Ikonographie/Waechtergoetter/Nio: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 43: | Zeile 43: | ||
== Geschichtliches == | == Geschichtliches == | ||
− | Die Grundform der ''niō'' — einmal mit offenem, einmal mit | + | Die Grundform der ''niō'' — einmal mit offenem, einmal mit geschlos·senem Mund; einmal zum Angriff ansetzend, einmal abwehrend — ist in Japan über viele Jahr·hunderte dieselbe geblieben und hat sich sogar auf andere Figuren·paare, etwa die {{g|komainu}} über·tragen. In China und Korea scheint sie hingegen nicht auf den ent·spreche·nden Figuren auf. Es liegt also nahe, hier eine ja·panische Stil·variante an·zunehmen. In den Tausend-Budda-Höhlen von {{g|Dunhuang}}, die über Jahr·hunderte in Ver·gessen·heit geraten waren und den Stand des chine·sischen Bud·dhismus aus der {{g|Tang}} und {{g|Song}}-Zeit bewahrt haben, sind allerdings doch ver·gleich·bare Bei·spiele zu finden, bemerkens·werter·weise sogar auf Papier: |
{{w500 | {{w500 | ||
Zeile 52: | Zeile 52: | ||
| ref= <!-- 1 (Bildtext als Fußnote) --> | | ref= <!-- 1 (Bildtext als Fußnote) --> | ||
}} | }} | ||
− | Diese Skizze ist | + | Diese Skizze ist wahr·schein·lich jünger als die beiden oben ge·zeigten Tor·wächter des Hōryū-ji, sie beweist aber, dass es auch in Dunhang, dem chinesischen Tor zur Seiden·straße im äußersten Westen des chin·esischen Einfluss·gebietes, die gleiche ''niō''-Ikono·graphie gab wie in Japan. |
− | Es ist im übrigen möglich, dass sich die ansons·ten in Ost·asien unüb·liche Betonung des musku·lösen Körpers, der in der ''niō''-Ikono·graphie so stark zum Ausdruck kommt, auf die Figur des Herakles zurück·führen lässt, mit der der frühe Buddhis·mus auf seinem Weg durch Zentral·asien zusam·mentraf. Siehe dazu die | + | Es ist im übrigen möglich, dass sich die ansons·ten in Ost·asien unüb·liche Betonung des musku·lösen Körpers, der in der ''niō''-Ikono·graphie so stark zum Ausdruck kommt, auf die Figur des Herakles zurück·führen lässt, mit der der frühe Buddhis·mus auf seinem Weg durch Zentral·asien zusam·mentraf. Siehe dazu die Spezial·seite [[Vajrapani]]. |
{{linkbox|text= | {{linkbox|text= | ||
*[https://web.archive.org/web/20181105060212/http://park.geocities.jp/emimaro372/Niousan.html Niō-san] (jap.), Ujino Nakimaro<br/>Umfangreiche Bildersammlung japanischer Niōs inklusive der jeweiligen Tore. | *[https://web.archive.org/web/20181105060212/http://park.geocities.jp/emimaro372/Niousan.html Niō-san] (jap.), Ujino Nakimaro<br/>Umfangreiche Bildersammlung japanischer Niōs inklusive der jeweiligen Tore. |
Version vom 4. August 2020, 08:32 Uhr
Vorlage:WmaxX Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Ikonographie/Waechtergoetter/Nio.
Die beiden niō [niō (jap.) 仁王 Wächterfigur, Torwächter] des Hōryū-ji [Hōryū-ji (jap.) 法隆寺 Tempel in Ikaruga bei Nara, gegr. 607; wtl. „Tempel des prosperierenden [Buddha]-Gesetzes“] sind die ältesten buddhis·tischen Tor·wächter·skulp·turen Japans aus dem Jahr 711. Sie sind in unter·schied·lichen Farben gehalten (rot und blau/grün), was sich auch in spä·teren Bei·spielen oft findet. Der aktivere A-gyō [A-gyō (jap.) 阿形 Bez. für einen Typ von Wächtergottheit (niō) mit geöffnetem Mund; wtl. „A-Form“ (Figur, die ein „A“ ausspricht); Gegenstück von UN-gyō; im Fall von menschlichen Figuren zumeist mit einer aufbrausenden Geste (mudra) verbunden.] (rechts), der seinen Arm zum Angriff erhebt, ist üblicher·weise rot, der kontrol·liertere UN-gyō [UN-gyō (jap.) 吽形 wtl. „HUM-Form“; Figur, die das Sanskritzeichen „HUM“, jap. un, ausspricht, und daher mit geschlossenem Mund dargestellt wird; Gegenstück von A-gyō (offener Mund); im Fall von menschlichen Figuren zumeist mit einer beruhigenden Geste (mudra) verbunden; s.a. niō] (links) ist blau, was natür·lich auch einen -Aspekt vermuten lässt. Der Un-gyō des Hōryū-ji trägt übrigens eine Art Band, das seinen Mund verschließt.
