https://religion-in-japan.univie.ac.at/r/api.php?action=feedcontributions&user=OrochiJR&feedformat=atomReligion-in-Japan - Benutzerbeiträge [de-formal]2024-03-28T15:03:08ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.35.5https://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Daemonen&diff=28774Mythen/Daemonen2011-11-09T18:42:33Z<p>OrochiJR: /* „Gute“ Oni */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Oni und Kappa=<br />
{{Wrapper|position=right|__TOC__<br />
}}<br />
Seit altersher gibt es in Japan eine Unzahl von Fabel·wesen, die heute zumeist unter der Be·zeich·nung {{glossar:youkai}} zu·sam·men·ge·fasst werden. Früher exis·tierte dafür auch die Be·zeich·nung {{glossar:hyakki}}, wtl. „hundert Geister“. Das Zeichen ''ki'' 鬼 steht hier, in seiner sino-japa·nischen Aus·sprache, für Geister·wesen aller Art. <br />
In der Lesung {{glossar:oni}} bezeich·net das·selbe Zeichen eine kon·kre·tere Figur, die auf dieser Seite zusammen mit dem Wassergeist {{glossar:kappa}} als Repräsentant der ''yōkai'' genauer vorgestellt werden soll. ''Yokai'' sind in der moder·nen Popu·lär·kultur Japans stark präsent und werden heute oft niedlich und putzig (jap. ''kawaii'') dar·ge·stellt. Wenn man aber ein wenig in die Ge·schichte zu·rück·blickt, er·weisen sie sich zumeist als äußerst un·heim·liche Gestalten, die meist aus der Verschmelzung einheimischer und fremder, meist buddhistischer Figuren entstanden.<br />
{{w500<br />
|hyakkiyako.jpg|rahmen_h=220<br />
|Parade der Hundert Geister<br />
}}<br />
==Oni, japanische Teufel?==<br />
{{floatleft|oni_shohaku.jpg|w=300|rahmen_w=170|left=-25|top=-20|rahmen_h=260}}<br />
Oni sind von men·schen·ähn·licher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·ar·tige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manch·mal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische Oni ist außer·dem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (''kanabō'') und einem Len·den·schurz aus Tiger·fell aus·ge·stattet.<br />
<br />
Diese Ikonographie geht auf buddhis·tische Dämonen zurück, die sich bis zu den indischen {{skt:Rakshasa}} (jap. {{glossar:rasetsu}}) zurückverfolgen lassen. Manche dieser Dämonen sind Gegenspieler des Buddhismus und haben z.B. die un·dank·bare Auf·gabe, den Vier Him·melswäch·tern ({{glossar:shitennou}}) als Podest zu dienen ({{glossar:amanojaku}}). Andere verdingen sich als Fol·ter·knech·te ({{glossar:gokusotsu}}) in der bud·dhis·tischen [[Mythen:Höllen/Höllenbilder|Hölle]]. Parallelen zu christ·lichen Teufeln sind daher nicht von der Hand zu weisen. <br />
<br />
===„Böse“ Oni===<br />
<br />
Die religiöse Ideologie hin·ter den Dar·stel·lun·gen der buddhistischen Dämonen ist zweifellos verschieden vom Christentum: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·handeln, sind die bud·dhis·tischen Fol·ter·knechte ein „not·wen·diges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumin·dest solange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psycho·logisch macht das aber kaum einen Unterschied: Oni wie Teufel sind Gegen·spieler der Menschen und werden dem ent·sprechend als Menschen mit tierischen De·forma·tionen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dar·gestellt.<br />
{{w500<br />
| sutendoji_kyosai.jpg|rahmen_h=200<br />
| Shuten Dōji<br />
}}<br />
In der japanischen Sagenwelt begegnet man tatsächlich auch wirklich „bösen“ Oni. Besonders in den Märchen und Legenden der {{glossar:Heian}}-Zeit ist immer wieder davon die Rede, dass Menschen (in erster Linie Frauen) von Oni „mit einem Biss“ verschlungen werden. Die berühm·teste dieser Menschenfresser-Geschichten handelt von einem Oni namens Shuten Dōji. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er ver·sklavt, miss·braucht und schließ·lich auf·frisst. Erst einem unge·wöhn·lich tap·feren Krieger und seinen vier Vasal·len gelingt es nach vielen Aben·teuern, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte existiert in un·zäh·ligen Varian·ten. Sie präsen·tiert den Oni als einen Dämon, der absolut böse und gefähr·lich, jedoch — im Gegensatz zum Teufel — nicht un·sterb·lich ist.<br />
<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|kobutori.jpg|w=280|left=-138|top=-70|Der Alte mit der Beule|sidepage=Beule}}<br />
}}<br />
Andererseits gibt es bereits im 13. Jahrhundert Darstellungen von Oni, die eher tölpelhaft als dämonisch wirken und in dieser Hinsicht stark an den Teufel in deutschen Märchen erinnern. So erzählt ein Märchen von einem alten Holzsammler mit einer entstellenden Geschwulst, der zufällig Zeuge eines nächtlichen Festes der Oni wird. Sie feiern, tinken und tanzen „ganz wie wir Menschen“. Nur ihr ästhetischer Geschmack ist ein anderer: Als die Oni den Holzsammler entdecken, nehmen sie seine Beule als Pfand, damit er wieder zu ihnen zurückkommen muss. Auf diese Weise wird der Alte von seiner Beule befreit. (S. die [[{{FULLPAGENAME}}/Beule|Übersetzung]] der Geschichte.) <br />
<br />
Wie sich in diesem Märchen bereits andeutet, haben sich die furcht·ein·flößen·den Züge der Oni mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·neh·mend eher als ruppige Bar·baren denn als schreck·liche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeit·lichen ''ukiyoe'' wirken die Oni daher meist eher komisch als dämonisch.<br />
<br />
===„Gute“ Oni=== <br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|onigawara.jpg|w=160|left=-10|top=-10|Oni-Dachdekor}}<br />
{{sidebox|tsunodaishi.jpg|w=x160|left=-40|top=-40|Tsuno Daishi}}<br />
}}<br />
Neben ihrer unfreiwilligen Komik gibt es auch das Phänomen, dass Oni — wie im übrigen fast alle japanischen Monster — zu echten Sym·pathie·trägern werden können. Oder anders aus·gedrückt:<br />
Es gibt Gestal·ten, die genauso wie Oni aus·sehen, aber keines·wegs böse oder feindselig sind. Dazu zählen zunächst einmal die [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Wind- und Donner·götter]]. Sie stehen für respekt·ein·flößende Natur·kräfte, die den Men·schen ebenso Heil wie Unheil bringen können. <br />
<br />
Darüber hinaus gibt es einzelne Oni-Gestalten, die es mit den Men·schen ein·deutig gut meinen. So erzählt etwa eine Legende, dass der emi·nente Mönch Ryōgen (912-985) — einer der wich·tigsten Patriar·chen des {{glossar:Tendaishuu|Tendai Buddhismus}} — die Hörner eines Oni gehabt haben soll. Ryōgen wird daher im Volksmund auch als Tsuno Daishi, „Groß·meister Horn“ oder „gehörn·ter Groß·meister“ bezeichnet. Eine weitere Legende berichtet, dass Ryōgen einen Seuchengott in Gestalt eines Oni bekämpfte, indem er sein Aussehen annahm. Von da an diente die Abbildung dieses Oni (Abb. rechts) als Talisman ({{glossar:ofuda}}), um Krankheiten und ähnliches zu verhindern — gleichsam eine homöopathische Bekämpfung von Seuchengöttern. Noch heute werden ''o-fuda'' mit dem Bild des Tsuno Daishi in diversen Tendai Tempeln verkauft. Man soll sie zu [[Alltag:Jahr|Neujahr]] an der Eingangstür oder im Flur seines Hauses aufkleben. <ref>Auch in moder·ner Zeit hat sich ein reli·giöser Führer in gewisser Weise mit den Oni iden·ti·fiziert, indem er sich den selt·samen Vor·namen ''Oni''-saburō zulegte: Deguchi Onisaburō, 1871-1948, Mit·be·gründer der [[Geschichte:Neue Religionen |neu·reli·giösen Rich·tung]] Ōmoto-kyō.</ref><br />
<br />
Auch auf den prächtig verzierten Dach·schin·deln bud·dhis·tischer Tempel grinst einem häufig eine Oni-Maske entgegen. Diese ver·kör·pert wohl keine bös·willige Kraft, sondern dient eher dem Schutz vor einer solchen. Wie schon bei den Wäch·ter·göt·tern begeg·net man hier dem Glauben, dass böse Geister am effek·tivsten von ebenso gestal·teten Wächtern im eigenen Lager ver·trie·ben werden können. <br />
<br />
Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen böswilligen Oni handelt oder nicht. Diese Ambivalenz im Auftreten der Oni lässt es ratsam erscheinen, anstelle von „Teufel“ den neutraleren Begriff „Dämon“ für die Übersetzung von ''oni'' zu wählen.<br />
<br />
===Das Dämonentor===<br />
<br />
Einer alten chine·sischen Vor·stel·lung zufolge kommen böse Geister oder Dämonen üblicher·weise aus dem Nord·osten. Diese Himmels·richtung wird daher auch als „Dämonen·tor“ ({{glossar:kimon}}) be·zeich·net. Im japanischen Altertum wurde diese Vorstellung so ernst genommen, dass man sich bemühte, den Nordosten von Städten und Palästen mit religiösen Institutionen zu besetzen. In Kyoto erhielt etwa der Klosterberg {{glossar:hieizan|Hiei}} im Nordosten der Stadt die Funktion zugesprochen, böse Geister abzuwehren.<br />
{{sidebox|oni_sekien.jpg|w=200|left=-50|top=-90|Toriyamas Oni}}<br />
Der Edo-zeit·liche Maler und Ge·spen·ster·for·scher Tori·yama Sekien leitete aus dieser Tatsache auch eine durch·aus ein·leuchtende Begrün·dung für das spezifische Aussehen der Oni ab. Er wies darauf hin, dass die tieri·schen Ele·mente der Oni vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nom·men sind. Zugleich be·zeich·net man den Nord·osten im [[Texte:Yin und Yang/Tierkreis|System der Tierkreiszeichen]], das auch in der tradi·tionel·len Kalender·kunde ange·wendet wird, als ''ushitora'', also wörtlich als „Rind-Tiger“. Insofern ist es nach Toriyama nur natür·lich, dass die Dämonen, die aus der „Rind-Tiger“ Rich·tung kommen, auch das Aus·sehen von „Rind-Tigern“ haben. <br />
<br />
Tatsächlich finden sich Rinderhörner und Tigerfell-Tangas auch bei hinduistischen und buddhistischen Dämonen (s. Anmerkungen zum Höllenfürst [[Mythen:Jenseits/Enma|Enma]]). Doch enthält Toriyamas Begrün·dung, unabhängig von ihrer historischen Stichhaltigkeit, einen Hinweis auf die Vermischung von buddhistischen und nicht-buddhistischen Traditionen. Man kann daher davon ausgehen, dass der charak·teris·tische japa·nische Oni nicht nur buddhistische, sondern auch chine·sische Ele·men·te in sich aufgenommen hat.<br />
<br />
===Oni wa soto===<br />
{{sidebox|oni_shibata.jpg|w=x260|top=-140|left=-30|„''Oni wa soto''...“}}<br />
Noch heute findet man bei zahlreichen ländlichen Volks·fes·ten ({{glossar:matsuri}}) Oni-artige Masken, die er·staun·lich stark an „Perchten·läufe“ und ähn·liche Prozes·sionen teufel·artiger Gestalten im alpinen Raum erinnern. Meist finden diese Feiern zu Beginn des Neuen Jahres statt. Im Schutz der Masken richten Gruppen von Burschen Schabernack an, der in manchen Fällen ziemlich aufdringlich und unangenehm werden kann, aber nur auf den Festtag beschränkt ist. In Japan wie in Europa ver·körpern diese Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll. <br />
<br />
Während derartige archaisch wirkende Bräuche in Mittel·europa auf den länd·lichen Raum beschränkt sind, gibt es die Winter-Dämonen-Austreibung in abgeschwächter Form auch im modernen urbanen Leben Japans. So weiß in Japan jedes Kind, dass man die Oni an einem bestimmten Tag mit getrock·neten Soya·bohnen aus dem Haus treiben muss. Dazu ruft man: „''Oni wa soto, fuku wa uchi''“ („Raus mit den Oni, rein mit dem Glück“). Dieser Tag fällt nach dem modernen Kalender auf den 3. Februar und heißt {{glossar:setsubun}}, was nichts anderes als „Trennung der Jahres·zeiten“ bedeutet. Nach dem traditionellen Kalender handelt es sich dabei um den letzten Tag des Winters. <br />
<br />
Im urbanen Raum hat diese „Teufels·aus·trei·bung“ allerdings nur noch den Charakter eines lustigen Kinder·festes. Liebevolle Väter setzen dann eine selbst·ge·bastelte Oni-Maske auf und lassen sich von den bohnen·werfenden Kindern aus der Wohnung scheuchen.<br />
<br />
==Kappa, die Flussgeister==<br />
<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|kappa.jpg|w=220|top=-150|left=-50|Toriyamas Kappa}}<br />
{{sidebox|kappa hokusai.jpg|w=220|top=-15|left=-50|Hokusais Kappa-Fangmethode}}<br />
{{sidebox|kappa shunga.jpg|w=500|top=-200|left=-20|Utamaros Kappa}}<br />
}}<br />
{{glossar:kappa|Kappa}} sind Kobolde, die an den Ufern von Gewäs·sern hausen. Ihre Gestalt scheint aus einer Kombi·nation von Affe und Schild·kröte ent·standen zu sein. Auf vielen Ab·bil·dungen tragen sie eine Art Schild·kröten·panzer auf dem Rücken. Ihr eigen·tüm·lichs·tes Merkmal ist jedoch eine Delle in ihrer Schädel·decke, die zugleich die größte Schwach·stelle der Kappa darstellt, denn sie muss stets mit Wasser gefüllt sein. Gelingt es also, einen Kappa umzu·drehen, verliert er seine Kraft. Auch soll man ihn über·tölpeln können, indem man sich tief vor ihm verneigt. Erwidert er die Verbeu·gung, leert sich seine Delle ...<br />
{{floatleft<br />
|Kappa_kawaii.jpg|w=75|rahmen_w=75|rahmen_h=95|border=fff<br />
|style=margin:0 0 1em -4em<br />
}}<br />
Kappa werden oft mit kindlich-freundlichen Zügen dargestellt, aber sie sind heim·tückisch und ziehen ins·beson·dere Kinder gerne ins Wasser, wo diese ertrinken. Andere Quellen wissen zu berichten, dass es die Kappa auf einen magischen Edelstein abgesehen haben, den sie im Anus ihrer Opfer vermuten, und diese daher nach Möglichkeit von hinten her aussaugen. Schließlich gibt es ein berühm·tes „Früh·lings·bild“ ({{glossar:shunga}}), auf dem eine Perlen·taucherin (''ama'') von mehreren Kappas unter Wasser ver·ge·waltigt wird. Wie viele andere {{glossar:youkai}} eigenen sich also auch Kappa gut für die Pro·jektion sexueller Phantasien. <br />
<br />
Trotz ihres unheimlichen Charakters werden Kappa auch in länd·lichen Schreinen oder Volks·festen verehrt, um sie günstig zu stimmen und so die von ihnen ausgehenden Gefahren abzuwehren. Dabei werden den Kappa oft Gurken geweiht, denn Gurken gelten als ihre Lieb·lings·speise. Aus diesem Grund nennt man auch Sushi aus Reis und Gurken „Kappa-Röllchen“ (''kappa-maki'').<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Links und Literatur|text=<br />
* [http://en.wikipedia.org/wiki/Otoroshi#First_Volume_-_.E9.99.B0 Gazu hyakki yakō] (jap.)<br/>Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. Über ''[http://ja.wikipedia.org/wiki/%E9%B3%A5%E5%B1%B1%E7%9F%B3%E7%87%95 Wikipedia Japan]'' sind die Illustrationen aller vier Bände zu betrachten.<br />
* [http://www.obakemono.com/index.php The Obakemono Project], S.H. Morgan (en.)<br/>Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert.<br />
{{Literatur:Reider 2010}}<br />
{{Literatur:Tyler 1987}}<br />
|update= März 2011|<br />
}}<br />
==Anmerkungen==<br />
<references/><br />
{{ThisWay|Mythen: Legendäre Tiere}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Daemonen&diff=28773Mythen/Daemonen2011-11-09T18:36:41Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Oni und Kappa=<br />
{{Wrapper|position=right|__TOC__<br />
}}<br />
Seit altersher gibt es in Japan eine Unzahl von Fabel·wesen, die heute zumeist unter der Be·zeich·nung {{glossar:youkai}} zu·sam·men·ge·fasst werden. Früher exis·tierte dafür auch die Be·zeich·nung {{glossar:hyakki}}, wtl. „hundert Geister“. Das Zeichen ''ki'' 鬼 steht hier, in seiner sino-japa·nischen Aus·sprache, für Geister·wesen aller Art. <br />
In der Lesung {{glossar:oni}} bezeich·net das·selbe Zeichen eine kon·kre·tere Figur, die auf dieser Seite zusammen mit dem Wassergeist {{glossar:kappa}} als Repräsentant der ''yōkai'' genauer vorgestellt werden soll. ''Yokai'' sind in der moder·nen Popu·lär·kultur Japans stark präsent und werden heute oft niedlich und putzig (jap. ''kawaii'') dar·ge·stellt. Wenn man aber ein wenig in die Ge·schichte zu·rück·blickt, er·weisen sie sich zumeist als äußerst un·heim·liche Gestalten, die meist aus der Verschmelzung einheimischer und fremder, meist buddhistischer Figuren entstanden.<br />
{{w500<br />
|hyakkiyako.jpg|rahmen_h=220<br />
|Parade der Hundert Geister<br />
}}<br />
==Oni, japanische Teufel?==<br />
{{floatleft|oni_shohaku.jpg|w=300|rahmen_w=170|left=-25|top=-20|rahmen_h=260}}<br />
Oni sind von men·schen·ähn·licher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·ar·tige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manch·mal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische Oni ist außer·dem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (''kanabō'') und einem Len·den·schurz aus Tiger·fell aus·ge·stattet.<br />
<br />
Diese Ikonographie geht auf buddhis·tische Dämonen zurück, die sich bis zu den indischen {{skt:Rakshasa}} (jap. {{glossar:rasetsu}}) zurückverfolgen lassen. Manche dieser Dämonen sind Gegenspieler des Buddhismus und haben z.B. die un·dank·bare Auf·gabe, den Vier Him·melswäch·tern ({{glossar:shitennou}}) als Podest zu dienen ({{glossar:amanojaku}}). Andere verdingen sich als Fol·ter·knech·te ({{glossar:gokusotsu}}) in der bud·dhis·tischen [[Mythen:Höllen/Höllenbilder|Hölle]]. Parallelen zu christ·lichen Teufeln sind daher nicht von der Hand zu weisen. <br />
<br />
===„Böse“ Oni===<br />
<br />
Die religiöse Ideologie hin·ter den Dar·stel·lun·gen der buddhistischen Dämonen ist zweifellos verschieden vom Christentum: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·handeln, sind die bud·dhis·tischen Fol·ter·knechte ein „not·wen·diges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumin·dest solange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psycho·logisch macht das aber kaum einen Unterschied: Oni wie Teufel sind Gegen·spieler der Menschen und werden dem ent·sprechend als Menschen mit tierischen De·forma·tionen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dar·gestellt.<br />
{{w500<br />
| sutendoji_kyosai.jpg|rahmen_h=200<br />
| Shuten Dōji<br />
}}<br />
In der japanischen Sagenwelt begegnet man tatsächlich auch wirklich „bösen“ Oni. Besonders in den Märchen und Legenden der {{glossar:Heian}}-Zeit ist immer wieder davon die Rede, dass Menschen (in erster Linie Frauen) von Oni „mit einem Biss“ verschlungen werden. Die berühm·teste dieser Menschenfresser-Geschichten handelt von einem Oni namens Shuten Dōji. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er ver·sklavt, miss·braucht und schließ·lich auf·frisst. Erst einem unge·wöhn·lich tap·feren Krieger und seinen vier Vasal·len gelingt es nach vielen Aben·teuern, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte existiert in un·zäh·ligen Varian·ten. Sie präsen·tiert den Oni als einen Dämon, der absolut böse und gefähr·lich, jedoch — im Gegensatz zum Teufel — nicht un·sterb·lich ist.<br />
<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|kobutori.jpg|w=280|left=-138|top=-70|Der Alte mit der Beule|sidepage=Beule}}<br />
}}<br />
Andererseits gibt es bereits im 13. Jahrhundert Darstellungen von Oni, die eher tölpelhaft als dämonisch wirken und in dieser Hinsicht stark an den Teufel in deutschen Märchen erinnern. So erzählt ein Märchen von einem alten Holzsammler mit einer entstellenden Geschwulst, der zufällig Zeuge eines nächtlichen Festes der Oni wird. Sie feiern, tinken und tanzen „ganz wie wir Menschen“. Nur ihr ästhetischer Geschmack ist ein anderer: Als die Oni den Holzsammler entdecken, nehmen sie seine Beule als Pfand, damit er wieder zu ihnen zurückkommen muss. Auf diese Weise wird der Alte von seiner Beule befreit. (S. die [[{{FULLPAGENAME}}/Beule|Übersetzung]] der Geschichte.) <br />
<br />
Wie sich in diesem Märchen bereits andeutet, haben sich die furcht·ein·flößen·den Züge der Oni mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·neh·mend eher als ruppige Bar·baren denn als schreck·liche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeit·lichen ''ukiyoe'' wirken die Oni daher meist eher komisch als dämonisch.<br />
<br />
===„Gute“ Oni=== <br />
{{Wrapper|position=right|<br />
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{{sidebox|tsunodaishi.jpg|w=x160|left=-40|top=-40|Tsuno Daishi}}<br />
}}<br />
Neben ihrer unfreiwillig Komik gibt es auch das Phänomen, dass Oni — wie im übrigen fast alle japanischen Monster — zu echten Sym·pathie·trägern werden können. Oder anders aus·gedrückt:<br />
Es gibt Gestal·ten, die genauso wie Oni aus·sehen, aber keines·wegs böse oder feindselig sind. Dazu zählen zunächst einmal die [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Wind- und Donner·götter]]. Sie stehen für respekt·ein·flößende Natur·kräfte, die den Men·schen ebenso Heil wie Unheil bringen können. <br />
<br />
Darüber hinaus gibt es einzelne Oni-Gestalten, die es mit den Men·schen ein·deutig gut meinen. So erzählt etwa eine Legende, dass der emi·nente Mönch Ryōgen (912-985) — einer der wich·tigsten Patriar·chen des {{glossar:Tendaishuu|Tendai Buddhismus}} — die Hörner eines Oni gehabt haben soll. Ryōgen wird daher im Volksmund auch als Tsuno Daishi, „Groß·meister Horn“ oder „gehörn·ter Groß·meister“ bezeichnet. Eine weitere Legende berichtet, dass Ryōgen einen Seuchengott in Gestalt eines Oni bekämpfte, indem er sein Aussehen annahm. Von da an diente die Abbildung dieses Oni (Abb. rechts) als Talisman ({{glossar:ofuda}}), um Krankheiten und ähnliches zu verhindern — gleichsam eine homöopathische Bekämpfung von Seuchengöttern. Noch heute werden ''o-fuda'' mit dem Bild des Tsuno Daishi in diversen Tendai Tempeln verkauft. Man soll sie zu [[Alltag:Jahr|Neujahr]] an der Eingangstür oder im Flur seines Hauses aufkleben. <ref>Auch in moder·ner Zeit hat sich ein reli·giöser Führer in gewisser Weise mit den Oni iden·ti·fiziert, indem er sich den selt·samen Vor·namen ''Oni''-saburō zulegte: Deguchi Onisaburō, 1871-1948, Mit·be·gründer der [[Geschichte:Neue Religionen |neu·reli·giösen Rich·tung]] Ōmoto-kyō.</ref><br />
<br />
Auch auf den prächtig verzierten Dach·schin·deln bud·dhis·tischer Tempel grinst einem häufig eine Oni-Maske entgegen. Diese ver·kör·pert wohl keine bös·willige Kraft, sondern dient eher dem Schutz vor einer solchen. Wie schon bei den Wäch·ter·göt·tern begeg·net man hier dem Glauben, dass böse Geister am effek·tivsten von ebenso gestal·teten Wächtern im eigenen Lager ver·trie·ben werden können. <br />
<br />
Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen böswilligen Oni handelt oder nicht. Diese Ambivalenz im Auftreten der Oni lässt es ratsam erscheinen, anstelle von „Teufel“ den neutraleren Begriff „Dämon“ für die Übersetzung von ''oni'' zu wählen.<br />
<br />
===Das Dämonentor===<br />
<br />
Einer alten chine·sischen Vor·stel·lung zufolge kommen böse Geister oder Dämonen üblicher·weise aus dem Nord·osten. Diese Himmels·richtung wird daher auch als „Dämonen·tor“ ({{glossar:kimon}}) be·zeich·net. Im japanischen Altertum wurde diese Vorstellung so ernst genommen, dass man sich bemühte, den Nordosten von Städten und Palästen mit religiösen Institutionen zu besetzen. In Kyoto erhielt etwa der Klosterberg {{glossar:hieizan|Hiei}} im Nordosten der Stadt die Funktion zugesprochen, böse Geister abzuwehren.<br />
{{sidebox|oni_sekien.jpg|w=200|left=-50|top=-90|Toriyamas Oni}}<br />
Der Edo-zeit·liche Maler und Ge·spen·ster·for·scher Tori·yama Sekien leitete aus dieser Tatsache auch eine durch·aus ein·leuchtende Begrün·dung für das spezifische Aussehen der Oni ab. Er wies darauf hin, dass die tieri·schen Ele·mente der Oni vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nom·men sind. Zugleich be·zeich·net man den Nord·osten im [[Texte:Yin und Yang/Tierkreis|System der Tierkreiszeichen]], das auch in der tradi·tionel·len Kalender·kunde ange·wendet wird, als ''ushitora'', also wörtlich als „Rind-Tiger“. Insofern ist es nach Toriyama nur natür·lich, dass die Dämonen, die aus der „Rind-Tiger“ Rich·tung kommen, auch das Aus·sehen von „Rind-Tigern“ haben. <br />
<br />
Tatsächlich finden sich Rinderhörner und Tigerfell-Tangas auch bei hinduistischen und buddhistischen Dämonen (s. Anmerkungen zum Höllenfürst [[Mythen:Jenseits/Enma|Enma]]). Doch enthält Toriyamas Begrün·dung, unabhängig von ihrer historischen Stichhaltigkeit, einen Hinweis auf die Vermischung von buddhistischen und nicht-buddhistischen Traditionen. Man kann daher davon ausgehen, dass der charak·teris·tische japa·nische Oni nicht nur buddhistische, sondern auch chine·sische Ele·men·te in sich aufgenommen hat.<br />
<br />
===Oni wa soto===<br />
{{sidebox|oni_shibata.jpg|w=x260|top=-140|left=-30|„''Oni wa soto''...“}}<br />
Noch heute findet man bei zahlreichen ländlichen Volks·fes·ten ({{glossar:matsuri}}) Oni-artige Masken, die er·staun·lich stark an „Perchten·läufe“ und ähn·liche Prozes·sionen teufel·artiger Gestalten im alpinen Raum erinnern. Meist finden diese Feiern zu Beginn des Neuen Jahres statt. Im Schutz der Masken richten Gruppen von Burschen Schabernack an, der in manchen Fällen ziemlich aufdringlich und unangenehm werden kann, aber nur auf den Festtag beschränkt ist. In Japan wie in Europa ver·körpern diese Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll. <br />
<br />
Während derartige archaisch wirkende Bräuche in Mittel·europa auf den länd·lichen Raum beschränkt sind, gibt es die Winter-Dämonen-Austreibung in abgeschwächter Form auch im modernen urbanen Leben Japans. So weiß in Japan jedes Kind, dass man die Oni an einem bestimmten Tag mit getrock·neten Soya·bohnen aus dem Haus treiben muss. Dazu ruft man: „''Oni wa soto, fuku wa uchi''“ („Raus mit den Oni, rein mit dem Glück“). Dieser Tag fällt nach dem modernen Kalender auf den 3. Februar und heißt {{glossar:setsubun}}, was nichts anderes als „Trennung der Jahres·zeiten“ bedeutet. Nach dem traditionellen Kalender handelt es sich dabei um den letzten Tag des Winters. <br />
<br />
Im urbanen Raum hat diese „Teufels·aus·trei·bung“ allerdings nur noch den Charakter eines lustigen Kinder·festes. Liebevolle Väter setzen dann eine selbst·ge·bastelte Oni-Maske auf und lassen sich von den bohnen·werfenden Kindern aus der Wohnung scheuchen.<br />
<br />
==Kappa, die Flussgeister==<br />
<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|kappa.jpg|w=220|top=-150|left=-50|Toriyamas Kappa}}<br />
{{sidebox|kappa hokusai.jpg|w=220|top=-15|left=-50|Hokusais Kappa-Fangmethode}}<br />
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}}<br />
{{glossar:kappa|Kappa}} sind Kobolde, die an den Ufern von Gewäs·sern hausen. Ihre Gestalt scheint aus einer Kombi·nation von Affe und Schild·kröte ent·standen zu sein. Auf vielen Ab·bil·dungen tragen sie eine Art Schild·kröten·panzer auf dem Rücken. Ihr eigen·tüm·lichs·tes Merkmal ist jedoch eine Delle in ihrer Schädel·decke, die zugleich die größte Schwach·stelle der Kappa darstellt, denn sie muss stets mit Wasser gefüllt sein. Gelingt es also, einen Kappa umzu·drehen, verliert er seine Kraft. Auch soll man ihn über·tölpeln können, indem man sich tief vor ihm verneigt. Erwidert er die Verbeu·gung, leert sich seine Delle ...<br />
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|style=margin:0 0 1em -4em<br />
}}<br />
Kappa werden oft mit kindlich-freundlichen Zügen dargestellt, aber sie sind heim·tückisch und ziehen ins·beson·dere Kinder gerne ins Wasser, wo diese ertrinken. Andere Quellen wissen zu berichten, dass es die Kappa auf einen magischen Edelstein abgesehen haben, den sie im Anus ihrer Opfer vermuten, und diese daher nach Möglichkeit von hinten her aussaugen. Schließlich gibt es ein berühm·tes „Früh·lings·bild“ ({{glossar:shunga}}), auf dem eine Perlen·taucherin (''ama'') von mehreren Kappas unter Wasser ver·ge·waltigt wird. Wie viele andere {{glossar:youkai}} eigenen sich also auch Kappa gut für die Pro·jektion sexueller Phantasien. <br />
<br />
Trotz ihres unheimlichen Charakters werden Kappa auch in länd·lichen Schreinen oder Volks·festen verehrt, um sie günstig zu stimmen und so die von ihnen ausgehenden Gefahren abzuwehren. Dabei werden den Kappa oft Gurken geweiht, denn Gurken gelten als ihre Lieb·lings·speise. Aus diesem Grund nennt man auch Sushi aus Reis und Gurken „Kappa-Röllchen“ (''kappa-maki'').<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Links und Literatur|text=<br />
* [http://en.wikipedia.org/wiki/Otoroshi#First_Volume_-_.E9.99.B0 Gazu hyakki yakō] (jap.)<br/>Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. Über ''[http://ja.wikipedia.org/wiki/%E9%B3%A5%E5%B1%B1%E7%9F%B3%E7%87%95 Wikipedia Japan]'' sind die Illustrationen aller vier Bände zu betrachten.<br />
* [http://www.obakemono.com/index.php The Obakemono Project], S.H. Morgan (en.)<br/>Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert.<br />
{{Literatur:Reider 2010}}<br />
{{Literatur:Tyler 1987}}<br />
|update= März 2011|<br />
}}<br />
==Anmerkungen==<br />
<references/><br />
{{ThisWay|Mythen: Legendäre Tiere}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Grundbegriffe/Buddhismus&diff=18326Grundbegriffe/Buddhismus2011-03-26T14:53:31Z<p>OrochiJR: /* Verbreitungsgeschichte */</p>
<hr />
<div>{{Styles}} <br />
=Der Weg des Buddhismus nach Japan=<br />
<br />
Die Lehre des Buddhismus (jap. {{Glossar:bukkyou}}) geht auf eine historische Persön·lich·keit zurück, Gautama Siddhartha, der u.a. auch Buddha („der Erleuchtete“) oder Shak·ya·muni („der Weise des Shakya-Klans“) genannt wird. In Japan wird er als {{Glossar:Shakanyorai|Shaka Nyorai}} verehrt. Er gilt als der Be·gründer der bud·dhis·tischen Lehre. Nach bud·dhis·tischer Auf·fass·ung exis·tier·ten Buddhas schon in grauer Vorzeit, und auch die Zukunft wird weitere Buddhas her·vor·bringen. Daher wird Buddha Shak·ya·muni auch als der „historische Buddha“ be·zeich·net.<br />
<br />
Man nimmt heute allgemein an, dass Shak·ya·muni im sechsten oder fünften Jahr·hundert vor unserer Zeit·rechnung im Norden Indiens tätig war. Nach seinem Tod hinter·ließ er einen Orden von Mönchen und Nonnen, sowie männ·liche und weib·liche Laien·anhänger. Diese vier „Ver·samm·lungen“ bildeten die bud·dhis·tische Gemeinde im weiteren Sinne. Die Laien·anhänger unter·stützten die Mönche und Nonnen durch Spenden. Diese schoren ihre Haare und lebten als Wander·asketen. Nur zur sommer·lichen Regen·zeit versammelten sie sich in Klöstern zu gemeinsamen Studien und Exerzitien.<br />
<br />
==Verbreitungsgeschichte==<br />
{{Sidebox|Buddh_expansion.jpg|w=140|caption = Ausbreitung des Buddhismus}}<br />
Von Nordindien aus verbreitete sich die Lehre des Buddha zunächst nur langsam. Im dritten Jahr·hundert v.u.Z. erfuhr der Bud·dhis·mus jedoch eine massive Förderung durch König Ashoka (304?–232 v.u.Z.), der große Teile Indiens unter seiner Herr·schaft vereinte. Von da an begann der Bud·dhis·mus auch über die Grenzen der indischen Kultur hinaus wirksam zu werden. Es entstanden zwei große Über·lieferungs·traditionen, von denen sich eine tendenziell nach Süden, die andere nach Norden bzw. zunächst nach Nord·westen ausbreitete.<br />
<br />
===Süden: Theravada===<br />
<br />
Die südliche Richtung wurde ursprünglich als Shravakayana („Fahrzeug der Schüler“) bezeichnet, von ihren achtzehn Schul·richtungen hat allerdings nur der Theravada („Schule der Ordensälteren“) bis heute überdauert. Der Theravada Bud·dhis·mus gilt im Vergleich zum Mahayana als orthodoxere oder kon·servativere Form des Bud·dhis·mus. Er wird heute vor allem in Sri Lanka, Myanmar (Burma), Thailand, Laos und Kambodscha praktiziert.<br />
<br />
===Norden: Mahayana===<br />
<br />
Die nördliche Richtung ist allgemein als Mahayana, „Großes Fahrzeug“, bekannt. Das Große Fahr·zeug war eine Reform·bewegung, die die ursprüngliche, auf eine rein mönch·ische Lebens·führung ausgerichtete Form des Buddhismus auch für Laien zu·gäng·lich machen wollte. Auch Laien können nach Auf·fassung des Mahayana er·leuch·tet werden. Im Mahayana wurden die Lehren und Schriften des ortho·doxen Shravakayana Bud·dhis·mus zwar nicht grund·sätzlich abgelehnt, doch bezeichnete man sie, ein wenig verächtlich, als Hinayana, „Kleines Fahrzeug“. Im fünften und sechsten Jahr·hundert u.Z. kam dann noch eine weitere Reform·bewegung dazu, die sich in Indien nicht nur innerhalb des Buddhismus, sondern auch im Shiva- und Vishnuismus (also dem, was letztlich zum Hinduismus führte) breit machte: der Tantrismus, benannt nach eigenen Lehr·schriften, den Tantren, in denen vor allem neuartige Ritual·techniken behandelt werden. Der Tantrismus führte von der generell offenen Haltung des Mahayana zurück zu engen, in sich geschlossenen Zirkeln von Ein·geweihten, innerhalb derer die Rituale kursierten. Man spricht daher auch vom „esoterischen Buddhismus“ (esoterisch im Sinne von „nach innen gewandt“).<br />
<br />
Für den japanischen Buddhismus ist vor allem das Mahayana inklusive seiner eso·terischen Spielart von Belang. Das Mahayana erreichte Japan aber erst nach einer komplizierten Folge von Trans·formationen. Ausgangs·punkt war Indien, das unmittelbar im Norden durch den Himalaya vom Kontakt mit anderen Zivilisationen abgeschnitten war. Daher erfolgte die Ausbreitung des Mahayana zunächst nach Nordwesten, entlang der Seidenstraße nach Zentralasien. Dort kam der Bud·dhis·mus mit dem Hellenismus in Berührung und wurde von zahlreichen kleineren Reichen wohlwollend aufgenommen.<br />
<br />
===Ausbreitung nach Ostasien===<br />
<br />
In Zentralasien änderte sich die Aus·breitungs·richtung des Buddhismus und wandte sich gegen Osten, um schließlich nördlich am Himalaya vorbei nach China zu gelangen. Erste Kontakte reichen bis ins erste Jahr·hundert vor unserer Zeit·rechnung zurück, aber zu einiger Bedeutung gelangte der chinesische Buddhismus erst im zweiten und dritten Jahr·hundert unserer Zeit. Von der nord-westlichen Einfalls·pforte aus erfolgte die Verbreitung fächerförmig über den ganzen chinesischen Sub·kontinent, um schließlich im fünften und sechsten Jahr·hundert auch Korea und Japan zu erreichen. Daneben gab es auch über Vietnam buddhistische Einflüsse aus dem Süden. Da die buddhistische Mission aber stark mit den Handels·routen verbunden war, konnte von einer gleichmäßigen, flächen·deck·enden Verbreitung keine Rede sein. Der frühe chinesische Bud·dhis·mus blühte daher in den urbanen Zentren, während er in ländlichen Regionen keine Spuren hinterließ. Erst in der {{glossar:Tang}}-Zeit erfuhr der Bud·dhis·mus eine staatliche Förderung, die von maßgeblicher Bedeutung war. Der chinesische Hof unterstützte nämlich groß angelegte Über·setzungs·projekte, die es mit sich brachten, dass heute mehr Schriften in chinesischer Übersetzung tradiert sind, als in Sanskrit oder Pali, den Sprachen der Originalmanuskripte.<br />
<br />
Die Übersetzungen in ein vollkommen anderes Idiom, in dem weder die grammati·kalischen, noch die philo·sophischen Grund·strukturen des indischen buddhistischen Kanons vorhanden waren, stellten nicht nur eine gewaltige Heraus·forderung dar, sie führten zwangs·läufig zu einer Sinisierung des Buddhismus. Doch nicht nur auf der Ebene der Texte, auch in der Ikonographie, also der Bildersprache kam es zu neuen Standardisierungen, die schließlich vollinhaltlich von Korea und Japan übernommen wurden.<br />
<br />
==Übernahme des Buddhismus in Japan==<br />
{{Sidebox|shaka_muroji.jpg|w=140|caption = Buddha Shakyamuni}}<br />
Im japanischen Buddhismus haben wir es also mit dem Endpunkt einer langen Über·lieferungs·ge·schichte zu tun, im Zuge derer die ursprünglich indische Religion mit Elementen aus Zentralasien und China angereichert wurde. Da China für die japanische Kultur das Vorbild schlechthin darstellte, tendierte man dazu, den Buddhismus in seiner chinesischen Form zu belassen und unternahm zunächst nur zaghafte Versuche der Adaption. Die Sutren wurden daher kein weiteres Mal ins Japanische übersetzt.<br />
<br />
In weiterer Folge nahm die Geschichte des Buddhismus in Japan jedoch einen anderen Verlauf als in China. Dort erwuchs dem Bud·dhis·mus vor allem in Gestalt des Daoismus ein mächtiger Konkurrent: Auf Zeiten der staatlichen Förderung folgten Zeiten des Niedergangs und sogar der Verfolgung von Buddhisten. In Japan dagegen gelang es dem Buddhismus, bereits existierende Glaubens·vor·stellungen fast vollständig zu absorbieren. Auch wenn die Blüte·zeit des japanischen Buddhismus mit dem Beginn der Frühen Neuzeit ({{Glossar:Edo}}-Zeit) zu Ende ging und konkurrierende Vor·stell·ungen in Form des Konfuzianismus und des {{Glossar:Shintou|Shinto}} auftauchten, wurden Buddhisten — von den Anfängen im 6. Jh. und einer kurzen anti-bud·dhistischen Phase Ende des 19. Jh.s einmal abgesehen — in Japan nie verfolgt. Japanische buddhistische Tempel wurden im Lauf ihrer Geschichte generell nicht von Anders·gläubigen, sondern lediglich von Natur·katastrophen und anderen buddhisti·schen Tempeln bedroht (s. [[Religionsgeschichte]]).<br />
<br />
Heute ist der Buddhismus jedenfalls aus seinem ehemaligen Kernland Indien fast völlig ver·schwunden, und auch in seiner „zweiten Heimat“ China stellt er nur eine religiöse Richtung unter vielen dar. Hingegen tritt er uns als Haupt·religion in den ehemaligen Rand·gebieten der buddhisti·schen Einfluss·sphäre, in Südostasien, Tibet und Japan entgegen.<br />
{{ThisWay|Grundbegriffe: Buddhismus Lehre}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Symboltiere&diff=17290Mythen/Symboltiere2010-11-07T22:03:39Z<p>OrochiJR: /* Weitere Tiere mit religiöser Symbolik */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=<span>Tiergötter und Götterboten, Teil 3</span> Affen und andere=<br />
