunkazai.
Budais Vers enthält jedoch die Botschaft, dass es gar nicht nötig ist, so lange zu warten, da Maitreya im Grunde schon über·all zu·ge·gen ist. Es kommt nur darauf an, dies auch zu er·kennen. Viel·leicht ist dieser dem Budai zu·ge·schrie·bene Gedanke auch der Grund, warum man ihn selbst im Lauf der Zeit als Inkarna·tion des Bodhi·sattva Maitreya ansah. In jedem Fall mahnt die Legende des Budai, nicht vor·schnell nach dem äußeren An·schein zu ur·teilen und weist da·rauf·hin, dass gerade die ein·fachsten Mönche am ehesten dem Ideal des Buddha ent·sprechen. Diese Idee findet man auch im chinesi·schen Arhat-Kult, der viele Be·rührungs·punkte mit der Budai-Legende aufweist.
Budai/ Hotei im Zen Buddhismus
Der Kult des Budai wurde vor allem durch den Chan/Zen Bud·dhis·mus maß·geb·lich vor·an ge·trieben. Er fand in Budai jene „aus·ge·flippte“, welt·ab·ge·wandte Exzentrik, die auch im Daoismus [Dōkyō (jap.) 道教 Daoismus, wtl. Lehre des Weges, chin. Daojiao; philosophisch-rel. Strömung Chinas; s.a. dō] ver·ehrt wird und die uns in ver·schie·denen legen·dären Figuren des Chan/Zen be·gegnet.
Katsushika Hokusai [Katsushika Hokusai (jap.) 葛飾北斎 1760–1849; Maler und Zeichner. Bekanntester Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts] hat in seinen Manga die be·sondere Ver·ehrung Hoteis im Zen satirisch über·spitzt dar·gestellt, indem er Hotei als ver·fetteten Tempel·gott auf dem Stuhl eines Zen-Abtes por·trai·tiert:
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit. Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art.
Die Figur des dick·bäuchigen „Lach·enden Buddhas“ ist aber weit über den Zen [Zen (jap.) 禅 chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus] hinaus Be·stand·teil der Volks·religion in China und Japan ge·worden. In China wirbt Budai in Restau·rants um Kunden, in Japan hat Hotei die kon·fessio·nellen Grenzen zum Shintō über·schritten, und wird im Ensemble der Sieben Glücks·götter (Shichi Fukujin [Shichi Fukujin (jap.) 七福神 Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft]) auch als eine Art kami [kami (jap.) 神 Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō] verehrt.
Hotei als Glücksgott
Bernhard Scheid, 2007.
Werk von Kanō Masanobu (1434–1530). Muromachi-Zeit. Awakenings, Zen Painting in Medieval Art.
Izumi Shimamura, flickr 2019.
Muromachi-Zeit, 1479. Museum of Fine Arts, Boston.
Werk von Tsukioka Yoshitoshi (1888). Meiji-Zeit. National Diet Library, Tōkyō.
Epilog: Brechts Budai
Es ist er·staunlich, dass der Dichter Bertolt Brecht [Brecht, Bertolt (west.) 1898–1956; deutscher Schriftsteller und Dramatiker, dem Ostasien, ohne dass er es näher kannte, häufig zur Inspiration seiner „Lehrstücke“ diente], der sich ja häufig in eklek·tischer Manier fern·östlicher Stoffe bediente, in Budai einen Ver·wandten seines Baal er·kannte, ein asozialer Frauen·held, den er in seinem Früh·werk als Bürger·schreck ver·herr·licht hatte. Dies ist der „Durch·sicht meiner ersten Stücke“ (1954) zu ent·nehmen, wo der ab·ge·klärte Brecht den chin·esischen Glücks·gott in Asso·ziation mit Baal folgender·maßen charak·terisiert:
Es gibt eine chin·esische Figur, meist finger·lang, aus Holz ge·schnitzt und zu Tausenden auf den Markt geworfen, dar·stellend den kleinen dicken Gott des Glücks, der sich wohlig streckt. Dieser Gott sollte, von Osten kommend, nach einem großen Krieg in die zer·störten Städte einziehen und die Menschen dazu bewegen wollen, für ihr per·sönliches Glück und Wohl·befinden zu kämpfen. Er sammelt Jünger ver·schiedener Art und zieht sich die Ver·folgung der Behörden auf den Hals, als einige von ihnen zu lehren anfangen, die Bauern müßten Boden bekommen, die Arbeiter die Fabriken über·nehmen, die Arbeiter- und Bauern·kinder die Schulen erobern. Er wird ver·haftet und zum Tod verurteilt. Und nun probieren die Henker ihre Künste an dem kleinen Glücks·gott aus. Aber die Gifte, die man ihm reicht, schmecken ihm nur, der Kopf, den man ihm abhaut, wächst sofort nach, am Galgen voll·führt er einen mit seiner Lustig·keit an·steckenden Tanz usw. usw. Es ist unmöglich, das Glücks·verlangen der Menschen ganz zu töten.3
Mir ist nicht klar, auf welche Um·stände oder Quellen sich Brecht hier bezieht, aber die sozial-revo·lutionäre Komponente, die Brecht im bedingungs·losen Glücks·verlangen des kleinen dicken Gottes entdeckt, mag in den frühen Tagen der Budai-Verehrung tat·sächlich eine Rolle gespielt haben. Zumindest ist bekannt, dass sich um Budais alter ego, Maitreya, bereits im frühen siebenten Jahr·hundert militante bud·dhis·tische Protest·be·wegungen bildeten, die erst nach blutigen Militär·ein·sätzen nieder·geschlagen werden konnten. Und schließ·lich setzt sich auch Budai in den zitierten chine·sischen Legenden über alle Gesetze und Klassen·schranken hinweg. Dieses revo·lutionäre Potential ist ein Aspekt, der bei längerer Be·schäfti·gung mit dem stereo·typen Lächeln der Glücks·götter leicht in Vergessen·heit gerät.