Tōdaiji: Unkeis Wächter
Vorlage:Wmax2 Die beiden Wächter des Tōdaiji [Tōdaiji (jap.) 東大寺 Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel], die den daibutsu [daibutsu (jap.) 大仏 wtl. „Großer Buddha“; monumentale Buddha-Statue] von Nara bewachen, sind mit etwa 8,5m Höhe die größten hölzer·nen niō in Japan. Sie stammen aus der Werk·statt des berühmten Bild·hauer·meisters Unkei [Unkei (jap.) 運慶 ca.1150–1223; berühmtester Bildhauer-Mönch der sog. Kei-Schule (Kei-ha), bekannt für einen besonders realistischen und zugleich dynamischen Stil] und wurden 1203 in nur 69 Tagen fertig gestellt. Die ganze Tempel·anlage war 1181 im Zuge des Genpei [Genpei Gassen (jap.) 源平合戦 Krieg zwischen den Minamoto (Gen) und den Taira (Hei, bzw. Pei), 1180–1185]-Krieges abge·brannt. Die beiden Statuen ent·standen also im Zuge von Reno·vierungs·arbeiten an der Halle des Großen Buddha. Beide sind aus extrem vielen Holz·teilen zu·sammen·gesetzt, da große Holz·blöcke zu dieser Zeit rar waren.
Weitere Beispiele
Nihon no bi.
Bildquelle: automatography, flickr 2007 (bildbearbeitet).
Bildquelle: Ichinohe Shinya, 2007 (bildbearbeitet).
Werk von Takamura Kōun und Yonehara Unkai. Taishō-Zeit, 1918. Bildquelle: Yokohamanote.
Wikimedia Commons, 663highland, 2010.
Kaze ni fukarete, Blowing in the Wind.
Kaze ni fukarete, Blowing in the Wind, 2012.
Kaze ni fukarete, Blowing in the Wind.
Geschichtliches
Die Grundform der niō — einmal mit offenem, einmal mit geschlos·senem Mund; einmal zum Angriff ansetzend, einmal abwehrend — ist in Japan über viele Jahr·hunderte dieselbe geblieben und hat sich sogar auf andere Figuren·paare, etwa die komainu [komainu (jap.) 狛犬 wtl. „Korea-Hund“, auch „Löwenhund“; Wächterfigur vor religiösen Gebäuden] über·tragen. In China und Korea scheint sie hingegen nicht auf den ent·spreche·nden Figuren auf. Es liegt also nahe, hier eine ja·panische Stil·variante an·zunehmen. In den Tausend-Budda-Höhlen von Dunhuang [Dunhuang (chin.) 敦煌 Oasenstadt an der Seidenstraße zwischen dem Tarim-Becken und China; zumeist von China, aber zeitweise auch von Tibet beherrschtes Handelszentrum; buddhistisches Zentrum mit ausgedehnten Höhlentempeln], die über Jahr·hunderte in Ver·gessen·heit geraten waren und den Stand des chine·sischen Bud·dhismus aus der Tang [Tang (chin.) 唐 chin. Herrschaftsdynastie, 618–907] und Song [Song (chin.) 宋 chin. Herrschaftsdynastie, 960–1279]-Zeit bewahrt haben, sind allerdings doch ver·gleich·bare Bei·spiele zu finden, bemerkens·werter·weise sogar auf Papier:
Diese Skizze ist wahr·schein·lich jünger als die beiden oben ge·zeigten Tor·wächter des Hōryū-ji, sie beweist aber, dass es auch in Dunhang, dem chinesischen Tor zur Seiden·straße im äußersten Westen des chin·esischen Einfluss·gebietes, die gleiche niō-Ikono·graphie gab wie in Japan.
Es ist im übrigen möglich, dass sich die ansons·ten in Ost·asien unüb·liche Betonung des musku·lösen Körpers, der in der niō-Ikono·graphie so stark zum Ausdruck kommt, auf die Figur des Herakles zurück·führen lässt, mit der der frühe Buddhis·mus auf seinem Weg durch Zentral·asien zusam·mentraf. Siehe dazu die Spezial·seite Vajrapani.
Links
- Niō-san (jap.), Ujino Nakimaro
Umfangreiche Bildersammlung japanischer Niōs inklusive der jeweiligen Tore. - Kunisaki no sekizō niō (jap.), Blowin in the wind
Bildersammlung der Stein-Niōs in Nord Kyūshū.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020