<br />
Zoologisch betrachtet ist in Japan nur eine einzige Affenart heimisch, der sog. Japan-Makak ([[:Bild:nihonzaru.jpg|''nihon-zaru'']]). Er besitzt ein rotes Gesicht, rote Hinterbacken und ein verhältnismäßig dichtes langes Fell. Diese in großen Rudeln lebende Makakenart ist auf allen Hauptinseln außer auf Hokkaido weit verbreitet und kann sowohl in Tierparks als auch in freier Natur beobachtet werden. Der ''nihon-zaru'' ist den Japanern also sehr vertraut und kommt entsprechend häufig auch in japanischen Märchen vor. Wie im Westen erscheint er dabei meist als Clown oder ungeschickter Schwindler, der erfolglos versucht, es den Menschen gleichzutun. Daneben taucht der Affe aber auch als Gott oder göttlicher Bote auf.<br />
<br />
==Religiöse Rollen des Affen==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|affe_sosen.jpg|w=160|left=-10|top=-30|Nihon-zaru}}<br />
{{sidebox|affenmaske.jpg|w=140|top=-30|Affenmaske }}<br />
{{sidebox|sidepage=Koshin|titel=essay|affen_nikko.jpg|left=-10|Der Kōshin-Glaube}}<br />
}}<br />
<br />
* Der {{glossar:hietaisha|Hie}} (auch Hiyoshi) Schrein am Fuße des Klosterberges {{glossar:hieizan|Hiei}} fungiert als Schutzschrein dieses einstmals mächtigsten Klosters von Japan. Seine zahlreichen Unterschreine werden kollektiv zu einer Gottheit zusammengefasst, {{glossar:sannou}}, wtl. der Bergkönig. Dieser „Bergkönig“ wird mitunter auch als Affe dargestellt, bzw. sieht man Affen als seine Boten an. Vielleicht kommt es daher, dass Affen gern in der Kleidung von Shinto-Priestern abgebildet werden.<br />
* Das Noh-Theater nannte sich ursprünglich {{glossar:sarugaku}}, wtl. „Affenmusik“ oder „Affentheater“. Dieser Namen war aber keinesfalls abfällig zu verstehen. Vielmehr hießen bereits die Priestertänzerinnen am Hof der {{glossar:heian}}-Zeit {{glossar:sarume}}, wtl. „Affen-Frauen“. Die Ahnengöttin dieser Priesterinnen ist Sarume no kimi, alias [[Mythen:Götter_des_Himmels/Uzume|Ame no Uzume]], die Ahnherrin von Tanz und Theater. Sie heiratete einen Gott namens {{glossar:sarutahiko}}, dessen rotes Gesicht vielleicht einst einen Affen darstellen sollte. Affe und (religiöser) Tanz waren jedenfalls im japanischen Altertum eng miteinander assoziiert.<br />
* Die berühmteste figurative Darstellung von Affen befindet sich im Schrein von [[Bauten:Bekannte_Schreine|Nikkō]]<nowiki>: die Drei Weisen Affen, die nicht hören, nicht sehen und nicht sprechen wollen. Das Motiv dieser Drei Affen gibt es in vielen Kulturen, in Japan macht es aber auf ganz besondere Weise Sinn: „nicht sehen“, „nicht hören“, und „nicht sprechen“ heißt auf Klassisch-Japanisch: </nowiki>''mizaru'' ''kikazaru'' ''iwazaru'', wobei die Endung -''zaru'' sowohl eine Verneinung als auch „Affe“ bedeuten kann. Ihre Beliebtheit hängt mit dem sogenannten [[Mythen:Affen/Koshin|Kōshin-Glauben]] ({{glossar:koushinshinkou}}) zusammen, der ehemals in Japan weit verbreitet war.<br />
* Es ist auch kein Zufall, dass die Drei Affen von Nikkō an einem Nebengebäude des Schreins zu bewundern sind, in dem einst weiße Pferde gehalten wurden. Nach einem auch in China weit verbreiteten Glauben hält man Pferde gesund, indem man Affen in ihren Ställen ansiedelt. Affen und Pferde werden daher auch in der bildenden Kunst häufig gemeinsam dargestellt. Angeblich sollen die berittenen Samurai des Mittelalters Affenhäute über ihre Köcher gespannt haben, um die Gesundheit ihrer Pferde zu garantieren.<br />
<br />
==Bekannte Schreingottheiten und ihre Botentiere==<br />
{{Sidebox|sidepage=Tauben|titel=essay|hato_hachiman.jpg|w=140|top=-20|Tauben und Kriegsglück}}<br />
<br />
:* {{glossar:inari}} - Fuchs<br />
:* {{glossar:benten|Benzaiten}} - Schlange<br />
:* {{glossar:hietaisha|Hie/Hiyoshi}} (Sannō) - Affe<br />
:* {{glossar:kasugataisha|Kasuga}} - Hirsch<br />
:* {{glossar:tenjin}} - Ochs<br />
:* {{glossar:hachiman}} - Taube<br />
:* {{glossar:daikoku}} - Maus<br />
<br />
==Weitere Tiere mit religiöser Symbolik==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{Sidebox|usagi.jpg|w=140|top=-20| Hase im Mond }}<br />
{{Sidebox|namazue_ise_pferd_1855.jpg| Götterpferd }}<br />
{{Sidebox|namazu.gif|Erdbeben-Wels}}<br />
}}<br />
* Die '''Zwölf Tierkreiszeichen''' (Ratte, Büffel, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Schaf, Affe, Hahn, Hund, Wildschwein) stehen im chinesischen Kalender, der in Japan bis zur {{glossar:meiji}}-Zeit Verwendung fand, nicht nur für Monate, sondern v.a. für Jahre. Ähnlich wie im Fall der hierzulande bekannten Sternzeichen, verleiht ein Jahrestier allen, die in diesem Jahr geboren werden, einen bestimmten Charakter. [[Texte:Yin und Yang/Tierkreis| Mehr dazu... ]]<br />
* '''Kraniche''' (''tsuru'') und '''[[:Bild:turtle.jpg|Schildkröten]]''' (''kame'') sind beide chinesische Symbole des Langen Lebens und zieren daher alle möglichen glücksbringenden Gegenstände, Schreine und Tempel. Sie sind auch ein beliebtes Neujahrsmotiv. Schildkröten treten darüber hinaus in Mythen und Legenden, etwa der Geschichte von {{glossar:urashimatarou}}, als göttliche Botentiere in Erscheinung.<br />
* '''Katzen''' (''neko'') sind ähnlich wie Füchse und Tanuki magisch begabt. Besonders zauberkräftige Katzen erkennt man (ähnlich wie Füchse) an ihren mehrfach gespaltenen Schwänzen. Solche Gespensterkatzen ''(nekomata'') sind ausgesprochen unheimlich. Als [[:datei:manekineko.jpg|Winke-Katze]] ({{Glossar:Manekineko}}) stellen sie hingegen ihre Magie in den Dienst der Geschäftsleute und verhelfen ihnen zu mehr Umsatz.<br />
* Der '''Hase''' steht mit dem Mond in Verbindung. In Japan meint man, in der Scheibe des Volllmonds kein Gesicht, sondern einen Hasen zu erkennen, der mit einem hammerartigen Schlegel (''kine'') Reis stampft. Diese Idee dürfte auf eine buddhistische Legende aus den indischen Jataka-Erzählungen zurückgehen. In China hat sich daraus ein Hase entwickelt, der Kräuter zu einem Elixier des Langen Lebens zusammenstampft, in Japan hingegen stampft er Reiskuchen (''mochi''). Dies angeblich deshalb, weil der Ausdruck ''mochizuki'' sowohl „Vollmond“ als auch „Reisstampfen“ bedeuten kann. Die Verbindung Hase-Mond ist jedoch ein mythologisches Motiv, das sich auch außerhalb des Buddhismus findet.<br />
* '''Pferde''' gelten zwar nicht als magisch begabt, dienten aber in früherer Zeit wie alle wertvollen Dinge als beliebte [[Alltag:Opfergaben| Opfergaben]] (siehe auch [[Alltag:Opfergaben/Ema|Pferde-Bilder]]) und außerdem als Götterboten. In der Edo-Zeit wurden z.B. die Gottheiten des kaiserlichen Ahnenschreins in {{glossar:isejinguu|Ise}} gerne als Pferd dargestellt.<br />
* Ein eher unheimliches Tier ist der '''Wels''' (''namazu''). In der Edo-Zeit glaubte man, dass ein riesiger Wels-Gott Ursache für Erdbeben sei. Ein großes Erdbeben im Jahr 1855 löste eine Flut von sog. Welsbildern (''namazue'') aus, in den das Erdbeben und seine Folgen in symbolischer und oft karikierender Weise dargestellt wurden.<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Literatur und Links|text=<br />
<br />
{{Literatur:OhnukiTierney_1987}}<br />
* [http://web-japan.org/nipponia/nipponia25/en/animal/animal01.html Do monkeys have secret powers?], Aratama Hiroshi (en.)<br/>Web-Essay der Zeitschrift ''[http://web-japan.org/nipponia/ NIPPONIA]''.<br />
* [http://www.blueplanetbiomes.org/japanese_macaque.htm Japanese Macaque]<br/>Wissenswertes über den japanischen Affen, auch aus zoologischer Sicht.<br />
* [http://www.east-asian-history.net/textbooks/Slideshows/catfish/parade_of_catfish.htm Catfish as Cultural Symbol in Japan], Gregory Smits (en.)<br/>Informationen zum Wels-Glauben auf der sehr informativen Website [http://www.east-asian-history.net/ ''East Asian History''].<br />
* [http://kokingumi.com/ChojuGiga/index.html ''Choju giga''] Yoshizawa Masakazu<br/>Reproduktion einer humoristischen Serie von Tierbildern aus dem 11. Jahrhundert (!).<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
<div class='bildbox'> <br />
''Ende des Kapitels ''„Mythen und Legenden“''<br />
{{Dia|froesche.jpg|w=350|rahmen_w=350|rahmen_h=130|top=-50}}<br />
</div><br />
{{ThisWay|Geschichte: Einleitung}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku&diff=17154Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku2010-10-21T11:46:36Z<p>OrochiJR: /* Frühe Daikoku Darstellungen als einheimische Gottheit */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}{{#css:<br />
.bildbox td {vertical-align:top}<br />
.bildbox p {text-align:left}<br />
}}<br />
=Metamorphosen des Daikoku=<br />
<br />
{{Galerie2|bilder={{Dia2|<br />
daikoku_neu.jpg|left=-10}}{{Dia2|<br />
daikoku_edo_yamaguchi.jpg|left=-10}}{{Dia2|<br />
daikoku_komainunet.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
daikokuten_neko.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
daikoku_1en.jpg|w=x140|left=-125|top=-10}}<br />
}}<br />
Auf den obigen Bildern sieht man den Glücksgott {{glossar:Daikoku}} in seiner gängigen Form: als einen sehr dies·seitigen Gott des Wohl·stands und Reich·tums. In dieser Eigen·schaft wurde er sogar auf einem der ersten modernen Geld·scheine der {{Glossar:Meiji}} Zeit ab·ge·bildet. Daikoku, wtl. der „Große Schwarze“, ver·fügt aber auch über eine dunkle, ge·heim·nis·volle Dimension, die sich vor allem auf älteren Abbildungen erschließt.<br />
<br />
==Wieso „groß und schwarz“?==<br />
{{Float|class=bild|left|bild=<br />
daikoku_kiyomizu.jpg|width=300|caption= Shusse Daikoku ("Karriere Daikoku")<br /> Kiyomizu Tempel, Kyoto <br /> Bild: [http://www.digital-images.net/Gallery/Scenic/Japan/Temples_2/body_temples_2.html#Kiyomizudera Ron Reznick] 2004 [2010/9] }}<br />
Der links abgebildete Daikoku stammt aus dem {{glossar:Kiyomizudera|Kiyomizu Tempel}} in Kyoto und ist durch Hammer, Sack und Reis·ballen mit den gängigen ikono&shy;graphischen Details dieses Glück·gottes aus·ge·stattet. Er verfügt zudem über das ent·sprech·ende Lächeln und den ent·sprech·enden Leibes&shy;um·fang. Seine schwarze Haut·farbe erinnert aller·dings an den schreck·lichen „Großen Schwarzen“ (skt. Mahakala), eine Gott·heit des esoterischen Bud·dhis·mus, die vor allem in Indien und Tibet, aber auch in Japan verehrt wurde.<br />
<br />
Analog zum „Großen Schwarzen“ aus Indien wird auch Daikoku für ge·wöhn·lich mit den Zeichen für „groß“ 大 und „schwarz“ 黒 ge·schrieben. Sein häufiger Bei·name (Daikoku){{glossar:ten|-ten}} kenn·zeichnet Daikoku zudem als [[Ikonographie:Wächtergötter | Deva-Gottheit]] und deutet auf seinen indischen Ur·sprung hin.<br />
<br />
Daneben existiert aber auch die Erklärung, dass Daikoku eine Erschei&shy;nungs&shy;form des ein·heimischen Gottes {{glossar:ookuninushi}} sei. Der Zu·sammen·hang wird dabei meist über den Gleich·klang der beiden Namen her·ge·stellt: die beiden ersten Zeichen des Namens Ō-kuni-nushi (大国主, wtl. „Groß-Land-Herr“) lassen sich sino-japanisch auch als ''dai-koku'' lesen. Dar·über hin·aus existiert eine mittel&shy;alter·liche Legende, die den Ur·sprung der Daikoku Ver·ehrung auf {{glossar:Saichou}}, den Be·gründer des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}}-Buddhismus, zurück·führt. Saichō habe im Schrein des Ōkuninushi (Miwa Schrein) ge·betet, worauf sich Ōkuninushi ihm „in Gestalt des Daikoku Tenshin“ offen·bart hätte. Saichō hätte nach diesem Vor·bild selbst eine Statue des Daikoku geschnitzt und als Schutz·gott des Tendai Bud·dhis·mus verehrt. (Iyanaga 2002,S.547–548.)<br />
<br />
Es gibt also verschiedene Hinweise, dass der heutige Daikoku aus einer Kombination des indischen Mahakala und des Ōkuninushi entstand.<br />
<br />
==Frühe Daikoku Darstellungen als einheimische Gottheit==<br />
<br />
Betrachtet man die ältesten Daikoku-Figuren aus der späteren {{Glossar:Heian}}-Zeit, so findet man eine eher derbe Gott·heit, die weder die Züge eines Bodhisattvas noch die eines höfischen Adeligen (s. [[Ikonographie:Shinto-Götter | einheimische Kami]]), wie sie ansonsten in der religiösen Plastik vor·herr·schen, trägt. Die Figuren wirken eher bäuer·lich. Dies hängt offen·bar mit Daikokus Haupt·auf·gabe zu·sammen, die Küche eines buddhistischen Tempels und die darin gehorteten Nahrungsmittel zu beschützen.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
|width=320|<br />
[[Image:daikoku_kongorinji.jpg|link=|daikoku]]<br />
<div> Daikoku des Kongorin-ji (Shiga-ken), Heian-Zeit<br /> Bild: [http://www.miho.or.jp/booth/html/artcon/00002398e.htm Miho Museum] [2010/9], Japan</div><br />
<br />
Die Abbildung oben zeigt die angeblich älteste Darstellung des japanischen Daikoku aus einem Tendai-Tempel in der Um·gebung von Saichōs Kloster·berg Hiei. Rüstung, Stab und vor allem die langen Ohren offen·baren einen starken Ein·fluss der bud·dhis·tischen Ikono·graphie. Dennoch ver·leihen die Mütze und die ge·drungene Statur diesem Daikoku eine gewisse Bodenständigkeit.<br />
|width=320|<br />
[[Image:daikoku_kanzeonji.jpg|link=|daikoku]]<br />
<div> Daikoku des Kongorin-ji (Shiga-ken), Heian-Zeit<br /> Bild: [http://www.miho.or.jp/booth/html/artcon/00002398e.htm Miho Museum] Japan </div><br />
|}<br />
</div><br />
Die frühesten Beispiele der Daikoku Ikonographie stammen aus dem Umfeld des Tendai Bud·dhis·mus. Sie wirken ver·hält·nis·mäßig realistisch und tragen (noch?) nicht die paranormalen Attribute des Mahakala. Daikoku besitzt bereits die Tracht, die er auf moderneren Darstellungen trägt. Man beachte auch den Sack, der noch heute auf fast allen Darstellungen ein Er·kennungs·merkmal des Daikoku dar·stellt.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
| width=320|<br />
[[Image:daikoku_koya.jpg|link=|daikoku]] <div> Daikoku des Hōju-in, Berg Kōya, späte Kamakura-Zeit <br /> Bild: ''Kōbō Daishi and the Sacred Treasures of Mount Kōya '' (2003), Abb. 31 </div><br />
|width=320|<br />
[[Image:daikoku_saidaiji2.jpg|link=|daikoku]]<div> Daikoku des Saidai-ji, Nara<br /> Kamakura Zeit </div><br />
|}<br />
</div><br />
Der gemalte Daikoku links aus der {{Glossar:Kamakura}}-Zeit (die älteste ge·malte Version) erinnert nur durch ihre her·vor·quellenden Augen an die Wächter·gott·heiten des esoterischen Bud·dhis·mus, während sich in der Skulptur rechts bereits die humor·volle Aus·strahlung des späteren Glücks·gottes andeutet. Beide Bei·spiele stammen aus dem Umfeld des {{Glossar:Shingonshuu | Shingon}} Buddhismus. Die Figur rechts ist im Besitz des {{glossar:Saidaiji}} in {{Glossar:Nara}}, wo ein besonderer Daikoku-Kult durch den berühmten Mönch Eizon (1201–1290) belegt ist. Ähn·lich wie (der Legende nach) Saichō unter·hielt auch Eizon gute Beziehungen zum Miwa Schrein (südlich von Nara), wo die oben erwähnte Gottheit Ōkuninushi verehrt wird.<br />
<br />
Offenbar bestand also sowohl im Tendai als auch im Shingon Buddhismus ein ge·wisses Interesses an der Gott·heit des Miwa Schreins. Wie deren Ver·bindung mit dem Küchengott Daikoku zu·stande kam, ist für mich trotz der Homophonie der Namen nicht leicht nach·voll·zieh·bar. Es scheint aber auf jeden Fall plausibel, dass die Be·deutung Daikokus ab dem Zeit·punkt, wo er mit der wichtigen alten Gottheit Ōkuninushi identifiziert wurde, über seine Funktion als Wächter der Tempel·küche hinaus ging. Möglicher·weise erklärt dies auch die Tat·sache, dass einer bäuerlichen Figur wie Daikoku bereits in früher Zeit bildliche Denk·mäler ge·setzt wurden. Für eine wirklich be·deutende Gestalt des Bud·dhis·mus waren in der Blüte·zeit der esoterischen Lehren aber zusätzliche Eigen·schaften, wie sie der Namens·vetter aus Indien bereit hielt, von Nöten.<br />
<br />
==Mahakala in Tibet und Japan==<br />
{| align="right" class="bild bildtext" style="margin:0 -7em 1em 2em; "<br />
|<br />
[[Image:mahakala_17jh_bm.jpg|link=|Mahakala]]<br />
<br />
Mahakala, tibetische Darstellung, 17.Jh. <br /> British Museum, Bild: [http://www.insecula.com/us/oeuvre/O0025478.html insecula.com] [2010/9]<br />
<br />
[[Image:mahakala_tibet.jpg|link=|Mahakala]]<br />
<br />
Mahakala, tibetische Darstellung, 19.Jh. <br /> Bild: [http://www.himalayanart.org/image.cfm/847.html Himalayan Art] [2010/9], Collection of Shelley & Donald Rubin <br />
|}<br />
In Tibet zählt der bereits erwähnte „Große Schwarze“ (Nag po chen po, skt. Mahakala) zu den populärsten Gott·heiten (s. z.B. Kumar 2005) und wird, wie viele andere Gott·heiten auch, zumeist als furcht·ein·flößender, kriegerischer Dämon dargestellt. Die beiden Dar·stellungen rechts stammen aus dem Tibet des sieb·zehnten bzw. neunzehnten Jahr·hunderts, gehen aber auf ältere ikongraphische Vor·bilder zurück. Das untere Beispiel ist der aus·ge·zeich·neten online Kollektion tibetischer Kunst [http://www.himalayanart.org/ Himalayan Art] entnommen, wo noch jede Menge ähnlicher Dar·stel·lungen zu finden sind. Auf dieser Seite findet sich zum dar·ge·stellten Motiv folgende ikonographische Beschreibung:<br />
{{Zitat|quelle=Jeff Watt, Himalayan Art|text=<br />
Mahakala, Vajra Panjarnata (Tibetan: dor je gur gyi gon po, English: the Great Black One, Lord of the Vajra Pavilion [or Canopy]): from the Vajra Panjara Tantra. Fiercely wrathful, black in colour with one face, large round eyes, flaming yellow hair and two hands he holds a curved knife in the right and a skullcup in the left - both held to the heart. Resting across the fore·arms is a 'gandhi' stick from which all other forms of Mahakala emanate. Adorned with a crown of five dry skulls, bone ornaments and a necklace of fifty freshly severed heads he wears a lower garment of tiger skin. Atop a corpse, circular disc of the sun and multi-coloured lotus he stands surrounded by the flames of pristine awareness. [...] Panjaranatha Mahakala arises from the Panjara (Pavilion, or canopy) Tantra for which he is the protector and guardian. [...]<br />
}}<br />
Diese Mahakala Ikonographie ist auch im esoterischen Buddhismus Japans bekannt. Man findet sie vor allem auf [[Ikonographie:Mandala | Mandalas]] des „Makakara“ (jap. Aussprache von Mahakala), also auf Ab·bildungen einer eigenen spirituelllen Welt, in der Makakara im Mittel·punkt steht (Abb. unten). Die in diesen Mandalas ab·ge·bildete Gottheit geht ganz offen·sicht·lich auf denselben ikono·graphischen Grund·typus zurück wie der indo-tibetische Mahakala. Die Toten·schädel im Haar, die Schlangen·kette und die Leichen von Menschen und Tieren in Mahakalas Händen finden sich hier wie da. Auch die mehr·fachen Gesichter und die Elefanten·haut sind auf manchen tibetischen Darstellungen zu finden.<br />
<br />
<div class="bildbox bildtext">[[Image:makakara_daikoku.jpg|link=|makakara]]<br />
<div><br />
Zentrale Figur eines Mahakala Mandalas (''Makakara mandara''), Edo-Zeit, Chōrin-ji, Kagawa-ken. <br /> Die Abbildung entstammt dem Titelblatt des Buches ''Ishin. Chūsei Nihon no mikkyōteki sekai ''(„Seltsame Götter: Die esoterische Welt des japanischen Mittelalters“) von Yamamoto Hiroko. </div><br />
</div><br />
<br />
Dass man in Japan bewusst eine Verbindungen zwischen dem ein·heimischen „Daikoku“ und „Makakara“ her·stellte, lässt sich auch aus Schriften des mittel·alter·lichen esoterischen Bud·dhis·mus in Japan wie z.B. dem ''Keiran shūyōshū'' ersehen. Dieser Text enthält z.B. den Vermerk, dass Daikoku-ten eine Gottheit sei, die „das Fleisch und das Blut der Menschen frisst“ (nach Yamamoto 1998: 126). Dass gerade eine solche Gottheit im esoterischen Buddhismus Bedeutung erlangte, entspricht einer paradoxen esoterischen Logik, die gerade in den schreck·lichsten Gestalten einen Weg zur Er·leuchtung sucht. Diese Logik war im übrigen nicht auf Mahakala allein beschränkt, sondern findet sich in allen möglichen Figuren des esoterischen Buddhismus, z.B. den „Vajra-Königen“ ([[Ikonographie:Myoo | Myōō]]). Die all·ge·meine historische Entwicklung dieser Ikonographie wird auch in meinem Essay über die Figur des [[Ikonographie:Myoo/Vajrapani | Vajrapani]] genauer besprochen.<br />
<br />
==Kombinationen des indischen und des japanischen Daikoku/Mahakala Typs==<br />
<br />
Neben seinen esoterisch-zornvollen Metamorphosen scheinen die bäuer·lichen, auf Nahrung und Wohl·stand bezogenen Aspekte des Daikoku nie ganz in Ver·gessen·heit geraten zu sein. Rein esoterische Dar·stel·lungen, die der indisch-tibetischen Ikonographie entsprechen, sind dagegen selten. Häufiger findet man Kombinationen des bäuerlichen und des esoterischen Daikoku-Typs.<br />
<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
| width="320"| [[Image:sanmendaikoku_eishinji.jpg|link=|sanmen daikoku]]<br />
<div>Daikoku des Eishin-ji, Tokyo <br /> Der Legende nach von [[Geschichte:Kukai|Kūkai]] geschnitzt, <br /> wahrscheinlicher in der Edo-Zeit entstanden. </div> [[Image:sanmendaikoku_sendai.jpg|link=|sanmen daikoku]] <div>Sanmen Daikoku des Shurin-ji, Sendai <br /> Bild: [http://www.sendai-shichifukujin.com/ Sendai Shichifukujin] [2010/9]</div><br />
| width="320"| [[Image:sanmendaikoku_hokusai.jpg|link=|sanmen daikoku]]<div>Sanmen Daikoku <br /> Edo-zeitliche Buchillustration von Hokusai<br /> Bild: [http://www.hum.pref.yamaguchi.jp/ehon/ Yamaguchi Bijutsukan] [2010/9] </div><br />
<br />
<br />
Ähnlich wie der indische Mahakala kann auch Daikoku eine drei·ge·sichtige Form an·nehmen. In obigen Bei·spielen aus der Edo-Zeit ver·schmilzt er dabei zu·meist mit {{Glossar:Bishamonten}} (li.) und {{Glossar:Benzaiten}} (re). Frühere Beispiele dieses Typs tragen durchaus auch zorn·volle, furcht·ein·flößende Züge.<br />
|}<br />
</div><br />
Obwohl die Bedeutung des esoterischen Buddhismus in der {{Glossar:Edo}}-Zeit ins·ge·samt zurück ging, hielten sich die esoterischen Aspekte des Mahakala, be·sonders die schwarze Haut und die drei Ge·sichter, noch lange. Zu·gleich verlor Daikoku mit steigender Popularität als Glücks·gott seine furcht·ein·flößenden Züge und be·hielt lediglich den Hammer (in frühen Dar·stel·lungen eher ein Stab oder ein Schwert) als eine Art magisches Instrument.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
| width="320"| [[Image:daikoku_motoyama.jpg|300x400px|link=|sanmen daikoku]]<div>Sanmen-Daikoku des Motoyama-dera, einem Tempel der [[Alltag:Pilgerschaft|Pilgerroute in Shikoku]]. Edo-Zeit. <br /> Bild: B. Scheid, 2007 <br />
</div><br />
| width="320"| [[Image:daikoku_zushi.jpg|link=|sanmen daikoku]]<div>Daikoku Miniaturschrein (''zushi''), 19. Jh. <br /> Bildquelle unbekannt. <br />
</div><br />
|}<br />
</div><br />
Die Ikonographie des modernen Glücksgottes hat sich mittler·weile sogar von der schwarzen Haut des Daikoku weg·ent·wickelt und ent·spricht weit·gehend dem ur·sprüng·lichen, bäuer·lichen Typ. Damit aus diesem Gott der Tempelküche ein all·ge·mein bekannter und populärer Glückgott werden konnte, scheint jedoch die zeit·weilige Ver·bindung mit Mahakala not·wendig ge·wesen zu sein. Erst durch diese Ver·bindung wurde Daikoku mit den nötigen Kräften aus·ge·stattet, um die Wünsche seiner An·hänger erfüllen zu können.<br />
<br />
Vieles an der Figur des Daikoku bleibt aber nach wie vor rätselhaft. Woher rührt bei·spiels·weise die Tatsache, dass Daikoku stets von Mäusen begleitet wird? Ent·spricht dies viel·leicht auch einer paradoxen Logik, wonach eine Gott·heit, die die Nahrung schützt, einen Ein·fluss auf Mäuse haben muss, die die Nahrung vernichten?<br />
<br />
<div class="largebox bildbox bildtext">[[Image:daikoku_kyosai.jpg|link=|daikoku]]<div> Daikoku ver·anstaltet ein Wagen·rennen mit Mäusen. <br /> Auch ein weiteres Attribut Daikokus ist dar·gestellt, der Rettich (Daikon), der hier als Wagen dient.<br /> Neujahrsbild von Kawanabe Kyōsai, 19. Jh. </div></div><br />
<br />
==Daikokus Mauswächter==<br />
<br />
Die Maus gilt als Tiergefährte Daikokus, hat aber auch einen direkten Bezug zu Ōkuninushi, der, wie wir gesehen haben, oft mit Daikoku identfiziert wurde (s. oben). Im {{glossar:Kojiki}} wird er·zählt, dass dieser Gott, ein Sohn des {{glossar:Susanoo}}, von seinem Vater ver·stoßen wurde und es erst nach zahl·reichen Prüfungen und Abenteuern schaffte, das Erbe Susanoos an·zu·treten. Eines dieser Abenteuer be·stand darin, dass Ōkuninushi einem Steppen·brand ent·kommen musste, den sein Vater gelegt hatte. In·mitten der Flammen erschien eine Maus und zeigte Ōkuninushi ein Erd·loch, in das er sich verkroch und überlebte.<br />
<br />
Im Südosten Kyotos befindet sich ein alter Schrein namens Ōtoyo Jinja, der vor allem für seine zahl·reichen Tier·wächter bekannt ist. Zu diesen zählen auch zwei Mäuse. Sie be·wachen einen Zweigschrein, der dem Ōkuninushi geweiht ist.<br />
<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
|[[Image:otoyo_komanezumi1.jpg|link=|maus]]<br />
|[[Image:otoyo_komanezumi2.jpg|link=|maus]]<br />
|-<br />
|colspan="2"|[[Image:otoyo_komanezumi3.jpg|650px|maus]]<br />
<div> Ōkuninushi Schrein in Kyoto, bewacht von zwei Mäusen<br /> Bilder: [http://www.japaneselifestyle.com.au/japan_picture/thumbnails-75.html Craig Fryer] 2007 [2010/9] </div><br />
|}<br />
</div><br />
{{Linkbox|ue=Literatur und Links|text=<br />
{{Literatur:Iyanaga_2002}}<br />
{{Literatur:Yamamoto_1998}}<br />
* [http://www.exoticindiaart.com/article/mahakala/ The Many Forms of Mahakala, Protector of Buddhist Monasteries], Nitin Kumar (en.)<br/>Mahakala - Artikel auf ''[http://www.exoticindiaart.com exoticindiaart.com]''.<br />
* ''[http://www.himalayanart.org/ Himalayan Art Ressources]'', Shelley & Donald Rubin Foundation (en.)<br />Siehe insbesondere: [http://www.himalayanart.org/pages/mahakala/index.html Mahakala ikonography]".<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku&diff=17153Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku2010-10-21T11:45:51Z<p>OrochiJR: /* Frühe Daikoku Darstellungen als einheimische Gottheit */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}{{#css:<br />
.bildbox td {vertical-align:top}<br />
.bildbox p {text-align:left}<br />
}}<br />
=Metamorphosen des Daikoku=<br />
<br />
{{Galerie2|bilder={{Dia2|<br />
daikoku_neu.jpg|left=-10}}{{Dia2|<br />
daikoku_edo_yamaguchi.jpg|left=-10}}{{Dia2|<br />
daikoku_komainunet.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
daikokuten_neko.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
daikoku_1en.jpg|w=x140|left=-125|top=-10}}<br />
}}<br />
Auf den obigen Bildern sieht man den Glücksgott {{glossar:Daikoku}} in seiner gängigen Form: als einen sehr dies·seitigen Gott des Wohl·stands und Reich·tums. In dieser Eigen·schaft wurde er sogar auf einem der ersten modernen Geld·scheine der {{Glossar:Meiji}} Zeit ab·ge·bildet. Daikoku, wtl. der „Große Schwarze“, ver·fügt aber auch über eine dunkle, ge·heim·nis·volle Dimension, die sich vor allem auf älteren Abbildungen erschließt.<br />
<br />
==Wieso „groß und schwarz“?==<br />
{{Float|class=bild|left|bild=<br />
daikoku_kiyomizu.jpg|width=300|caption= Shusse Daikoku ("Karriere Daikoku")<br /> Kiyomizu Tempel, Kyoto <br /> Bild: [http://www.digital-images.net/Gallery/Scenic/Japan/Temples_2/body_temples_2.html#Kiyomizudera Ron Reznick] 2004 [2010/9] }}<br />
Der links abgebildete Daikoku stammt aus dem {{glossar:Kiyomizudera|Kiyomizu Tempel}} in Kyoto und ist durch Hammer, Sack und Reis·ballen mit den gängigen ikono&shy;graphischen Details dieses Glück·gottes aus·ge·stattet. Er verfügt zudem über das ent·sprech·ende Lächeln und den ent·sprech·enden Leibes&shy;um·fang. Seine schwarze Haut·farbe erinnert aller·dings an den schreck·lichen „Großen Schwarzen“ (skt. Mahakala), eine Gott·heit des esoterischen Bud·dhis·mus, die vor allem in Indien und Tibet, aber auch in Japan verehrt wurde.<br />
<br />
Analog zum „Großen Schwarzen“ aus Indien wird auch Daikoku für ge·wöhn·lich mit den Zeichen für „groß“ 大 und „schwarz“ 黒 ge·schrieben. Sein häufiger Bei·name (Daikoku){{glossar:ten|-ten}} kenn·zeichnet Daikoku zudem als [[Ikonographie:Wächtergötter | Deva-Gottheit]] und deutet auf seinen indischen Ur·sprung hin.<br />
<br />
Daneben existiert aber auch die Erklärung, dass Daikoku eine Erschei&shy;nungs&shy;form des ein·heimischen Gottes {{glossar:ookuninushi}} sei. Der Zu·sammen·hang wird dabei meist über den Gleich·klang der beiden Namen her·ge·stellt: die beiden ersten Zeichen des Namens Ō-kuni-nushi (大国主, wtl. „Groß-Land-Herr“) lassen sich sino-japanisch auch als ''dai-koku'' lesen. Dar·über hin·aus existiert eine mittel&shy;alter·liche Legende, die den Ur·sprung der Daikoku Ver·ehrung auf {{glossar:Saichou}}, den Be·gründer des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}}-Buddhismus, zurück·führt. Saichō habe im Schrein des Ōkuninushi (Miwa Schrein) ge·betet, worauf sich Ōkuninushi ihm „in Gestalt des Daikoku Tenshin“ offen·bart hätte. Saichō hätte nach diesem Vor·bild selbst eine Statue des Daikoku geschnitzt und als Schutz·gott des Tendai Bud·dhis·mus verehrt. (Iyanaga 2002,S.547–548.)<br />
<br />
Es gibt also verschiedene Hinweise, dass der heutige Daikoku aus einer Kombination des indischen Mahakala und des Ōkuninushi entstand.<br />
<br />
==Frühe Daikoku Darstellungen als einheimische Gottheit==<br />
<br />
Betrachtet man die ältesten Daikoku-Figuren aus der späteren {{Glossar:Heian}}-Zeit, so findet man eine eher derbe Gott·heit, die weder die Züge eines Bodhisattvas noch die eines höfischen Adeligen (s. [[Ikonographie:Shinto-Götter | einheimische Kami]]), wie sie ansonsten in der religiösen Plastik vor·herr·schen, trägt. Die Figuren wirken eher bäuer·lich. Dies hängt offen·bar mit Daikokus Haupt·auf·gabe zu·sammen, die Küche eines buddhistischen Tempels und die darin gehorteten Nahrungsmittel zu beschützen.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
|width=320|<br />
[[Image:daikoku_kongorinji.jpg|link=|daikoku]]<br />
<div> Daikoku des Kongorin-ji (Shiga-ken), Heian-Zeit<br /> Bild: [http://www.miho.or.jp/booth/html/artcon/00002398e.htm Miho Museum] [2010/9], Japan</div><br />
<br />
Die Abbildung oben zeigt die angeblich älteste Darstellung des japanischen Daikoku aus einem Tendai-Tempel in der Um·gebung von Saichōs Kloster·berg Hiei. Rüstung, Stab und vor allem die langen Ohren offen·baren einen starken Ein·fluss der bud·dhis·tischen Ikono·graphie. Dennoch ver·leihen die Mütze und die ge·drungene Statur diesem Daikoku eine gewisse Bodenständigkeit.<br />
|width=320|<br />
[[Image:daikoku_kanzeonji.jpg|link=|daikoku]]<br />
<div> Daikoku des Kongorin-ji (Shiga-ken), Heian-Zeit<br /> Bild: [http://www.miho.or.jp/booth/html/artcon/00002398e.htm Miho Museum] Japan </div><br />
|}<br />
</div><br />
Die frühesten Beispiele der Daikoku Ikonographie stammen aus dem Umfeld des Tendai Bud·dhis·mus. Sie wirken ver·hält·nis·mäßig realistisch und tragen (noch?) nicht die paranormalen Attribute des Mahakala. Daikoku besitzt bereits die Tracht, die er auf moderneren Darstellungen trägt. Man beachte auch den Sack, der noch heute auf fast allen Darstellungen ein Er·kennungs·merkmal des Daikoku dar·stellt.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
| width=320|<br />
[[Image:daikoku_koya.jpg|link=|daikoku]] <div> Daikoku des Hōju-in, Berg Kōya, späte Kamakura-Zeit <br /> Bild: ''Kōbō Daishi and the Sacred Treasures of Mount Kōya '' (2003), Abb. 31 </div><br />
|width=320|<br />
[[Image:daikoku_saidaiji2.jpg|link=|daikoku]]<div> Daikoku des Saidaiji, Nara<br /> Kamakura Zeit </div><br />
|}<br />
</div><br />
Der gemalte Daikoku links aus der {{Glossar:Kamakura}}-Zeit (die älteste ge·malte Version) erinnert nur durch ihre her·vor·quellenden Augen an die Wächter·gott·heiten des esoterischen Bud·dhis·mus, während sich in der Skulptur rechts bereits die humor·volle Aus·strahlung des späteren Glücks·gottes andeutet. Beide Bei·spiele stammen aus dem Umfeld des {{Glossar:Shingonshuu | Shingon}} Buddhismus. Die Figur rechts ist im Besitz des {{glossar:Saidaiji}} in {{Glossar:Nara}}, wo ein besonderer Daikoku-Kult durch den berühmten Mönch Eizon (1201–1290) belegt ist. Ähn·lich wie (der Legende nach) Saichō unter·hielt auch Eizon gute Beziehungen zum Miwa Schrein (südlich von Nara), wo die oben erwähnte Gottheit Ōkuninushi verehrt wird.<br />
<br />
Offenbar bestand also sowohl im Tendai als auch im Shingon Buddhismus ein ge·wisses Interesses an der Gott·heit des Miwa Schreins. Wie deren Ver·bindung mit dem Küchengott Daikoku zu·stande kam, ist für mich trotz der Homophonie der Namen nicht leicht nach·voll·zieh·bar. Es scheint aber auf jeden Fall plausibel, dass die Be·deutung Daikokus ab dem Zeit·punkt, wo er mit der wichtigen alten Gottheit Ōkuninushi identifiziert wurde, über seine Funktion als Wächter der Tempel·küche hinaus ging. Möglicher·weise erklärt dies auch die Tat·sache, dass einer bäuerlichen Figur wie Daikoku bereits in früher Zeit bildliche Denk·mäler ge·setzt wurden. Für eine wirklich be·deutende Gestalt des Bud·dhis·mus waren in der Blüte·zeit der esoterischen Lehren aber zusätzliche Eigen·schaften, wie sie der Namens·vetter aus Indien bereit hielt, von Nöten.<br />
<br />
==Mahakala in Tibet und Japan==<br />
{| align="right" class="bild bildtext" style="margin:0 -7em 1em 2em; "<br />
|<br />
[[Image:mahakala_17jh_bm.jpg|link=|Mahakala]]<br />
<br />
Mahakala, tibetische Darstellung, 17.Jh. <br /> British Museum, Bild: [http://www.insecula.com/us/oeuvre/O0025478.html insecula.com] [2010/9]<br />
<br />
[[Image:mahakala_tibet.jpg|link=|Mahakala]]<br />
<br />
Mahakala, tibetische Darstellung, 19.Jh. <br /> Bild: [http://www.himalayanart.org/image.cfm/847.html Himalayan Art] [2010/9], Collection of Shelley & Donald Rubin <br />
|}<br />
In Tibet zählt der bereits erwähnte „Große Schwarze“ (Nag po chen po, skt. Mahakala) zu den populärsten Gott·heiten (s. z.B. Kumar 2005) und wird, wie viele andere Gott·heiten auch, zumeist als furcht·ein·flößender, kriegerischer Dämon dargestellt. Die beiden Dar·stellungen rechts stammen aus dem Tibet des sieb·zehnten bzw. neunzehnten Jahr·hunderts, gehen aber auf ältere ikongraphische Vor·bilder zurück. Das untere Beispiel ist der aus·ge·zeich·neten online Kollektion tibetischer Kunst [http://www.himalayanart.org/ Himalayan Art] entnommen, wo noch jede Menge ähnlicher Dar·stel·lungen zu finden sind. Auf dieser Seite findet sich zum dar·ge·stellten Motiv folgende ikonographische Beschreibung:<br />
{{Zitat|quelle=Jeff Watt, Himalayan Art|text=<br />
Mahakala, Vajra Panjarnata (Tibetan: dor je gur gyi gon po, English: the Great Black One, Lord of the Vajra Pavilion [or Canopy]): from the Vajra Panjara Tantra. Fiercely wrathful, black in colour with one face, large round eyes, flaming yellow hair and two hands he holds a curved knife in the right and a skullcup in the left - both held to the heart. Resting across the fore·arms is a 'gandhi' stick from which all other forms of Mahakala emanate. Adorned with a crown of five dry skulls, bone ornaments and a necklace of fifty freshly severed heads he wears a lower garment of tiger skin. Atop a corpse, circular disc of the sun and multi-coloured lotus he stands surrounded by the flames of pristine awareness. [...] Panjaranatha Mahakala arises from the Panjara (Pavilion, or canopy) Tantra for which he is the protector and guardian. [...]<br />
}}<br />
Diese Mahakala Ikonographie ist auch im esoterischen Buddhismus Japans bekannt. Man findet sie vor allem auf [[Ikonographie:Mandala | Mandalas]] des „Makakara“ (jap. Aussprache von Mahakala), also auf Ab·bildungen einer eigenen spirituelllen Welt, in der Makakara im Mittel·punkt steht (Abb. unten). Die in diesen Mandalas ab·ge·bildete Gottheit geht ganz offen·sicht·lich auf denselben ikono·graphischen Grund·typus zurück wie der indo-tibetische Mahakala. Die Toten·schädel im Haar, die Schlangen·kette und die Leichen von Menschen und Tieren in Mahakalas Händen finden sich hier wie da. Auch die mehr·fachen Gesichter und die Elefanten·haut sind auf manchen tibetischen Darstellungen zu finden.<br />
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<div class="bildbox bildtext">[[Image:makakara_daikoku.jpg|link=|makakara]]<br />
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Zentrale Figur eines Mahakala Mandalas (''Makakara mandara''), Edo-Zeit, Chōrin-ji, Kagawa-ken. <br /> Die Abbildung entstammt dem Titelblatt des Buches ''Ishin. Chūsei Nihon no mikkyōteki sekai ''(„Seltsame Götter: Die esoterische Welt des japanischen Mittelalters“) von Yamamoto Hiroko. </div><br />
</div><br />
<br />