Verweise
Verwandte Themen
Fußnoten
- ↑ Muller, DDB, 布袋 (Budai) (2012-08-21)
- ↑ Aus der hagio·graphischen Sammlung Fozu tongji 佛祖統紀 (T. 2035, 13. Jh.), zitiert nach Muller, DDB, 布袋 (Budai) (2012-08-21)
- ↑ Aus „Bei Durch·sicht meiner ersten Stücke“ in Bertolt Brecht: Frühe Stücke, München 1962, S.8
Internetquellen
- Charles Muller (Hg.) DDB (Digital Dictionary of Buddhism, seit 1995) [login als „guest“]
Bilder
- ^ Bodhisattva Maitreya hier in orthodoxer Erscheinungsform.
Kamakura-Zeit. Wakasa Obama no dejitaru bunkazai. - ^ Skulptur des Hotei/Maitreya im Manpuku-ji, dem Haupttempel des Ōbaku-Zen.
Kaiseikun, Panoramio 2006, über Internet Archive. - ^ Hotei, hier als Tempelgott des Zen. Satirische Darstellung.
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit. Bibliothèque de l'Institut National d'Histoire de l'Art. - ^ Nicht zufällig findet sich auch diese volkstümliche Darstellung Hoteis in einem der großen Zen-Tempel Kamakuras. Sein glücksbringender Bauch und auch der Finger, der eigentlich auf den Mond zeigen sollte, sind merklich abgegriffen.
Bernhard Scheid, 2007. - ^ Ein besonders freundlicher Hotei, dessen Bauch durch seinen Sack ausbalanciert wird. Sein äußeres Erscheinungsbild (gedrungene Statur, dicker Bauch, fleischige Ohrläppchen, ...) ähnelt bereits den Sieben Glücksgöttern (Shichi Fukujin), deren Kombination etwa zur gleichen Zeit (15. oder 16. Jahrhundert) erstmals als Bildmotiv auftaucht.
Werk von Kanō Masanobu (1434–1530). Muromachi-Zeit. Awakenings, Zen Painting in Medieval Art. - ^ Hotei, hier mit Kindern. Bekannter „Streichel-Buddha“ (nadebotoke): Wie man sieht, trägt insbesondere sein Bauch Spuren häufigen Streichelns.
Izumi Shimamura, flickr 2019.
- ^ Skulptur des japanischen Hotei
Werk von Ryūba. Frühes 20. Jh. buddhamuseum.com. - ^ Statue des Budai/Hotei
Aaron Logan, 2004. - ^ Hotei schläft auf seinem Sack
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit, ca. 1810. Bildquelle: Muian, über Internet Archive. - ^ Hotei beschenkt ein chinesisches Kind (karako). Das Gedicht ist von Osen Keisan (1429–1493) signiert.
Muromachi-Zeit, 1479. Museum of Fine Arts, Boston. - ^ Hotei, hier auf den Mond zeigend.
Werk von Tsukioka Yoshitoshi (1888). Meiji-Zeit. National Diet Library, Tōkyō. - ^ Hotei beim Betrachten der Mondspiegelung im Wasser. Ein beliebtes Motiv der Zen-Malerei.
Werk von Hakuin Ekaku (1686–1769). Edo-Zeit. Bildquelle: unbekannt.
Glossar
- Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
- Brecht, Bertolt (west.) ^ 1898–1956; deutscher Schriftsteller und Dramatiker, dem Ostasien, ohne dass er es näher kannte, häufig zur Inspiration seiner „Lehrstücke“ diente
- Budai (chin.) 布袋 ^ chinesischer Mönch (10. Jh.); gilt als Inkarnation von Bodhisattva Maitreya; jap. Hotei
- Katsushika Hokusai 葛飾北斎 ^ 1760–1849; Maler und Zeichner. Bekanntester Verteter des ukiyo-e-Farbholzschnitts
- Shichi Fukujin 七福神 ^ Sieben Glücksgötter; populäres Ensemble von Glücksgöttern verschiedener Herkunft