Dass man in Japan bewusst eine Verbindungen zwischen dem ein·heimischen „Daikoku“ und „Makakara“ her·stellte, lässt sich auch aus Schriften des mittel·alter·lichen esoterischen Bud·dhis·mus in Japan wie z.B. dem ''Keiran shūyōshū'' ersehen. Dieser Text enthält z.B. den Vermerk, dass Daikoku-ten eine Gottheit sei, die „das Fleisch und das Blut der Menschen frisst“ (nach Yamamoto 1998: 126). Dass gerade eine solche Gottheit im esoterischen Buddhismus Bedeutung erlangte, entspricht einer paradoxen esoterischen Logik, die gerade in den schreck·lichsten Gestalten einen Weg zur Er·leuchtung sucht. Diese Logik war im übrigen nicht auf Mahakala allein beschränkt, sondern findet sich in allen möglichen Figuren des esoterischen Buddhismus, z.B. den „Vajra-Königen“ ([[Ikonographie:Myoo | Myōō]]). Die all·ge·meine historische Entwicklung dieser Ikonographie wird auch in meinem Essay über die Figur des [[Ikonographie:Myoo/Vajrapani | Vajrapani]] genauer besprochen.<br />
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==Kombinationen des indischen und des japanischen Daikoku/Mahakala Typs==<br />
<br />
Neben seinen esoterisch-zornvollen Metamorphosen scheinen die bäuer·lichen, auf Nahrung und Wohl·stand bezogenen Aspekte des Daikoku nie ganz in Ver·gessen·heit geraten zu sein. Rein esoterische Dar·stel·lungen, die der indisch-tibetischen Ikonographie entsprechen, sind dagegen selten. Häufiger findet man Kombinationen des bäuerlichen und des esoterischen Daikoku-Typs.<br />
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| width="320"| [[Image:sanmendaikoku_eishinji.jpg|link=|sanmen daikoku]]<br />
<div>Daikoku des Eishin-ji, Tokyo <br /> Der Legende nach von [[Geschichte:Kukai|Kūkai]] geschnitzt, <br /> wahrscheinlicher in der Edo-Zeit entstanden. </div> [[Image:sanmendaikoku_sendai.jpg|link=|sanmen daikoku]] <div>Sanmen Daikoku des Shurin-ji, Sendai <br /> Bild: [http://www.sendai-shichifukujin.com/ Sendai Shichifukujin] [2010/9]</div><br />
| width="320"| [[Image:sanmendaikoku_hokusai.jpg|link=|sanmen daikoku]]<div>Sanmen Daikoku <br /> Edo-zeitliche Buchillustration von Hokusai<br /> Bild: [http://www.hum.pref.yamaguchi.jp/ehon/ Yamaguchi Bijutsukan] [2010/9] </div><br />
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Ähnlich wie der indische Mahakala kann auch Daikoku eine drei·ge·sichtige Form an·nehmen. In obigen Bei·spielen aus der Edo-Zeit ver·schmilzt er dabei zu·meist mit {{Glossar:Bishamonten}} (li.) und {{Glossar:Benzaiten}} (re). Frühere Beispiele dieses Typs tragen durchaus auch zorn·volle, furcht·ein·flößende Züge.<br />
|}<br />
</div><br />
Obwohl die Bedeutung des esoterischen Buddhismus in der {{Glossar:Edo}}-Zeit ins·ge·samt zurück ging, hielten sich die esoterischen Aspekte des Mahakala, be·sonders die schwarze Haut und die drei Ge·sichter, noch lange. Zu·gleich verlor Daikoku mit steigender Popularität als Glücks·gott seine furcht·ein·flößenden Züge und be·hielt lediglich den Hammer (in frühen Dar·stel·lungen eher ein Stab oder ein Schwert) als eine Art magisches Instrument.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
| width="320"| [[Image:daikoku_motoyama.jpg|300x400px|link=|sanmen daikoku]]<div>Sanmen-Daikoku des Motoyama-dera, einem Tempel der [[Alltag:Pilgerschaft|Pilgerroute in Shikoku]]. Edo-Zeit. <br /> Bild: B. Scheid, 2007 <br />
</div><br />
| width="320"| [[Image:daikoku_zushi.jpg|link=|sanmen daikoku]]<div>Daikoku Miniaturschrein (''zushi''), 19. Jh. <br /> Bildquelle unbekannt. <br />
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|}<br />
</div><br />
Die Ikonographie des modernen Glücksgottes hat sich mittler·weile sogar von der schwarzen Haut des Daikoku weg·ent·wickelt und ent·spricht weit·gehend dem ur·sprüng·lichen, bäuer·lichen Typ. Damit aus diesem Gott der Tempelküche ein all·ge·mein bekannter und populärer Glückgott werden konnte, scheint jedoch die zeit·weilige Ver·bindung mit Mahakala not·wendig ge·wesen zu sein. Erst durch diese Ver·bindung wurde Daikoku mit den nötigen Kräften aus·ge·stattet, um die Wünsche seiner An·hänger erfüllen zu können.<br />
<br />
Vieles an der Figur des Daikoku bleibt aber nach wie vor rätselhaft. Woher rührt bei·spiels·weise die Tatsache, dass Daikoku stets von Mäusen begleitet wird? Ent·spricht dies viel·leicht auch einer paradoxen Logik, wonach eine Gott·heit, die die Nahrung schützt, einen Ein·fluss auf Mäuse haben muss, die die Nahrung vernichten?<br />
<br />
<div class="largebox bildbox bildtext">[[Image:daikoku_kyosai.jpg|link=|daikoku]]<div> Daikoku ver·anstaltet ein Wagen·rennen mit Mäusen. <br /> Auch ein weiteres Attribut Daikokus ist dar·gestellt, der Rettich (Daikon), der hier als Wagen dient.<br /> Neujahrsbild von Kawanabe Kyōsai, 19. Jh. </div></div><br />
<br />
==Daikokus Mauswächter==<br />
<br />
Die Maus gilt als Tiergefährte Daikokus, hat aber auch einen direkten Bezug zu Ōkuninushi, der, wie wir gesehen haben, oft mit Daikoku identfiziert wurde (s. oben). Im {{glossar:Kojiki}} wird er·zählt, dass dieser Gott, ein Sohn des {{glossar:Susanoo}}, von seinem Vater ver·stoßen wurde und es erst nach zahl·reichen Prüfungen und Abenteuern schaffte, das Erbe Susanoos an·zu·treten. Eines dieser Abenteuer be·stand darin, dass Ōkuninushi einem Steppen·brand ent·kommen musste, den sein Vater gelegt hatte. In·mitten der Flammen erschien eine Maus und zeigte Ōkuninushi ein Erd·loch, in das er sich verkroch und überlebte.<br />
<br />
Im Südosten Kyotos befindet sich ein alter Schrein namens Ōtoyo Jinja, der vor allem für seine zahl·reichen Tier·wächter bekannt ist. Zu diesen zählen auch zwei Mäuse. Sie be·wachen einen Zweigschrein, der dem Ōkuninushi geweiht ist.<br />
<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
|[[Image:otoyo_komanezumi1.jpg|link=|maus]]<br />
|[[Image:otoyo_komanezumi2.jpg|link=|maus]]<br />
|-<br />
|colspan="2"|[[Image:otoyo_komanezumi3.jpg|650px|maus]]<br />
<div> Ōkuninushi Schrein in Kyoto, bewacht von zwei Mäusen<br /> Bilder: [http://www.japaneselifestyle.com.au/japan_picture/thumbnails-75.html Craig Fryer] 2007 [2010/9] </div><br />
|}<br />
</div><br />
{{Linkbox|ue=Literatur und Links|text=<br />
{{Literatur:Iyanaga_2002}}<br />
{{Literatur:Yamamoto_1998}}<br />
* [http://www.exoticindiaart.com/article/mahakala/ The Many Forms of Mahakala, Protector of Buddhist Monasteries], Nitin Kumar (en.)<br/>Mahakala - Artikel auf ''[http://www.exoticindiaart.com exoticindiaart.com]''.<br />
* ''[http://www.himalayanart.org/ Himalayan Art Ressources]'', Shelley & Donald Rubin Foundation (en.)<br />Siehe insbesondere: [http://www.himalayanart.org/pages/mahakala/index.html Mahakala ikonography]".<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Geschichte/Nara&diff=17152Geschichte/Nara2010-10-21T11:44:45Z<p>OrochiJR: /* Die Sechs Nara-Schulen */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Der Buddhismus der Nara-Zeit=<br />
{{Wrapper|__TOC__<br />
{{Sidebox|tenno_residenzen.jpg|w=200|top=-50|left=-40|Hauptstadtverlegungen im 8. Jahrhundert}}<br />
}}<br />
Seine erste große Blüte erlebte der Buddhismus im achten Jahr·hundert, als Japan von {{glossar:nara}} (damals Heijō-kyō) aus regiert wurde. Die För·de·rung des Bud·dhis·mus wurde vor allem durch {{Glossar:Shoumutennou}} voran·ge·trieben, der zu·sammen mit seinen Vor·gängern Tenchi und {{glossar:tenmutennou|Tenmu}} zu den ener·gischsten Kaisern zählt, die Japan je besaß. Seine Regierung war zu·nächst von Hungers·nöten und Rivali·täten inner·halb des Hof·adels ge·kenn·zeichnet, die Shōmu durch die Ver·legung seiner Resi·denz in den Griff zu bekommen ver·suchte: Zwischen 741 und 44 siedelte er dreimal um, bis er schließlich 745 end·gültig nach Nara zurück·kehrte. Während dieser Zeit setzte er auch religions·poli·tische Maß·nahmen, die rück·blickend gesehen kon·sequenter und plan·mäßiger wirken als seine Hauptstadtpolitik. <br />
==Staats-buddhistische Reformen==<br />
741 erging ein kaiserlicher Erlass, der die Errichtung eines landes·weiten Netzes von „Provinz·tempeln“ ({{glossar:kokubunji}}) befahl. Als Zentrum dieser Provinz·tempel sollte ein neuer Tempel von un·ge·heuren Aus·maßen, der Große Tempel des Ostens ({{glossar:Toudaiji}}) in Nara er·richtet werden. Das ganze System sollte offen·bar ein Gegen·ge·wicht zu den Familien-Tempeln ({{glossar:ujidera}}) der verschiedenen Adels·häuser bilden und den Bud·dhis·mus stärker in den Dienst der öffent·lichen Ver·waltung einbinden.<br />
{{Float|left|popup={{dia|daibutsu_nara.jpg|w=120|rahmen_h=150}}|style=margin:0 2em 1em -5px;}} <br />
Die Errichtung des Tōdaiji (745) und seines [[ikonographie:dainichi/Daibutsu| Großen Buddhas]] (752) waren der sicht·bare Ausdruck von Shōmus ambitionierter Religions·politik. Besonders die Her·stellung der damals wie heute welt·weit größten Bronze·statue war ein Ereignis, das weit über die Landes·grenzen hinaus Be·deutung er·langte. Die ge·samte bud·dhis·tische Welt schickte Ab·gesandte zur „Augen·öffnungs·zere·monie“ des Großen Buddhas, die Ein·weihung wurde von einem indischen Mönch vor·ge·nommen. Aller·dings trieben die Her·stellungs·kosten von Statue und Tempel den antiken Staat an den Rand des Ruins und waren nur dank groß an·gelegter Spenden·kampagnen zu be·wältigen. Dass der Bud·dhis·mus in Japan gerade damals zu der·artigen Leis·tungen fähig war, ist zweifel·los ein Zeichen für die be·sonderen Hoffnungen, die sich Staat und Gesell·schaft von der fremd·ländischen Religion machten.<br />
<br />
Weniger spektakulär, aber womöglich wirkungs·voller waren die „Provinz·tempel“, als deren Zentrum der Tōdaiji er·richtet worden war. Sie befanden sich im all·ge·meinen nahe der neu eingerichteten Verwaltungs·zentren in den Provinzen und waren auch als Maßnahme zur Stärkung einer landes·weiten zentra·lis·tischen Ver·waltung im Sinne der {{Glossar:ritsuryou}}-Gesetz·gebung ge·dacht. Noch heute zeugen Orte mit dem Namen Kokubunji davon, dass es sich wohl um be·deutende regionale Zentren ge·handelt haben muss. Aller·dings ver·loren diese offiziellen „Staats·tempel“ in dem Maß an Bedeutung, in dem die zentrale Ver·waltung ingesamt durch private Ländereien (''shōen'') unter·wandert, bzw. ersetzt wurde. Im Zuge der {{glossar:heian}}-Zeit wurde außerdem der Tōdaiji vom benach·barten {{glossar:koufukuji}} an Bedeutung über·flügelt und mehr oder weniger ab·sorbiert. Der Kōfuku-ji war aber letztlich nichts anderes als der Ahnen·tempel des mächtigsten Adels·ge·schlechts, der {{Glossar:Fujiwara}}. Nach und nach ver·wandelte sich der frühe japanische Bud·dhis·mus somit von einem Instrument der staat·lichen Zentra·lisierung zu einem Ver·bündeten der alten Klan-Strukturen, die allen äußer·lichen Sini·sierungs·maßnah·men zum Trotz all·mählich wieder die Herr·schaft des Landes be·stimmten. Der Bud·dhis·mus war somit eng mit den Fragen Ver·staat·lichung vs. Privati·sierung ver·bunden, die bereits in den unter·schied·lichen Gesell·schafts·modellen des japanischen Altertums eine Rolle spielten.<br />
<br />
==Die Sechs Nara-Schulen==<br />
In der Nara Zeit wurde der Buddhismus von Strömungen dominiert, die man zusammen·fassend als die „Sechs Nara-Schulen“ (Hossō, Kegon, Ritsu, Sanron, Kusha, Jōjitsu) be·zeichnet. Im Unter·schied zu späteren Rich·tungen, ver·standen sich diese Schulen weniger als kon·kurrierende Aus·le·gungen des bud·dhis·tischen Dharma denn als kom·plementäre Disziplinen inner·halb eines ge·mein·samen religiös-philo·sophischen Systems. So widmet sich etwa die „Schule der Ordens·regeln“ ({{glossar:risshuu}}) in erster Linie den Mönchs·geboten, bzw. den Regeln des Zu·sammen·lebens im Kloster. Die vielleicht ein·fluss·reichste Richtung war die {{glossar:hossoushuu|Hossō Schule}}, die auch noch in der Heian Zeit ein be·stimmender Faktor in der alten Haupt·stadt Nara blieb. Die Sechs Schulen verteilten sich auf sieben Tempel ({{glossar:toudaiji}}, {{glossar:yakushiji}}, {{glossar:koufukuji}}, {{glossar: houryuuji}}, {{glossar:Saidaiji}}, Gangō-ji und Daian-ji), die wieder·um die geistigen Zentren des Nara-zeit·lichen Bud·dhis·mus dar·stellten und alle inner·halb oder in der Nähe der Haupt·stadt angesiedelt waren.<br />
<br />
==Der Dōkyō Zwischenfall==<br />
<br />
Auch für die Nachfolger Shōmu Tennōs, insbesondere für seine Tochter, Prinzessin Abe (718–770), die ihm als {{glossar:koukentennou}} nach·folgte, war die För·de·rung des Bud·dhis·mus ein zentrales Anliegen. Unter ihrer Herr·schaft ge·riet das Ver·hältnis zwischen Hof und bud·dhis·tischem Klerus jedoch in eine Krise, die von einem allzu ehr·geizigen Mönch, {{glossar:doukyou}}, ausgelöst wurde. Dōkyō betrat die politische Bühne des Landes 761. Kōken hatte kurz zuvor ihr Amt ab·ge·geben, um sich in ein bud·dhis·tisches Kloster zurück·zu·ziehen und wurde dort von einer schweren Krank·heit geplagt. Dōkyō gelang es „mit magischen Riten“ die Ex-Kaiserin von ihrer Krank·heit zu heilen und offen·bar auch zu er·mutigen, neuer·lich die Geschicke des Landes selbst in die Hand zu nehmen. Es be·durfte dazu aller·dings hand·fester dynastischer Kämpfe mit ihrem Onkel mütter·licher·seits, Fujiwara no Nakamaro, die Kōken 764 zu ihren Gunsten ent·schied, worauf sie unter dem Namen Shōtoku (r. 764–770) neuerlich das Amt des Tennō übernahm.<br />
{{Sidebox|sidepage =Miniaturstupas|hyakumanto.jpg|Miniatur-Stupas}}<br />
<br />
Ein erstes Anzeichen für die teilweise bizarre Förderung des Bud·dhis·mus unter der Kaiserin wurde be·reits kurz nach ihrer zweiten Macht·er·greifung deut·lich. Zur Feier ihres militä·rischen Sieges ordnete sie die Her·stellung von einer Million winziger Stupas ({{glossar:hyakumantou}}) an und ließ sie in den Klöstern des Landes ver·teilen. Offen·bar meinte sie, ihre Macht·über·nahme dem Bei·stand Buddhas zu ver·danken und wollte sich auf diese Weise er·kennt·lich zeigen. In der Folge übertrug sie Dōkyō das höchste Minister·amt und er·nannte ihn schließ·lich sogar zum kaiser·lichen Thron·folger. Damit ent·stand erst·mals in der ja·pa·nischen Geschichte die Aus·sicht, dass dem genea·logischen Prinzip der Tenno-Erb·folge ein Ende gesetzt und Japan von einer Art bud·dhis·tischer Theo·kratie regiert werden könnte.<br />
<br />
Dōkyō und die Kaiserin versuchten sogar, ihren Nach·folge·plan durch ein Orakel der ein·heimi·schen Gottheit {{glossar:Hachiman}} im weit ent·fernten {{glossar:Usahachimanguu|Usa Schrein}} in Kyushu zu legitimieren. Der Bote, den sie zu Hachimans Schrein schickten, {{glossar:wakenokiyomaru}}, kehrte jedoch mit einem ab·schlägigen Orakel·spruch zurück, was ihm zunächst grausame Bestrafung, später aber großen geschicht·lichen Ruhm einbrachte. Viel·leicht war dieser ge·schei·terte Mani·pulations·ver·such einer Gottheit tat·säch·lich der Grund, warum nach dem Tod der Kaiserin im Jahre 770 ihre Gegner bei Hof wieder die Ober·hand ge·wannen. Dōkyō jeden·falls wurde nicht Kaiser, sondern ent·machtet und in die Ver·bannung geschickt.<br />
<br />
==Anti-buddhistische Reflexe==<br />
Nachfolgende Kaiser waren nun bestrebt, die Verflechtungen von Bud·dhismus und Staat zu lockern. So soll die Ver·legung der Haupt·stadt unter {{glossar:kanmutennou}} (zu·nächst 784 nach Nagaoka, dann 794 nach Heian [= Kyōto]) aus dem Bedürfnis ent·standen sein, dem Einfluss der Nara-Klöster zu ent·kommen. Manche Religions·historiker meinen zu·dem, dass die Existenz von gegen den Bud·dhis·mus gerichteten Tabu-Be·stim·mungen inner·halb des {{glossar:isejinguu|Ise Schreins}} und in vielen Be·reichen des höfischen Ritual·wesens direkt mit der Dōkyō Affäre in Ver·bindung steht. Diese Affäre könnte somit Anlass für ein be·wusst nicht-bud·dhis·tisches höfisches Ritual·wesen und damit der Beginn einer Art „shintoistischen Bewusstseins“ inner·halb der Hof·aristo·kratie ge·wesen sein. Aller·dings tritt dieser „höfische Shinto“ nach außen hin nicht als konkurrierendes religiöses System gegen den Bud·dhis·mus auf und ist weder unter der Be·zeich·nung „Shinto“ noch unter einem anderen Namen als eigen·ständige Religion fass·bar. Mehr dazu auf der nächsten Seite.<br />
{{ThisWay|Geschichte: Kami Kulte}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Geschichte/Kamakura/Verwuenschungen&diff=17151Geschichte/Kamakura/Verwuenschungen2010-10-21T11:43:48Z<p>OrochiJR: /* Raigōs Rache */</p>
<hr />
<div>{{styles|sidepage}}<br />
=Rituelle Verwünschungen=<br />
<br />
Legenden des japanischen Mittelalters belegen, dass die magische Macht des Bud·dhis·mus in der damaligen Vor·stellungs·welt ein wert·freies Mittel war, das auch für Zwecke ein·gesetzt werden konnte, die aus heutiger Sicht der reinen Lehre des Bud·dhis·mus wider·sprechen. Ein ein·drucks·volles Beispiel findet sich in der Legende des {{Glossar:Heian}}-zeitlichen {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}}-Mönchs {{Glossar:Raigou}}.<br />
==Raigōs Rache==<br />
<div class="largebox bildbox bildtext">[[Image:raigo_ginko.jpg|link=|raigo]]<br />
<div> Vor einem esoterischen Goma-Altar, eine Vajra-Glocke in der Hand, bereitet Raigō seine Rache vor.<br /> Holzblockdruck von Adachi Ginko, 1896 </div></div><br />
<br />
Raigō war ein Mönch aus den höchsten Adelskreisen, der dem Kaiser (Shirakawa Tennō) mit magischen Zeremonien und Gebeten zu Diensten war, als es darum ging, einen Thron·folger in die Welt zu setzen. Im Gegen·zug sollte sein eigener Tempel (der Mii-dera), der stets unter dem Diktat des mächtigen {{glossar:Enryakuji}} auf Berg Hiei zu leiden hatte, eine eigene Ordinations·platt·form (gleich·bedeu·tend mit religions·politischer Un·ab·hängig·keit) erhalten.<br />
<br />
Die Magie zeitigte den gewünschten Erfolg und dem Kaiser wurde tatsächlich ein Sohn geboren. Rivali·sierenden Mönche des Enryaku-ji wussten aller·dings zu ver·hindern, dass Raigō seine ver·sprochene Be·loh·nung erhielt. Aus Rache hungerte sich dieser zu Tode und voll·zog dabei ein weiteres Mal magische Riten, um sich nach seinem Tod in einen Rache·geist ({{glossar:goryou}}) zu verwandeln. Als solcher nahm er die Form eine riesigen Ratte an und führte ein Heer von Art·genossen auf Berg Hiei, wo sie die Statuen und heiligen Schrif·ten des Enryaku-ji auf·fraßen. Auch der Thron·folger starb noch im kindlichen Alter — für die Zeitgenossen ohne Zweifel das Resultat von Raigōs Fluch.<br />
<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
| [[Image:kuniyoshi_raigo.jpg|link=|raigo]]<br />
| [[Image:raigo.jpg|link=|raigo]]<br />
|-<br />
| Raigō widersetzt sich allen Versuchen der Beschwichtigung... <br />
|... und verwandelt sich schließlich in eine riesige Ratte. <br />
|-<br />
|Blockdruck von Kuniyoshi<br />
|Blockdruck von Yoshitoshi<br />
|}<br />
</div><br />
Die Geschichte des Raigō wird in den mittelalterlichen Krieger·epen {{glossar:Heikemonogatari}} und {{glossar:Taiheiki}} erzählt, sie stellte aber auch den Stoff für Dramen des Noh- und Kabuki Theaters dar und wurde schließ·lich ein beliebtes Motiv der Ukiyoe-Künstler.<br />
<br />
== Rituale im Krieg ==<br />
<br />
Auch weniger literarische Texte belegen, dass bud·dhis·tische Magie keines·wegs auf fromme Zwecke be·schränkt war. Ein mittel·alter·licher Ritual·text der {{glossar:Shingonshuu|Shingon}} Schule erklärt, wie die Form eines Altars mit dem Anlass des Ritus in Ver·bin·dung steht, und verrät dabei, dass unter anderem auch Ver·wün·schungen (von Feinden, gegen die man Krieg führte oder gegen die man einen Krieg plante) den Zweck von Ritualen darstellten:<br />
{{Zitat|text=<br />
Ein ringförmiger Altar wird gebraucht um Katastrophen zu ver·hindern; ein längliches Recht·eck um Wohl·stand und Langes Leben zu erhöhen; ein lotos-förmiger Altar dient für Liebe und Respekt; ein dreieckiger Altar dient für '''Verwünschungen''' [...]<br />
<br />
Wenn '''Verwünschungen''' durchgeführt werden, muss der dreieckige Altar auf jeder Seite mit dem Bild einer Rüstung bemalt werden. <br />
|quelle=Nach Conlan 2003: 170.<br />
}}<br />
{{Linkbox|ue=Quellen|text=<br />
{{Literatur:Mccullough_1988}}<br />
{{Literatur:Conlan_2003}}<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Geister&diff=17150Mythen/Geister2010-10-21T11:42:35Z<p>OrochiJR: /* Totengeister in Literatur und Kunst */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Gespenster und Totengeister=<br />
{{Wrapper|<br />
__TOC__<br />
&nbsp;<br />
{{sidebox|sidepage=Kaidan|hokusai_oiwa.jpg|w=140|rahmen_h=200||caption=Horrorklassiker<br /> der Edo-Zeit}}<br />
}}<br />
<br />
An der Schnittstelle von volkstümlicher Religion und Erzählkunst begegnen wir in Japan einer gestaltenreichen Welt von Fabelwesen und Gespenstern, die mit den Menschen teils in böswilliger, teils in freundlicher Absicht interagieren, zumeist aber infolge ihrer Unberechenbarkeit als unheimlich gelten. Besonders in der {{glossar:edo}}-Zeit (1600–1867) erfuhren Geschichten aus dieser Geisterwelt ({{glossar:kaidan}}), etwa die „Geschichten unter dem Regenmond“ (''Ugetsu monogatari) ''von Ueda Akinari, aber auch zahlreiche Holzdrucke (''ukiyo-e'') von übernatürlichen Wesen einen regelrechten Boom. In dieser Zeit entwickelte sich eine Gespenstertypologie, die noch heute bekannt ist und in modernen Filmen oder Manga immer wieder aufgegriffen wird. Dabei lassen sich im Wesentlichen zwei Arten von übernatürlichen Wesen unterscheiden: 1) die Fabelwesen ({{glossar:youkai}}), die permanente Gemeinschaften am Rande der menschlichen Gesellschaft bilden. Zu ihnen zählen z.B. die [[Tengu]] und andere nur selten wahrnehmbare geisterhafte Wesen, aber auch Tiere mit magischer Begabung wie [[Mythen:Füchse |Füchse]], [[Mythen:Drachen| Schlangen]] und andere. 2) die Seelen der Verstorbenen ({{glossar:yuurei}}), die noch nicht vollständig ins Jenseits (bzw. in eine neue Wiedergeburtsform) hinübergewechselt sind. (Natürlich gibt es auch einige Grenzfälle zwischen den beiden Gruppen.) Während auf den folgenden Seiten von ''yōkai'' die Rede ist, befasst sich diese Seite mit dem Glauben an die Totengeister.<br />
<br />
==Totengeister (''yūrei'')==<br />
{{float|class="bildtext"|left|style=margin-left:0em<br />
|popup= {{Dia|yurei.jpg|w=140|rahmen_h=200|rahmen_w=100|left=-30}}<br />
}}Gemäß einer in Japan alteingesessenen Vorstellung kann jeder Tote, auch wenn er ein makelloses Leben geführt hat, zum Gespenst werden, wenn er nicht ordentlich bestattet wird, bzw. wenn ihm der [[Mythen:Jenseits| Weg ins Jenseits]] versperrt ist, weil sich niemand seines Leichnams annimmt. Dieser Weg ist in jedem Fall eine beschwerliche Reise. Und immer, wenn etwas auf dieser Reise schief geht, kann es sein, dass der Geist des Verstorbenen seine Hinterbliebenen in Träumen oder in realen Erscheinungen heimsucht. In der Edo-Zeit etablierte sich die heute noch geläufige Gestalt dieser ''yūrei'', die bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit europäischen Gespenstern aufweist: Mit weißem Totengewand ({{glossar:shinshouzoku}}, zu dem auch eine dreieckige Stirnkappe — ''hitaikakushi'' — gehört) und langen aufgelösten Haaren schwebt sie nebelgleich über dem Boden. Ihre Arme sind meist zur Brust hochgezogen, doch die Hände hängen schlapp herunter. Obwohl eine derartige Figur a priori unheimlich ist, wird sie erst dann wirklich gefährlich, wenn es sich um einen Rachegeist ({{glossar:onryou}}) handelt. Meist haben diese Geister im Leben besonderes Unrecht erlitten oder sind unter großen Qualen gestorben.<br />
<br />
===''Der Kult um „erhabene Geister“ (goryō)''===<br />
{{Textbox|width=30em|text=<br />
===Vokabel===<br />
*{{glossar:bakemono}} oder {{glossar:obake}}: wtl. „verwandelte Wesen“; geläufigste Ausdrücke für Gespenster und andere übernatürliche Erscheinungen. <br />
*{{glossar:youkai}}: Fabelwesen, auch magisch begabte Tiere. <br />
*{{glossar:yuurei}}: wtl. „dunkle Geister“; Totengeister.<br />
*{{glossar:onryou}}: Rachegeister.<br />
*{{glossar:goryou}}: Hochgestellte Rachegeister.<br />
*{{glossar:goryoushinkou}}: Glaube an, bzw. Kult für ''goryō''.<br />
*{{glossar:sorei}}: Ahnengeist, Ahnenseele.<br />
*{{glossar:reikon}} oder {{glossar:tamashii}}: Seele, Totenseele. Neutraler Ausdruck.<br />
*{{glossar:oni}}: Dämon, Teufel. <br />
}}<br />
Die etablierten religiösen Institutionen haben den Glauben an rächende Totengeister nicht etwa als Aberglaube abgetan, sondern ihn im Gegenteil immer schon gefördert. Dem Religionshistoriker Bernard Faure zufolge hat sich der Buddhismus unter anderem deshalb in Ostasien etablieren können, weil er die vor-buddhistische Vorstellung der grollenden Totengeister absorbierte und besonders erfolgversprechende Rituale für die Reintegration dieser Seelen entwickelte (Faure, The red thread, ch. 1).<br />
<br />
Bereits im frühen Buddhismus finden wir Zeremonien, die beispielsweise nach kriegerischen Schlachten durchgeführt wurden, um die Geister der Gefallenen (vor allem die der Gegner!) von Racheakten abzuhalten. Auch im [[Geschichte:Kami_Kulte| höfischen Shinto]] gibt es seit dem Altertum eine Zeremonie zur Besänftigung der Geister ({{glossar:chinkonsai}}), die allerdings nicht explizit an Totengeister gerichtet ist. Wenn sich Unglücksfälle trotz solcher Zeremonien häuften, so suchte und fand man die Ursache in den Rachegeistern von besonders einflussreichen Personen, die in diesem Fall als „erhabene Geister“ ({{glossar:goryou}}) bezeichnet wurden. Um diese „erhabenen Geister“ zu besänftigen, half oft nur noch, sie in den Status einer Gottheit ({{glossar:kami}}) zu erheben und ihnen einen eigenen Schrein zu errichten.<br />
<br />
Das berühmteste Beispiel eines solchen Schreins stellt der {{glossar:kitanotenmanguu}} in Kyoto dar. Er wurde im Jahr 959 zu Ehren des Hofadeligen {{glossar:sugawaranomichizane}} (845–903) errichtet. Michizane, ein überragender Staatsmann und Gelehrter, war einer Hofintrige wegen in die Verbannung geschickt worden und verstarb, bevor das Fehlurteil rückgängig gemacht werden konnte. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu allerlei Naturkatastrophen und ungewöhnlichen Todesfällen bei Hof und in der Familie des Tenno, welche die Hofastrologen schließlich Michizanes Wirken zuschrieben. Auf mittelalterlichen Querbildrollen, die diese Geschehnisse anschaulich darstellen, erkennt man, dass Michizanes Rachegeist als gehörnter [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Donnergott]], der Blitze in den kaiserlichen Palast schleudert, imaginiert wurde. Um diesen gefährlichen ''goryō'' zu besänftigen, wurde er zum ''kami'' erklärt und in einem Schrein „verortet“. Zusätzlich erhielt er alle Ehrungen inklusive der höchsten Hofränge, die ihm zu Lebzeiten versagt blieben.<br />
<br />
<div class="bildbox bildtext"><br />
{{Dia|kitanotenjin_engi_metny.jpg|w=500|rahmen_w=500|rahmen_h=250}}<br />
</div><br />
<br />
Heute ist Michizane vor allem unter dem Beinamen Tenjin bekannt. Er gilt als Gott der Gelehrsamkeit und der Dichtung und verfügt neben seinen zwei Hauptschreinen in Kyoto und Kyushu über ein ausgedehntes Netz von Tenjin-Zweigschreinen in ganz Japan. (Mehr dazu auf der Sidepage [[tenjin| Gottheit und Schreine des Tenjin-Glaubens]].)<br />
<br />
Abgesehen von Michizane wurden auch zahlreiche Tenno, denen übel mitgespielt worden war, als ''goryō'' angesehen. Für sie gibt es in Kyoto seit dem Altertum einen Goryō Schrein, in dem sie kollektiv verehrt werden. Es scheint allerdings, als wären ''goryō'' auf die Geister der Hofaristokratie beschränkt. Mitglieder des Schwertadels (Samurai), auch wenn sie einen noch so ungerechten oder qualvollen Tod erleiden mussten, sind meines Wissens kaum je Gegenstand eines ''goryō''-Kultes geworden.<br />
<br />
==Totengeister in Literatur und Kunst==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|hannya.jpg|w=140|top=-30|Hannya Maske}}<br />
{{sidebox|oyuki_okyo.jpg|w=140|top=-30|''Yūrei''}}<br />
}}<br />
Neben anderen unheimlichen Fabelwesen (''yōkai'') und Dämonen ({{glossar:oni}}) tauchen Totengeister schon in der buddhistischen Erzählliteratur der Heian Zeit auf (v.a. im {{glossar:konjakumonogatari}}). Im Mittelalter stießen Geistergeschichten vor allem im Nō-Theater auf großes Interesse. Zwei von fünf Hauptgenres des Nō sind ruhelosen Geistern gewidmet, nämlich die Krieger- und die Wahnsinnsstücke. Erstere behandeln meist tragische Helden aus den klassischen Kriegerepen wie {{glossar:heikemonogatari}} oder {{glossar:Taiheiki}}, die auf der Nō-Bühne als Geister wiederkehren. Letztere widmen sich vor allem Frauen, die aufgrund eines schweren Schicksalsschlages oder aus enttäuschter Liebe auch nach dem Tod nicht zur Ruhe kommen. Nachdem die Geister die Schlüsselszenen ihres Lebens in Tanz und Gesang vorgetragen haben, enden die Stücke zumeist mit ihrer erfolgreichen Befriedung durch einen buddhistischen Mönch.<br />
<br />
Auch im Edo-zeitlichen Bunraku- und Kabuki Theater treten zahlreiche Totengeister auf, allerdings geht es hier wesentlich actionreicher zu als im Nō. Im Vordergrund stehen die schauerlichen Aspekte der Geschichten, welche mit Hilfe von ausgetüftelten Bühnentricks in Szene gesetzt wurden. ''Yūrei'' und ''yōkai'' wurden aber auch in illustrierten Büchern und Einzeldrucken bildlich dargestellt (s. dazu die Sidepage „[[Mythen:Geister/Kaidan|Horror Klassiker]]“) und sogar in eigenen Enzyklopädien erfasst. Besonders gegen Ende der Edo-Zeit, im neunzehnten Jahrhundert scheinen die grollenden Rachegeister ({{glossar:onryou}}) eine enorme Anziehungskraft auf das Publikum ausgeübt zu haben.<br />
<br />
==Heutige Praktiken==<br />
<br />
Beim japanischen [[Alltag:Jahr|Bon-Fest]], das jährlich im August abgehalten wird, ist der Glaube an die Rückkehr der Toten nach wie vor präsent. Allerdings handelt es sich hier um Ahnenseelen ({{glossar:sorei}}), die bereits fest im Jenseits verankert sind und zur Bon-Zeit wohlwollend im Diesseits nach dem Rechten sehen. Vor diesen Geistern braucht man sich also nicht zu fürchten. Dennoch ist zu beachten, dass auch das Bonfest ursprünglich ein Ritus war, durch den verstorbene Verwandte, die als [[Mythen:Höllen/Hungergeister|Hungergeister]] wiedergeboren wurden, aus diesem Zustand befreit werden sollten. Man sieht also, dass positiv und angstvoll besetzte Vorstellungen von Totengeistern recht eng bei einander liegen.<br />
{{sidebox|itako.jpg|w=140|top=-30|Itako|sidepage=Itako}}<br />
<br />
Der Glaube an real existierende und in diese Welt zurückkehrende Totenseelen spielt außerdem in Riten der Geisterbeschwörung eine Rolle. In manchen ländlichen Gebieten, insbesondere in Nord-Japan, gibt es nach wie vor religiöse Spezialisten, die bei Bedarf eine Kommunikation mit den Seelen der Toten herstellen. Es handelt sich um die sog. {{glossar:itako}}, meist blinde Frauen, die davon leben, dass sie in privaten, häuslichen Ritualen die Seelen der Verstorbenen einer Familie durch sich sprechen lassen. Solche Riten nennt man {{glossar:kuchiyose}} (etwa „durch den Mund heranbringen“). Mit Hilfe der ''itako'' kann man Fragen an die Toten stellen und Antworten bekommen. Es handelt sich dabei wohlgemerkt um alteingesessene Praktiken, nicht um modernen Spiritismus.<br />
{{Linkbox|text=<br />
* [http://www.mangajin.com/mangajin/samplemj/ghosts/ghosts.htm Japanese Ghosts], Tim Screech (en.)<br />Ein informativer und schön illustrierter Aufsatz des ''[http://www.mangajin.com/mangajin/index.htm Mangajin Magazine]''#40.<br />
* [http://www.loc.gov/exhibits/ukiyo-e/images.html The Floating World of Ukiyoe]<br/>Sehr schöne und informative Website, die auch das Thema Geister in den Ukiyo-e Bildern behandelt.<br />
* [http://www.asianart.com/articles/rubin/ Ghosts, Demons and Spirits in Japanese Lore], Norman A. Rubin (en.)<br/>Artikel über Geister, Dämonen und andere Wesen auf ''[http://www.asianart.com/ Asian Art]''.<br />
* [http://www.nichibun.ac.jp/YoukaiDB/index.html Kaii-yōkai denshō Database], Komatsu Kazuhiko (Nichibunken) (jap.)<br/>Datenbank der japanischen Geistersagen und Gespenstermotive. Kurze Erklärungen und ausführliche bibliografische Informationen zu etwa 20.000 Schlagworten. Hervorragendes Tool für wissenschaftliche Forschungen zu dem Thema.<br />
* [http://kikyo.nichibun.ac.jp/emakimono/ Emakimono database], International Research Center for Japanese Studies (Nichibunken) - Kyoto (jap.)<br/>Sehr attraktiv gestaltete Website, auf der mehrere Edo-zeitliche Bildrollen (''emaki'') zu Themen wie Jenseits oder Gespenster vollständig zu betrachten sind. Leider keine genauen bibliographischen Angaben.<br />
|update= Aug 2010|<br />
}}<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
<br />
{{Literatur:Addiss_1986}}<br />
{{Literatur:Faure_1998b}}<br />
{{Literatur:Maisondelaculturedujapon_2005}}<br />
<br />
}}<br />
{{ThisWay|Mythen: Tengu und Oni}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Alltag/Opfergaben&diff=17149Alltag/Opfergaben2010-10-21T11:41:48Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{styles}}<br />
=Opfergaben=<br />
{{Galerie1|<br />
bild1 = {{Dia|Kagamimochi.jpg|w = 120| top = -50 }} |<br />
bild2 = {{Dia|gohei.jpg| w = 120| top = -20 }}|<br />
bild3 = {{Dia|sake_hachimangu.jpg| w = 120}}<br />
}}<br />
Wenn man vom abend·ländischen Religions·verständnis ausgeht, verbindet sich mit dem Begriff „Opfer“ die Vorstellung des Blutopfers oder der Ver·nich·tung von essentiellen Ressourcen (vgl. die biblische Episode von Kain und Abel: Abel opfert Fleisch, Kain Getreide, indem sie es ver·bren·nen). Auch wenn die moderne christliche Religion keine der·artigen Opfer mehr fordert, existiert die Idee des Blut·opfers weiter fort, mani·festiert sie sich doch nicht zuletzt in Christus, der sich selbst zum Opfer macht. In Japan ist diese Art von Selbst·opfer keines·wegs unbe·kannt — man denke an die Tradition des ''seppuku'' (''harakiri''), beispiels·weise um als Vasall seinem Herrn in den Tod zu folgen, oder an die {{Glossar:Kamikaze}}-Selbst·mord Piloten. Ent·sprechende Rollen·vor·bilder finden sich auch zahlreich in der japani·schen Lite·ratur, etwa in Krieger·epen wie {{Glossar:Heikemonogatari}} oder {{glossar:Taiheiki}}. Erstaun·licher·weise gibt es jedoch nur wenige Vorbilder für derartige blutige Selbst·opferun·gen in der Religion. Im Buddhis·mus gibt es lediglich eine Art von Tieropfer, bei dem ge·fan·genen Wild·tiere (meist Vögel oder Fische) in einer Zere·monie frei·ge·lassen werden, um damit gutes [[Grundbegriffe:Buddhismus_Lehre|Karma]] zu er·wirt·schaften. Auch im Shinto ist von religiös motivierten Blut·opfern kaum eine Spur zu finden. Es mag zwar in grauer Vorzeit Menschen·opfer in Japan gegeben zu haben (s.u.), diese wurden aber unter chinesi·schem bzw. buddhisti·schem Einfluss zurück·ge·drängt. <br />
<br />
Im Kontext der japanischen Religion ist das Opfer daher eher als Spende (''offering'') zu ver·stehen und tatsächlich gibt es im Japanischen auch termino·logisch keine klaren Unter·schiede zwischen Spende und Opfer ({{glossar:sonaemono}}, {{glossar:houken}}, {{glossar:kuyou}}). Hingegen könnte man eine Opfer·gabe im Japanischen nicht mit dem gleichen Wort wie ein [Mord-]Opfer (''giseisha'') be·zeich·nen, wie im Deutschen. „Opfer“ bedeutet also nicht so sehr Schmerz und Ver·zicht, sondern eher einen positiven Bei·trag zu Ehren einer Gott·heit. In den meisten Fällen ist damit die Erwartung einer konkreten Gegen·leistung seitens der Gott·heit verbunden. Opfer·gaben in diesem Sinne gehören seit jeher zur Aus·übung von Religion in Japan, unabhängig ob shintoistisch oder buddhistisch. <br />
<br />
==Opferformen==<br />
Geldspenden ({{glossar:saisen}}) sind heute die gängigste Form der Opfer·gabe. Die Summe kann von ein paar Yen-Münzen, die man in den {{glossar:saisenbako}} wirft, bis zu enormen finanziellen Bei·trägen zur Er·haltung oder Er·neuerung religiöser An·lagen reichen. Daneben gibt es eine Unzahl von symbo·li·schen Opfer·gaben, die man an religiösen Orten aufstellen kann. Während die meisten sowohl für {{glossar:kami}} als auch für Buddhas tauglich sind, sind z.B. Räucher·stäb·chen, die die Flüchtig·keit des Daseins ver·an·schau·lichen, stark buddhistisch konnotiert. Das berühmte Zick·zack·papier ({{glossar:gohei}}) ist dagegen eine symbo·lische Opfer·gabe des Shinto. Es dient häufig zu·sammen mit einem Götter·seil ({{glossar:shimenawa}}) zur Kenn·zeich·nung eines sakralen Bereichs.<br />
===Nahrungsopfer===<br />
{{Sidebox|jizo_opfergabe.jpg|w=140|top=-18|caption=Getränkeopfer}}<br />
Auch wenn Blutopfer in Japan so gut wie inexistent sind, gibt es zahl·reiche Opfer·gaben in Form von Nahrung, allen voran in Form von Reis. Opfer·reis wird meist zu ''mochi'' — also zu Teig — gestampft und in eine runde, fladen·artige Form gebracht. Man nennt dies {{glossar:kagamimochi}}, wtl. „Spiegel-''mochi''“. ''Kagami·mochi'' werden besonders zu [[Alltag:Jahr|Neujahr]] prächtig arrangiert und den ''kami'' dargebracht. Auch Sake (Reiswein) wird gern geopfert. Zu großen Feier·tagen werden vor vielen Tempeln und Schreinen Gestelle errichtet, auf denen die dekora·ti·ven Fässer des gespen·deten Sakes weithin sichtbar ausgestellt sind. Große Sake·brauer·eien vereinigen auf diese Weise Werbung mit frommer Andacht. <br />
<br />
In einem etwas bescheidenerem Rahmen werden Früchte und Blumen als Opfer·gaben ver·wendet. Neben den stan·dardi·sierten Opfer·gaben gibt es auch eine ganze Reihe individu·eller Opfer, die Leute aufgrund sehr per·sönli·cher emotionaler Bindungen an bestimmte Gott·heiten dar·bringen. Besonders an weniger pro·mi·nenten sakralen Orten fallen Ge·tränke·dosen, Obst und Kekse ins Auge, die keines·wegs acht·los weg·gewor·fen, sondern sorg·fältig arrangiert sind, um einer Gottheit, die wohl eher Mit·leid als Ehr·furcht erregt, einen Liebes·dienst zu erweisen. Die {{glossar:jizou}}-Statuen für verstorbene Kinder sind beliebte Objekte dieser spirituellen Fürsorge, die sich aber auf alle anderen Arten von Gott·heiten beziehen kann. Diese Praxis wirft ein inter·es·san·tes Licht auf das Konzept von Gott·heiten in Japan: Sie sind keineswegs immer überlegen, allwissend und mächtig, sondern können auch hilfs·bedürftig und ungeschickt sein.<br />
<br />
Auch im Rahmen häuslicher Rituale vor dem bud·dhis·tischen [[Alltag:Butsudan|Hausaltar]] werden üblicherweise Nahrungs·mittel für die Seelen der Ver·storbenen dargebracht. Es spricht nichts dagegen, sie nach einer Weile selbst zu essen.<br />
<br />
===Wertvolle Opfergaben===<br />
<br />
Aus der {{glossar:Heian}}-Zeit (794–1185) gibt es sehr genaue Listen von Opfer·gaben, die den großen Schreinen durch den Hof·staat des {{Glossar:Tennou}} bei regel·mäßigen großen Zere·monien dargebracht werden sollten. An prominenter Stelle werden dabei immer Stoffe genannt. Da Stoffe einst eine Art Zahlungs·mit·tel darstellten, kann man aus diesen Berichten schließen, dass Opfer schon damals im Grunde den Unter·halt von religiösen Institutionen sichern halfen. Opfer darbringen bedeutet in Japan also in den seltensten Fällen wertvolle Dinge zu Ehren der Gott·heit vernichten, sondern eher wertvolle Dinge zur Unter·stützung des Gottes-Dienstes zu spenden. Als Gegen·leistung werden auf dem Tempel- oder Schrein·areal häufig sichtbare Hin·weise auf die Spender auf·ge·stellt. Stein·laternen ({{glossar:tourou}}) oder Schrein·tore ({{glossar:torii}}) sind beliebte Gegen·stände, auf denen die Namen substantieller Spender für alle Welt sichtbar aus·gestellt sind. Die Laternen des [[Kasuga Schrein]]s in Nara oder die ''torii'' des [[Fushimi Inari Schrein]]s in Kyoto sind dank der zahl·reichen Unter·stützer dieser Schreine zu riesigen Gesamt·kunst·werken zusammen·ge·wachsen. Obwohl die Form der jeweiligen Spenden·objekte standardisiert ist, trägt jedes einzelne eine andere Auf·schrift und ist insofern wiederum einzigartig. Am häufigsten kommt diese Form von kollektiven Opfer-Kunst·werken in Form von Votiv·bildern ({{Glossar:Ema}}) zum Ausdruck.<br />
<br />
==''Ema''&shy;: Pferdebilder, auch ohne Pferde==<br />
{{Sidebox|Ema_pferd.jpg|sidepage=Ema|w=140|rahmen_h=95|caption=''ema'' Votivbilder}}<br />
Wie bereits erwähnt, werden Tiere im religiösen Kontext nicht getötet, allerdings gab es früher sehr wohl Tiere als Opfer/Spenden, die entweder frei·ge·lassen oder auf dem Schrein·gelände gehalten wurden. Besonders weiße Tiere sah man als religiös be·deu·tungs·voll an und hielt sie in religiösen Kult·stätten fest. In älterer Zeit zählten Pferde zur obersten Kategorie solcher Opfer·gaben. Später ging man dazu über, statt lebendiger Pferde Statuen und Bilder darzubringen. <br />
{{Galerie1|<br />
bild1 = {{Dia|ema_kano_sanraku1614.jpg|w = x120 |left = -15}} |<br />
bild2 = {{Dia|emaden3.jpg| w = x120|left = -20 }}|<br />
bild3 = {{Dia|ema_kiyomizu.jpg| w = x120|left = -15 }}<br />
}}<br />
In vielen Schreinen und Tempeln findet man heute noch die „Hallen der Bild-Pferde“ (''ema-dō'', ''ema-den'') mit prächtigen Gemälden. Obwohl der Name {{glossar:ema}} (wtl. „Bild-Pferd“) bei·be·halten wurde, findet man auch ganz andere Motive als Pferde dar·gestellt. Schließ·lich wurden diese bild·lichen Opfer·gaben immer kleiner. Heute versteht man unter ''ema'' kleine Holz·täfel·chen mit vor·ge·druckten Bildern, die man bei fast jedem Schrein oder Tempel erwerben kann. Kein Opfer ohne bestimmten Zweck: Dem japanischen Ver·ständ·nis von Religion widerspricht es keines·wegs, ''ema''-Täfelchen mit ganz konkreten, durchaus egoistischen Bitten zu beschriften, um sie dann als kleine Opfergabe darzubringen (s. [[Alltag:Opfergaben/Ema|Sidepage]]).<br />
<br />
== Menschenopfer&shy; im frühgeschichtlichen Japan==<br />
<br />
Das chinesische Geschichtswerk {{glossar:Weizhi}} (Chronik der Wei, 297 u.Z.), das die ältesten historischen Berichte über Japan enthält, berichtet, dass anlässlich des Todes der Priester·königin {{glossar:Himiko}} über hundert Ge·folgs·leute gezwungen wurden, ihr in den Tod zu folgen.<ref>Seyock 2004: 58</ref> Auch das {{glossar:nihonshoki}} (720) erzählt vom Brauch der Todes·gefolg·schaft im früh·ge·schicht·lichen Japan: Als der jüngere Bruder des {{glossar:Suinintennou}} (legendäre Daten: 29 v.u.Z–70 u.Z.) starb, mussten seine persönlichen Vassallen ihm in den Tod folgen, indem man sie aufrecht stehend mit ihm zusammen begrub. Sie starben also einen langsamen, qualvollen Tod und ihr Weh·klagen war noch Tage nach dem Begräbnis zu vernehmen. Der Tenno beschloss daraufhin, diesem Brauch ein Ende zu machen, und befahl, anstatt lebender Personen Grab·bei·gaben aus Ton ({{glossar:haniwa}}) zu verwenden. <ref>Aston 1972 (Teil 1): 178–181 </ref> Die Historizität und zeitliche Ein·ordnung dieses Berichts ist zwar nicht eindeutig erwiesen, doch scheint er zu bestätigen, dass es Menschen·opfer in Japan gab und dass sie — wohl unter dem Ein·fluss Chinas, wo es bereits im ersten Jahr·tausend vor unserer Zeit·rechnung zu einer ähnlichen Ent·wicklung gekommen war — irgendwann zwischen dem 4. und 7. Jahr·hundert abgeschafft wurden.<br />
<br />
Schließlich kursieren im ländlichen Raum zahlreiche Legenden von Mensch·opfern, vor allem im Zusammen·hang mit Damm·bauten, aus denen Volks·kundler wie z.B. Yanagida Kunio auf die Existenz ent·sprech·ender Bräuche geschlossen haben. Dagegen spricht anderer·seits, dass sich bei einer größeren Ver·breitung derartiger Bräuche entsprechende Skelette finden lassen müssten. Archäologisch ist jedoch bisher noch kein eindeutiger Nachweis von Menschenopfern erbracht worden.<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Anmerkungen|text=<br />
<references/><br />
}}<br />
{{Linkbox|ue=Quellen und Links|text=<br />
{{Literatur:Aston 1972}}<br />
{{Literatur:Seyock 2004}}<br />
<br />
Link<br />
<br />
* [http://www41.tok2.com/home/kanihei5/kagawa-konpira.html Votivbilder des Konpira-Schreins in Shikoku], Chindera Dai-Dōjō (jap.)<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay|Alltag: Glücksbringer}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Goetter_der_Erde&diff=17148Mythen/Goetter der Erde2010-10-21T11:39:47Z<p>OrochiJR: /* Die Dynastie des „Himmlischen Enkelsohns“ */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=<span>Zeitalter der Götter, Teil 2</span> Die Götter der Erde=<br />
<br />
Die Begriffe Götter des Himmels und Götter der Erde ({{glossar:amatsukami}}, bzw. {{glossar:kunitsukami}}) spielten zur Zeit der schrift·lichen Fixierung der Mythen (um 700) offenbar eine wichtige Rolle. Im all·gemeinen vers·tehen die frühen Chroniken darunter einer·seits die gött·lichen Vor·fahren des {{Glossar:Tennou}} und seiner un·mittel·baren Vasallen, die im Himmel ({{glossar:takamanohara|Takama no hara}}) residieren, andererseits die göttlichen Vor·fahren der meisten anderen territorialen Klans der Frühzeit. Die Mythen von den Göttern der Erde schildern (und begründen), wie die Hierachie zwischen diesen Gruppen zu·stande kommt, und be·handeln damit letzlich nichts anderes als das Zu·stande·kommen des frühen japanischen Staates.<br />
<br />
==Susanoo und Ōkuninushi==<br />
<div class="sidebox_Wrapper"><br />
{{Sidebox|susanoo_kyosai.jpg|w=200|left=-40|top=-20|caption=Susanoo}}<br />
{{Sidebox|okuninushi_hokusai.jpg|top=-60|w=140<br />
|sidepage=Okuninushi|titel=essay|caption=Ōkuninushi}}<br />
</div><br />
<br />
Nachdem {{glossar:amaterasu}} dank des Zusammenwirkens der gesamten Götter·schar wieder aus ihrer Höhle heraus·gelockt worden ist, wird {{glossar:susanoo}} einer Reihe von Strafen und Foltern unterworfen und schließlich endgültig in die Unter·welt verbannt. Als erzieherische Maßnahme hat die Ver·bannung offen·sicht·lich Erfolg. Auf dem Weg in die Unterwelt kommt Susanoo auch auf die Erde (genauer: in das Land [[Bauten:Ise_Izumo | Izumo]]) und nimmt dort, ganz der [[Mythen:Götter_des_Himmels/Trickster | Trickster-Definition]] von Eliade folgend, die Rolle eines Kulturheroen an. So rettet er etwa ein Mädchen vor der acht·köpfigen Schlange {{glossar:yamatanoorochi}}, welche die Menschen terrorisiert. Der Mythos erwähnt aber auch, dass aus seinen Haaren nützliche Bäume ent·stehen und bringt ihn außer·dem mit der Erfindung des Sake in Verbindung.<br />
<br />
Mit dem geretteten Mädchen, der {{glossar:kushinadahime|Prinzessin Kushinada-hime}}, zeugt Susanoo eine neue Herrscher·dynastie auf Erden. Die Geschichten dieser Nachkommen sind vor allem im {{Glossar:Kojiki}} zu finden. Vieles deutet daraufhin, dass sie einem eigenen Mythen·kreis ent·stammen und in den Erzählungen rund um die Sonnen·gott·heit ursprünglich gar nicht vorkamen. Denn in gewisser Weise wird die Welt durch diese Nachkommen des Susanoo ein weiteres Mal neu geschaffen. Die Hauptgötter dieser Episode werden vor allem im Groß·schrein von {{glossar:izumotaisha|Izumo}} verehrt und sind auch in den Mythen eng mit dieser Region nordwestlich von Kyoto verbunden. Man kann daher an·nehmen, dass es in Izumo ur·sprüng·lich einen eigenen Sagen·kreis gab, der in ''Kojiki'' und {{Glossar:Nihonshoki}} nur notdürftig mit dem Amaterasu-Sagen·kreis ver·bunden wurde. Susanoo stellt sozusagen das Binde·glied zwischen diesen Erzählungen dar.<br />
<br />
Der Hauptheld des Izumo Sagenkreises heißt aller·dings nicht Susanoo, sondern {{glossar:ookuninushi}} — der „Große Landesherr“. Er ist der Sohn des Susanoo (nach einer anderen Version ein Ab·kömmling in der fünften oder sechsten Generation) und muss — selbst eine Art Trickster Gott·heit — erst eine Reihe von Qualen und Demütigungen durch·stehen, bevor er schließlich Herr des Landes wird und zusammen mit einer weiteren Schöpfergottheit, dem winzigen {{Glossar:Sukunabikona}}, die Erde in ihren nun·mehrigen Zustand bringt. Wie auf der [[Mythen:Götter_der_Erde/Okuninushi | Sidepage]] zu Ōkuninushi genauer be·schrieben, steht Ōkuninushi stellvertretend für eine ganze Reihe von Territorial·gott·heiten, die noch in den späteren Er·zählungen einzelner Tenno immer wieder auftauchen und die Geschicke des Landes maßgeblich mitgestalten.<br />
<br />
===Die Entmachtung des Ōkuninushi===<br />
<br />
Die Verbindung zwischen den Mythen der „Himmlischen Götter“ und den Erzählungen von Ōkuninushis Gestaltung der Welt stellt die Episode von Ōkuninushis Ent·machtung dar. Es ist die Geschichte einer Kolonisation, die den Chroniken zufolge lediglich mit sanfter Gewalt durch·geführt wird: Zunächst entsenden die Himmli·schen Götter Boten aus ihren eigenen Reihen, die Ōkuninushi über·zeugen sollen, dass es das beste für ihn sei, den Nach·kommen der Sonnen·gottheit kampflos die Herr·schaft zu über·lassen. Ōkuninushi gelingt es zwar, die ersten Boten von ihrer Mission abzubringen, indem er sie mit Luxus über·häuft und zum Bleiben überredet, doch schließlich sendet der Himmel seine bewähr·testen Haudegen, {{glossar:takemikazuchi}} und {{glossar:futsunushi}}. (Die beiden sind aus Feuer und Schwert her·vor·ge·gan·gen und zwar in genau jener Epi·sode, als Göttervater {{glossar:izanagi}} das Feuerkind in Stücke schlug, das den Tod der Göttermutter {{glossar:izanami}} ver·ur·sacht hatte.) Als diese beiden „Feuer-Schwert-Götter“ dem Ōkuninushi ihre Schwert·künste demon·strieren, ist er schließ·lich bereit ab·zu·dan·ken und zieht sich an einen myste·riösen Ort (die Unterwelt?) zurück. Statt ihm soll nun {{glossar:ninigi}}, der Enkel der Sonnengottheit, die Welt (bzw. Japan) regieren.<br />
<br />
In dieser Episode zeichnet sich ein politischer Gegensatz zwischen einem Herrschergeschlecht in der Gegend des Izumo Schreins (wo Susanoo und Ōkuninushi verehrt werden) und dem Tenno Geschlecht ab. Die Erzählung trägt deutlich pro·pagan·distische Züge, indem sie den Anschluss Izumos an das „Reich der Himmlischen Götter“ als freiwilligen Herrschafts·verzicht einer Lokal·dynastie darstellt und allfällige Gewalt·anwendungen fast vollkommen übergeht. Nur am Rande ist davon die Rede, dass einige aufmüpfige Götter im Gefolge des Ōkuninushi bestraft werden mussten. Ein mehrfach wiederholter Stehsatz lautet, dass Bäume und Gräser, die zur Zeit Ōkuninushis vorlaut durch·ein·ander·quasselten, nun endlich zum Schweigen gebracht wurden. Trotzdem deutet sich an, dass die Ent·machtung Ōkuninushis nicht ganz ohne Widerstand erfolgte. Wie der weitere Verlauf der Erzählung ausführt, ist die Etablierung der Sonnen·dynastie auch mit Ninigi noch lange nicht abgeschlossen. (Siehe dazu auch den Essay zu [[Mythen:Götter_der_Erde/Okuninushi | Ōkuninushi]].)<br />
<br />
==Die Dynastie des „Himmlischen Enkelsohns“==<br />
<br />
Ninigi, der Himmlische Enkelsohn, wählt als Ort seines Abstiegs interes·santer·weise weder Izumo, noch die zentral·japanische Kansai Region, sondern das von zahl·reichen Vulkanen zerklüftete Hochland {{glossar:Takachiho}} im Zentrum der Insel Kyushu. Auf diese Weise bezieht die mythische Erzählung von der Staats·gründung Japans eine weitere Groß·landschaft mit ein, nämlich Kyushu, das seit altersher eine Brücke zwischen der Hauptinsel Honshu und der koreanischen Halbinsel bildet.<br />
{{sidebox|sarutahiko_hokusai.jpg |w=210|left=-30|top=-30|caption=Sarutahiko}}<br />
<br />
Der ideologische Charakter der Ninigi-Episode äußert sich meines Erachtens u.a. darin, dass seine Figur merk·würd flach und farblos bleibt. Die einzigen Gestalten, die bei seinem Abstieg augen·fällig in Erscheinung treten, sind ein langnasiger Berggott namens {{glossar:sarutahiko}}, eine Art {{Glossar:Tengu}}, der den himmlischen Göttern mit zweifelhaften Drohgebärden entgegen tritt, und die bereits erwähnte temperament·volle {{glossar:amenouzume}}. Diese Ahn·herrin des japanischen Theaters entblößt ein weiteres Mal ihre Brüste und drängt damit den un·heim·lichen Sarutahiko in die Defensive, sodass er sich bereit erklärt, Ninigi sicher zur Erde zu geleiten. Ame no Uzume und Sarutahiko werden schließlich ein Paar.<br />
<br />
Von Ninigi wird nur noch berichtet, dass er mit der Tochter eines lokalen Gottes drei Söhne zeugt, die myste·riöser·weise nach eintägiger Schwangerschaft zur Welt kommen. Die Geschichte dieser Nach·kommen eröffnet ein weiteres mythologisches Kapitel, das geographisch in Kyushu an·ge·siedelt ist und mit den vor·her·ge·gangen Erzählungen kaum etwas gemein hat. Es beginnt mit einer Art Kain-und-Abel Geschichte von der Konkurrenz zweier Brüder (der dritte fällt unter den Tisch). Der gute jüngere wird vom bösen älteren Bruder gezwungen, einen ver·lorenen Angelhaken zu suchen, gerät dabei zum Palast des Meeresgottes, der in Gestalt eines [[Mythen:Drachen |Drachens]] am Grunde des Meeres residiert, und ver·mählt sich mit seiner Tochter. Mit Hilfe seines mächtigen Schwieger·vaters gelingt es dem jüngeren Bruder letztlich, den bösen älteren Bruder zu besiegen.<br />
{{Sidebox|jinmu_yoshitoshi_artelino.jpg|w=140|top=-50|caption=Jinmu Tennō}}<br />
Ein Urenkel Ninigis und zugleich Urenkel des Drachen/ Meeresgottes ist {{glossar:jinmutennou}}, der den Chroniken zufolge der erste ''menschliche'' Herrscher des Sonnen·geschlechts ist und daher als der erste Tenno ge·handelt wird. Worin er sich konkret von den Göttern unter·scheidet, bleibt aller·dings weit·gehend unklar. Jinmu Tenno steht aber auch insofern an der Schwelle von Mythos und Geschichte, als er als sieg·reicher Anführer eines historisch bis zu einem gewissen Grad nach·voll·zieh·baren Feldzugs ge·schildert wird. Von Kyushu aus erobert er die zentral·japanischen Provinzen der Kansai Region, die mit den späteren Haupt·städten {{glossar:nara}} und Kyoto zum Ausgangs·punkt eines zentralisierten landes·weiten Staats·gebildes werden. Es ist dieser Feldzug, von dem die Tenno-Dynastie ihren Macht·anspruch über ganz Japan ableitet.<br />
<br />
Mit Jinmu Tenno endet das Zeitalter der Götter. In den beiden ältesten Chroniken {{glossar:Kojiki}} und {{glossar:Nihonshoki}} folgt nun eine Chronologie der nach·folgenden Tenno, die immer stärker die Züge einer historio·graphischen Aufzeichnung annimmt. Dennoch ist heute offen·kundig, dass die Rekonstruktion der Tenno-Genealogie ein Werk des siebenten Jahr·hunderts ist und trotz einiger historisch ernst zu nehmender Details auch viele nach·trägliche Geschichts·mani·pula·tionen be·inhaltet. Neben trocken-sachlichen Aufzählungen von Namen und Daten ent·halten auch die Chroniken der späteren Tenno viele mythologische Episoden. Die viel·leicht inte·res·san·teste Erzählung handelt vom Eroberungs·feldzug der Kaiserin {{glossar:jinguukougou}} nach Korea. Nachdem sie für die Dauer der Schlacht ihre Schwangerschaft hinaus·gezögert hat, bringt die Kaiserin schließlich einen Sohn zur Welt, den späteren {{glossar:oujintennou}}, der sich in einem anderen Sagen·kreis als der Gott {{glossar:hachiman}} reinkarniert und neben Amaterasu zum wichtigsten Ahnengott des Tenno-Hauses avanciert.<br />
<br />
==Mythologische Motive in Märchen und Legenden==<br />
{{float|left|bild=urashima_tr2.gif|}} <br />
Neben den hier geschilderten „offiziellen Mythen“ gibt es noch eine Vielzahl von Märchen und Legenden, die ebenfalls mythische Züge tragen und in zahl·rei·chen Varianten erzählt werden. Am bekann·testen ist vielleicht die Geschichte von {{glossar:urashimatarou}}, dem Fischer, der eine Schildkröte rettet, dafür die Tochter des Drachen·königs am Grunde des Meeres heiratet, schließlich aber aus Sehn·sucht zurück in sein Heimat·dorf will. Dort an·ge·kommen stellt er fest, dass während seines Auf·ent·halts im Drachen·palast viele hundert Jahre vergangen sind. Als er in seiner Ver·zweiflung das Schatz·käst·chen öffnet, das ihm seine Frau mit·ge·geben hat, verliert er auch noch die Gabe der ewigen Jugend und stirbt.<br />
<br />
Dem Drachenkönig am Grunde des Meeres begegnet man also bereits in den ältesten Mythen. Dieses Motiv ist in ganz Asien ver·breitet und auch in buddhistischen Legenden präsent. Aus diesen gemein·sa·men Motiven in Mythen und Legenden lässt sich ermessen, wie groß die Einflüsse des Fest·lands auf die japanische Kultur schon vor der Über·nahme der chinesi·schen Schrift·kultur gewesen sein müssen. (S.a. [[Drachenbilder]])<br />
{{Linkbox|ue=Literatur und Links|text=<br />
{{Literatur:Mori_2003}}<br />
* [http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=2 Amatsukami, Kunitsukami], Endō Jun (en.)<br/>Artikel in der ''[http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords Encyclopedia of Shinto]''.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay|Mythen: Jenseits}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Geschichte/Nara/Miniaturstupas&diff=17102Geschichte/Nara/Miniaturstupas2010-10-13T17:43:37Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Eine Million Miniatur-Stupas=<br />
<br />
<div class="bildtext">[[Image:hyakumanto.jpg|link=|hyakumanto]]</div><br />
<br />
Die hier abgebildeten Miniatur-[[Stupa]]s stellen ein Beispiel für die bud·dhis·tische Be·geiste·rung unter {{glossar:koukentennou|Kaiserin Shōtoku}} (nicht zu ver·wechseln mit Prinz Shōtoku!) und dem Mönch {{Glossar:Doukyou}} dar. Angeblich wurden von diesen Stupas eine Million (''hyakuman'') ange·fertigt, wes·halb man sie auch als „Millionen Stupas“ ({{Glossar:hyakumantou}}) be·zeichnet. Anlass dieser frommen Massen·produk·tion war ein militärischer Sieg im Jahr 764, durch den es ge·lang, eine Rebellion inner·halb der Hof·aristo·kratie zu ver·eiteln. Dieser militärische Erfolg wurde offen·bar dem Bud·dhis·mus zugeschrieben.<br />
<br />
In der Gegend von Nara sind heute noch einige dieser Stupas zu finden. Es sind ein·fache, etwa 20cm hohe Ton·figuren, in deren Innerem sich Papier·streifen mit einer Gebets·formel (skt.'' dharani'') be·finden. Die Gebets·formel ist einem [[Texte:Sutra | Sutra]] ent·nommen, das diese Art religiöser Handlung — die Her·stellung von Miniatur-Stupas zum Zweck der Auf·be·wahrung von ''dharani''s — explizit anpreist. Die Texte sollten dem·nach nicht ge·lesen werden, sondern wie eine Reliquie als Heilig·tum auf·be·wahrt werden.<br />
<br />
Die Gebets·texte wurden mit Hilfe eines primitiven Druck·ver·fahrens ver·viel·fältigt. Es handelt sich nicht nur um die frühesten Druck·werke Japans, sondern auch welt·ge·schicht·lich um eines der frühesten Bei·spiele des Buch·drucks. Aller·dings deutet vieles darauf hin, dass ähn·liche Bei·spiele bud·dhis·tischen Staats·kults zu dieser Zeit auch in China und Korea praktiziert wurden.<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
{{Literatur:Kornicki_2001}} (S. 114-117)<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Glossar:Saidaiji&diff=17100Glossar:Saidaiji2010-10-13T17:31:03Z<p>OrochiJR: Die Seite wurde neu angelegt: „{{Glossareintrag| kanji=西大寺| romaji=Saidai-ji| text=Buddhistischer Tempel in Nara, err. 765, Haupttempel der Shingon Risshu Schule| stichwort ={{{1|}}}| …“</p>
<hr />
<div>{{Glossareintrag| <br />
kanji=西大寺| <br />
romaji=Saidai-ji| <br />
text=Buddhistischer Tempel in Nara, err. 765, Haupttempel der Shingon Risshu Schule|<br />
stichwort ={{{1|}}}|<br />
link={{{2|Geschichte:Nara}}}|<br />
tags=buddhismus, tempel<br />
}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Glossar:Miroku&diff=17097Glossar:Miroku2010-10-13T16:54:29Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Glossareintrag| <br />
kanji=弥勒 (彌勒)| <br />
romaji=Miroku| <br />
text=Bodhisattva Maitreya, „Buddha der Zukunft“|<br />
stichwort ={{{1|}}}|<br />
link={{{2|Ikonographie:Glücksgötter/Hotei}}}|<br />
tags= Bodhisattva, Buddhimus, Zen, Statue, Gottheit, Ikonographie<br />
}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Geschichte/Fruehzeit/Empfehlung&diff=17096Geschichte/Fruehzeit/Empfehlung2010-10-13T16:53:30Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{styles|sidepage}}<br />
=Empfehlungsschreiben des koreanischen Königs =<br />
<br />
{{Float|bild=bodhisattva_korea.jpg|caption= Koreanische Statue des <br /> {{glossar:miroku|Bodhisattva Maitreya}} (um 600)<br /> National Museum of Korea, Seoul}}<br />
Als geschichtliches Datum der Ein·führung des Bud·dhis·mus in Japan wird land·läufig die Jahres·zahl 552 an·ge·geben. Sie ent·stammt dem {{glossar:Nihonshoki}} und be·zieht sich dort auf den Besuch einer Ge·sandt·schaft aus dem korea·nischen Reich Baekje, die dem ja·pa·nischen Herr·scher {{Glossar:Kinmeitennou|Kinmei}} bud·dhis·tische Statuen und Ritual·gegen·stände über·brachte. Be·gleitend schrieb König {{Glossar:Seongwang | Seong}}, der selbst ein großer Förderer des Bud·dhis·mus war, an Kinmei Tenno :<br />
{{zitat<br />
| quelle=<br />
''Nihon shoki'', Kinmei Tennō, 13. Jahr (552), 10. Monat; Ü. nach Aston, ''Nihongi'', Vol. II, S. 66 (mit Änderungen).<br />
| text=<br />
Die Lehre [des Buddha] ist die erhabenste unter allen Lehren. Doch sie ist schwer zu ver·stehen und kaum zu·gäng·lich. Selbst der Fürst von Zhou und Konfuzius wussten nichts davon. Diese Lehre be·lohnt uns mit Wohl·stand und Tugend in un·vorstell·barem, grenzen·losem Ausmaß, sie führt uns zur höchsten Er·leuchtung. Wenn etwa jemand einen Schatz be·säße, durch den sich alles, was er be·nötigt, nach dem Willen seines Herzens fügt, so wäre das gerade so wie der Schatz dieser wunder·baren Lehre. Alles, worum er betet und bittet, geht in Er·füllung, an nichts fehlt es ihm mehr.<br />
}}<br />
Kinmei entschloss sich daraufhin, ebenso wie das Reich Baekje den Buddhimus in Japan zu fördern.<br />
<br />
==Zweifel am Jahr 552==<br />
<br />
Abgesehen vom ''Nihon shoki'' existieren spätere Quellen, die das Ein·treffen der korea·nischen Gesandt·schaft auf das Jahr '''538''' datieren, was vielen heutigen Historikern als das plausiblere Datum er·scheint. Das Jahr 552 ist nämlich kein zu·fälliger historischer Zeit·punkt, sondern galt im Bud·dhis·mus des sechsten Jahr·hunderts höchst wahr·scheinlich als be·deutungs·volles Jubiläums·jahr: Laut einer traditio·nellen (heute ver·worfenen) Datierung von Buddhas Sterbe·datum (im Jahr 949 v.u.Z.) wäre 552 das Jahr 1501 nach Buddhas Tod und damit zu·gleich der Anbruch des dritten und letzten der „Drei Zeitalter der buddhistischen Lehre“ (siehe [[Geschichte:Heian_Zeit|''mappō''-Gedanke]]).<br />
<br />
Dies lässt nun entweder vermuten, dass der koreanische König Seong das Datum be·wusst ge·wählt hatte, um seinen japanischen Kollegen mit einer bud·dhis·tischen Statue zu be·schenken (wenn man an 552 fest·hält), oder dass dieses Ereignis von den Autoren des ''Nihon shoki'' auf ein möglichst symbol·trächtiges Jahr umdatiert wurde.<br />
<br />
In jedem Fall stimmen heutige Historiker darin überein, dass es sich beim Besuch der Gesandt·schaft aus Baekje um ein historisches Ereignis unter den Regierungs·zeiten Seongs und Kinmeis handelt und dass es wohl auch ein Schreiben Seongs gab, das in groben Zügen (wenn auch vielleicht nicht im genauen Wortlaut) dem Bericht des ''Nihon shoki'' entsprach.<br />
<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Geschichte/Fruehzeit/Shotoku_Taishi&diff=17095Geschichte/Fruehzeit/Shotoku Taishi2010-10-13T16:48:39Z<p>OrochiJR: /* Der Prinz als Bodhisattva-artige Figur */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Shōtoku Taishi <span class="bottom">in populären Darstellungen</span>=<br />
Aus heutiger Sicht erscheint Shōtoku Taishi vor allem als genialer Staats·mann, der u.a. durch die ihm zu·ge·schriebene „Ver·fassung in 17 Punkten“<ref><br />
Tat·säch·lich be·stehen be·rechtigte Zweifel an der Authentizität dieses Dokuments, das nur in einer Fassung des ''Nihon shoki'', also über hundert Jahre nach seiner Ent·stehung, be·kannt ist.</ref> (eine sehr all·gemein ge·haltene An·wei·sung an die politische Klasse des Landes) die Re·for·men des siebten Jahr·hunderts, die aus Japan einen Staat nach chi·ne·sischem Vor·bild machten, ein·leitete. Zu·gleich findet man bereits in den frühesten Quellen An·sätze zur Legenden·bildung um Shōtoku Taishi. So heißt es im {{Glossar:Nihonshoki}}, dass er von Geburt an sprechen konnte und dass er oft die An·liegen von zehn Menschen gleichzeitig anhörte. <br />
==Der Prinz als Staatmann==<br />
<div class="bildbox"><br />
[[Image:shotoku_taishi.jpg|link=]]<div class="bildtext"> Der Prinz als junger Regent von zwei kindlichen Pagen begleitet. </div></div><br />
Das bekannteste Shōtoku-Motiv stammt angeblich aus der {{Glossar:Nara}}-Zeit. Der Prinz ist bereits er·wachsen und trägt ein Zepter ({{glossar:shaku}}) als Zeichen seiner welt·lichen Macht. Im 20. Jahr·hundert griff man ganz be·sonders stark auf dieses Motiv zurück: Geld·scheine mit dem obigen Taishi Motiv waren von den dreißiger Jahren bis 1984 in Umlauf. Die staats·männische Seite des Prinz-Regenten tritt auf den Geld·scheinen noch deutlicher hervor als auf dem Original.<br />
<div class="bildbox"><br />
[[Image:shotoku_banknote.jpg|link=]]<br />
</div><br />
<br />
==Buddhistische Verehrung==<br />
Obwohl die genannte Verfassung von Shotoku Taishi vor·nehm·lich kon·fuzia·nische Prinzipien enthält, setzt sie sich auch für die För·de·rung des Bud·dhis·mus ein. Punkt 2 der Ver·fassung lautet:<br />
{{zitat|text=<br />
Haltet die Drei Schätze in höchsten Ehren. Die Drei Schätze, das sind Buddha, Dharma und Sangha (Buddha, Buddha·lehre und Mönchs·gemeinde). Sie sind die letzte Zu·flucht der vier Arten von Wesen, das Fundament aller Nationen. Welcher Mensch zu welcher Zeit könnte diese Lehren nicht respektieren? Wirklich schlechte Menschen gibt es nur wenige. Die meisten be·folgen, was man sie lehrt. Wie aber sollte man Ver·bogenes gerade biegen, wenn man nicht zu den Drei Schätzen Zuflucht nimmt? <ref>''Nihon shoki'', Suiko Tennō, 12. Jahr (604), 4. Monat (Ü.: B. Scheid).<br /> Siehe auch: [http://ja.wikisource.org/wiki/%E5%8D%81%E4%B8%83%E6%9D%A1%E6%86%B2%E6%B3%95 Wikisource] (jap.), [http://de.wikipedia.org/wiki/17-Artikel-Verfassung Wikipedia] (dt.), Aston, ''Nihongi'' II, S. 129.</ref><br />
}}<br />
Spätere Generationen buddhistischer Mönche dankten Shōtoku dieses Engagement für den Bud·dhis·mus, indem sie ihn zu einer Art Heiligen hoch·stilisierten und als Inkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara ({{Glossar:Kannon}}) aus·gaben. Es ent·stand eine eigene Glaubens·richtung, die sich in ihren Gebeten speziell an Shōtoku Taishi wandte.<br />
<br />
===Kindliche Pietät und Frömmigkeit===<br />
{{sidebox| shotokutaishi.gif|link=|w=140|rahmen_h=200|caption= Namu Butsu Taishi}}<br />
Eine Legende weiß etwa zu berichten, dass Prinz Shōtoku bereits als zwei·jähriges Kind an Buddhas Todes·tag, dem 15. des Zweiten Monats, mit ge·fal·te·ten Händen nieder·kniete und den Buddha pries ({{Glossar:Namubutsu}}). Shōtoku Taishi als betender Knabe stellt daher ein häufiges Motiv in der dar·stel·lenden Kunst dar.<br />
<div class="bildbox"><br />
[[Image:shotoku_taishi_kamakura.jpg||link=]]<div <br />
class="bildtext">Kōyō Taishi mit Rauchopferschale<br /> Seidenmalerei, Kamakurazeit. <ref>Bildquelle: [http://www.britishmuseum.org/explore/highlights/highlight_objects/asia/h/hanging_scroll_painting_with-1.aspx The British Museum]</ref></div><br />
</div><br />
Ein weiteres Standard Motiv zeigt den Prinzen, wie er ein buddhistisches Rauch·opfer für die Genesung seines Vaters, Kaiser Yōmei (r. 585-587), abhält. Auf·grund dieses frommen — und der Legende nach erfolg·reichen — Unter·nehmens wurde auch Yōmei zum Bud·dhis·mus bekehrt. Das Motiv des „pietätvoll opfernden Prinzen“ ({{Glossar:Kouyoutaishi}}) zeigt Shōtoku Taishi als über·proportional dar·gestelltes Kind mit bud·dhis·tischer Mönchs·stola ({{Glossar:Kesa}}) und einer Rauch·opfer·schale in der Hand. Die über Shōtoku Taishis neu·artigen Kult sichtlich er·staunten Hof·adeligen sind als kleine Figuren im Vordergrund zu sehen.<br />
<br />
===Der Prinz als Bodhisattva-artige Figur===<br />
<div class="bildbox"><br />
[[Image:shotoku_jizo.jpg||link=]]<div<br />
class="bildtext"> Kamakura Zeit (14. Jh.)<ref>Bildquelle: [http://www.asia.si.edu/collections/singleObject.cfm?ObjectId=11101 Smithonian Institute ]</ref></div></div><br />
Shotoku Taishi trägt hier sogar ein Pilgergewand mit speziellem Pilgerstab, der an Bodhisattva {{glossar:Jizou}} erinnert.<br />
<div class="bildbox"><br />
[[Image:guze_kannon.jpg||link=]]<div<br />
class="bildtext">„Kannon, der Weltenretter“ (Guze Kannon), <br /> „Geheime Buddha-Statue“ des Hōryū-ji, die angeblich Shōtokus Züge trägt. </div></div><br />
Die Verehrung Shōtokus als Manifestation Avalokitshvaras hat ihren Ur·sprung möglicher·weise in der ältesten Kannon-Statue des {{Glossar:Houryuuji}}, dem Welten·retter Kannon, eine Statue, die sich vor allem durch eine un·ty·pische Phy·sio·gnomie auszeichnet und angeblich nach einem Portrait Shōtokus ange·fertigt wurde. Die Statue galt lange als „Geheim-Buddha“ und wurde komplett unter Ver·schluss ge·halten, so·dass sie ver·hältnis·mäßig gut erhalten ist. Auch heute wird sie nur selten gezeigt.<br />
<div class="bildbox largebox"><br />
[[Image:gosonzomandara.jpg||link=]]<div<br />
class="bildtext">Mandala der Fünf Erhabenen (''Gosonzō mandara''), Kamakura Zeit. <ref> Bildquelle: Yamaguchi Sumio, [http://www.pauch.com/kss/g017.html Kyōto shiseki sansaku e], (2009/4). </ref></div></div><br />
Auf diesem Mandala aus der Kamakura Zeit sieht man Shōtoku Taishi und [[Geschichte:Kukai|Kōbō Daishi Kūkai]] „zu Füßen“ des [[Ikonographie:Dainichi|Dainichi Nyorai]]. Dainichi ist der Haupt-Buddha des von Kūkai nach Japan über·mittelten eso·te·rischen Bud·dhis·mus. Für die An·hänger Shōtokus war Kūkai darüber hinaus die Re·inkar·nation des Shōtoku Taishi. Auf diese Weise konnte der Prinz auch in den eso·te·rischen Bud·dhis·mus integriert werden. Die beiden Figuren oben sind im übrigen die Bodhisattvas Kokūzō und Kannon, die hier wohl als „Urformen“ ([[Geschichte:Honji_suijaku|''honji'']]) der beiden buddhistischen Heiligen fungieren.<br />
<br />
==Anmerkungen==<br />
<references/><br />
{{Linkbox|text=<br />
* [http://de.wikipedia.org/wiki/17-Artikel-Verfassung 17-Artikel-Verfassung] (dt.)<br/>Übersetzung der ''Jūshichijō kenpō'' auf Wikipedia.<br />
* [http://www.pauch.com/kss/g012.html Kyōto shiseki sansaku e] Yamaguchi Sumio (jap.)<br/>Online Artikel Serie über Shōtoku Taishi.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Bild:Seimei.jpg&diff=17086Bild:Seimei.jpg2010-10-13T15:00:53Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>Abe no Seimei. Seidenmalerei, 14.Jh. Besitz des Abe Ōji Schreins in Osaka, wo im übrigen auch Seimeis Mutter, die Füchsin [[Mythen:Füchse/Verwandlungskünste|Kuzunoha]], verehrt wird.</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Essays/Tauben&diff=17085Essays/Tauben2010-10-13T14:47:27Z<p>OrochiJR: /* Takeda Shingen */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Lieber das Herz in der Hand <br/>als die Taube über dem Heer=<br />
{{zitat|text=<br />
Der vorliegende Gastbeitrag des Japanologen und Historikers '''Ulrich Goch''' erschien ursprünglich als „Miniatur Nummer 7“ in der online Publikationsreihe ''Miniaturen'' der Fakultät für Ostasienwissenschaften, Sektion Geschichte Japans, Universität Bochum. Für ''Religion-in-Japan'' wurden mit freundlicher Genehmigung des Autors ein paar kleine Änderungen vorgenommen.<br />
}}<br />
==Ein glückverheißendes Omen der dritten Klasse==<br />
{{Float|bild=hato_hachiman.jpg|class=bildbox bild|style=margin-right:-8em|caption=<br />
Schreintafel des Tsurugaoka Hachiman <br/> Schreins in Kamakura. <br/><br />
Das erste Zeichen ''hachi'' („acht“) hat die Form<br/> von zwei Tauben, den Botentieren des Hachiman.}}<br />
Die weiße Taube war nach den Regularien der kaiserlichen Hofregierung der {{Glossar:Heian}}-Zeit (Ende 8. bis Ende 12. Jh.) ein glückverheißendes Omen der dritten Klasse ({{Glossar:Engishiki}}: 528). Eine Begründung, warum die weiße Taube ein glückverheißendes Omen darstelle, wurde im ''Engi shiki'' nicht gegeben, ebenso bleibt ihre Einordnung in glückverheißende Omina der dritten Kategorie unkommentiert. Die weiße Taube steht auch nicht allein da, sie steht innerhalb der dritten Kategorie an erster Stelle einer ganzen Reihe weiterer Tiere, Pflanzen und natürlicher Erscheinungen. Das kaiserliche Annalenwerk ''Shoku Nihongi'' meldet für den 9. Tag des 3. Monats des 3. Regierungsjahres des Kaisers Monmu (14. April 699), daß dem Kaiser eine weiße Taube von der Provinz Kawachi präsentiert wurde. Durch kaiserlichen Erlaß wurden der Familie, aus welcher der Mann stammte, der die weiße Taube gefangen hatte, für die Dauer von drei Jahren die Landsteuern und Fronen erlassen, der Heimdistrikt dieser Familie für die Dauer von einem Jahr von diesen Lasten freigestellt. Zusätzlich wurden Sträflinge aus Kawachi und den umliegenden Provinzen begnadigt, die zu Zwangsarbeit bis zu zweieinhalb Jahren verurteilt waren (s. Snellen 1934: 178). Die hier erwähnte weiße Taube war in der Tat ein Glücksbringer gewesen, vor allem für den Finder und seine Heimatgemeinde. Es gibt weitere Meldungen darüber, daß dem Hof weiße Tauben präsentiert wurden, doch enthalten sie keine detaillierten Angaben über Belohnungen.<br />
<br />
==Botentiere des Hachiman==<br />
<br />
Bekannt waren die Tauben am {{Glossar:Hachiman}} Schrein von {{Glossar:Iwashimizuhachimanguu | Iwashimizu}} nahe Kyōto. Im ''Ōkagami'' erscheinen die Wildtauben des Hachiman-Schreins anläßlich der Freilassung von Lebewesen als Glücksboten, welche die Gottheit sendet (''Ōkagami'': 267; McCullough 1980: 228). <br />
{{Glossar:Hachiman}} wurde aber seit der {{Glossar:Heian}}-Zeit als der vergöttlichte Geist des legendären Kaisers Ōjin verehrt. Mit ihm zusammen wurden seine Mutter Jingū und seine Gattin Hime ōkami verehrt und zuweilen als Hachiman zusammengefaßt. Wegen der militärischen Erfolge, die seine Mutter und er errungen haben sollen, entwickelte sich Hachiman zu einer Kriegsgottheit, zu einer besonderen Schutzgottheit der Krieger. Da sich Hachiman nach einem Orakelspruch auch für die Errichtung der großen Buddha-Statue in {{Glossar:Nara}} eingesetzt haben sollte, wurde ihm zusätzlich die buddhistische Verehrung als Großer Bodhisattva zuteil.<br />
<br />
Die Tauben am Hachiman-Schrein wurden von den Kriegern als Boten des Hachiman angesehen, welche Glück im Krieg ankündigten. Schon im ''Mutsu waki ''erscheint jeweils eine Taube über dem Heer des Minamoto Yoriyoshi (998-1076), nachdem die drei Gottheiten vom Hachiman-Schrein beschworen worden waren, und wird ehrerbietig vom Heerführer und seinen Kriegern begrüßt (''Mutsu waki'': 27a, 31a; McCullough 1964/65: 194, 200).<br />
<br />
Im {{Glossar:Heikemonogatari}} können wir lesen, wie Minamoto Yoshinaka (1154–84), nachdem er unvermutet auf einen Schrein stieß, der dem Hachiman geweiht war, den buddhistischen Mönch Kakumei ein Bittgebet an Hachiman in seiner dreifachen Gestalt schreiben ließ. Hierin bat Yoshinaka um den Sieg über die Taira und um ein Zeichen für die Erhörung seines Gebetes. Daraufhin stießen drei Wildtauben aus den Wolken und flatterten über die weißen Fahnen der Minamoto (''Heike monogatari'' 2: 71–72; McCullough 1998: 228-230)<br />
<br />
Mit Minamoto Yoritomo (1147–1199), dem ersten der Schogune, sind eine ganze Reihe von Taubennachrichten und -legenden verbunden. Hōjō Masako (1157–1225), die sich mit List einen Platz an der Seite Yoritomos erkämpft haben soll, träumte von einer weißen Taube, die ein goldenes Behältnis im Schnabel trug, in dem sich ein Brief des Yoritomo befand. Diese Taube sollte wohl eher als Bote des Kriegsgottes denn als Brieftaube angesehen werden. Yoritomo selber träumte, drei Wildtauben seien vom Himmel herabgeflogen, hätten ein Nest in seinen Haaren gebaut und Küken aufgezogen. Dies soll er als ein Zeichen dafür angesehen haben, daß er unter dem besonderen Schutz des großen Bodhisattva Hachiman stünde (s. ''Soga monogatari'': 114, 118; Cogan 1987: 55, 57–58). <br />
<br />
Weiter will es die Legende, daß nach der unglücklich verlaufenen Schlacht bei Ishibashiyama sich Yoritomo in einen hohlen Baum flüchtete und sein getreuer Gefolgsmann Kumagai Naozane (1141–1208) ihn unter Efeuzweigen verbarg. Die Verfolger der gegnerischen Taira wären zwar zu dem Baum gelangt, dann aber weitergezogen, als aus dem Baum drei Tauben aufgeflogen seien; denn sie hätten sich nicht vorstellen können, daß sich da ein Mensch verborgen hätte. Daraufhin habe Yoritomo unter Anspielung auf diese Rettung dem Naozane das Wappen „Tauben und Mistel“ verliehen ( s. Ströhl 1906: 41). Historisch korrekt dürfte die Meldung des ''Azuma kagami ''für den 8. Tag des 7. Monats des 5. Jahres Bunji (18.9.1189) sein, in dem berichtet wird, daß auf die Fahne des Yoritomo, die er beim Feldzug gegen Fujiwara Yasuhira (1155–89) mit sich führte, unter den Schriftzügen „Ise daijingū“ (Große Ahnengottheit des Kaiserhauses) und „Hachiman daibosatsu“ (Großer Hachiman Bodhisattva), das Wappen „Zwei gegeneinander gewandte Tauben“ eingenäht gewesen sei.<br />
<br />
<div class="bildtext bildbox">[[Image:hatomon1.gif|link=|Tauben und Mistel]] [[Image:hatomon2.gif|link=|zwei Tauben]]<div> Taubenwappen </div></div><br />
„Der Regen hörte auf, der Nebel lichtete sich“ , heißt es sehr stimmungsvoll im ''Hōki no maki'', „und irgendwoher kamen sieben, acht glückverheißende Tauben herbeigeflogen, kreisten über dem Feldlager des (Nawa) Motonaga und flogen dann weiter in Richtung des Kaiserpalastes.“ (''Hōki no maki''<nowiki>: 221b) Daß die Tauben hier in Richtung Kaiserpalast weiterfliegen, soll auch Kriegsglück für Kaiser Go Daigo (1288-1339) ankündigen. </nowiki><br />
<br />
==Takeda Shingen==<br />
<br />
Die folgende Taubenanekdote von {{glossar:Takedashingen}} (1521–73) charakterisiert sehr schön den Typ des „modernen“ Feudalfürsten in der Zeit der kämpfenden Reiche von der zweiten Hälfte des fünfzehnten bis zur zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts.<br />
{{Zitat|text=<br />
Als Takeda Shingen mit seinem Heer nach Shinano aufbrach, kam eine Taube auf einen Baum im Park geflogen. Als seine Soldaten das sahen, zeigten sie sich frohen Mutes. Als Shingen nach dem Grund ihrer Stimmung fragte, antworteten sie: „Von den bisherigen Fällen her gesehen hat noch jedes Heer, bei dessen (Aufbruch) eine Taube auf einen Baum geflogen kam, einen großen Sieg erringen können. Weil es sich um ein glückliches Vorzeichen handelt, sind wir alle guten Mutes.“ Shingen konnte sich dies nicht anhören. Er griff zur Vogelflinte, schoß mit eigener Hand die Taube herunter und rückte mit dem Heer aus. Dies, so hieß es, sei aus weiser Vorsicht geschehen, damit es nicht, wenn hernach bei einem Abmarsch keine Taube käme, seinen Leuten an Mut gebrechen könnte. <br />
|quelle=''Okinagusa'': 404–405<br />
}}<br />
Takeda Shingen erscheint hier nicht nur als Aufklärer gegen Aberglauben. Im Herunterschießen der Taube zeigt sich nicht nur seine Qualität als Schütze, sondern es wird eine Metapher berufen, nämlich die der großen Macht, die der besitzt, der Vögel im Flug abstürzen lassen oder abschießen kann. Im'' Heiji monogatari'' erscheint diese Metapher auf den politisch mächtigen Fujiwara Michinori (1106–60) angewandt, wo es heißt, daß durch seine Macht gezwungen „sowohl Vögel im Flug zu Boden kamen als auch Gräser und Bäume sich beugten.“ (Goch 1989: 114–15). Noch im ''Uchū no kansu'' der Edo-Zeit wird auf Tanuma Okitsugu (1719–88) angespielt als dem „Tanuma-Haus, das die Vögel im Flug herunterbrachte“ (''Uchū no kansu'': 297a). <br />
<br />
<div class="bildbox largebox bildtext">[[Image:takeda_shingen.jpg|link=|shingen]]<div> Takeda Shingen </div></div><br />
<br />
Diese Metapher galt nicht nur für die Macht von Politikern oder Herrschern. Der Mönch Mongaku wird im ''Heike monogatari'' als ein Mensch mit magischen Fähigkeiten beschrieben, „der Vögel im Flug herunterbeten konnte“ (''Heike monogatari'' 1: 356; McCullough 1988: 179). Eine ähnliche Metapher führte mir ein Freund in der deutschen Literatur vor. In seinem ''Sommermeteor'' läßt Arno Schmidt die Erzählkünste eines gewissen Herrn mit den Worten bewundern: „Oh. Geschichten weiß der Herr Rat: der könnte die Vögel von den Bäumen locken.“ (Schmidt 1980: 115).<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
{{Literatur:Cogan_1987}}<br />
* ''Engi shiki'', in: ''Shintei zōho Kokushi taikei'' 26, Yoshikawa kōbunkan 1965.<br />
{{Literatur:Goch_1989}}<br />
* ''Heike monogatari'', 2 Bde., ''Nihon koten bungaku taikei'' 32-33, Iwanami shoten 1959-1960.<br />
* ''Hōki no maki'', in: ''Gunsho ruijū'' 20, Zoku Gunsho ruijū kankōkai Taiyōsha, 3.Auflage 1943: 208-231.<br />
{{Literatur:Mccullough_1964}}<br />
{{Literatur:Mccullough_1980}}<br />
{{Literatur:Mccullough_1988}}<br />
* ''Mutsu waki'', in: ''Gunsho ruijū ''20, Zoku Gunsho ruijū kankōkai Taiyōsha, 3. Auflage 1943: 22 32.<br />
* Numata Raisuke 1928, ''Kōyō Nihon monshōgaku'', Meiji shoin.<br />
* ''Ōkagami'', ''Nihon koten bungaku taikei'' 21, Iwanami shoten 1960.<br />
* ''Okinagusa'', in: ''Zoku Teikoku bunko: Kōtei Meika manpitsu shū'', 3.Auflage, Hakubunkan 1912: 391-554.<br />
{{Literatur:Schmidt_1980}}<br />
{{Literatur:Snellen_1934}}<br />
* ''Soga monogatari'', ''Nihon koten bungaku taikei'' 88, Iwanami shoten 1966.<br />
{{Literatur:Strohl_1906}}<br />
* ''Uchū no kansu'', in: ''Nihon shomin seikatsu shiryō shūsei'' 6, San'ichi shobō 1968: 271-340.<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Symboltiere/Drei_Affen&diff=17084Mythen/Symboltiere/Drei Affen2010-10-13T14:15:25Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Der Kōshin-Glaube: Affen, Würmer <span class="bottom">und warum man alle 60 Tage eine Nacht durchmachen muss</span>=<br />
<br />
{{glossar:Nikkou}} zählt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Japans und die Drei Weisen Affen zählen zu den berühm·testen Sehens·würdig·keiten von Nikkō. Warum aber halten die drei Affen Augen, Mund und Ohren zu? Und wieso fanden sie Eingang in das Mauso·leum eines der mächigsten Herrscher der gesamten japa·nischen Geschichte? Und warum findet man die Drei Affen bei aufmerk·samer Betrach·tung auch an zahlreichen Stein·monu·menten, die kaum beachtet in den Arealen von Tempeln und Schreinen, am Rande von Fried·höfen oder in der freien Natur zu finden sind. Der Grund dafür dürfte mit einem Kult in Verbindung stehen, der heute kaum mehr bekannt ist, in der {{Glossar:Edo}}-Zeit jedoch jedem geläufig war: der {{Glossar:Koushinshinkou | Kōshin}}-Glaube.<br />
<br />
<div class="bildtext bildbox"> {{Dia|affen_nikko.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=200|top=-30}}<div> Die Drei Weisen Affen. Nikkō, Tōshōgū, 17. Jh.<br /> Bild:[http://www.digital-images.net/Gallery/Japan/Shrines/shrines.html Ron Reznik] 2004 [2010/9]</div></div><br />
<br />
In der traditionellen chinesischen, bzw. daoistischen Medizin wird der menschliche Körper von einer Unzahl an Geistern oder „Seelen“ bevölkert, die gute oder schlechte Einflüsse auf das körper·liche Befinden haben. Sie lassen sich durchaus mit Bakterien aus Sicht der modernen Medizin vergleichen. Manche dieser Geister oder Seelen haben aber auch Aus·wirkungen auf das Schicksal, bzw. die dem Menschen zugedachte Lebens·spanne. Dazu zählen z.B. die sogenannten „Drei Würmer“ (jap. {{Glossar:Sanshi}}).<br />
<br />
Die Drei Würmer hausen im menschlichen Körper und verhalten sich nach ursprünglicher chinesischer Auffassung wie Parasiten, die den Körper schwächen und so sein Leben verkürzen. Einer späteren, etwas ausge·feilteren Erklärung zufolge geschieht dies folgender·maßen: Nachts, wenn der Mensch schläft, steigen die Drei Würmer zur Gottheit des [[Texte:Himmelskunde/Astrologie | Polarsterns]] (jap. {{Glossar:Tentei}}, wtl. „Himmelsherrscher“) empor und berichten ihm die bösen Taten ihres „Wirts“. Tentei bestraft dann den betref·fenden Menschen, und zwar vorwie·gend mit Krankheit oder frühem Tod. Die Würmer verlassen den Körper ihres Wirts allerdings (aus mir unbekannten Gründen) nur einmal in 60 Tagen, genauer am 57. Tag des traditionellen [[Mythen:Affen/Tierkreis | 60er Zyklus]] der chinesischen Kalender·kunde. Diesem Tag sind die [[Texte:Yin_und_Yang | Wandlungs·phase]] „Metall“ und das [[Mythen:Affen/Tierkreis | Tierkreis·zeichen]] „Affe“ zugeordnet.<br />
<br />
Auf Japanisch heißt der Tag, an dem die Würmer den Körper verlassen können, ''kōshin'' 庚申. Seine besondere Bedeutung für die Länge des Lebens scheint bereits unter den Adeligen der {{Glossar:Heian}}-Zeit bekannt gewesen zu sein. Zugleich waren sie der Über·zeugung, dass es möglich sei, die Spionage der Würmer zu unter·binden, wenn man die ent·sprechende Nacht durch·wachte und die Würmer so am Verlassen des Körpers hinderte. Aus diesem Grund organi·sierten sie in den Kōshin-Nächten ein geselliges Zusam·men·seins und hielten sich mit allerlei Spielen bis zum frühen Morgen wach. Daraus ent·wickelte sich der Brauch der Kōshin-Wache (''kōshin-machi ''庚申待), die bis zum Beginn des zwanzigsten Jahr·hunderts in verschie·denen Formen in immer breiteren Schichten der Bevöl·kerung durchgeführt wurde.<br />
{{Float|bild=shomenkongo_saishoin.jpg|class=Bildtext bild|style=width:300px; margin-right:-8em|caption=<br />
Shōmen Kongō und die Drei Affen. <br /> Statue des Shingon Tempels Saishōin, <br/>Hirosaki, Aomori-ken. Frühe Edo-Zeit. <br /> Bild: [http://www15.plala.or.jp/SAISYOU/index.html Saishoin] [2010/9]<br />
}}<br />
Während die Heian-zeitlichen Adeligen eine eher sekuläre Form der Würmerkur pflegten, griff auch der japanische Buddhis·mus den Kōshin Glauben auf und integrierte ihn in das [[Grundbegriffe:Buddhismus Lehre|Karma Konzept]]. Die drei Würmer wurden so zu miss·günstigen Spionen im Dienste der karmischen Vergeltung. Der daoistische Polarstern·gott Tentei wurde mit Indra (jap. {{Glossar:Taishakuten}}), der obersten buddhis·tischen Beschützer·gottheit ([[Ikonographie:Wächtergötter|Deva]]), später aber auch mit {{glossar:enma}}, dem obersten Richter des Karma-Gesetzes, gleichgesetzt. Nach und nach geriet eine dämonische Gottheit namens {{Glossar:Shoumenkongou}} (wtl. grün·gesich·tiger Vajra) — urspünglich ein Diener des Indra, der äußerlich den eso·teri·schen Mantra-Königen ([[Ikonographie:Myoo|Myōō]]) nach·empfunden ist — ins Zentrum des Kōshin Glaubens. Zu Shōmen Kongō beteten die Gläubigen um Beistand, wenn sie das Tun der Würmer unter·binden und auf diese Weise ihr Leben ver·längern wollten.<br />
<br />
Shōmen Kongō erscheint auf bildlichen Darstellungen oft in Begleitung der Drei Affen. Die Asso·ziation entstand möglicher·weise daraus, dass der Tag, bzw. die Nacht, in der die Drei Würmer den Körper ver·lassen, mit dem Tier·kreis·zeichen des Affen zu tun hat. In einem weiteren Assoziations·schritt wurde der Affe mit dem verbunden, was die Drei Würmer NICHT tun sollen: nichts sehen, nichts hören, und vor allem nichts aus·plaudern. Auf Japanisch ist diese Ver·bindung leicht herzustellen, da ''saru'' („Affe“) zu ''-zaru'' („nicht“) umgeformt werden kann: „nichts sehen“, „nichts sagen“, „nichts hören“ (''mizaru'', ''iwazaru'', ''kikazaru'') kann also auch als „Seh-Affe“, „Sprech-Affe“, und „Hör-Affe“ verstanden werden.<br />
<br />
Das Drei Affen-Motiv verdankt seine Beliebtheit in Japan also nicht der Tatsache, dass die Affen sich von allem Bösen fern·halten wollen, wie heute gerne angenommen wird. Sie stehen im Gegenteil für den Wunsch, dass die Drei Würmer, die jeder in sich trägt, von ihrer ver·räte·rischen Aufgabe abgehalten werden sollen und der Mensch selbst weiter seinen Lastern frönen kann, ohne sich dabei vor einem frühen Tod fürchten zu müssen. Obwohl dieses Vorhaben auf den ersten Blick gegen buddhistische Moral·vorstel·lungen gerichtet zu sein scheint, widersprach es nicht der land·läufigen buddhis·tischen Praxis. Diese war stets bemüht, Schlupf·löcher im Gesetz des Karma ausfindig zu machen, und versprach den Gläubigen, mit dem geringsten möglichen Aufwand ein Maximum an gutem Karma zu er·wirt·schaften. Daher wurde der Kōshin-Glauben vom Buddhismus gefördert, ja, es entstanden sogar eigene Tempel für Shōmen Kongō, die Haupt·gott·heit des Kōshin-Glaubens. Der älteste Tempel dieser Art befindet sich im Gebäude·kom·plex des {{Glossar:Shitennouji}} in Osaka und wurde bereits um das Jahr 700 errichtet.<br />
{{Float|left|bild=koshinto.gif|style=width:300px; margin-left:-2em|class=bildtext |caption=Schematische Darstellung eines<br/> Kōshin-Gedenksteins aus der Edo-Zeit<br /> Bildquelle: [http://www.geocities.jp/mitaka_makita/kaisetu/kosin.html Makita Hidenosuke] [2010/9]}}<br />
Im späten Mittelalter bildeten sich schließlich Gruppen von Laien-Anhängern des Kōshin-Glaubens, die so·genann·ten Kōshin-Fraternitäten ({{Glossar:koushinkou}}). Gemein·sam bemüh·ten sie sich, eine be·stimmte Anzahl von Kōshin-Nächten zu durch·wachen. Wenn es ihnen auf diese Weise gelang, drei Jahre lang die Drei Würmer von ihrem Rapport abzu·halten, errich·teten sie Gedenk·steine oder Kōshin-Stupas ({{glossar:koushintou}}). Typische Bei·spiele solcher Kōshin-Gedenksteine stellen die Drei Affen zu Füßen des Shōmen Kongō dar. Oft sind sie auch mit den Symbolen von Sonne und Mond versehen, die hier für die Urkräfte des Universums, [[Texte:Yin_und_Yang | Yin und Yang]], stehen. Allerdings scheint das Drei-Affen-Motiv erst in der frühen Edo-Zeit Eingang in die Kōshin-Ikono·graphie gefunden zu haben.<br />
<br />
Stilistisch haben diese einfachen Steinskulpturen Ähnlichkeiten mit den volks·tüm·lichen Statuen des [[Ikonographie:Jizo | Jizō]], die in Japan fast überall zu finden sind, oder mit den [[Alltag:Matsuri/Phalluskulte | Wegegöttern]]. Andere Verwandte sind [[Ikonographie:Kannon/Bato_Kannon | Kannon mit dem Pferdekopf]], die [[Ikonographie:Wächtergötter/Komainu | Komainu]] oder die [[Ikonographie:Wächtergötter/Nio |Tor·wächter]], die oft von Laien in sehr individueller Art in Stein gehauen wurden. Sie alle stehen für eine volks·tümliche Laien-Religiosität, die un·vor·ein·genom·men von sämt·lichen Traditionen Gebrauch macht. Obwohl die Wurzeln des Kōshin-Glaubens aus einer Mischung von Buddhismus und Daoismus entstanden sind, zeigen Beispiele aus der Edo-Zeit, dass Shōmen Kongō auch mit Shinto-Riten verehrt wurde. Der Kōshin-Glauben stellt insofern ein typisches Beispiel für die untrennbare Ver·flechtung von Buddhismus und Shinto in der vormodernen Zeit dar.<br />
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{{Galerie2|span=6|caption=Kōshin-Gedenksteine (bitte anklicken)|bilder={{Dia2|<br />
koshinto_fuchu.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
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{{Linkbox|text=<br />
* [http://www.three-monkeys.info/ The Three Monkeys Worldwide], Emil Schuttenhelm (dt., en.)<br/>Ausführliche Informationen und Sammelobjekte zu den Drei Affen.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
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{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Symboltiere/Drei_Affen&diff=17083Mythen/Symboltiere/Drei Affen2010-10-13T14:14:46Z<p>OrochiJR: </p>
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=Der Kōshin-Glaube: Affen, Würmer <span class="bottom">und warum man alle 60 Tage eine Nacht durchmachen muss</span>=<br />
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{{glossar:Nikkou}} zählt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Japans und die Drei Weisen Affen zählen zu den berühm·testen Sehens·würdig·keiten von Nikkō. Warum aber halten die drei Affen Augen, Mund und Ohren zu? Und wieso fanden sie Eingang in das Mauso·leum eines der mächigsten Herrscher der gesamten japa·nischen Geschichte? Und warum findet man die Drei Affen bei aufmerk·samer Betrach·tung auch an zahlreichen Stein·monu·menten, die kaum beachtet in den Arealen von Tempeln und Schreinen, am Rande von Fried·höfen oder in der freien Natur zu finden sind. Der Grund dafür dürfte mit einem Kult in Verbindung stehen, der heute kaum mehr bekannt ist, in der {{Glossar:Edo}}-Zeit jedoch jedem geläufig war: der {{Glossar:Koushinshinkou | Kōshin}}-Glaube.<br />
<br />
<div class="bildtext bildbox"> {{Dia|affen_nikko.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=200|top=-30}}<div> Die Drei Weisen Affen. Nikkō, Tōshōgū, 17. Jh.<br /> Bild:[http://www.digital-images.net/Gallery/Japan/Shrines/shrines.html Ron Reznik] 2004 [2010/9]</div></div><br />
<br />
In der traditionellen chinesischen, bzw. daoistischen Medizin wird der menschliche Körper von einer Unzahl an Geistern oder „Seelen“ bevölkert, die gute oder schlechte Einflüsse auf das körper·liche Befinden haben. Sie lassen sich durchaus mit Bakterien aus Sicht der modernen Medizin vergleichen. Manche dieser Geister oder Seelen haben aber auch Aus·wirkungen auf das Schicksal, bzw. die dem Menschen zugedachte Lebens·spanne. Dazu zählen z.B. die sogenannten „Drei Würmer“ (jap. {{Glossar:Sanshi}}).<br />
<br />
Die Drei Würmer hausen im menschlichen Körper und verhalten sich nach ursprünglicher chinesischer Auffassung wie Parasiten, die den Körper schwächen und so sein Leben verkürzen. Einer späteren, etwas ausge·feilteren Erklärung zufolge geschieht dies folgender·maßen: Nachts, wenn der Mensch schläft, steigen die Drei Würmer zur Gottheit des [[Texte:Himmelskunde/Astrologie | Polarsterns]] (jap. {{Glossar:Tentei}}, wtl. „Himmelsherrscher“) empor und berichten ihm die bösen Taten ihres „Wirts“. Tentei bestraft dann den betref·fenden Menschen, und zwar vorwie·gend mit Krankheit oder frühem Tod. Die Würmer verlassen den Körper ihres Wirts allerdings (aus mir unbekannten Gründen) nur einmal in 60 Tagen, genauer am 57. Tag des traditionellen [[Mythen:Affen/Tierkreis | 60er Zyklus]] der chinesischen Kalender·kunde. Diesem Tag sind die [[Texte:Yin_und_Yang | Wandlungs·phase]] „Metall“ und das [[Mythen:Affen/Tierkreis | Tierkreis·zeichen]] „Affe“ zugeordnet.<br />
<br />
Auf Japanisch heißt der Tag, an dem die Würmer den Körper verlassen können, ''kōshin'' 庚申. Seine besondere Bedeutung für die Länge des Lebens scheint bereits unter den Adeligen der {{Glossar:Heian}}-Zeit bekannt gewesen zu sein. Zugleich waren sie der Über·zeugung, dass es möglich sei, die Spionage der Würmer zu unter·binden, wenn man die ent·sprechende Nacht durch·wachte und die Würmer so am Verlassen des Körpers hinderte. Aus diesem Grund organi·sierten sie in den Kōshin-Nächten ein geselliges Zusam·men·seins und hielten sich mit allerlei Spielen bis zum frühen Morgen wach. Daraus ent·wickelte sich der Brauch der Kōshin-Wache (''kōshin-machi ''庚申待), die bis zum Beginn des zwanzigsten Jahr·hunderts in verschie·denen Formen in immer breiteren Schichten der Bevöl·kerung durchgeführt wurde.<br />
{{Float|bild=shomenkongo_saishoin.jpg|class=Bildtext bild|style=width:300px; margin-right:-8em|caption=<br />
Shōmen Kongō und die Drei Affen. <br /> Statue des Shingon Tempels Saishōin, <br/>Hirosaki, Aomori-ken. Frühe Edo-Zeit. <br /> Bild: [http://www15.plala.or.jp/SAISYOU/index.html Saishoin] [2010/9]<br />
}}<br />
Während die Heian-zeitlichen Adeligen eine eher sekuläre Form der Würmerkur pflegten, griff auch der japanische Buddhis·mus den Kōshin Glauben auf und integrierte ihn in das [[Grundbegriffe:Buddhismus Lehre|Karma Konzept]]. Die drei Würmer wurden so zu miss·günstigen Spionen im Dienste der karmischen Vergeltung. Der daoistische Polarstern·gott Tentei wurde mit Indra (jap. {{Glossar:Taishakuten}}), der obersten buddhis·tischen Beschützer·gottheit ([[Ikonographie:Wächtergötter|Deva]]), später aber auch mit {{glossar:enma}}, dem obersten Richter des Karma-Gesetzes, gleichgesetzt. Nach und nach geriet eine dämonische Gottheit namens {{Glossar:Shoumenkongou}} (wtl. grün·gesich·tiger Vajra) — urspünglich ein Diener des Indra, der äußerlich den eso·teri·schen Mantra-Königen ([[Ikonographie:Myoo | Myōō]]) nach·empfunden ist — ins Zentrum des Kōshin Glaubens. Zu Shōmen Kongō beteten die Gläubigen um Beistand, wenn sie das Tun der Würmer unter·binden und auf diese Weise ihr Leben ver·längern wollten.<br />
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Shōmen Kongō erscheint auf bildlichen Darstellungen oft in Begleitung der Drei Affen. Die Asso·ziation entstand möglicher·weise daraus, dass der Tag, bzw. die Nacht, in der die Drei Würmer den Körper ver·lassen, mit dem Tier·kreis·zeichen des Affen zu tun hat. In einem weiteren Assoziations·schritt wurde der Affe mit dem verbunden, was die Drei Würmer NICHT tun sollen: nichts sehen, nichts hören, und vor allem nichts aus·plaudern. Auf Japanisch ist diese Ver·bindung leicht herzustellen, da ''saru'' („Affe“) zu ''-zaru'' („nicht“) umgeformt werden kann: „nichts sehen“, „nichts sagen“, „nichts hören“ (''mizaru'', ''iwazaru'', ''kikazaru'') kann also auch als „Seh-Affe“, „Sprech-Affe“, und „Hör-Affe“ verstanden werden.<br />
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Das Drei Affen-Motiv verdankt seine Beliebtheit in Japan also nicht der Tatsache, dass die Affen sich von allem Bösen fern·halten wollen, wie heute gerne angenommen wird. Sie stehen im Gegenteil für den Wunsch, dass die Drei Würmer, die jeder in sich trägt, von ihrer ver·räte·rischen Aufgabe abgehalten werden sollen und der Mensch selbst weiter seinen Lastern frönen kann, ohne sich dabei vor einem frühen Tod fürchten zu müssen. Obwohl dieses Vorhaben auf den ersten Blick gegen buddhistische Moral·vorstel·lungen gerichtet zu sein scheint, widersprach es nicht der land·läufigen buddhis·tischen Praxis. Diese war stets bemüht, Schlupf·löcher im Gesetz des Karma ausfindig zu machen, und versprach den Gläubigen, mit dem geringsten möglichen Aufwand ein Maximum an gutem Karma zu er·wirt·schaften. Daher wurde der Kōshin-Glauben vom Buddhismus gefördert, ja, es entstanden sogar eigene Tempel für Shōmen Kongō, die Haupt·gott·heit des Kōshin-Glaubens. Der älteste Tempel dieser Art befindet sich im Gebäude·kom·plex des {{Glossar:Shitennouji}} in Osaka und wurde bereits um das Jahr 700 errichtet.<br />
{{Float|left|bild=koshinto.gif|style=width:300px; margin-left:-2em|class=bildtext |caption=Schematische Darstellung eines<br/> Kōshin-Gedenksteins aus der Edo-Zeit<br /> Bildquelle: [http://www.geocities.jp/mitaka_makita/kaisetu/kosin.html Makita Hidenosuke] [2010/9]}}<br />
Im späten Mittelalter bildeten sich schließlich Gruppen von Laien-Anhängern des Kōshin-Glaubens, die so·genann·ten Kōshin-Fraternitäten ({{Glossar:koushinkou}}). Gemein·sam bemüh·ten sie sich, eine be·stimmte Anzahl von Kōshin-Nächten zu durch·wachen. Wenn es ihnen auf diese Weise gelang, drei Jahre lang die Drei Würmer von ihrem Rapport abzu·halten, errich·teten sie Gedenk·steine oder Kōshin-Stupas ({{glossar:koushintou}}). Typische Bei·spiele solcher Kōshin-Gedenksteine stellen die Drei Affen zu Füßen des Shōmen Kongō dar. Oft sind sie auch mit den Symbolen von Sonne und Mond versehen, die hier für die Urkräfte des Universums, [[Texte:Yin_und_Yang | Yin und Yang]], stehen. Allerdings scheint das Drei-Affen-Motiv erst in der frühen Edo-Zeit Eingang in die Kōshin-Ikono·graphie gefunden zu haben.<br />
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Stilistisch haben diese einfachen Steinskulpturen Ähnlichkeiten mit den volks·tüm·lichen Statuen des [[Ikonographie:Jizo | Jizō]], die in Japan fast überall zu finden sind, oder mit den [[Alltag:Matsuri/Phalluskulte | Wegegöttern]]. Andere Verwandte sind [[Ikonographie:Kannon/Bato_Kannon | Kannon mit dem Pferdekopf]], die [[Ikonographie:Wächtergötter/Komainu | Komainu]] oder die [[Ikonographie:Wächtergötter/Nio |Tor·wächter]], die oft von Laien in sehr individueller Art in Stein gehauen wurden. Sie alle stehen für eine volks·tümliche Laien-Religiosität, die un·vor·ein·genom·men von sämt·lichen Traditionen Gebrauch macht. Obwohl die Wurzeln des Kōshin-Glaubens aus einer Mischung von Buddhismus und Daoismus entstanden sind, zeigen Beispiele aus der Edo-Zeit, dass Shōmen Kongō auch mit Shinto-Riten verehrt wurde. Der Kōshin-Glauben stellt insofern ein typisches Beispiel für die untrennbare Ver·flechtung von Buddhismus und Shinto in der vormodernen Zeit dar.<br />
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{{Galerie2|span=6|caption=Kōshin-Gedenksteine (bitte anklicken)|bilder={{Dia2|<br />
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* [http://www.three-monkeys.info/ The Three Monkeys Worldwide], Emil Schuttenhelm (dt., en.)<br/>Ausführliche Informationen und Sammelobjekte zu den Drei Affen.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
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{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Symboltiere&diff=17082Mythen/Symboltiere2010-10-13T14:06:12Z<p>OrochiJR: /* Weitere Tiere mit religiöser Symbolik */</p>
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=<span>Tiergötter und Götterboten, Teil 3</span> Affen und andere=<br />
<br />
Zoologisch betrachtet ist in Japan nur eine einzige Affenart heimisch, der sog. Japan-Makak ([[:Bild:nihonzaru.jpg|''nihon-zaru'']]). Er besitzt ein rotes Gesicht, rote Hinterbacken und ein verhältnismäßig dichtes langes Fell. Diese in großen Rudeln lebende Makakenart ist auf allen Hauptinseln außer auf Hokkaido weit verbreitet und kann sowohl in Tierparks als auch in freier Natur beobachtet werden. Der ''nihon-zaru'' ist den Japanern also sehr vertraut und kommt entsprechend häufig auch in japanischen Märchen vor. Wie im Westen erscheint er dabei meist als Clown oder ungeschickter Schwindler, der erfolglos versucht, es den Menschen gleichzutun. Daneben taucht der Affe aber auch als Gott oder göttlicher Bote auf.<br />
<br />
==Religiöse Rollen des Affen==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|affe_sosen.jpg|w=160|left=-10|top=-30|Nihon-zaru}}<br />
{{sidebox|affenmaske.jpg|w=140|top=-30|Affenmaske }}<br />
{{sidebox|sidepage=Koshin|titel=essay|affen_nikko.jpg|left=-10|Der Kōshin-Glaube}}<br />
}}<br />
<br />
* Der {{glossar:hietaisha|Hie}} (auch Hiyoshi) Schrein am Fuße des Klosterberges {{glossar:hieizan|Hiei}} fungiert als Schutzschrein dieses einstmals mächtigsten Klosters von Japan. Seine zahlreichen Unterschreine werden kollektiv zu einer Gottheit zusammengefasst, {{glossar:sannou}}, wtl. der Bergkönig. Dieser „Bergkönig“ wird mitunter auch als Affe dargestellt, bzw. sieht man Affen als seine Boten an. Vielleicht kommt es daher, dass Affen gern in der Kleidung von Shinto-Priestern abgebildet werden.<br />
* Das Noh-Theater nannte sich ursprünglich {{glossar:sarugaku}}, wtl. „Affenmusik“ oder „Affentheater“. Dieser Namen war aber keinesfalls abfällig zu verstehen. Vielmehr hießen bereits die Priestertänzerinnen am Hof der {{glossar:heian}}-Zeit {{glossar:sarume}}, wtl. „Affen-Frauen“. Die Ahnengöttin dieser Priesterinnen ist Sarume no kimi, alias [[Mythen:Götter_des_Himmels/Uzume|Ame no Uzume]], die Ahnherrin von Tanz und Theater. Sie heiratete einen Gott namens {{glossar:sarutahiko}}, dessen rotes Gesicht vielleicht einst einen Affen darstellen sollte. Affe und (religiöser) Tanz waren jedenfalls im japanischen Altertum eng miteinander assoziiert.<br />
* Die berühmteste figurative Darstellung von Affen befindet sich im Schrein von [[Bauten:Bekannte_Schreine|Nikkō]]<nowiki>: die Drei Weisen Affen, die nicht hören, nicht sehen und nicht sprechen wollen. Das Motiv dieser Drei Affen gibt es in vielen Kulturen, in Japan macht es aber auf ganz besondere Weise Sinn: „nicht sehen“, „nicht hören“, und „nicht sprechen“ heißt auf Klassisch-Japanisch: </nowiki>''mizaru'' ''kikazaru'' ''iwazaru'', wobei die Endung -''zaru'' sowohl eine Verneinung als auch „Affe“ bedeuten kann. Ihre Beliebtheit hängt mit dem sogenannten [[Mythen:Affen/Koshin|Kōshin-Glauben]] ({{glossar:koushinshinkou}}) zusammen, der ehemals in Japan weit verbreitet war.<br />
* Es ist auch kein Zufall, dass die Drei Affen von Nikkō an einem Nebengebäude des Schreins zu bewundern sind, in dem einst weiße Pferde gehalten wurden. Nach einem auch in China weit verbreiteten Glauben hält man Pferde gesund, indem man Affen in ihren Ställen ansiedelt. Affen und Pferde werden daher auch in der bildenden Kunst häufig gemeinsam dargestellt. Angeblich sollen die berittenen Samurai des Mittelalters Affenhäute über ihre Köcher gespannt haben, um die Gesundheit ihrer Pferde zu garantieren.<br />
<br />
==Bekannte Schreingottheiten und ihre Botentiere==<br />
{{Sidebox|sidepage=Tauben|titel=essay|hato_hachiman.jpg|w=140|top=-20|Tauben und Kriegsglück}}<br />
<br />
:* {{glossar:inari}} - Fuchs<br />
:* {{glossar:benten|Benzaiten}} - Schlange<br />
:* {{glossar:hietaisha|Hie/Hiyoshi}} (Sannō) - Affe<br />
:* {{glossar:kasugataisha|Kasuga}} - Hirsch<br />
:* {{glossar:tenjin}} - Ochs<br />
:* {{glossar:hachiman}} - Taube<br />
:* {{glossar:daikoku}} - Maus<br />
<br />
==Weitere Tiere mit religiöser Symbolik==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{Sidebox|sidepage=Tierkreis|ochse.jpg| Die Zwölf Tierkreiszeichen}}<br />
{{Sidebox|usagi.jpg|w=140|top=-20| Hase im Mond }}<br />
{{Sidebox|namazue_ise_pferd_1855.jpg| Götterpferd }}<br />
}}<br />
* Die '''Zwölf Tierkreiszeichen ''' (Ratte, Büffel, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Schaf, Affe, Hahn, Hund, Wildschwein) stehen im chinesischen Kalender, der in Japan bis zur {{glossar:meiji}}-Zeit Verwendung fand, nicht nur für Monate, sondern v.a. für Jahre. Ähnlich wie im Fall der hierzulande bekannten Sternzeichen, verleiht ein Jahrestier allen, die in diesem Jahr geboren werden, einen bestimmten Charakter. [[Mythen:Affen/Tierkreis| Mehr dazu... ]]<br />
* '''Kraniche''' (''tsuru'') und '''[[:Bild:turtle.jpg|Schildkröten]]''' (''kame'') sind beide chinesische Symbole des Langen Lebens und zieren daher alle möglichen glücksbringenden Gegenstände, Schreine und Tempel. Sie sind auch ein beliebtes Neujahrsmotiv. Schildkröten tauchen darüber hinaus in Mythen und Legenden, etwa der Geschichte von {{glossar:urashimatarou}}, als göttliche Botentiere in Erscheinung.<br />
* '''Katzen''' (''neko'') sind ähnlich wie Füchse und Tanuki magisch begabt. Besonders zauberkräftige Katzen erkennt man (ähnlich wie Füchse) an ihren mehrfach gespaltenen Schwänzen. Solche Gespensterkatzen ''(nekomata'') sind ausgesprochen unheimlich. Als [[:datei:manekineko.jpg|Winke-Katze]] ({{Glossar:Manekineko}}) stellen sie hingegen ihre Magie in den Dienst der Geschäftsleute und verhelfen ihnen zu mehr Umsatz.<br />
* Der '''Hase''' steht mit dem Mond in Verbindung. In Japan meint man, in der Scheibe des Volllmonds kein Gesicht, sondern einen Hasen zu erkennen, der mit einem hammerartigen Schlegel (''kine'') Reis stampft. Diese Idee dürfte auf eine buddhistische Legende aus den indischen Jataka-Erzählungen zurückgehen. In China hat sich daraus ein Hase entwickelt, der Kräuter zu einem Elixier des Langen Lebens zusammenstampft, in Japan hingegen stampft er Reiskuchen (''mochi''). Dies angeblich deshalb, weil der Ausdruck ''mochizuki'' sowohl „Vollmond“ als auch „Reisstampfen“ bedeuten kann. Die Verbindung Hase-Mond ist jedoch ein mythologisches Motiv, das sich auch außerhalb des Buddhismus findet.<br />
* '''Pferde''' gelten zwar nicht als magisch begabt, dienten aber in früherer Zeit wie alle wertvollen Dinge als beliebte [[Alltag:Opfergaben| Opfergaben]] (siehe auch [[Alltag:Opfergaben/Ema|Pferde-Bilder]]) und außerdem als Götterboten. In der Edo-Zeit wurden z.B. die Gottheiten des kaiserlichen Ahnenschreins in {{glossar:isejinguu|Ise}} gerne als Pferd dargestellt.<br />
* Ein eher unheimliches Tier ist der '''Wels''' (''namazu''). In der Edo-Zeit glaubte man, dass ein riesiger [[:Bild:namazu.gif|Wels-Gott]] Ursache für Erdbeben sei. Ein großes Erdbeben im Jahr 1855 löste eine Flut von sog. Welsbildern (''namazue'') aus, in den das Erdbeben und seine Folgen in symbolischer und oft karikierender Weise dargestellt wurden.<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Literatur und Links|text=<br />
<br />
{{Literatur:OhnukiTierney_1987}}<br />
* [http://web-japan.org/nipponia/nipponia25/en/animal/animal01.html Do monkeys have secret powers?], Aratama Hiroshi (en.)<br/>Web-Essay der Zeitschrift ''[http://web-japan.org/nipponia/ NIPPONIA]''.<br />
* [http://www.blueplanetbiomes.org/japanese_macaque.htm Japanese Macaque]<br/>Wissenswertes über den japanischen Affen, auch aus zoologischer Sicht.<br />
* [http://www.east-asian-history.net/textbooks/Slideshows/catfish/parade_of_catfish.htm Catfish as Cultural Symbol in Japan], Gregory Smits (en.)<br/>Informationen zum Wels-Glauben auf der sehr informativen Website [http://www.east-asian-history.net/ ''East Asian History''].<br />
* [http://kokingumi.com/ChojuGiga/index.html ''Choju giga''] Yoshizawa Masakazu<br/>Reproduktion einer humoristischen Serie von Tierbildern aus dem 11. Jahrhundert (!).<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
<div class='bildbox'> <br />
''Ende des Kapitels ''„Mythen und Legenden“''<br />
{{Dia|froesche.jpg|w=350|rahmen_w=350|rahmen_h=130|top=-50}}<br />
</div><br />
{{ThisWay|Geschichte: Einleitung}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Bild:Tanuki_kuniyoshi_giga.jpg&diff=17081Bild:Tanuki kuniyoshi giga.jpg2010-10-13T13:59:26Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div><br/> Tanuki in Gestalt von sechs unsterblichen Dichtern der Heian-Zeit <br/> Holzschnitt-Karikatur (<em>giga</em>) von Kuniyoshi, 1846 <br/> Bild: Japanologie Wien, [http://kenkyuu.jpn.univie.ac.at/karikaturen/ Ukiyoe-Karikaturen] [2007/5]</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Bild:Drachen_horyuji.jpg&diff=17080Bild:Drachen horyuji.jpg2010-10-13T13:05:42Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>Drache als Dachdekoration. [[Bauten:Tempel|Hōryū-ji]], Haupthalle. <br/> Bild: [http://www.digital-images.net/Gallery/Scenic/Japan/Temples_1/body_temples_1.html#Horyuji Ron Reznick] 2004 [2010/9]</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Daemonen/Tengu&diff=17078Mythen/Daemonen/Tengu2010-10-13T12:08:43Z<p>OrochiJR: /* Dämonen (oni) */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Tengu und Oni=<br />
<br />
Wie bereits [[Mythen:Geister | erwähnt]], lässt sich die Welt des Über·sinn·lichen in Japan grob in Totengeister ({{glossar:yuurei}}) und Fabelwesen ({{glossar:youkai}}) unter·teilen. Beide Gruppen unter·scheiden sich insoferne von etablierten „Göttern“ ({{glossar:kami}}-Gottheiten oder buddhistische Manifestationen), als sie sich gegen·über der mensch·lichen Ge·sell·schaft auf der gleichen hierarchischen Ebene be·finden. Sie mögen zwar einige Fähig·keiten besitzen, die Menschen nicht haben, treten aber für ge·wöhn·lich nicht als Herr·scher über die Menschen, sondern eher als Konkurrenten auf. Sie begehren menschliche Güter, fühlen sich von mensch·licher Schön·heit körperlich ange·zogen und sind in manchen Fällen sogar bereit, be·stim·mten Menschen zu dienen. Aller·dings sind die Grenzen zur Welt der Götter fließend. Besonders mächtige Figuren aus der Welt des Übersinnlichen können gott·ähnliche Ver·ehrung genießen oder als Boten zwischen Göttern und Menschen fungieren. Auf dieser Seite wird auf zwei Gruppen von Fabelwesen näher eingegangen, nämlich auf ''tengu'' und ''oni''.<br />
<br />
==Tengu==<br />
{{Sidebox|sidepage=Tengu|titel=bilder|ema_tengu.jpg|left=-10|Tengu Motive}}<br />
<br />
Japanische {{glossar:tengu}} treten in zwei Hauptvarianten auf: Lang·nasen-Tengu und Krähen Tengu. Beide besitzen einen menschlichen Körper und können fliegen, bzw. sich augen·blick·lich von einem Ort zum anderen „beamen“. Für ge·wöhn·lich tragen auch beide Arten von Tengu die traditionelle Tracht der Bergasketen ({{glossar:yamabushi}}), mit denen sie eine ge·mein·same Begabung für magische Künste ver·bindet. Ähnlich wie die ''yamabushi'' sind Tengu immer eher un·heimlich, dabei aber nicht not·wendigerweise böse oder arglistig.<br />
<br />
===Langnasen Tengu===<br />
{{Galerie1<br />
|bild1={{dia|tengu_kurama_wada.jpg|w=x120|left=-35}}<br />
|bild2={{dia|tengu33.jpg|w=x120|left=-30}}<br />
|bild3={{dia|sarutahiko_takachiho.jpg}}<br />
}}<br />
<br />
Langnasen-Tengu werden auf Japanisch oft als Groß-Tengu, Krähen Tengu da·gegen als Klein-Tengu be·zeichnet. Lang·nasen Tengu scheinen demnach eine höhere Kaste innerhalb der Tengu-Gesellschaft zu bilden. Was als erstes an ihnen auf·fällt, ist die phallische Form ihrer Nase. Dass diese in der Tat sexuelle Assoziationen weckte, lässt sich u.a. an [[:Bild:tengu_shunga.jpg|Shunga-Bildern]] der Edo-Zeit erkennen, doch wird diese Assoziation im ja·pa·nischen Kontext nicht als obszön empfunden. Ähnlich wie im Fall des Glücksgottes {{glossar:fukurokuju}} wird der Phallus eher als Symbol der Frucht·bar·keit oder all·gemein des Glücks ver·standen. Auf·grund dieser Logik waren [[Alltag:Matsuri/Phalluskulte| Phallus-Kulte]] und phallische religiöse Symbolismen im vormodernen Japan weit verbreitet.<br />
<br />
Die lange Nase und das rote Gesicht des Tengu legen weiter die Ver·mutung nahe, dass sich seine Ge·stalt auf das Bild der Europäer in Japan zurück·führen lässt. Doch gab es den lang·nasigen Tengu bereits vor dem 16. Jh., als es in Japan zur intensiven Kontakt·nahme mit europäischen Händlern und Missionaren kam. Möglicher·weise wurden die Langnasen-Tengu aber dem Er·scheinungs·bild der „südlichen Barbaren“ (wie die Europäer in der {{glossar:edo}}-Zeit genannt wurden) angepasst.<br />
<br />
Schließlich könnte die Nase der Tengu auch einfach aus dem Schnabel ent·standen sein, mit dem die frühesten Tengu-Ge·stalten aus·gestattet sind und der wiederum mit ihren Flug·künsten in Verbindung steht.<br />
<br />
===Krähen-Tengu===<br />
{{Galerie1<br />
|bild1={{Dia|tengu_sairinji.jpg}}<br />
|bild2={{Dia|zegaibo_emaki.jpg|w=x120|left=-60}}<br />
|bild3={{Dia|karasutengu3.jpg}}<br />
}}<br />
In Indien gibt es die Gestalt des Vogelmenschen Garuda, die mit dem Bud·dhis·mus auch in Japan bekannt wurde. Garudas sind halb gött·liche, halb tierische Wesen mit großen Zauber·kräften, ähnlich den [[Mythen:Drachen | Schlangen]] (in Indien als Naga-Gottheiten verehrt), mit denen sie eine er·bitterte Feindschaft verbindet.<br />
{{sidebox|garuda_gigaku.jpg|w=140|top=-65|Garuda Maske}}<br />
In der ältesten Theaterkunst Japans, dem höfischen Gigaku, werden u.a. Garuda Masken (jap. {{glossar:karura}}) ver·wendet. Nachdem diese durch·aus Ähnlichkeiten mit späteren Tengu-Dar·stel·lungen haben, ist es denkbar, dass zwischen diesen Fabel·wesen ein Zu·sammen·hang besteht. Frühe bildliche Tengu-Darstellungen (etwa die des diabolischen Zegai-bō, unten Mitte) zeigen jeden·falls einen Krähen-Tengu. Erst später setzte sich dagegen die Auf·fassung durch, dass nur die minderen Tengu vogel·gestaltig seien. Gleichzeitig sollen alle Tengu aus Eiern schlüpfen.<br />
<br />
===Wortbedeutung===<br />
Tengu bedeutet wtl. „Himmelshund“, doch mit Hunden haben diese geflügelten Wesen wenig zu tun. Die Be·zeich·nung leitet sich vom Chinesischen ''tiangou'' ab und bezog sich ur·sprüng·lich auf unerklärliche Himmels·er·schei·nungen wie z.B. Kometen oder Sonnenfinsternisse, die einem schwarzen „Himmelshund“ zu·ge·schrieben wurden. In dieser Bedeutung findet sich der Begriff ''tengu'' auch schon im japanischen {{glossar:nihonshoki}} (720). Tengu mit den heute bekannten Charakteristika treten aller·dings erst Ende der {{glossar:heian}}-Zeit in Er·schei·nung. Wie sich die Transformation des chinesischen Himmelshundes in diese spezifisch ja·pa·nische Gestalt vollzog, ist weit·gehend un·klar. Zweifel·los haben auch Mythen- und Sagenmotive , die ur·sprüng·lich nichts mit dem chinesischen ''tiangou'' zu tun hatten, zu seiner Entstehung beigetragen.<br />
<br />
==Tengu und Mönche==<br />
Tengu gehören nicht allein ins Reich der Märchen und Sagen, sondern spielen auch in religiösen Legenden eine wichtige Rolle. Die frühesten Tengu Legenden aus dem {{glossar:konjakumonogatarishuu}} handeln zumeist von bud·dhis·tischen Mönchen, die vom rechten Weg ab·kommen um schließ·lich zu Tengu zu werden, oder von Tengu, die ver·suchen Mönche vom richtigen Weg ab·zu·bringen. In anderen Quellen, etwa dem ''Tengu zōshi'' (1296), er·scheint die Existenz eines Tengu als karmische Konsequenz über·mäßiger klerikaler Arroganz. Tengu reflektieren somit ein ambivalentes Bild des bud·dhis·tischen Klerus und bilden besonders in der Blüte·zeit des japanischen Buddhismus, im Mittelalter, eine Projektions·fläche für die Kritik am buddhistischen Mönchs·stand. Es gibt aber auch Legenden von Adeligen und Kaisern, die auf·grund ihres Hochmuts als Tengu enden.<br />
{{Galerie1|<br />
bild1={{dia|tenguzoshi.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=220}}|<br />
caption=Versammlung hochrangiger Mönche, die zu Tengu geworden sind<br />
}}<br />
{{Sidebox|sojobo.jpg|w=300|left=-160|top=-40|Tengu Meister}}<br />
Im Lauf der Zeit festigte sich die Assozitiation der Tengu mit den be·reits erwähnten {{glossar:yamabushi}}. In vielen Legenden ist die Trenn·linie zwischen diesen stets ein wenig un·heim·lichen Bergasketen und den Tengu kaum zu ziehen. Seit der Edo-Zeit werden die Tengu üb·licher·weise auch in der Tracht der ''yamabushi'', er·kenn·bar an der charakteristischen Kopf·be·deckung, dar·ge·stellt. Durch die Assoziation mit den ''yamabushi'' rückte offen·bar die Identifikation von Tengu und hoch·rangigen Klerikern in den Hinter·grund. Dagegen können ''yamabushi''-artige Tengu auch positive Züge an·nehmen, vor allem dann, wenn sie analog zu den Bergasketen als tüchtige Kämpfer und Meister der Kriegskünste auf·treten. So soll etwa einer der be·rühmtesten japanischen Helden, Minamoto no Yoshitsune, in seiner Jugend die Kunst des Schwertkampfes von einem Tengu namens Sōjōbō er·lernt haben. Der Namen bedeutet wörtlich nichts anderes als „Abt-Mönch“ und es mag sein, dass eine Art ''yamabushi'' den historischen Kern dieser Legende bildet.<br />
<br />
==Tengu-artige Gottheiten==<br />
<br />
Immer wieder stößt man in Tempeln und Schreinen auf Tengu Abbildungen. Im all·ge·meinen handelt es sich bei der·artigen religiösen Gebäuden um Kult·stätten des {{glossar:shugendou}}, also des spezifischen Kults der ''yamabushi''. Die ''yamabushi'' wurden also nicht nur mit Tengu assoziiert, sie ver·ehrten ihrerseits auch Gottheiten in Tengu-Gestalt.<br />
<br />
===Izuna Gongen===<br />
{{sidebox|akiba_gongen_lee_institute2.jpg|w=140| Akiba Gongen}}<br />
<br />
Der {{glossar:takaosan}}, ein Berg am östlichen Stadtrand Tokyos, ist eines dieser tradi·tionellen Zentren des Shugendō. Es gibt hier sowohl einen Tempel als auch einen Schrein, in dem die Gottheit {{glossar:izunagongen}} verehrt wird.<br />
<br />
<div class="bildtext bildbox ">[[Image:izuna2.gif|link=|izuna gongen]] [[Image:izuna3.gif|link=]]<div> Izuna Gongen, Tengu Gottheit des Shugendō Heiligtums Takao-san.<br /> Bildquelle: Informationsbroschüre des Takao-san </div></div><br />
<br />
Izuna Gongen erscheint auf den Talismanen ({{glossar:ofuda}}) von Takao in Gestalt eines Karasu Tengu, der auf einem weißen [[Mythen:Füchse| Fuchs]] reitet. Schwert, Schild und Flammen·nimbus erinnern an {{glossar:fudoumyouou}}, der ja tat·säch·lich auch im Shugendō eine zentrale Rolle spielt. Zu·dem deutet das fuchs·artige Reittier (das in der japanischen Folklore übrigens auch unter dem Namen Izuna auftaucht) auf eine Ver·bindung mit [[Bauten:Bekannte_Schreine/Fushimi| Inari/ Dakini]] hin. Ver·schiedene esoterische Gott·heiten wurden also mit der Gestalt des Tengu zu einer neuen Gottheit ver·schmolzen. Ganz ähnliche kombi·nierte Gott·heiten finden sich im Shugendō auch unter anderen Namen, etwa unter der Be·zeich·nung Akiba Gongen (s. Abb. rechts). Viele dieser Shugen·dō-Götter standen im übrigen mit Schulen der Kriegs·künste und magischen Kampf·techniken in Ver·bindung, die wiederum von den ''yamabushi'' betrieben wurden.<br />
<br />
===Sarutahiko===<br />
{{Sidebox|sarutahiko.jpg|w=180|left=-40|top=-90|Sarutahiko}}<br />
<br />
In den alten Mythen begegnen wir der Gottheit {{glossar:sarutahiko}}, einem wilden Gesellen, der dem Tross des vom Himmel herabsteigenden Enkels der Sonnengottheit ({{glossar:ninigi}}) einigen Respekt einflößt, sich aber schließ·lich als Führer anbietet und dafür die Göttin {{glossar:Amenouzume}} zur Gattin erhält. Er ist laut Be·schrei·bung des ''Nihon shoki'' von hühnen·hafter Gestalt und hat eine acht-Hand-lange Nase. Auf rezenten Ab·bildungen (z.B. Abb. rechts) wird er meist in Tengu-Gestalt dar·ge·stellt. Auch in Schreinfesten zu Ehren Sarutahikos wird er durch Tänzer mit Tengu-Masken repräsentiert. Durch seine mytho·logische Rolle als wege·kundiger Führer bot sich Sarutahiko über·dies als Identifikations·figur für die zahl·reichen lokalen „Wegegötter“ ({{glossar:dousojin}}) an, die es vor allem in vor·moderner Zeit gab. Diese Wege·götter stehen wiederum häufig im Zentrum von [[Alltag:Matsuri/Phalluskulte|Phalluskulten]], was viel·leicht wieder Sarutahikos lange Nase erklärt. Es gibt, mit einem Wort, ein Viel·zahl von möglichen Beziehungen zwischen Bergkulten, Wegegöttern und Frucht·bar·keits·riten und sogar Kriegskünsten einer·seits sowie Sarutahiko und den Tengu anderer·seits. Dass all diese Figuren und Kulte im Laufe der Zeit mit·ein·ander assoziiert wurden, steht außer Zweifel. Wie sich diese Assoziationen aber historisch ent·wickelten, ist nach wie vor ungewiss.<br />
<br />
==Dämonen (''oni'')==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|oni_shibata.jpg|w=x260|top=-140|left=-30|„''Oni wa soto''...“}}<br />
{{sidebox|oni_sekien.jpg|w=200|left=-50|top=-90|Toriyamas Oni}}<br />
{{sidebox|sutendoji_kyosai.jpg|w=x180|left=-90|top=-15|Shuten Dōji}}<br />
}}<br />
<br />
In Japan gibt es eine Kategorie von bösen Geistern oder Dämonen namens {{glossar:oni}}. Sie sind von menschen·ähnlicher Gestalt, tragen jedoch Hörner, raub·tier·artige Zähne und Krallen. Ihre Haut ist manchmal feuer·rot, manchmal aber auch grün oder blau. Der typische ''oni'' ist außerdem mit einem eisen·be·schla·genen Knüppel (''kanabō'') und einem Lendenschurz aus Tigerfell ausgestattet.<br />
<br />
Diese Ikonographie geht möglicherweise auf jene buddhistischen Dämonen zurück, die u.a. die un·dank·bare Aufgabe haben, den Vier Himmelswächtern ({{glossar:shitennou}}) als Podest zu dienen. ''Oni'' ähneln aber auch den Folterknechten ({{glossar:gokusotsu}}) der bud·dhis·tischen Hölle (s. [[Mythen:Höllen/Höllenbilder| Höllendarstellungen]]). Diese erinnern wiederum in vielerlei Hinsicht an christliche Teufel, obwohl die religiöse Ideologie hinter diesen Dar·stel·lungen eine andere ist: Während christliche Teufel „böse“ sind und dem Willen Gottes zu·wider·handeln, sind die bud·dhis·tischen Folterknechte ein „notwendiges Übel“ und tun nichts anderes als ihre Pflicht (zumindest solange sie ihren Dienst in der Hölle ver·richten). Psychologisch macht das aber kaum einen Unterschied: ''Oni'' wie Teufel sind Gegen·spieler der Menschen und werden als Menschen mit tierischen De·formationen (Hörner, Reißzähne, Klauen) dargestellt.<br />
<br />
Im Gegensatz zum europäischen Teufel, der seine Gestalt in erster Linie einer Mischung aus Mensch und Ziegen·bock verdankt, sollen die tierischen Elemente der ''oni'' vor allem dem Rind und dem Tiger ent·nommen sein. Dies rührt nach einer Er·klärung des Edo-zeitlichen Malers und Ge·spenster·forschers Toriyama Sekien daher, dass Rind und Tiger im [[Mythen:Affen/Tierkreis| System der Tierkreiszeichen]] für den Nord·osten (in der traditionellen Kalenderkunde ''ushitora'', also „Rind-Tiger“ genannt) stehen. Der Nord·osten wiederum ist nach einer alten geomantischen Vor·stellung aus China jene Himmelrichtung, aus der die Dämonen üblicher·weise kommen, und wird dem·ent·sprechend auch als „Dämonentor“ ({{glossar:kimon}}) be·zeichnet. Es mischen sich also auch in den ''oni'' buddhistische und chinesische Elemente, die zu einer charakteristischen japanischen Figur verschmolzen wurden.<br />
<br />
Der vielleicht berühmteste ''oni'' der japanischen Sagenwelt ist Shuten Dōji. Er haust in den Bergen und raubt vor·zugs·weise schöne Frauen, die er und seine Spieß·gesellen versklaven und schließ·lich auf·fressen. Einem tapferen Krieger und seinen vier Vasallen gelingt es zu·guter·letzt, Shuten Dōji zur Strecke zu bringen. Diese Geschichte wird seit dem Mittel·alter in un·zähligen Varianten erzählt. Sie präsentiert den ''oni'' als einen Dämonen, der absolut böse und gefährlich, jedoch nicht un·be·sieg·bar ist. Es gibt aber auch Gestalten, die genauso wie ''oni'' aussehen, aber keines·wegs absolut böse sind, nämlich die [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Wind- und Donnergötter]]. Das Aussehen allein sagt also noch nicht, ob es sich wirklich um einen furcht·baren Dämon handelt oder nicht. Im übrigen haben sich die furcht·ein·flößenden Züge der ''oni'' mit der Zeit immer mehr ab·ge·nützt, sie werden zu·nehmend eher als ruppige Barbaren denn als schreckliche Monster dar·gestellt. Auf Edo-zeitlichen ''ukiyoe'' wirken sie eher komisch als dämonisch.<br />
<br />
Noch heute treten ''oni''-artige Masken bei zahlreichen ländlichen Volksfesten ({{glossar:matsuri}}) in Erscheinung, die wiederum er·staun·lich stark an alpine „Perchtenläufe“ und ähnliche Prozessionen teufel·artiger Gestalten erinnern. In beiden Fällen ver·körpern die Masken den Winter, der rituell ver·trieben werden soll. Ab·gesehen von der·artigen ''matsuri ''folgen die meisten Japaner auch heute noch dem Brauch, am 3. Februar, dem letzten Tag des Winters (''setsubun''), die bösen Dämonen mit ge·trock·neten Soyabohnen und dem Ruf „''oni wa soto, fuku wa uchi''“ („Raus mit den ''oni'', rein mit dem Glück“) aus ihren Häusern zu treiben. Bis·weilen setzt ein Familien·mitglied dann eine selbst·ge·bastelte ''oni''-Maske auf und lässt sich von den Kindern verscheuchen.<br />
<br />
<div class="bildbox">{{Dia|hyakkiyako.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=200}}</div><br />
<br />
{{Linkbox|text=<br />
* [http://en.wikipedia.org/wiki/Tengu Tengu] (en.)<br/>Ausführliche Darstellung auf Wikipedia. <br />
* [http://www.onmarkproductions.com/html/tengu.shtml Tengu, the Slayer of Vanity], Mark Schumacher (en.)<br/>Tengu - Seite von ''[http://www.onmarkproductions.com/html/buddhism.shtml A-Z Dictionary of Japanese Buddhist Statuary]''.<br />
* [http://web.archive.org/web/20050205183421/http://www.thetengu.com/tengu/ Information and Theory about Tengu and Karasu] (en.)<br/>Spiritistisch angehauchte Tengu - Seite mit interessanten Bildbeispielen. [Über [http://www.archive.org/ Internet Archive ], 2010/8]<br />
* [http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=193 Izuna Gongen], Itō Satoshi (en.)<br/>Artikel zu Izuna Gongen in der ''[http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/ Encyclodedia of Shinto]''.<br />
* [http://en.wikipedia.org/wiki/Otoroshi#First_Volume_-_.E9.99.B0 Gazu hyakki yakō] (jap.)<br/>Gespenster-Enzyklopädie von Toriyama Sekien auf Wikipedia. Über ''[http://ja.wikipedia.org/wiki/%E9%B3%A5%E5%B1%B1%E7%9F%B3%E7%87%95 Wikipedia Japan]'' sind die Illustrationen aller vier Bände zu betrachten.<br />
* [http://www.obakemono.com/index.php The Obakemono Project], S.H. Morgan (en.)<br/>Gut recherchierte japanische Gespensterkunde, teilweise im Manga-Stil illustriert.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay|Mythen: Drachen}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Glossar:Taiheiki&diff=17076Glossar:Taiheiki2010-10-13T11:15:17Z<p>OrochiJR: Die Seite wurde neu angelegt: „{{Glossareintrag| kanji=太平記| romaji=''Taiheiki''| text=Historisches Epos aus dem späten 14. Jh., behandelt den Konflikt zwischen Nördlichen und Südlic…“</p>
<hr />
<div>{{Glossareintrag| <br />
kanji=太平記| <br />
romaji=''Taiheiki''| <br />
text=Historisches Epos aus dem späten 14. Jh., behandelt den Konflikt zwischen Nördlichen und Südlichen Kaiserhof|<br />
stichwort ={{{1|}}}|<br />
link={{{2|}}}|<br />
tags=<br />
}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Geister&diff=17074Mythen/Geister2010-10-13T10:55:13Z<p>OrochiJR: /* Totengeister (yūrei) */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Gespenster und Totengeister=<br />
{{Wrapper|<br />
__TOC__<br />
&nbsp;<br />
{{sidebox|sidepage=Kaidan|hokusai_oiwa.jpg|w=140|rahmen_h=200||caption=Horrorklassiker<br /> der Edo-Zeit}}<br />
}}<br />
<br />
An der Schnittstelle von volkstümlicher Religion und Erzählkunst begegnen wir in Japan einer gestaltenreichen Welt von Fabelwesen und Gespenstern, die mit den Menschen teils in böswilliger, teils in freundlicher Absicht interagieren, zumeist aber infolge ihrer Unberechenbarkeit als unheimlich gelten. Besonders in der {{glossar:edo}}-Zeit (1600–1867) erfuhren Geschichten aus dieser Geisterwelt ({{glossar:kaidan}}), etwa die „Geschichten unter dem Regenmond“ (''Ugetsu monogatari) ''von Ueda Akinari, aber auch zahlreiche Holzdrucke (''ukiyo-e'') von übernatürlichen Wesen einen regelrechten Boom. In dieser Zeit entwickelte sich eine Gespenstertypologie, die noch heute bekannt ist und in modernen Filmen oder Manga immer wieder aufgegriffen wird. Dabei lassen sich im Wesentlichen zwei Arten von übernatürlichen Wesen unterscheiden: 1) die Fabelwesen ({{glossar:youkai}}), die permanente Gemeinschaften am Rande der menschlichen Gesellschaft bilden. Zu ihnen zählen z.B. die [[Tengu]] und andere nur selten wahrnehmbare geisterhafte Wesen, aber auch Tiere mit magischer Begabung wie [[Mythen:Füchse |Füchse]], [[Mythen:Drachen| Schlangen]] und andere. 2) die Seelen der Verstorbenen ({{glossar:yuurei}}), die noch nicht vollständig ins Jenseits (bzw. in eine neue Wiedergeburtsform) hinübergewechselt sind. (Natürlich gibt es auch einige Grenzfälle zwischen den beiden Gruppen.) Während auf den folgenden Seiten von ''yōkai'' die Rede ist, befasst sich diese Seite mit dem Glauben an die Totengeister.<br />
<br />
==Totengeister (''yūrei'')==<br />
{{float|class="bildtext"|left|style=margin-left:0em<br />
|popup= {{Dia|yurei.jpg|w=140|rahmen_h=200|rahmen_w=100|left=-30}}<br />
}}Gemäß einer in Japan alteingesessenen Vorstellung kann jeder Tote, auch wenn er ein makelloses Leben geführt hat, zum Gespenst werden, wenn er nicht ordentlich bestattet wird, bzw. wenn ihm der [[Mythen:Jenseits| Weg ins Jenseits]] versperrt ist, weil sich niemand seines Leichnams annimmt. Dieser Weg ist in jedem Fall eine beschwerliche Reise. Und immer, wenn etwas auf dieser Reise schief geht, kann es sein, dass der Geist des Verstorbenen seine Hinterbliebenen in Träumen oder in realen Erscheinungen heimsucht. In der Edo-Zeit etablierte sich die heute noch geläufige Gestalt dieser ''yūrei'', die bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit europäischen Gespenstern aufweist: Mit weißem Totengewand ({{glossar:shinshouzoku}}, zu dem auch eine dreieckige Stirnkappe — ''hitaikakushi'' — gehört) und langen aufgelösten Haaren schwebt sie nebelgleich über dem Boden. Ihre Arme sind meist zur Brust hochgezogen, doch die Hände hängen schlapp herunter. Obwohl eine derartige Figur a priori unheimlich ist, wird sie erst dann wirklich gefährlich, wenn es sich um einen Rachegeist ({{glossar:onryou}}) handelt. Meist haben diese Geister im Leben besonderes Unrecht erlitten oder sind unter großen Qualen gestorben.<br />
<br />
===''Der Kult um „erhabene Geister“ (goryō)''===<br />
{{Textbox|width=30em|text=<br />
===Vokabel===<br />
*{{glossar:bakemono}} oder {{glossar:obake}}: wtl. „verwandelte Wesen“; geläufigste Ausdrücke für Gespenster und andere übernatürliche Erscheinungen. <br />
*{{glossar:youkai}}: Fabelwesen, auch magisch begabte Tiere. <br />
*{{glossar:yuurei}}: wtl. „dunkle Geister“; Totengeister.<br />
*{{glossar:onryou}}: Rachegeister.<br />
*{{glossar:goryou}}: Hochgestellte Rachegeister.<br />
*{{glossar:goryoushinkou}}: Glaube an, bzw. Kult für ''goryō''.<br />
*{{glossar:sorei}}: Ahnengeist, Ahnenseele.<br />
*{{glossar:reikon}} oder {{glossar:tamashii}}: Seele, Totenseele. Neutraler Ausdruck.<br />
*{{glossar:oni}}: Dämon, Teufel. <br />
}}<br />
Die etablierten religiösen Institutionen haben den Glauben an rächende Totengeister nicht etwa als Aberglaube abgetan, sondern ihn im Gegenteil immer schon gefördert. Dem Religionshistoriker Bernard Faure zufolge hat sich der Buddhismus unter anderem deshalb in Ostasien etablieren können, weil er die vor-buddhistische Vorstellung der grollenden Totengeister absorbierte und besonders erfolgversprechende Rituale für die Reintegration dieser Seelen entwickelte (Faure, The red thread, ch. 1).<br />
<br />
Bereits im frühen Buddhismus finden wir Zeremonien, die beispielsweise nach kriegerischen Schlachten durchgeführt wurden, um die Geister der Gefallenen (vor allem die der Gegner!) von Racheakten abzuhalten. Auch im [[Geschichte:Kami_Kulte| höfischen Shinto]] gibt es seit dem Altertum eine Zeremonie zur Besänftigung der Geister ({{glossar:chinkonsai}}), die allerdings nicht explizit an Totengeister gerichtet ist. Wenn sich Unglücksfälle trotz solcher Zeremonien häuften, so suchte und fand man die Ursache in den Rachegeistern von besonders einflussreichen Personen, die in diesem Fall als „erhabene Geister“ ({{glossar:goryou}}) bezeichnet wurden. Um diese „erhabenen Geister“ zu besänftigen, half oft nur noch, sie in den Status einer Gottheit ({{glossar:kami}}) zu erheben und ihnen einen eigenen Schrein zu errichten.<br />
<br />
Das berühmteste Beispiel eines solchen Schreins stellt der {{glossar:kitanotenmanguu}} in Kyoto dar. Er wurde im Jahr 959 zu Ehren des Hofadeligen {{glossar:sugawaranomichizane}} (845–903) errichtet. Michizane, ein überragender Staatsmann und Gelehrter, war einer Hofintrige wegen in die Verbannung geschickt worden und verstarb, bevor das Fehlurteil rückgängig gemacht werden konnte. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu allerlei Naturkatastrophen und ungewöhnlichen Todesfällen bei Hof und in der Familie des Tenno, welche die Hofastrologen schließlich Michizanes Wirken zuschrieben. Auf mittelalterlichen Querbildrollen, die diese Geschehnisse anschaulich darstellen, erkennt man, dass Michizanes Rachegeist als gehörnter [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Donnergott]], der Blitze in den kaiserlichen Palast schleudert, imaginiert wurde. Um diesen gefährlichen ''goryō'' zu besänftigen, wurde er zum ''kami'' erklärt und in einem Schrein „verortet“. Zusätzlich erhielt er alle Ehrungen inklusive der höchsten Hofränge, die ihm zu Lebzeiten versagt blieben.<br />
<br />
<div class="bildbox bildtext"><br />
{{Dia|kitanotenjin_engi_metny.jpg|w=500|rahmen_w=500|rahmen_h=250}}<br />
</div><br />
<br />
Heute ist Michizane vor allem unter dem Beinamen Tenjin bekannt. Er gilt als Gott der Gelehrsamkeit und der Dichtung und verfügt neben seinen zwei Hauptschreinen in Kyoto und Kyushu über ein ausgedehntes Netz von Tenjin-Zweigschreinen in ganz Japan. (Mehr dazu auf der Sidepage [[tenjin| Gottheit und Schreine des Tenjin-Glaubens]].)<br />
<br />
Abgesehen von Michizane wurden auch zahlreiche Tenno, denen übel mitgespielt worden war, als ''goryō'' angesehen. Für sie gibt es in Kyoto seit dem Altertum einen Goryō Schrein, in dem sie kollektiv verehrt werden. Es scheint allerdings, als wären ''goryō'' auf die Geister der Hofaristokratie beschränkt. Mitglieder des Schwertadels (Samurai), auch wenn sie einen noch so ungerechten oder qualvollen Tod erleiden mussten, sind meines Wissens kaum je Gegenstand eines ''goryō''-Kultes geworden.<br />
<br />
==Totengeister in Literatur und Kunst==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|hannya.jpg|w=140|top=-30|Hannya Maske}}<br />
{{sidebox|oyuki_okyo.jpg|w=140|top=-30|''Yūrei''}}<br />
}}<br />
Neben anderen unheimlichen Fabelwesen (''yōkai'') und Dämonen ({{glossar:oni}}) tauchen Totengeister schon in der buddhistischen Erzählliteratur der Heian Zeit auf (v.a. im {{glossar:konjakumonogatari}}). Im Mittelalter stießen Geistergeschichten vor allem im Nō-Theater auf großes Interesse. Zwei von fünf Hauptgenres des Nō sind ruhelosen Geistern gewidmet, nämlich die Krieger- und die Wahnsinnsstücke. Erstere behandeln meist tragische Helden aus den klassischen Kriegerepen wie {{glossar:heikemonogatari}} oder ''Taiheiki'', die auf der Nō-Bühne als Geister wiederkehren. Letztere widmen sich vor allem Frauen, die aufgrund eines schweren Schicksalsschlages oder aus enttäuschter Liebe auch nach dem Tod nicht zur Ruhe kommen. Nachdem die Geister die Schlüsselszenen ihres Lebens in Tanz und Gesang vorgetragen haben, enden die Stücke zumeist mit ihrer erfolgreichen Befriedung durch einen buddhistischen Mönch.<br />
<br />
Auch im Edo-zeitlichen Bunraku- und Kabuki Theater treten zahlreiche Totengeister auf, allerdings geht es hier wesentlich actionreicher zu als im Nō. Im Vordergrund stehen die schauerlichen Aspekte der Geschichten, welche mit Hilfe von ausgetüftelten Bühnentricks in Szene gesetzt wurden. ''Yūrei'' und ''yōkai'' wurden aber auch in illustrierten Büchern und Einzeldrucken bildlich dargestellt (s. dazu die Sidepage „[[Mythen:Geister/Kaidan|Horror Klassiker]]“) und sogar in eigenen Enzyklopädien erfasst. Besonders gegen Ende der Edo-Zeit, im neunzehnten Jahrhundert scheinen die grollenden Rachegeister ({{glossar:onryou}}) eine enorme Anziehungskraft auf das Publikum ausgeübt zu haben.<br />
<br />
==Heutige Praktiken==<br />
<br />
Beim japanischen [[Alltag:Jahr|Bon-Fest]], das jährlich im August abgehalten wird, ist der Glaube an die Rückkehr der Toten nach wie vor präsent. Allerdings handelt es sich hier um Ahnenseelen ({{glossar:sorei}}), die bereits fest im Jenseits verankert sind und zur Bon-Zeit wohlwollend im Diesseits nach dem Rechten sehen. Vor diesen Geistern braucht man sich also nicht zu fürchten. Dennoch ist zu beachten, dass auch das Bonfest ursprünglich ein Ritus war, durch den verstorbene Verwandte, die als [[Mythen:Höllen/Hungergeister|Hungergeister]] wiedergeboren wurden, aus diesem Zustand befreit werden sollten. Man sieht also, dass positiv und angstvoll besetzte Vorstellungen von Totengeistern recht eng bei einander liegen.<br />
{{sidebox|itako.jpg|w=140|top=-30|Itako|sidepage=Itako}}<br />
<br />
Der Glaube an real existierende und in diese Welt zurückkehrende Totenseelen spielt außerdem in Riten der Geisterbeschwörung eine Rolle. In manchen ländlichen Gebieten, insbesondere in Nord-Japan, gibt es nach wie vor religiöse Spezialisten, die bei Bedarf eine Kommunikation mit den Seelen der Toten herstellen. Es handelt sich um die sog. {{glossar:itako}}, meist blinde Frauen, die davon leben, dass sie in privaten, häuslichen Ritualen die Seelen der Verstorbenen einer Familie durch sich sprechen lassen. Solche Riten nennt man {{glossar:kuchiyose}} (etwa „durch den Mund heranbringen“). Mit Hilfe der ''itako'' kann man Fragen an die Toten stellen und Antworten bekommen. Es handelt sich dabei wohlgemerkt um alteingesessene Praktiken, nicht um modernen Spiritismus.<br />
{{Linkbox|text=<br />
* [http://www.mangajin.com/mangajin/samplemj/ghosts/ghosts.htm Japanese Ghosts], Tim Screech (en.)<br />Ein informativer und schön illustrierter Aufsatz des ''[http://www.mangajin.com/mangajin/index.htm Mangajin Magazine]''#40.<br />
* [http://www.loc.gov/exhibits/ukiyo-e/images.html The Floating World of Ukiyoe]<br/>Sehr schöne und informative Website, die auch das Thema Geister in den Ukiyo-e Bildern behandelt.<br />
* [http://www.asianart.com/articles/rubin/ Ghosts, Demons and Spirits in Japanese Lore], Norman A. Rubin (en.)<br/>Artikel über Geister, Dämonen und andere Wesen auf ''[http://www.asianart.com/ Asian Art]''.<br />
* [http://www.nichibun.ac.jp/YoukaiDB/index.html Kaii-yōkai denshō Database], Komatsu Kazuhiko (Nichibunken) (jap.)<br/>Datenbank der japanischen Geistersagen und Gespenstermotive. Kurze Erklärungen und ausführliche bibliografische Informationen zu etwa 20.000 Schlagworten. Hervorragendes Tool für wissenschaftliche Forschungen zu dem Thema.<br />
* [http://kikyo.nichibun.ac.jp/emakimono/ Emakimono database], International Research Center for Japanese Studies (Nichibunken) - Kyoto (jap.)<br/>Sehr attraktiv gestaltete Website, auf der mehrere Edo-zeitliche Bildrollen (''emaki'') zu Themen wie Jenseits oder Gespenster vollständig zu betrachten sind. Leider keine genauen bibliographischen Angaben.<br />
|update= Aug 2010|<br />
}}<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
<br />
{{Literatur:Addiss_1986}}<br />
{{Literatur:Faure_1998b}}<br />
{{Literatur:Maisondelaculturedujapon_2005}}<br />
<br />
}}<br />
{{ThisWay|Mythen: Tengu und Oni}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Geister&diff=17073Mythen/Geister2010-10-13T10:53:28Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Gespenster und Totengeister=<br />
{{Wrapper|<br />
__TOC__<br />
&nbsp;<br />
{{sidebox|sidepage=Kaidan|hokusai_oiwa.jpg|w=140|rahmen_h=200||caption=Horrorklassiker<br /> der Edo-Zeit}}<br />
}}<br />
<br />
An der Schnittstelle von volkstümlicher Religion und Erzählkunst begegnen wir in Japan einer gestaltenreichen Welt von Fabelwesen und Gespenstern, die mit den Menschen teils in böswilliger, teils in freundlicher Absicht interagieren, zumeist aber infolge ihrer Unberechenbarkeit als unheimlich gelten. Besonders in der {{glossar:edo}}-Zeit (1600–1867) erfuhren Geschichten aus dieser Geisterwelt ({{glossar:kaidan}}), etwa die „Geschichten unter dem Regenmond“ (''Ugetsu monogatari) ''von Ueda Akinari, aber auch zahlreiche Holzdrucke (''ukiyo-e'') von übernatürlichen Wesen einen regelrechten Boom. In dieser Zeit entwickelte sich eine Gespenstertypologie, die noch heute bekannt ist und in modernen Filmen oder Manga immer wieder aufgegriffen wird. Dabei lassen sich im Wesentlichen zwei Arten von übernatürlichen Wesen unterscheiden: 1) die Fabelwesen ({{glossar:youkai}}), die permanente Gemeinschaften am Rande der menschlichen Gesellschaft bilden. Zu ihnen zählen z.B. die [[Tengu]] und andere nur selten wahrnehmbare geisterhafte Wesen, aber auch Tiere mit magischer Begabung wie [[Mythen:Füchse |Füchse]], [[Mythen:Drachen| Schlangen]] und andere. 2) die Seelen der Verstorbenen ({{glossar:yuurei}}), die noch nicht vollständig ins Jenseits (bzw. in eine neue Wiedergeburtsform) hinübergewechselt sind. (Natürlich gibt es auch einige Grenzfälle zwischen den beiden Gruppen.) Während auf den folgenden Seiten von ''yōkai'' die Rede ist, befasst sich diese Seite mit dem Glauben an die Totengeister.<br />
<br />
==Totengeister (''yūrei'')==<br />
{{float|class="bildtext"|left|style=margin-left:0em<br />
|popup= {{Dia|yurei.jpg|w=140|rahmen_h=200|rahmen_w=100|left=-30}}<br />
}}Gemäß einer in Japan alteingesessenen Vorstellung kann jeder Tote, auch wenn er ein makelloses Leben geführt hat, zum Gespenst werden, wenn er nicht ordentlich bestattet wird, bzw. wenn ihm der [[Mythen:Jenseits| Weg ins Jenseits]] versperrt ist, weil sich niemand seines Leichnams annimmt. Dieser Weg ist in jedem Fall eine beschwerlichen Reise. Und immer, wenn etwas auf dieser Reise schief geht, kann es sein, dass der Geist des Verstorbenen seine Hinterbliebenen in Träumen oder in realen Erscheinungen heimsucht. In der Edo-Zeit etablierte sich die heute noch geläufige Gestalt dieser ''yūrei'', die bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit europäischen Gespenstern aufweist: Mit weißem Totengewand ({{glossar:shinshouzoku}}, zu dem auch eine dreieckige Stirnkappe — ''hitaikakushi'' — gehört) und langen aufgelösten Haaren schwebt sie nebelgleich über dem Boden. Ihre Arme sind meist zur Brust hochgezogen, doch die Hände hängen schlapp herunter. Obwohl eine derartige Figur a priori unheimlich ist, wird sie erst dann wirklich gefährlich, wenn es sich um einen Rachegeist ({{glossar:onryou}}) handelt. Meist haben diese Geister im Leben besonderes Unrecht erlitten oder sind unter großen Qualen gestorben.<br />
<br />
===''Der Kult um „erhabene Geister“ (goryō)''===<br />
{{Textbox|width=30em|text=<br />
===Vokabel===<br />
*{{glossar:bakemono}} oder {{glossar:obake}}: wtl. „verwandelte Wesen“; geläufigste Ausdrücke für Gespenster und andere übernatürliche Erscheinungen. <br />
*{{glossar:youkai}}: Fabelwesen, auch magisch begabte Tiere. <br />
*{{glossar:yuurei}}: wtl. „dunkle Geister“; Totengeister.<br />
*{{glossar:onryou}}: Rachegeister.<br />
*{{glossar:goryou}}: Hochgestellte Rachegeister.<br />
*{{glossar:goryoushinkou}}: Glaube an, bzw. Kult für ''goryō''.<br />
*{{glossar:sorei}}: Ahnengeist, Ahnenseele.<br />
*{{glossar:reikon}} oder {{glossar:tamashii}}: Seele, Totenseele. Neutraler Ausdruck.<br />
*{{glossar:oni}}: Dämon, Teufel. <br />
}}<br />
Die etablierten religiösen Institutionen haben den Glauben an rächende Totengeister nicht etwa als Aberglaube abgetan, sondern ihn im Gegenteil immer schon gefördert. Dem Religionshistoriker Bernard Faure zufolge hat sich der Buddhismus unter anderem deshalb in Ostasien etablieren können, weil er die vor-buddhistische Vorstellung der grollenden Totengeister absorbierte und besonders erfolgversprechende Rituale für die Reintegration dieser Seelen entwickelte (Faure, The red thread, ch. 1).<br />
<br />
Bereits im frühen Buddhismus finden wir Zeremonien, die beispielsweise nach kriegerischen Schlachten durchgeführt wurden, um die Geister der Gefallenen (vor allem die der Gegner!) von Racheakten abzuhalten. Auch im [[Geschichte:Kami_Kulte| höfischen Shinto]] gibt es seit dem Altertum eine Zeremonie zur Besänftigung der Geister ({{glossar:chinkonsai}}), die allerdings nicht explizit an Totengeister gerichtet ist. Wenn sich Unglücksfälle trotz solcher Zeremonien häuften, so suchte und fand man die Ursache in den Rachegeistern von besonders einflussreichen Personen, die in diesem Fall als „erhabene Geister“ ({{glossar:goryou}}) bezeichnet wurden. Um diese „erhabenen Geister“ zu besänftigen, half oft nur noch, sie in den Status einer Gottheit ({{glossar:kami}}) zu erheben und ihnen einen eigenen Schrein zu errichten.<br />
<br />
Das berühmteste Beispiel eines solchen Schreins stellt der {{glossar:kitanotenmanguu}} in Kyoto dar. Er wurde im Jahr 959 zu Ehren des Hofadeligen {{glossar:sugawaranomichizane}} (845–903) errichtet. Michizane, ein überragender Staatsmann und Gelehrter, war einer Hofintrige wegen in die Verbannung geschickt worden und verstarb, bevor das Fehlurteil rückgängig gemacht werden konnte. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu allerlei Naturkatastrophen und ungewöhnlichen Todesfällen bei Hof und in der Familie des Tenno, welche die Hofastrologen schließlich Michizanes Wirken zuschrieben. Auf mittelalterlichen Querbildrollen, die diese Geschehnisse anschaulich darstellen, erkennt man, dass Michizanes Rachegeist als gehörnter [[Ikonographie:Wächtergötter/Wind_und_Donner |Donnergott]], der Blitze in den kaiserlichen Palast schleudert, imaginiert wurde. Um diesen gefährlichen ''goryō'' zu besänftigen, wurde er zum ''kami'' erklärt und in einem Schrein „verortet“. Zusätzlich erhielt er alle Ehrungen inklusive der höchsten Hofränge, die ihm zu Lebzeiten versagt blieben.<br />
<br />
<div class="bildbox bildtext"><br />
{{Dia|kitanotenjin_engi_metny.jpg|w=500|rahmen_w=500|rahmen_h=250}}<br />
</div><br />
<br />
Heute ist Michizane vor allem unter dem Beinamen Tenjin bekannt. Er gilt als Gott der Gelehrsamkeit und der Dichtung und verfügt neben seinen zwei Hauptschreinen in Kyoto und Kyushu über ein ausgedehntes Netz von Tenjin-Zweigschreinen in ganz Japan. (Mehr dazu auf der Sidepage [[tenjin| Gottheit und Schreine des Tenjin-Glaubens]].)<br />
<br />
Abgesehen von Michizane wurden auch zahlreiche Tenno, denen übel mitgespielt worden war, als ''goryō'' angesehen. Für sie gibt es in Kyoto seit dem Altertum einen Goryō Schrein, in dem sie kollektiv verehrt werden. Es scheint allerdings, als wären ''goryō'' auf die Geister der Hofaristokratie beschränkt. Mitglieder des Schwertadels (Samurai), auch wenn sie einen noch so ungerechten oder qualvollen Tod erleiden mussten, sind meines Wissens kaum je Gegenstand eines ''goryō''-Kultes geworden.<br />
<br />
==Totengeister in Literatur und Kunst==<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{sidebox|hannya.jpg|w=140|top=-30|Hannya Maske}}<br />
{{sidebox|oyuki_okyo.jpg|w=140|top=-30|''Yūrei''}}<br />
}}<br />
Neben anderen unheimlichen Fabelwesen (''yōkai'') und Dämonen ({{glossar:oni}}) tauchen Totengeister schon in der buddhistischen Erzählliteratur der Heian Zeit auf (v.a. im {{glossar:konjakumonogatari}}). Im Mittelalter stießen Geistergeschichten vor allem im Nō-Theater auf großes Interesse. Zwei von fünf Hauptgenres des Nō sind ruhelosen Geistern gewidmet, nämlich die Krieger- und die Wahnsinnsstücke. Erstere behandeln meist tragische Helden aus den klassischen Kriegerepen wie {{glossar:heikemonogatari}} oder ''Taiheiki'', die auf der Nō-Bühne als Geister wiederkehren. Letztere widmen sich vor allem Frauen, die aufgrund eines schweren Schicksalsschlages oder aus enttäuschter Liebe auch nach dem Tod nicht zur Ruhe kommen. Nachdem die Geister die Schlüsselszenen ihres Lebens in Tanz und Gesang vorgetragen haben, enden die Stücke zumeist mit ihrer erfolgreichen Befriedung durch einen buddhistischen Mönch.<br />
<br />
Auch im Edo-zeitlichen Bunraku- und Kabuki Theater treten zahlreiche Totengeister auf, allerdings geht es hier wesentlich actionreicher zu als im Nō. Im Vordergrund stehen die schauerlichen Aspekte der Geschichten, welche mit Hilfe von ausgetüftelten Bühnentricks in Szene gesetzt wurden. ''Yūrei'' und ''yōkai'' wurden aber auch in illustrierten Büchern und Einzeldrucken bildlich dargestellt (s. dazu die Sidepage „[[Mythen:Geister/Kaidan|Horror Klassiker]]“) und sogar in eigenen Enzyklopädien erfasst. Besonders gegen Ende der Edo-Zeit, im neunzehnten Jahrhundert scheinen die grollenden Rachegeister ({{glossar:onryou}}) eine enorme Anziehungskraft auf das Publikum ausgeübt zu haben.<br />
<br />
==Heutige Praktiken==<br />
<br />
Beim japanischen [[Alltag:Jahr|Bon-Fest]], das jährlich im August abgehalten wird, ist der Glaube an die Rückkehr der Toten nach wie vor präsent. Allerdings handelt es sich hier um Ahnenseelen ({{glossar:sorei}}), die bereits fest im Jenseits verankert sind und zur Bon-Zeit wohlwollend im Diesseits nach dem Rechten sehen. Vor diesen Geistern braucht man sich also nicht zu fürchten. Dennoch ist zu beachten, dass auch das Bonfest ursprünglich ein Ritus war, durch den verstorbene Verwandte, die als [[Mythen:Höllen/Hungergeister|Hungergeister]] wiedergeboren wurden, aus diesem Zustand befreit werden sollten. Man sieht also, dass positiv und angstvoll besetzte Vorstellungen von Totengeistern recht eng bei einander liegen.<br />
{{sidebox|itako.jpg|w=140|top=-30|Itako|sidepage=Itako}}<br />
<br />
Der Glaube an real existierende und in diese Welt zurückkehrende Totenseelen spielt außerdem in Riten der Geisterbeschwörung eine Rolle. In manchen ländlichen Gebieten, insbesondere in Nord-Japan, gibt es nach wie vor religiöse Spezialisten, die bei Bedarf eine Kommunikation mit den Seelen der Toten herstellen. Es handelt sich um die sog. {{glossar:itako}}, meist blinde Frauen, die davon leben, dass sie in privaten, häuslichen Ritualen die Seelen der Verstorbenen einer Familie durch sich sprechen lassen. Solche Riten nennt man {{glossar:kuchiyose}} (etwa „durch den Mund heranbringen“). Mit Hilfe der ''itako'' kann man Fragen an die Toten stellen und Antworten bekommen. Es handelt sich dabei wohlgemerkt um alteingesessene Praktiken, nicht um modernen Spiritismus.<br />
{{Linkbox|text=<br />
* [http://www.mangajin.com/mangajin/samplemj/ghosts/ghosts.htm Japanese Ghosts], Tim Screech (en.)<br />Ein informativer und schön illustrierter Aufsatz des ''[http://www.mangajin.com/mangajin/index.htm Mangajin Magazine]''#40.<br />
* [http://www.loc.gov/exhibits/ukiyo-e/images.html The Floating World of Ukiyoe]<br/>Sehr schöne und informative Website, die auch das Thema Geister in den Ukiyo-e Bildern behandelt.<br />
* [http://www.asianart.com/articles/rubin/ Ghosts, Demons and Spirits in Japanese Lore], Norman A. Rubin (en.)<br/>Artikel über Geister, Dämonen und andere Wesen auf ''[http://www.asianart.com/ Asian Art]''.<br />
* [http://www.nichibun.ac.jp/YoukaiDB/index.html Kaii-yōkai denshō Database], Komatsu Kazuhiko (Nichibunken) (jap.)<br/>Datenbank der japanischen Geistersagen und Gespenstermotive. Kurze Erklärungen und ausführliche bibliografische Informationen zu etwa 20.000 Schlagworten. Hervorragendes Tool für wissenschaftliche Forschungen zu dem Thema.<br />
* [http://kikyo.nichibun.ac.jp/emakimono/ Emakimono database], International Research Center for Japanese Studies (Nichibunken) - Kyoto (jap.)<br/>Sehr attraktiv gestaltete Website, auf der mehrere Edo-zeitliche Bildrollen (''emaki'') zu Themen wie Jenseits oder Gespenster vollständig zu betrachten sind. Leider keine genauen bibliographischen Angaben.<br />
|update= Aug 2010|<br />
}}<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
<br />
{{Literatur:Addiss_1986}}<br />
{{Literatur:Faure_1998b}}<br />
{{Literatur:Maisondelaculturedujapon_2005}}<br />
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}}<br />
{{ThisWay|Mythen: Tengu und Oni}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Jenseits/Hungergeister&diff=17072Mythen/Jenseits/Hungergeister2010-10-13T10:50:49Z<p>OrochiJR: /* Verbindung mit dem Unreinen */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
='' Gaki zōshi, ''Bildrollen der Hungergeister=<br />
<br />
Der [[Grundbegriffe:Buddhismus_Lehre|Karma Theorie]] zufolge, ist das Dasein als Hungergeist die Folge über·mäßiger Gier in einer früheren Existenz. Unter den Sechs Bereichen der Wieder·geburt ({{glossar:rokudou}}) erfreuen sich die Hunger·geister ver·hält·nis·mäßig großer Auf·merk·sam·keit in Japan. Besonders gegen Ende der {{Glossar:Heian}}-Zeit (11.–12. Jh.) scheint das Interesse am Jenseits und an den Hungergeistern ({{Glossar:Gaki}}) — zu·mindest in der höfischen Gesell·schaft — groß ge·wesen zu sein. Davon zeugen illustrierte Bildrollen ({{Glossar:Gakizoushi}}), die von {{Glossar:Goshirakawatennou | Tenno Go-Shirakawa}} per·sön·lich in Auftrag gegeben worden sein sollen. Sie offen·baren nicht nur eine fast liebe·volle Detailtreue bei der Darstellung der Hungergeister, sondern gewähren auch einen un·ge·wöhn·lich lebendigen Einblick in das damalige Leben. Darüber hinaus sind die Geister mit physio·logischen Merk·malen — einem aufgeblähten Bauch — ausgestattet, die tatsächlich bei Hungernden auftreten. Die Darstellungen, und die Bedeutung der Hungergeister insgesamt, scheinen somit auch eine Reaktion auf die Ende der Heian Zeit besonders häufigen Hungersnöte gewesen zu sein.<br />
<br />
==Trank- und Speiseopfer==<br />
<div class="largebox bild bildtext"><br />
{{dia|gakizoshi_urabon1_a_knm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Kyoto Nat. Museum), Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/detail/100951/001/001?word=gaki&d_lang=en&s_lang=en&class=&title=&c_e=&region=&era=&cptype=&owner=&pos=1&num=1&mode=simple&century= e-kokuhō] [2010/9] <br />
</div><br />
Ausspeisung der Hungergeister durch buddhistische Mönche. Die Mönche folgen dabei dem Beispiel des Buddha-Schülers Ananda, der die Hungergeister auf diese Weise von ihrer leid·vollen Existenzform erlöste. Durch die Erlösung eines Hungergeists, kann man auch für sich selbst gutes [[Grundbegriffe:Buddhismus Lehre|Karma]] erwirken.<br />
<div class="largebox bild bildtext"><br />
{{dia|gakizoshi_urabon_a_knm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Kyoto Nat. Museum), Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/detail/100951/001/001?word=gaki&d_lang=en&s_lang=en&class=&title=&c_e=&region=&era=&cptype=&owner=&pos=1&num=1&mode=simple&century= e-kokuhō] [2010/9]<br />
</div><br />
Das {{glossar:Urabon}}-Fest in der späten Heian-Zeit: Einige Menschen beten am Friedhof (zu sehen ist links ein [[Alltag:Friedhof/Gorinto | Grab-Stupa]]) und opfern den ''gaki'' Wasser, das diese gierig auflecken. Während·dessen halten andere eine fröhliche Feier ab.<br />
<br />
Die obigen Abbildungen entstammen einer'' Gaki zōshi ''Bildrolle, die heute dem National·museum Kyoto gehört. Sie befand sich möglicher·weise ur·sprüng·lich im Besitz von Kaiser Go-Shirakawa (1127–92; r.1155–58). Andere Bilder dieser Bildrolle illustrieren bud·dhis·tische Legenden wie etwa die Geschichte {{Glossar:Mokuren | Mokurens}}, die sich auf die Hungergeister be·ziehen. Es handelt sich also um Material, das die Relevanz des Urabon-Festes in leicht fasslicher Form illustrieren sollte.<br />
<br />
==Verbindung mit dem Unreinen==<br />
<br />
Eine andere Bildrolle, die heute im Tokyo National Museum auf·be·wahrt wird, hebt mehr den un·heim·lichen, bzw. ungustiösen Aspekt der Hungergeister hervor. Zu·gleich spricht aus der Art der Dar·stel·lung auch so etwas wie Sympathie für die Geister. In der Tat könnte es sich ja ohne weiteres um ver·storbene Anverwandte der damaligen Zeit·genossen handeln, wenn diese sich im irdischen Leben durch besondere Gier ausgezeichnet hatten.<br />
<div class="largebox bild bildtext"><br />
{{dia|gakizoshi_notdurft_a_tnm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:[http://www.emuseum.jp/detail/100152/000/000?mode=simple&d_lang=en&s_lang=en&word=hungry&class=&title=&c_e=&region=&era=&century=&cptype=&owner=&pos=1&num=3 e-kokuhō] [2010/9] <br/><br />
Hungergeister warten geduldig, bis die Menschen ihre Notdurft ver·richtet haben, um sich selbst daran zu laben. <br />
{{dia|gakizoshi_geburt_a_tnm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:[http://www.emuseum.jp/detail/100152/000/000?mode=simple&d_lang=en&s_lang=en&word=hungry&class=&title=&c_e=&region=&era=&century=&cptype=&owner=&pos=1&num=3 e-kokuhō] [2010/9]<br/><br />
Ein Hungergeist beobachtet eine Geburt — zweifellos in der Hoffnung auf Nahrung. <br />
{{dia|gakizoshi_haka_a_tnm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:[http://www.emuseum.jp/detail/100152/000/000?mode=simple&d_lang=en&s_lang=en&word=hungry&class=&title=&c_e=&region=&era=&century=&cptype=&owner=&pos=1&num=3 e-kokuhō] [2010/9]<br/><br />
''Gaki'' streunen um die Gräber und teilen sich das Aas mit den Hunden.<br />
</div><br />
<br />
Das im ersten Bild erkennbare „Gemeinschaftsklo“, das die Menschen ohne große Hemmungen kollektiv nutzen, wirft einen interessanten Aspekt auf die Geschichte der Scham·haftig·keit in Japan. Die bildliche Dar·stel·lung einer Geburt ist, nicht nur in Japan, ähnlich selten und un·ge·wöhn·lich. Gebären an sich galt damals als etwas Unreines (und lockt daher den Hungergeist an). Schließ·lich offen·bart die Friedhofszene die damalige Praxis, Leichen einfach den Tieren zum Fraß zu über·lassen. In den Gräbern befanden sich wahr·schein·lich nur höher gestellte Per·sön·lich·keiten und buddhistische Mönche.<br />
<br />
Die Bildrolle, aus der diese Beispiele stammen, zählte einst zum Besitz von Kaiser Go-Shirakawa und wurde zu·sam·men mit ähnlichen illustrierten Werken im {{Glossar:Kannonbosatsu | Kannon}} Tempel Rengeō-in (besser bekannt als {{Glossar:Sanjuusangendou}}) auf·be·wahrt. Der Glaube an die Hungergeister war also keines·wegs ein obskurer Aber·glaube, sondern wurde in der späten Heian-Zeit von der Elite der Hofkultur hochgehalten.<br />
<br />
Die ''Gaki zōshi ''werden in Japan zu den offiziellen „Nationalen Kulturschätzen“ ge·zählt und sind daher auch aus·führlich auf der sehr empfehlens·werten Website [http://www.emuseum.jp/ e-kokuhō] dokumentiert.<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Verwandte Themen|text=<br />
* [[Höllen und Hungergeister]] (Hauptseite)<br />
* [[Alltag:Jahr | Bon-Fest]], heute eines der wichtigsten Jahresfeste in Japan<br />
* [[Höllenbilder]] <br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Jenseits/Hungergeister&diff=17071Mythen/Jenseits/Hungergeister2010-10-13T10:49:35Z<p>OrochiJR: /* Verbindung mit dem Unreinen */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
='' Gaki zōshi, ''Bildrollen der Hungergeister=<br />
<br />
Der [[Grundbegriffe:Buddhismus_Lehre|Karma Theorie]] zufolge, ist das Dasein als Hungergeist die Folge über·mäßiger Gier in einer früheren Existenz. Unter den Sechs Bereichen der Wieder·geburt ({{glossar:rokudou}}) erfreuen sich die Hunger·geister ver·hält·nis·mäßig großer Auf·merk·sam·keit in Japan. Besonders gegen Ende der {{Glossar:Heian}}-Zeit (11.–12. Jh.) scheint das Interesse am Jenseits und an den Hungergeistern ({{Glossar:Gaki}}) — zu·mindest in der höfischen Gesell·schaft — groß ge·wesen zu sein. Davon zeugen illustrierte Bildrollen ({{Glossar:Gakizoushi}}), die von {{Glossar:Goshirakawatennou | Tenno Go-Shirakawa}} per·sön·lich in Auftrag gegeben worden sein sollen. Sie offen·baren nicht nur eine fast liebe·volle Detailtreue bei der Darstellung der Hungergeister, sondern gewähren auch einen un·ge·wöhn·lich lebendigen Einblick in das damalige Leben. Darüber hinaus sind die Geister mit physio·logischen Merk·malen — einem aufgeblähten Bauch — ausgestattet, die tatsächlich bei Hungernden auftreten. Die Darstellungen, und die Bedeutung der Hungergeister insgesamt, scheinen somit auch eine Reaktion auf die Ende der Heian Zeit besonders häufigen Hungersnöte gewesen zu sein.<br />
<br />
==Trank- und Speiseopfer==<br />
<div class="largebox bild bildtext"><br />
{{dia|gakizoshi_urabon1_a_knm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Kyoto Nat. Museum), Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/detail/100951/001/001?word=gaki&d_lang=en&s_lang=en&class=&title=&c_e=&region=&era=&cptype=&owner=&pos=1&num=1&mode=simple&century= e-kokuhō] [2010/9] <br />
</div><br />
Ausspeisung der Hungergeister durch buddhistische Mönche. Die Mönche folgen dabei dem Beispiel des Buddha-Schülers Ananda, der die Hungergeister auf diese Weise von ihrer leid·vollen Existenzform erlöste. Durch die Erlösung eines Hungergeists, kann man auch für sich selbst gutes [[Grundbegriffe:Buddhismus Lehre|Karma]] erwirken.<br />
<div class="largebox bild bildtext"><br />
{{dia|gakizoshi_urabon_a_knm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Kyoto Nat. Museum), Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/detail/100951/001/001?word=gaki&d_lang=en&s_lang=en&class=&title=&c_e=&region=&era=&cptype=&owner=&pos=1&num=1&mode=simple&century= e-kokuhō] [2010/9]<br />
</div><br />
Das {{glossar:Urabon}}-Fest in der späten Heian-Zeit: Einige Menschen beten am Friedhof (zu sehen ist links ein [[Alltag:Friedhof/Gorinto | Grab-Stupa]]) und opfern den ''gaki'' Wasser, das diese gierig auflecken. Während·dessen halten andere eine fröhliche Feier ab.<br />
<br />
Die obigen Abbildungen entstammen einer'' Gaki zōshi ''Bildrolle, die heute dem National·museum Kyoto gehört. Sie befand sich möglicher·weise ur·sprüng·lich im Besitz von Kaiser Go-Shirakawa (1127–92; r.1155–58). Andere Bilder dieser Bildrolle illustrieren bud·dhis·tische Legenden wie etwa die Geschichte {{Glossar:Mokuren | Mokurens}}, die sich auf die Hungergeister be·ziehen. Es handelt sich also um Material, das die Relevanz des Urabon-Festes in leicht fasslicher Form illustrieren sollte.<br />
<br />
==Verbindung mit dem Unreinen==<br />
<br />
Eine andere Bildrolle, die heute im Tokyo National Museum auf·be·wahrt wird, hebt mehr den un·heim·lichen, bzw. ungustiösen Aspekt der Hungergeister hervor. Zu·gleich spricht aus der Art der Dar·stel·lung auch so etwas wie Sympathie für die Geister. In der Tat könnte es sich ja ohne weiteres um ver·storbene Anverwandte der damaligen Zeit·genossen handeln, wenn diese sich im irdischen Leben durch besondere Gier ausgezeichnet hatten.<br />
<div class="largebox bild bildtext"><br />
{{dia|gakizoshi_notdurft_a_tnm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:[http://www.emuseum.jp/detail/100152/000/000?mode=simple&d_lang=en&s_lang=en&word=hungry&class=&title=&c_e=&region=&era=&century=&cptype=&owner=&pos=1&num=3 e-kokuhō] [2010/9] <br/><br />
Hungergeister warten geduldig, bis die Menschen ihre Notdurft ver·richtet haben, um sich selbst daran zu laben. <br />
{{dia|gakizoshi_geburt_a_tnm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:[http://www.emuseum.jp/detail/100152/000/000?mode=simple&d_lang=en&s_lang=en&word=hungry&class=&title=&c_e=&region=&era=&century=&cptype=&owner=&pos=1&num=3 e-kokuhō] [2010/9]<br/><br />
Ein Hungergeist beobachtet eine Geburt — zweifellos in der Hoffnung auf Nahrung. <br />
{{dia|gakizoshi_haka_a_tnm.jpg|w=600|rahmen_h=300|rahmen_w=600}}<br />
''Gaki zōshi'' (Tokyo Nat. Museum), Bildquelle:[http://www.emuseum.jp/detail/100152/000/000?mode=simple&d_lang=en&s_lang=en&word=hungry&class=&title=&c_e=&region=&era=&century=&cptype=&owner=&pos=1&num=3 e-kokuhō] [2010/9]<br/><br />
''Gaki'' streunen um die Gräber und teilen sich das Aas mit den Hunden.<br />
</div><br />
<br />
Das im ersten Bild erkennbare „Gemeinschaftsklo“, das die Menschen ohne große Hemmungen kollektiv nutzen, wirft einen interessanten Aspekt auf die Geschichte der Scham·haftig·keit in Japan. Die bildliche Dar·stel·lungen einer Geburt ist, nicht nur in Japan, ähnlich selten und un·ge·wöhn·lich. Gebären an sich galt damals als etwas Unreines (und lockt daher den Hungergeist an). Schließ·lich offen·bart die Friedhofszene die damalige Praxis, Leichen einfach den Tieren zum Fraß zu über·lassen. In den Gräbern befanden sich wahr·schein·lich nur höher gestellte Per·sön·lich·keiten und buddhistische Mönche.<br />
<br />
Die Bildrolle, aus der diese Beispiele stammen, zählte einst zum Besitz von Kaiser Go-Shirakawa und wurde zu·sam·men mit ähnlichen illustrierten Werken im {{Glossar:Kannonbosatsu | Kannon}} Tempel Rengeō-in (besser bekannt als {{Glossar:Sanjuusangendou}}) auf·be·wahrt. Der Glaube an die Hungergeister war also keines·wegs ein obskurer Aber·glaube, sondern wurde in der späten Heian-Zeit von der Elite der Hofkultur hochgehalten.<br />
<br />
Die ''Gaki zōshi ''werden in Japan zu den offiziellen „Nationalen Kulturschätzen“ ge·zählt und sind daher auch aus·führlich auf der sehr empfehlens·werten Website [http://www.emuseum.jp/ e-kokuhō] dokumentiert.<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Verwandte Themen|text=<br />
* [[Höllen und Hungergeister]] (Hauptseite)<br />
* [[Alltag:Jahr | Bon-Fest]], heute eines der wichtigsten Jahresfeste in Japan<br />
* [[Höllenbilder]] <br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Jenseits/Hoellen&diff=17070Mythen/Jenseits/Hoellen2010-10-13T10:35:23Z<p>OrochiJR: /* Hölle des Maßnehmens */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Höllenbilder=<br />
<br />
===Hölle des Maßnehmens===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:jigokuzoshi_nara1.jpg|link=|datsueba]]<br />
<div> Die Hölle des Maßnehmens. Abb. aus den ''Jigoku zōshi'', 12. Jh <br /> Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/cgi/pkihon.cgi?SyoID=1&ID=w002&SubID=s000 e-kokuho] (2007/2)<br />
</div></div><br />
Die „Hölle des Maßnehmens“ ist Betrügern vorbehalten, die mit gefälschten Maßen arbeiten. Die oben dar·ge·stellte Szene beruht auf dem ''Qishi jing'' und wurde wahr·schein·lich im zwölften Jahr·hundert von {{glossar:Goshirakawatennou}} in Auftrag gegeben (s.u.).<br />
<br />
===Hölle des Eisernen Mörsers===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:jigokuzoshi_nara2.jpg|link=|jigoku zoshi]]<br />
<div> Die „Hölle des Eisernen Mörsers“; Abb. aus den ''Jigoku zōshi'', 12. Jh <br /> Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/cgi/pkihon.cgi?SyoID=1&ID=w002&SubID=s000 e-kokuho] (2007/2)<br />
</div></div><br />
Eine weitere Szene aus der zuvor gezeigten Höllen-Bildrolle. Die Folterknechte der Hölle zer·mahlen hier Diebe in einem Mörser. In dieser frühen Dar·stellung sind die Folter·knechte noch viel individueller und ge·stalten·reicher als auf späteren Höllenbildern. Auch eine alte Frau (vielleicht {{glossar:datsueba}}?) ist darunter.<br />
===Zermalmen, Kochen und Braten===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:kasugagongen_kenki1.jpg|link=|jigoku zoshi]]<br />
<div> Abb. aus dem ''Kasuga gongen kenki'' von Takashina Takakane, 1309.<br />
</div></div><br />
Das Zermalmen, Kochen und Braten gehört zu den Standard-Folter·methoden der japanischen Höllen·bilder. Auf diesem Bild aus der Kamakura-Zeit sind auch die Höllen-Dämonen bereits so ähnlich dar·ge·stellt wie die in Japan all·seits bekannten {{glossar:oni}}, die sich auch außerhalb der Hölle herumtreiben.<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:ojoyoshu1790.jpg|link=|ojoyoshu]]<br />
<div> Abb. aus einer illustrierten Ausgabe von Genshins ''Ōjōyōshū'', Edo-Zeit, 1790.<br />
</div></div><br />
Die Höllenmotive aus dem Mittelalter wurden auch in der {{glossar:Edo}}-Zeit getreulich reproduziert.<br />
<br />
===Blutteich===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:jigokusoshi_chinoike.jpg|link=|jigoku zoshi]]<br />
<div> Blutteich, Abb. aus den ''Jigoku zōshi'' des [http://www.tnm.jp/en/servlet/Con?processId=00&ref=2&Q1=&Q2=&Q3=&Q4=11______4171_&Q5=&F1=&F2=&pageId=E15&colid=A10942 Tokyo National Museum] [2010/9] <br /> Späte Heian-Zeit, 12. Jh<br />
</div></div><br />
Eine der frühesten Abbildungen des „Blutteichs“ ({{glossar:chinoike}}), eines Teils der Hölle, der speziell den Frauen vor·be·halten ist. In vielen vulkani·schen Gegenden Japans kann es vorkommen, dass röt·liches Wasser aus dem Felsen kommt. Wo das der Fall ist, findet man zu·meist auch einen „Blutteich“ (s. [[Ikonographie:Jizo/Osorezan|Osore-zan]]).<br />
==Textquellen==<br />
Die meisten japanischen Höllendarstellungen hängen direkt oder indirekt mit einem Werk namens {{glossar:oujouyoushuu}} („Über die Wieder·geburt im Reinen Land“) zu·sammen. Es wurde 985 von {{Glossar:Genshin}}, einem Mönch der {{Glossar:Tendaishuu}} verfasst und gilt als einer der einfluss·reichs·ten Texte über buddhis·tische Jenseits·vor·stel·lungen in Japan. Obwohl im Titel das Reine Land des {{Glossar:Amidanyorai | Amida}} an·ge·sprochen ist, beginnt der Text mit einer Beschrei·bung der [[Mythen:Jenseits | Sechs Bereiche der Wiedergeburt]] und widmet sich aus·führlich den acht Ab·teilungen der buddhis·tischen Hölle, um im Anschluss daran das Reine Land zu schildern. Die an·schließen·den Kapitel behandeln die Techniken, um im Reinen Land wieder·geboren zu werden, im be·sonderen die Anrufung von Amidas Namen ({{Glossar:Nenbutsu}}). Den stärksten Ein·druck — zumindest in der Ikono·graphie — hinter·ließen aber nicht die im ''Ōjōyōshū'' in Aussicht gestell·ten Be·lohnun·gen, sondern die Bestra·fungen in der Hölle.<br />
<br />
Die Höllenbeschreibungen des ''Ōjōyōshū'' beruhen ihrerseits auf diversen chinesi·schen Werken, u.a. dem {{glossar:Qishijing}} (jap. ''Kise-kyō''), ein Sutra, das bereits um 600 in China be·kannt war. Manche der obigen Ab·bildungen aus dem zwölften Jahrhundert sind Illustra·tionen zu diesem Werk. Man nimmt an, dass sie von {{Glossar:Goshirakawatennou}} (1127–1192, r. 1155–58) in Auftrag gegeben wurden. Von diesem einfluss·reichen Herrscher aus der Zeit der Kämpfe zwischen Minamoto und Taira ({{glossar:genpeigassen|Genpei Krieg}}) weiß man, dass er eine ganze Reihen von Jenseits-Bildrollen (''rokudō-e'') herstellen ließ, zu denen auch die [[Mythen:Höllen/Hungergeister | Bilder der Hunger·geister]] ({{glossar:Gakizoushi}}) zählen.<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Jenseits/Hoellen&diff=17069Mythen/Jenseits/Hoellen2010-10-13T10:34:42Z<p>OrochiJR: /* Hölle des Maßnehmens */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Höllenbilder=<br />
<br />
===Hölle des Maßnehmens===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:jigokuzoshi_nara1.jpg|link=|datsueba]]<br />
<div> Die Hölle des Maßnehmens. Abb. aus den ''Jigoku zōshi'', 12. Jh <br /> Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/cgi/pkihon.cgi?SyoID=1&ID=w002&SubID=s000 e-kokuho] (2007/2)<br />
</div></div><br />
Die „Hölle des Maßnehmens“ ist Betrügern vorbehalten, die mit gefälschten Maßen arbeiten. Die oben dar·ge·stellte Szene beruht auf dem ''Qishi jing'' und wurde wahr·schein·lich im zwölften Jahr·hundert von {{glossar:Goshirakawatennou|Goshirakawa Tennō}} in Auftrag gegeben (s.u.).<br />
<br />
===Hölle des Eisernen Mörsers===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:jigokuzoshi_nara2.jpg|link=|jigoku zoshi]]<br />
<div> Die „Hölle des Eisernen Mörsers“; Abb. aus den ''Jigoku zōshi'', 12. Jh <br /> Bildquelle: [http://www.emuseum.jp/cgi/pkihon.cgi?SyoID=1&ID=w002&SubID=s000 e-kokuho] (2007/2)<br />
</div></div><br />
Eine weitere Szene aus der zuvor gezeigten Höllen-Bildrolle. Die Folterknechte der Hölle zer·mahlen hier Diebe in einem Mörser. In dieser frühen Dar·stellung sind die Folter·knechte noch viel individueller und ge·stalten·reicher als auf späteren Höllenbildern. Auch eine alte Frau (vielleicht {{glossar:datsueba}}?) ist darunter.<br />
===Zermalmen, Kochen und Braten===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:kasugagongen_kenki1.jpg|link=|jigoku zoshi]]<br />
<div> Abb. aus dem ''Kasuga gongen kenki'' von Takashina Takakane, 1309.<br />
</div></div><br />
Das Zermalmen, Kochen und Braten gehört zu den Standard-Folter·methoden der japanischen Höllen·bilder. Auf diesem Bild aus der Kamakura-Zeit sind auch die Höllen-Dämonen bereits so ähnlich dar·ge·stellt wie die in Japan all·seits bekannten {{glossar:oni}}, die sich auch außerhalb der Hölle herumtreiben.<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:ojoyoshu1790.jpg|link=|ojoyoshu]]<br />
<div> Abb. aus einer illustrierten Ausgabe von Genshins ''Ōjōyōshū'', Edo-Zeit, 1790.<br />
</div></div><br />
Die Höllenmotive aus dem Mittelalter wurden auch in der {{glossar:Edo}}-Zeit getreulich reproduziert.<br />
<br />
===Blutteich===<br />
<div class="bildbox largebox bildtext"><br />
[[Image:jigokusoshi_chinoike.jpg|link=|jigoku zoshi]]<br />
<div> Blutteich, Abb. aus den ''Jigoku zōshi'' des [http://www.tnm.jp/en/servlet/Con?processId=00&ref=2&Q1=&Q2=&Q3=&Q4=11______4171_&Q5=&F1=&F2=&pageId=E15&colid=A10942 Tokyo National Museum] [2010/9] <br /> Späte Heian-Zeit, 12. Jh<br />
</div></div><br />
Eine der frühesten Abbildungen des „Blutteichs“ ({{glossar:chinoike}}), eines Teils der Hölle, der speziell den Frauen vor·be·halten ist. In vielen vulkani·schen Gegenden Japans kann es vorkommen, dass röt·liches Wasser aus dem Felsen kommt. Wo das der Fall ist, findet man zu·meist auch einen „Blutteich“ (s. [[Ikonographie:Jizo/Osorezan|Osore-zan]]).<br />
==Textquellen==<br />
Die meisten japanischen Höllendarstellungen hängen direkt oder indirekt mit einem Werk namens {{glossar:oujouyoushuu}} („Über die Wieder·geburt im Reinen Land“) zu·sammen. Es wurde 985 von {{Glossar:Genshin}}, einem Mönch der {{Glossar:Tendaishuu}} verfasst und gilt als einer der einfluss·reichs·ten Texte über buddhis·tische Jenseits·vor·stel·lungen in Japan. Obwohl im Titel das Reine Land des {{Glossar:Amidanyorai | Amida}} an·ge·sprochen ist, beginnt der Text mit einer Beschrei·bung der [[Mythen:Jenseits | Sechs Bereiche der Wiedergeburt]] und widmet sich aus·führlich den acht Ab·teilungen der buddhis·tischen Hölle, um im Anschluss daran das Reine Land zu schildern. Die an·schließen·den Kapitel behandeln die Techniken, um im Reinen Land wieder·geboren zu werden, im be·sonderen die Anrufung von Amidas Namen ({{Glossar:Nenbutsu}}). Den stärksten Ein·druck — zumindest in der Ikono·graphie — hinter·ließen aber nicht die im ''Ōjōyōshū'' in Aussicht gestell·ten Be·lohnun·gen, sondern die Bestra·fungen in der Hölle.<br />
<br />
Die Höllenbeschreibungen des ''Ōjōyōshū'' beruhen ihrerseits auf diversen chinesi·schen Werken, u.a. dem {{glossar:Qishijing}} (jap. ''Kise-kyō''), ein Sutra, das bereits um 600 in China be·kannt war. Manche der obigen Ab·bildungen aus dem zwölften Jahrhundert sind Illustra·tionen zu diesem Werk. Man nimmt an, dass sie von {{Glossar:Goshirakawatennou}} (1127–1192, r. 1155–58) in Auftrag gegeben wurden. Von diesem einfluss·reichen Herrscher aus der Zeit der Kämpfe zwischen Minamoto und Taira ({{glossar:genpeigassen|Genpei Krieg}}) weiß man, dass er eine ganze Reihen von Jenseits-Bildrollen (''rokudō-e'') herstellen ließ, zu denen auch die [[Mythen:Höllen/Hungergeister | Bilder der Hunger·geister]] ({{glossar:Gakizoushi}}) zählen.<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Bild:Ashura2.jpg&diff=17065Bild:Ashura2.jpg2010-10-13T10:05:03Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>Ashura aus der Nara Zeit (734) im Eigentum des [[Bauten:Bekannte_Tempel|Kōfuku-ji]], Nara.</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Essays/Okuninushi&diff=17052Essays/Okuninushi2010-10-12T15:23:57Z<p>OrochiJR: /* Zwischenbemerkung */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}{{#css:<br />
small {display:block; font-weight:normal}<br />
h1 span.bottom {font-size:.82em; font-weight:bold}<br />
h1 span.bottom span.bottom {font-weight:normal; font-size:.78em;}<br />
}}<br />
= <span class="bottom"> Die gewundenen Pfade des Großen Landesherren<span class="bottom"> Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der „himmlischen Götter“</span></span>=<br />
<br />
<div class="bildbox bildtext">{{dia|miwayama.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=180}}<div>Berg Miwa </div></div><br />
{{Glossar:Ookuninushi}}, wtl. der „Große Landesherr“, ist eine der rätsel·haftesten und facetten·reichsten Gestalten des japanischen {{Glossar:Kami}}-Pantheons. Er taucht in den Mythen zu·nächst als Hauptgott der irdischen „Götter“ auf und stellt damit das Gegen·stück zu {{Glossar:Amaterasu}}, der Hauptgottheit der himmlischen „Götter“ dar. Obwohl er sich gemäß offizieller Lesart dem Herrschafts·anspruch der himmlischen Götter kampf·los unter·wirft, bleibt er als eine Art Gegen·modell zum kaiserlichen Ahnen·kult der Sonnengottheit die gesamte japanische Religions·geschichte hindurch in Erinnerung. Dabei kommt es allerdings zu er·staun·lichen Änderungen in Funktion und Er·schei·nungs·bild dieses Gottes. Diese Ver·änderungen werden im folgenden anhand der wichtigsten Schreine, in denen er heute verehrt wird, überblicksartig dargestellt.<br />
<br />
{{H2+3|Steckbrief}}<br />
===Namen===<br />
Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Möglicherweise hieß er ur·sprüng·lich Ōnamochi oder Ōnamuji, was als „Träger großer/vieler Namen“ über·setzt werden kann. Ōkuninushi, „Großer Landes·herr“ oder „Herr des Großen Landes“, ist sein be·kanntester Namen, bzw. Titel, doch wird er außer·dem noch als „Geist des Großen Landes“ (Ōkunitama), bzw. „Geist des Sicht·baren Landes“ (Utsushikunitama), oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmononushi) be·zeichnet.<ref>''Mono'', „Ding“, in Ōmononushi könnte auch auch die Be·deutungen „Person“, „Wesen“, „Geist“ be·sitzen (→ ''mono no ke'', ''bake-mono'' „Gespenst“).</ref> Der Ein·fach·heit halber be·schränken wir uns hier weit·gehend auf Ōkuninushi.<br />
<br />
===Herkunft===<br />
<br />
Ōkuninushi ist laut den Hauptvarianten von {{glossar:Kojiki}} und {{glossar:Nihonshoki}} ein Sohn des {{glossar:Susanoo}}.<ref>Es gibt auch Neben·varianten des ''Nihon shoki'', nach denen Ōkuninushi ein Nach·fahre des Susanoo in der fünften oder sechsten Generation ist.</ref> Seine Mutter ist {{glossar:Kushinadahime}}, jene junge Frau, die Susanoo vor der acht·köpfigen Schlange rettete, nachdem er aus dem Himmel ver·bannt worden war. Ort dieser Handlung und somit Ge·burts·ort des Ōkuninushi ist die Gegend von {{glossar:Izumo}} (heute Präfektur Shimane). Folgt man aller·dings anderen Quellen, so lässt sich Ōkuninushi auch aus anderen Regionen, ja sogar vom koreanischen Festland herleiten.<br />
<br />
===Wesen/Identität===<br />
<br />
Es ist nicht restlos geklärt, ob alle Gottheiten, die in den Mythen unter einem der Namen des Ōkuninushi an·ge·führt werden, tat·säch·lich immer auf dieselbe Gott·heit zurück·gehen. Manches spricht bei·spiels·weise dafür, dass die Gott·heiten von Izumo und von Miwa ur·sprüng·lich nicht wesens·gleich waren. Die Mehr·heit späterer Inter·preten (nicht nur heutige Wissen·schaftler, sondern auch Priester und Ge·lehrte aus früheren Jahrhunderten) tendiert jedoch dazu, die ver·schiedenen Ōkuninushis, Ōmononushis und Ōkunitamas letzt·lich auf eine Gott·heit zu reduzieren. Was diese Gestalten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mächtige „irdische“ Gottheit ({{glossar:kunitsukami}}). Ōkuninushi und seine Aliase stehen also im wesentlichen für Lokal·gott·heiten, die nicht der mythologischen Genealogie des {{Glossar:Tennou}}-Hauses entstammen.<br />
<br />
==Aufstieg zum „Herren des Landes“ <small>(Izumo Sagenkreis)</small>==<br />
{{sidebox|inaba_shirousagi_jishujinja.jpg|w=170|left=-15|rahmen_h=200|Ōkuninushi und der Hase von Inaba}}<br />
<br />
Der Name „Großer Landesherr“ ist laut ''Kojiki'' eine Auszeichnung, die sich Ōkuninushi erst nach einer Vielzahl von Qualen und Prüfungen durch Geschick, Glück und Grau·sam·keit erwirbt. Wir begegnen dem noch jugend·lichen Gott, als er sich mit seinen 80 älteren Halb·brüdern (es sind offenbar keine Söhne des Susanoo, ihre genaue Herkunft bleibt ein Rätsel) auf dem Weg von Izumo in die Nach·bar·provinz {{glossar:Inaba}} befindet. Seine Brüder wollen die Prinzessin von Inaba freien und nehmen Ōkuninushi als Diener und Lauf·burschen mit. Unterwegs heilt Ōkuninushi einen Hasen, welcher von See·un·geheuern (jap. ''wani'' = Krokodil? Drachen?) seines Pelzes beraubt worden ist. Der dank·bare Hase prophezeiht (bzw. bewirkt), dass die Prinzessin Ōkuninushi zum Gatten erwählen wird.<ref> Diese Geschichte hat sich als Märchen ver·selb·ständigt und ist heute in Japan die be·kannteste Erzählung von Ōkuninushi.</ref> Als die Prinzessin tat·sächlich Ōkuninushi den Vorzug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zwei·mal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der An·schlag, doch beide Male wird Ōkuninushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.<br />
<br />
Um seinen eifersüchtigen Brüdern zu entkommen, begibt er sich in die Unter·welt ({{glossar:Nenokuni}}, wtl. „Wurzelland“), wo sein Vater Susanoo mittler·weile die Herrschaft über·nommen hat. Doch damit haben seine Schwierig·keiten immer noch kein Ende. Wieder führt Ōkuninushis Sex·appeal zu einem Zwist mit einem männlichen Ver·wandten: diesmal geht es um {{glossar:Suserihime}}, ihrerseits eine Tochter des Susanoo und damit Halb·schwester von Ōkuninushi. Die beiden Halb·geschwister verlieben sich, doch bevor sie ungestört zu·sammen sein können, unterwirft der eifer·süchtige Susanoo seinen Sohn einer Reihe von brutalen (Initiations?-)Aufgaben, in denen sich dieser gegen Schlangen, Bienen und schließlich gegen einen Busch·brand be·haupten muss. All diese Aufgaben meistert Ōkuninushi dank Suserihime und einer Maus. Schluss·endlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt die Waffen seines Vaters und flieht mit Suserihime aus der Unterwelt.<br />
<br />
===Schöpfungsakte===<br />
<br />
Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halb·brüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den ver·schiedensten Prinzessinnen jede Menge von Kindern (180 laut ''Kojiki'', 181 laut ''Nihon shoki''). Schließ·lich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen winzigen Gott namens {{glossar:Sukonabikona}}<ref>''suko'' = "klein", ''biko/hiko'' = "Prinz", ''na'' = "Namen"?</ref>, laut einer Version ein verloren ge·glaubter Sohn des himmlischen Ahnen·gottes {{glossar:Takamimusubi}}, laut einer anderen eine Art ''alter ego'' von Ōkuninushi selbst. Mit Sukonabikona führt Ōkuninushi das von {{glossar:Izanami}} und {{glossar:Izanagi}} begonnene Werk der Welten·schöpfung zu Ende. Inwiefern die Welt nach Ōkuninushi anders aus·sieht als zuvor, wird in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' aller·dings nicht näher spezifiziert. Laut dem {{glossar:Izumofudoki}}, einer frag·mentarischen Lokal·chronik aus dem Jahr 733, ver·größert er jedoch die Provinz Izumo, indem er einen Teil des koreanischen König·reichs Silla mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht. <ref>Diese Tat wird genau genommen einem Gott namens Omizunu zu·ge·schrieben, er lässt sich je·doch durch·aus als Alias von Ōkuninushi interpretieren.</ref><br />
<br />
===Heilkraft===<br />
<br />
Ein hervorstechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukonabikona ist ihre Fähigkeit Krank·heiten zu heilen. Sie werden u.a. für die Ent·deckung der ältesten Heilquellen Japans ver·ant·wortlich gemacht. In der Heian Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit {{Glossar:Yakushinyorai}}, dem Buddha der Medizin, identifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heilkunst über·schattet (Antoni 1982, S. 30-31). <ref>Auch von den Gelehrten der {{glossar:Kokugaku}}, die sich im 18. und 19. Jh. der Exegese japanischer Mythen widmeten, wird die Heilkraft des Götter·paares aus Izumo besonders her·vor·gehoben.</ref> Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außer·dem als Ver·ur·sacher einer schreck·lichen Epidemie prominent in Erscheinung.<br />
<br />
==Zwischenbemerkung==<br />
<br />
Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahl·reichen Gefahren und Demütigungen aus·ge·setzt, über·windet diese mit viel List und dank der Sympathie weib·licher Unter·stützer und triumphiert schluss·endlich über seine Peiniger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Wider·sacher durch·setzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als [[Mythen:Götter des Himmels/Trickster | Trickster-Figur]] angesehen werden. <br />
<br />
Auch andere mythologische Deutungen sind möglich. Klaus Antoni (1982) deutet etwa die Geschichte des wieder·belebten „Weißen (= nackten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom ab·nehmenden und zu·nehmenden Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stellen·wert, den Ōkuninushi in den ver·schiedenen Schreinen, in denen er ver·ehrt wurde, zugesprochen bekam. <br />
<br />
In Ōkuninushis komplizierten Familienverhältnissen deutet sich an, dass eine ur·sprüng·lich eigen·ständige Erzählung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie ver·bunden wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehörten ur·sprüng·lich wahrscheinlich ganz unter·schied·lichen Erzählungen an. Auch der Akt der Welten·schöpfung in Kooperation mit Sukonabikona passt weder mit den Welt·ent·stehungs·mythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vor·geschichte des Ōkuninushi wirklich zusammen. Im übrigen ver·zichtet das ''Nihon shoki'' weit·gehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im ''Kojiki''. Das ''Nihon shoki'' wiederum konzentriert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herr·schaft, in Japan als {{glossar:kuniyuzuri}} („Übergabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Perspektive vertritt Ōkuninushi all jene bar·barischen „Götter der Erde“, die durch die Her·ab·kunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.<br />
<br />
==Unterwerfung des Ōkuninushi <small>(Yamato Mythos)</small>==<br />
{{Float|bild=izumo_yamato.jpg|width=300|class=bild|style=margin-right:-8em}} <br />
Offenbar herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöpferischen Qualitäten anarchistische Zu·stände, die sich unter anderem da·durch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und un·unter·brochen durch·ein·ander·quasseln. Die „Befriedung“ dieser unbot·mäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter ({{glossar:amatsukami}}) Ōkuninushis Herrschaft auf Erden über·nehmen.<ref> Noch in den Gebetstexten (''norito'') der {{Glossar:Engishiki}} (10. Jh.) wird dieser Um·stand mehr·fach betont: „They silenced to the last leaf/The rocks and stumps of the trees/ Which had been able to speak...“ (Philippi 1990, S. 41, 45, 69.) </ref><br />
<br />
Ōkuninushis Abdankung ist ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' zufolge das Ergebnis diplomatischer Ver·hand·lungen: Zwei Ab·ge·sandte des Himmels <ref> Es handelt sich um die „Schwertgottheiten“ {{Glossar:Takemikazuchi}} und {{Glossar:Futsunushi}}, die in jener mythologischen Episode ent·stehen, als Göttervater Izanagi das Feuerkind, an welchem die Götter·mutter stirbt, in Stücke schlägt. Takemikazuchi und Futsunushi sind dem·nach das Produkt von Izanagis Schwert und dem „Blut“ des Feuers. Sie wurden später als Haupt·gott·heiten der mächtigen Adelsfamilie {{Glossar:Fujiwara}} in deren Ahnen·schrein {{glossar:Kasugataisha}} installiert.</ref> erscheinen an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwerter aufrecht auf die Wellen·kämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demonstration ihrer über·legenen Fähigkeiten überzeugen sie Ōkuninushi und seinen Sohn und Thronfolger {{glossar:Kotoshironushi}}, dass es wohl das klügste wäre, das Feld kampf·los zu räumen. Zuvor handelt Ōkuninushi aber noch die Er·richtung eines Palastes für sich aus, dessen Giebelhölzer (nach der Version des ''Kojiki'') bis zum Himmel emporreichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der {{Glossar:Izumotaisha|Großschrein von Izumo}} be·findet, will er sich zurück·ziehen, um von nun an die „ver·borgenen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, sondern achtzig ge·wundenen Pfade“ (''momo tarazu yaso kumade'') begeben wird, möglicher·weise eine Metapher für die Unter·welt. Damit verlässt Ōkuninushi zu·nächst einmal die Bühne der Geschichte. Ein paar auf·müpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vor·lauten Steine und Bäume, werden noch schnell un·schäd·lich gemacht, dann steht dem triumphalen Ein·zug von Amaterasus Enkel {{Glossar:Ninigi}} nichts mehr im Wege.<br />
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<div class="bildbox bildtext">{{dia|inasa.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=180|top=-25}}<br />
<div>Der Strand von Inasa </div></div><br />
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==Yamato und Izumo==<br />
Der mythologische Gegensatz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gottheiten kann als Metapher für unterschiedliche Herrschaftsgebiete aufgefasst werden. {{Glossar:Yamato}}, das Kernland der Tenno-Dynastie, wird dem·nach von den himmlischen Göttern (''ama-tsu-kami'') be·herrscht, die anderen Territorien, allen voran Izumo, von den irdischen Göttern (''kuni-tsu-kami''). Die Schilderung von Ōkuninushis Ab·dankung re·präsentiert somit den Prozess, im Zuge dessen sich die ver·schie·denen Lokalreiche der Oberhoheit Yamatos unter·warfen. Obwohl diese Ereignisse teil·weise hinter rätsel·haften Bildern und Aus·drücken ver·schleiert werden, fällt auf, dass Gewalt·aspekte dabei soweit als möglich her·unter ge·spielt werden. Ōkuninushi „zieht sich zurück“, ein himmlischer Gott <ref> {{Glossar:Amenohohi}}. Dieser Gott ent·stammt ur·sprüng·lich einem eigen·tüm·lichen Wett·streit zwischen Amaterasu und Susanoo, bei dem Amaterasu Susanoos Schwert und Susanoo Amaterasus Edelsteine zer·kaute. Ame-no-Hohi ent·stand aus den zer·kauten Edelsteinen.</ref> tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeutet, dass er als eine Art Regent die Herrschaft über Izumo über·nimmt. Neuere archäologische Forschungen setzen diese Ent·wicklung relativ spät, nämlich erst im siebenten und achten Jahr·hundert an (Piggott 1989). Tatsächlich dürfte die Entwicklung weit·gehend friedlich ver·laufen sein. Offen·bar brachte erst die Union mit Yamato interne Rivalitäten in Izumo zum Er·liegen und sicherte so den Yamato-treuen Lokal·herrn eine größere Autorität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hegemonie Yamatos anerkannten.<br />
<br />
Die neuen Lokalherren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) ein·ge·setzt wurden, sind im übrigen die Ahnen der späteren Priester von Izumo, die ihr Amt bis heute erblich weiter·geben. Sie schmücken sich mit der Amts·bezeichnung ''kokuzō'', ein Titel, der ur·sprüng·lich {{glossar:kuninomiyatsuko}} aus·ge·sprochen wurde und soviel wie „Gouverneur“ bedeutete. Dass dieses Priester·geschlecht sich tat·säch·lich aus einer frühen weltlichen Dynastie, nämlich dem Klan der Ou, ent·wickelte, gilt heute als historisch gesichert. Erst langsam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Landes·herren ein aus·schließ·lich auf religiöse Aufgaben beschränktes Priester·geschlecht. Diese Dynastie, die im Mittelalter den Namen {{glossar:Senge}} angenommen hat, ist somit historisch wie mythologisch mindestens ebenso alt wie die Tenno Dynastie (der gegen·wärtige Oberpriester ist das 84. Oberhaupt der Familie seit ihrer mythologischen Gründung). Obwohl ur·sprüng·lich von Yamato ein·ge·setzt, gilt ihr religiöser Dienst den „irdischen Göttern“ und Ōkuninushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erinnerung an ein ''kami''-Pantheon lebendig, das nicht von den Vorfahren des Tenno regiert wurde. Nach „offizieller“ Lesart ist der Komplex Izumo-Ōkuninushi-Senge dem Komplex Ise-Amaterasu-Tennō hier·archisch unter·geordnet. Dass diese offizielle Lesart aber selbst erst das Produkt einer wechsel·haften Geschichte ist, die bis in historische Zeiten (also die Zeit der Ab·fassung der frühesten Schrift·quellen) hin·ein·reicht, zeigt die folgende Geschichte des Miwa Schreins.<br />
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==Ōkuninushis Zweitwohnsitz in Miwa <small>(Miwa Sagenkreis)</small>==<br />
<br />
Als mächtige Gottheit außerhalb des ursprünglichen Herrschafts·gebietes von Yamato blieb Ōkuninushi wohl auch nach der Annexion Izumos ein Faktor der Unsicher·heit für den frühen japanischen Staat. Dies würde jeden·falls erklären, warum man sich offen·bar schon früh be·mühte, Ōkuninushi eine Ver·ehrungs·stätte in Yamato zu er·richten, nämlich den Schrein von {{glossar:oomiwajinja|(Ō)Miwa}}. Es ist dies das erste explizit für religiöse Zwecke vor·be·haltene Gebäude, das in den mytho-historischen Chroniken ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen lebenden Herrscher oder um ein Gebäude für eine un·sicht·bare Gottheit handelt). Insofern lässt sich argumentieren, der Schrein von Miwa, der noch heute existiert und sich südlich der alten Haupt·stadt {{Glossar:Nara}} befindet, stelle den ältesten Schrein Japans dar. <ref> In einer der oben der erwähnten Sukonabikona Episoden des ''Nihon shoki'' wird Miwa als „Wohnort“ des Sukonabikona bereits vor dem Izumo Schrein genannt.</ref><br />
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<div class="bildbox bildtext">[[Image:omiwa.jpg|link=]]<div>Zeremonienhalle (''haiden'') des Ōmiwa Schreins<br /> Bild: [http://holoholo.air-nifty.com/nara/cat880927/index.html Horohoro] 2004 [2010/9] </div></div><br />
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===Sujins religiöse Reformen===<br />
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Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungs·zeit {{Glossar:Sujintennou | Sujins}}, des 10. Tenno (mythol. Regierungszeit 97-30 v.u.Z.), die von heutigen Historikern in der Zeit um 300 u.Z. an·ge·siedelt wird (Kidder 2007). Sujins Herrschaft ist an·fäng·lich von einer schreck·lichen Epidemie geprägt, welche die Hälfte der Be·völkerung hin·weg·rafft. Sujin vermutet die Ursache dieser Epidemie in der Kränkung einer Gottheit und unternimmt alle erdenklichen Versuche um her·aus·zu·be·kommen, um welche Gottheit es sich handelt. Schließ·lich offenbart sich ihm {{glossar:oomononushi}} (also Ōkuninushi unter einem seiner Zweitnamen, s.o.) im Traum und ver·spricht, dass die Epidemie ein Ende haben werde, wenn der Tenno seinen Nachkommen, einen ge·wissen {{Glossar:Ootataneko}} an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmononushi zu über·nehmen. Besagter Ōtataneko wird in einer Nachbar·provinz tat·säch·lich gefunden. Als er in der Residenz des Tenno den Dienst für die Gott·heit aufnimmt, endet die Epidemie wie vorhergesagt.<br />
<br />
Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres uraltes Priestergeschlecht). Es war also zu Sujins Zeiten not·wendig, für die neu·artige Gottheit einen männ·lichen Priester aus einer Nachbar·provinz einzu·bürgern. Ōmononushi alias Ōkuninushi wurde aber auch von einer Yamato-Priesterin betreut, einer Tante des Tenno, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroniken wird diese Priesterin mit Ōkuninushi „ver·heiratet“. (Man erinnere sich an die sagen·hafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe verläuft anfangs glück·lich, doch leidet die Priesterin darunter, dass sie ihren Gatten unter Tags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen ver·spricht Ōkuninushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offen·baren, wenn sie ver·spricht, nicht zu er·schrecken. Sie willigt ein, worauf er sie an·weist, am nächsten Morgen ihr Kamm·kästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kammkästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem un·will·kür·lichen Schrei des Entsetzens nötigt. Ōkuninushi nimmt da·rauf·hin menschliche Gestalt an und ver·kündet, dass er sich infolge dieser Beschämung auf den Berg Mimoro zurück·ziehen wird.<ref> Dieses bekannte Motiv findet sich im japanischen Mythos mehr·fach (s. z.B. Izanagi und Izanami oder Hiko-Hohodemi und die Drachen·prinzessin Toyotama-hime), wobei stets „Scham“ für die Ent·fremdung der Liebenden ver·ant·wort·lich gemacht wird.</ref> Die Prinzessin aber begeht Selbst·mord, indem sie sich ihre Vagina mit Essstäbchen durch·bohrt. <ref> Eine nüchterne Inter·pre·tation könnte hier eine misslungene Ab·trei·bung erkennen, doch findet man dieses Motiv auch im „Zeitalter der Götter“: Als Susanoo das gehäutete Pferd in die Webe·halle der Amaterasu wirft, erschrickt laut einer Version eine Weberin, sticht sich die Spindel in die Scham und stirbt daran.</ref> Sie erhält da·rauf·hin ein mächtiges Hügelgrab namens {{glossar:Hashihaka}} (das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg {{glossar:Mimuro}} (= Berg Miwa) exitiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besagter Schrein von Miwa er·richtet. Erst eine Generation später, unter {{glossar:Suinintennou}}, wird die kaiserliche Prinzessin {{glossar:Yamatohime}} damit beauftragt, einen permanenten Wohn·sitz (Schrein) für Amaterasu aus·findig zu machen und findet schließ·lich einen geeigneten Platz in Ise. Suinin hat (laut ''Kojiki'') auch einen Sohn, der auf·grund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genommen und er spricht von einem Moment zum anderen. Als Dank lässt Suinin den heutigen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errichten. Dieser Über·liefer·ung zufolge gab es also vor Suinin noch keinen Izumo Schrein.<br />
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===Hierogamie===<br />
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Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herrschaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errichtung eines Schreins für ihn, alias Ōmononushi, in Miwa liegen laut mythologischer Chronik drei·zehn Herr·schaft·perioden von Nach·kommen der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himmlische Enkel“, auf den vier Generationen später {{Glossar:jinmutennou | Jinmu}}, der erste „mensch·liche Herrscher“, und weitere Tenno folgen. Ōkuninushi/Ōmononushi treibt sich in dieser Zeit·spanne offen·bar in unsicht·barer Form weiter auf Erden umher und zeugt ge·legent·lich immer noch Nachkommen. So auch die Hauptfrau des Jinmu Tenno, also die „erste Kaiserin“ Japans. Ōkuninushi soll ihre Mutter laut ''Kojiki'' in Form eines roten Pfeils geschwängert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm ent·leerte. Auch die Mutter des Ōtataneko (des ersten Miwa-Priesters) soll dem ''Kojiki'' zufolge nächtens von einem Unbe·kannten geschwängert worden sein, der schließlich als der Gott von Miwa identifiziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begegnen also in den Legenden des Ōkuninushi mehr·fach dem Motiv der Hierogamie, also der Heirat zwischen Gottheit (in der phallischen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Priesterin. Viele j·apanische Volkskundler erblicken in dieser Hierogamie eine Form des frühen weiblichen Shamanismus in Japan.<br />
<br />
===Sake===<br />
<br />
Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Landesherren“ (Ōkuninushi) von Izumo erscheint aufgrund wider·sprüch·licher Berichte in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki ''mitunter frag·lich und wird, wie oben erwähnt, bisweilen in Zweifel gezogen (obwohl sie von den heutigen Schreinen durchaus aner·kannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein weiteres Binde·glied zwischen Izumo und Miwa, nämlich die Produktion von alkoholischen Getränken (''sake''). Heute wird vor allem Miwa (neben den Schreinen Matsunoo und Umenomiwa) mit Sake assoziiert und stellt eine Art Schutz·schrein der japanischen Sake-Brauer dar. Das Wort {{glossar:miwa2}} selbst ist — mit anderen Zeichen als der Schrein geschrieben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respektvolle alter·tümliche Bezeichnung für Alkohol. Gleich·zeitig macht Antoni darauf auf·merk·sam, dass die früheste Erwähnung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susannoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrunken, und kann sie dadurch ge·fahr·los töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein weiteres Indiz für die Verbindung zwischen Miwa und Izumo.<br />
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===Berg Miwa und die Schlange===<br />
<br />
Die Gottheit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa Daimyōjin (Große Gottheit von Miwa) be·zeich·net. Als {{Glossar:Shintai}} (Wohnort der Gottheit, Verehrungsgegenstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der beschämte Ōkuninushi zurück ge·zogen haben soll. Darüber hinaus wird die Gott·heit sowohl in den Mythen als auch in heutigen Schrein·legenden und Riten als reale Schlange gedacht. Offenbar gibt es tat·säch·lich besonders viele Schlangen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regel·mäßig zu bestimmten rituellen An·lässen mit rohen Eiern ver·köstigt werden. Sie gelten dabei als die Gottheit selbst.<br />
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==Ōkuninushi, Hie und Daikoku <small>(buddhistische Interpretationen)</small>==<br />
{{Float|bild=japan_provinces_kinai.gif|left|width=310|class=bild}}<br />
Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kultstätte des Ōkuninushi am Biwa See, östlich von Kyoto hinzu. Es handelt sich um den {{Glossar:Hietaisha | Hie}} (=Hiyoshi) Schrein, dessen ur·sprüng·liche Gottheit Ōyamakui (der „Große Berg-Pfahl“) bereits im ''Kojiki'' flüchtig erw·ähnt wird (Philippi 1969, S. 47). Ōkinunishi (hier: Ōnamuji) gesellte sich wahr·schein·lich unter {{glossar:Tenjitennou}} (r. 661—671) zu dieser Gottheit hinzu. Tenji er·richtete nämlich seinen Palast am Südufer des Biwa Sees. Es wird an·genommen, dass er bei dieser Gelegen·heit den Gott von Miwa als Schutzgott der Tenno Residenz aus der Yamato Region mitbrachte und im Hie Schrein einsetzte.<br />
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Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete {{glossar:Saichou}} (767—822), der spätere Begründer des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}} Buddhismus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens {{glossar:Enryakuji}}. Für Saichō war der Ort von be·sonderer Bedeutung, denn er wurde hier geboren, und zwar erst nach·dem sein Vater lange und inbrünstig zu den Göttern des Hie Schreins ge·betet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ableitung des Schrein-Namens) ''Hiei'' ge·nannt wurde, noch der Schrein selbst über·regional bekannt. Auch Saichō selbst war zunächst nicht mehr als ein eigen·williger Asket, der sich mit einer Handvoll Gleich·gesinnter zwölf Jahre lang in die Einsam·keit seines Heimat·berges zurückzog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum politischen Zentrum des Landes, als Kanmu Tenno im Süd·westen von Berg Hiei seine neue Haupt·stadt {{glossar:Heian|Heian-kyō}} errichten ließ: das heutige Kyoto. Aus Sicht dieser neuen Hauptstadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste bud·dhis·tische Institution, es befand sich noch dazu im Nord·osten und bewachte somit das „[[Mythen:Affen/Tierkreis|Dämonentor]]“, aus dem den chinesischen und japanischen Geomantikern zufolge alle unheil·vollen Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötzlich die ganze Aufmerk·samkeit des Kaisers: er stieg rasch zu den höchsten buddhistischen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Weihen der Tientai (= Tendai) Schule wieder. Der Klosterberg Hiei entwickelte sich unter Saichōs Nach·folgern mehr und mehr zur mächtigsten buddhistischen Institution des Landes.<br />
<br />
Mit dem expandierenden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Einzel·schreinen heran. Neben Ōyamakui und Ōkuninushi gesellten sich weitere fünf Haupt·gott·heiten hinzu, die der Buddhismus aus China oder Indien mit·ge·bracht hatte. Gemäß dem Vor·bild des Tientai Klosters in China, stülpte Saichō außer·dem eine Art Super-Gottheit über alle in dem Schrein·komplex vorhandenen Einzel·götter und nannte sie {{Glossar:Sannou}}, „König des Berges“. Die beiden lokalen Gott·heiten Ōyamakui und Ōkuninushi fungieren jedoch bis heute als Stamm-Schreine (''hongū'') des Komplexes. Indirekt übernahm so der Gott von Izumo/Miwa ein weiteres Mal die Schutz·funktion für die japanische Haupt·stadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schreinkomplex nicht mehr besonders hervorstach.<br />
<br />
===Saichōs Daikoku===<br />
<br />
Die Verbindungen zwischen Ōkuninushi und dem Buddhismus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu be·richten, dass Saichō, als er noch un·schlüssig war, welchen ein·hei·mischen Gott er als Beschützer seines Klosters aus·wählen sollte, die Provinz Yamato be·reiste und so nach Miwa kam. Nachdem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuninushi) ge·betet hatte, offen·barte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und willigte ein, ihn zu be·gleiten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Ab·bild des {{Glossar:Daikoku}} her·stellte (Iyanaga 2002, S. 547-48). Saichō wäre dem·nach der Urheber des populären Glücksgottes Daikoku und seiner Identi·fizierung mit Ōkuninushi. Die Statue soll im übrigen heute noch existieren, ist aber nicht im Hie Schrein sondern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei auf·gestellt. Diese Halle diente dem Kloster ehe·mals als Verwaltungsgebäude (''mandokoro'').<br />
<br />
Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im buddhistischen Klosterkomplex verehrt wurde, sowie die Tat·sache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das ''Miwa Daimyōjin engi'' (Chronik vom Ur·sprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) verfasst wurde, lassen Zweifel an einer tat·säch·lichen Identifikation von Ōkuninushi und Daikoku zu Leb·zeiten Saichōs auf·kommen. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zu·nächst als Gottheit der Tempel·küche innerhalb buddhistischer Klöster an Bedeutung gewann und im Zuge dessen irgend·wann einmal auch mit Ōkuninushi in Verbindung gebracht wurde. Über die weiteren Ver·zwei·gungen der Gestalt des Daikoku und seine Ver·bindungen zu der esoterischen Gottheit Mahakala ist auf der [[Ikonographie:Glücksgötter/Daikoku | Sidepage Daikoku]] Genaueres nachzulesen.<br />
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===Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein===<br />
{{Sidebox|kanda_daikoku.jpg|w=140|rahmen_h=180|Rezente Daikoku Statue des Kanda Schreins}}<br />
<br />
Der Kanda Schrein in Tokyo war in der {{Glossar:Edo}}-Zeit der wahr·schein·lich populärste Schrein von Edo, das damals das politische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Ein·wohnern eine der be·völkerungs·reichsten Metropolen weltweit war. Der Schrein verdankte seine Be·liebt·heit vor allem seinem spektakulären {{Glossar:Matsuri}}, das heute noch eines der größten religiösen Events in Tokyo darstellt. Laut Schrein·legende geht die Gründung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigranten aus Izumo in der damals noch länd·lichen Kantō Region einen Zweigschrein für ihren Ahnengott Ōkuninushi er·richteten. Zu über·regionaler Bedeutung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zürnende Rachegeist des {{glossar:Tairanomasakado}} einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch friedlich gestimmt wurde. Taira no Masakado (?-940) war ein {{Glossar:Heian}}-zeitlicher Rebell der Kantō Region gewesen, dessen Ungehorsam gegenüber der Zentralregierung gewaltsam niedergeschlagen wurde. Obwohl in den offiziellen Geschichts·quellen negativ dargestellt, galt er in der Kantō Region doch auch als Held und Vor·reiter der späteren Samurai Herr·schaft. Dem ent·sprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō Region ansässigen Samurai wohlwollend gefördert.<br />
<br />
1590 verlegte der „Reichseiniger“ {{Glossar:Tokugawaieyasu}} (1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs un·be·deu·tendes Fischerdorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shogun Tokugawa Hidetada, den Kanda Schrein in den Nord·osten der neu errichteten Burg von Edo (heute der Kaiserpalast in Tokyo) verlegen. Ob Hidetada damit bewusst einem ge·schicht·lichen Vorbild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuninushi so ein weiteres Mal in die Lage, das „Dämonentor“ einer Haupt·stadt zu bewachen. Die beiden ''kami'', Ōkuninushi und Masakado, wurden in Edo vor allem unter dem gemein·samen Namen Kanda Myōjin verehrt. Auf populärer Ebene wurde Ōkuninushi jedoch auch in Gestalt des Glücksgottes Daikoku wahr·ge·nommen. Kanda Myōjin war also in gewisser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.<br />
<br />
Als aus Edo Tokyo wurde und die Burg der Tokugawa {{Glossar:Shougun | Shogune}} in den neuen Palast des {{Glossar:Meijitennou}} umfunktioniert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masakado keine opportune Gott·heit mehr. Er wurde kurzer·hand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gottheit Sukonabikona, Okuninushis ''alter ego'' aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Sukonabikona aber der All·ge·mein·heit nicht bekannt war, erhielt er das Aussehen des Ebisu, der im Ensemble der sieben Glücksgötter zu·meist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masakado rehabilitiert und der Kanda Schrein be·her·bergt somit drei Gottheiten: Ōkuninushi, Sukonabikona und Taira no Masakado. Nach außen hin sicht·bar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errichtet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Beziehungen“ ({{glossar:enmusubinokami}}) apostrophiert wird, um möglichst viele heirats·willige Paare anzulocken. <ref> Die Rolle eines „Gottes der guten Beziehungen“, die an·ge·sichts der vielen Heiraten des Ōkuninushi eigent·lich als zweifel·haftes Omen für eine gute Ehe angesehen werden muss, hat Ōkuninushi/Daikoku im übrigen auch im Jishu Schrein in Kyoto, wo er als Gott der Verliebten verehrt wird. (s. Abb. oben)</ref><br />
<br />
An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in anderen Schreinen gemeinsam auf·teten, wobei Ebisu mitunter auch auf Kotoshironushi, den Sohn und Thronfolger Ōkuninushis aus der Episode seiner Ab·dankung zurückgeführt wird. Es ist durchaus wahr·schein·lich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji Zeit handelt, dass also zu·sam·men mit dem Tenno mythologische Götter für die Schrein·kulte der Meiji-Zeit reaktiviert wurden, auch wenn sie ur·sprüng·lich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohnorten zu tun hatten.<br />
<br />
==Zusammenfassung==<br />
<br />
Die Vielzahl von Erscheinungsformen des Ōkuninushi sind in der japanischen Religionsgeschichte keineswegs einzigartig, Ōkuninushi kann vielmehr als beispielhaft für die Flexibilität japanischer ''kami''-Identitäten angesehen werden. Was ihn darüber hinaus aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, dass er immer wieder — wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen — an der Schwelle großer politisch-religiöser Einschnitte auftaucht, um als Schutzgott des politischen Zentrums zu fungieren.<br />
<br />
Die Geschichte von Ōkuninushis Abdankung zugunsten des „himmlischen Enkels“ ist zweifel·los die heute bekannteste Episode in der Biographie dieses Gottes, mindest ebenso interessant ist aber die Gründung des Miwa Schreins, die in vieler Hinsicht als die Grund·stein·legung einer völlig neu·artigen Form von Religion erscheint. Der Tenno, der zunächst den Kult für seine gött·lichen Ahnen in eigener Person leitet, fühlt sich angesichts einer landes·weiten Katastrophe schuldig und ver·un·sichert, weil er die Ursache des Unglücks in einer Fehl·handlung bei der Ausübung seiner religiösen Pflichten sieht. Er über·ant·wortet die Götter (= seine Priesterolle) bestimmten Spezialisten und ver·lagert ihren „Wohnort“ an separate Orte außer·halb des kaiserlichen Palastes. Auf diese Weise entstehen die ersten Schreine. Manche Forscher erkennen in dieser Episode auch den Über·gang von einer weiblich dominierten religösen Praxis zu einer männlich-patriarchalischen (Elwood 1990). Zwar spielt auch in dieser Episode eine Shamanen-Priesterin — eine Tante des Sujin, die mehrfach als enge Beraterin auftritt — eine wichtige Rolle, doch ihre Hierogamie mit Ōkuninushi scheitert. Letzt·lich gelingt es nur dem männlichen Priester aus dem Geschlecht Ōkuninushis, die leicht er·reg·bare Gott·heit zu beschwichtigen und damit den Katastrophen ein Ende zu bereiten.<br />
<br />
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die hier nur am Rande erwähnte „Aus·lagerung“ Amaterasus in das weitab der Yamato-Region gelegene Ise. Unter den folgenden Tenno bleibt die mächtige „irdische Gottheit“ Ōkuninushi wichtiger als die „himmlische Gottheit“ Amaterasu. J. E. Kidder mut·maßt, dass Amaterasu erst unter {{Glossar:Tenmutennou}} (r. 672–86) und die auf ihn folgende Kaiserin {{Glossar:Jitoutennou}} (r. 690–97) ihr klassisches Profil als wichtigste Ahnen·gottheit der kaiser·lichen Dynastie erhält. <ref>Die Installierung der klassische Hofaristokratie inklusive der Errichtung einer permanenten Haupt·stadt und der Abfassung einer kaiserlichen Chronik/Mythologie wird heute als Werk der sog. Tenmu Dynastie angesehen, die von Tenmu Tenno 672 begonnen und von Kanmu Tenno (r. 781–806), einem Nach·fahren von Tenmus Bruder Tenji, abgelöst wurde. S. dazu Ooms 2008.</ref> Während die „Kapitel des Götter·zeit·alters“ von ''Kojiki'' (712) und ''Nihon shoki'' (720) dieser neuen Bedeutung Amaterasus ent·sprechend aus·gestaltet werden, verabsäumen es die Chroniken, auch die zeitlich näheren Kapitel der neuen Ideologie anzugleichen und offenbaren somit eine Diskontinuität in der Verehrung der Sonnengottheit (Kidder 2007).<br />
<br />
In jedem Fall geht die Aufwertung der [[Bauten:Ise_Izumo | Ise Schreine]] mit einer Abwertung von Ōkuninushis Schreinen in Izumo und Miwa einher. Ōkuninushi findet jedoch auf dem Um·weg über den Buddhismus zu einer neuen Identität, um sich schließ·lich erneut als Glücksgott Daikoku im religiösen Pantheon Japans zu behaupten. Zu·gleich scheint es, als ob er seine Rolle als Be·schützer des politischen Zentrums (Hüter des „Dämonentores“), die er unter Sujin erstmals über·tragen bekommt, auf stille, un·spek·takuläre Weise auch in Kyoto und Edo wahrnimmt.<br />
{{Linkbox|ue=Anmerkungen|text=<br />
<references/><br />
}}<br />
<div class="bildbox bildtext">[[Image:okuninushi_hokusai.jpg|link=|okuninushi]]<div>Ōkuninushi und der weiße Hase von Inaba<br /> Darstellung von Katsushika Hokusai (1760–1849), Detail.<br /> Bildquelle:[http://www.mfa.org/collections/search_art.asp?recview=true&id=236864&coll_keywords=okuninushi&coll_accession=&coll_name=&coll_artist=&coll_place=&coll_medium=&coll_culture=japan&coll_classification=&coll_credit=&coll_provenance=&coll_location=&coll_has_images=1&coll_on_view=&coll_sort=2&coll_sort_order=0&coll_view=0&coll_package=0&coll_start=1 Museum of Fine Arts], Boston [2010/9] <br/><br />
<br />
Hokusai interpretiert Ōkuninushi eindeutig als Daikoku <br /> und die Seemonster (''wani'') als Krokodile (s.o.)</div></div><br />
<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
{{Literatur:Antoni_1982}}<br />
{{Literatur:Antoni_1988}}<br />
{{Literatur:Aoki_1999}}<br />
{{Literatur:Aston_1972}}<br />
{{Literatur:Ellwood_1990}}<br />
{{Literatur:Iyanaga_2002}}<br />
{{Literatur:Ooms_2008}}<br />
{{Literatur:Philippi_1977}}<br />
{{Literatur:Philippi_1990}}<br />
{{Literatur:Sonoda_1974}} [Informationen zum Kanda Schrein.]<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Essays/Okuninushi&diff=17051Essays/Okuninushi2010-10-12T15:05:25Z<p>OrochiJR: /* Aufstieg zum „Herren des Landes“ (Izumo Sagenkreis) */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}{{#css:<br />
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h1 span.bottom {font-size:.82em; font-weight:bold}<br />
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}}<br />
= <span class="bottom"> Die gewundenen Pfade des Großen Landesherren<span class="bottom"> Ōkuninushi als heimlicher Gegenspieler der „himmlischen Götter“</span></span>=<br />
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<div class="bildbox bildtext">{{dia|miwayama.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=180}}<div>Berg Miwa </div></div><br />
{{Glossar:Ookuninushi}}, wtl. der „Große Landesherr“, ist eine der rätsel·haftesten und facetten·reichsten Gestalten des japanischen {{Glossar:Kami}}-Pantheons. Er taucht in den Mythen zu·nächst als Hauptgott der irdischen „Götter“ auf und stellt damit das Gegen·stück zu {{Glossar:Amaterasu}}, der Hauptgottheit der himmlischen „Götter“ dar. Obwohl er sich gemäß offizieller Lesart dem Herrschafts·anspruch der himmlischen Götter kampf·los unter·wirft, bleibt er als eine Art Gegen·modell zum kaiserlichen Ahnen·kult der Sonnengottheit die gesamte japanische Religions·geschichte hindurch in Erinnerung. Dabei kommt es allerdings zu er·staun·lichen Änderungen in Funktion und Er·schei·nungs·bild dieses Gottes. Diese Ver·änderungen werden im folgenden anhand der wichtigsten Schreine, in denen er heute verehrt wird, überblicksartig dargestellt.<br />
<br />
{{H2+3|Steckbrief}}<br />
===Namen===<br />
Das erste Rätsel dieses Gottes stellen seine vielen Namen dar. Möglicherweise hieß er ur·sprüng·lich Ōnamochi oder Ōnamuji, was als „Träger großer/vieler Namen“ über·setzt werden kann. Ōkuninushi, „Großer Landes·herr“ oder „Herr des Großen Landes“, ist sein be·kanntester Namen, bzw. Titel, doch wird er außer·dem noch als „Geist des Großen Landes“ (Ōkunitama), bzw. „Geist des Sicht·baren Landes“ (Utsushikunitama), oder als „Großer Herr der Dinge“ (Ōmononushi) be·zeichnet.<ref>''Mono'', „Ding“, in Ōmononushi könnte auch auch die Be·deutungen „Person“, „Wesen“, „Geist“ be·sitzen (→ ''mono no ke'', ''bake-mono'' „Gespenst“).</ref> Der Ein·fach·heit halber be·schränken wir uns hier weit·gehend auf Ōkuninushi.<br />
<br />
===Herkunft===<br />
<br />
Ōkuninushi ist laut den Hauptvarianten von {{glossar:Kojiki}} und {{glossar:Nihonshoki}} ein Sohn des {{glossar:Susanoo}}.<ref>Es gibt auch Neben·varianten des ''Nihon shoki'', nach denen Ōkuninushi ein Nach·fahre des Susanoo in der fünften oder sechsten Generation ist.</ref> Seine Mutter ist {{glossar:Kushinadahime}}, jene junge Frau, die Susanoo vor der acht·köpfigen Schlange rettete, nachdem er aus dem Himmel ver·bannt worden war. Ort dieser Handlung und somit Ge·burts·ort des Ōkuninushi ist die Gegend von {{glossar:Izumo}} (heute Präfektur Shimane). Folgt man aller·dings anderen Quellen, so lässt sich Ōkuninushi auch aus anderen Regionen, ja sogar vom koreanischen Festland herleiten.<br />
<br />
===Wesen/Identität===<br />
<br />
Es ist nicht restlos geklärt, ob alle Gottheiten, die in den Mythen unter einem der Namen des Ōkuninushi an·ge·führt werden, tat·säch·lich immer auf dieselbe Gott·heit zurück·gehen. Manches spricht bei·spiels·weise dafür, dass die Gott·heiten von Izumo und von Miwa ur·sprüng·lich nicht wesens·gleich waren. Die Mehr·heit späterer Inter·preten (nicht nur heutige Wissen·schaftler, sondern auch Priester und Ge·lehrte aus früheren Jahrhunderten) tendiert jedoch dazu, die ver·schiedenen Ōkuninushis, Ōmononushis und Ōkunitamas letzt·lich auf eine Gott·heit zu reduzieren. Was diese Gestalten in jedem Fall eint, ist ihre Funktion als mächtige „irdische“ Gottheit ({{glossar:kunitsukami}}). Ōkuninushi und seine Aliase stehen also im wesentlichen für Lokal·gott·heiten, die nicht der mythologischen Genealogie des {{Glossar:Tennou}}-Hauses entstammen.<br />
<br />
==Aufstieg zum „Herren des Landes“ <small>(Izumo Sagenkreis)</small>==<br />
{{sidebox|inaba_shirousagi_jishujinja.jpg|w=170|left=-15|rahmen_h=200|Ōkuninushi und der Hase von Inaba}}<br />
<br />
Der Name „Großer Landesherr“ ist laut ''Kojiki'' eine Auszeichnung, die sich Ōkuninushi erst nach einer Vielzahl von Qualen und Prüfungen durch Geschick, Glück und Grau·sam·keit erwirbt. Wir begegnen dem noch jugend·lichen Gott, als er sich mit seinen 80 älteren Halb·brüdern (es sind offenbar keine Söhne des Susanoo, ihre genaue Herkunft bleibt ein Rätsel) auf dem Weg von Izumo in die Nach·bar·provinz {{glossar:Inaba}} befindet. Seine Brüder wollen die Prinzessin von Inaba freien und nehmen Ōkuninushi als Diener und Lauf·burschen mit. Unterwegs heilt Ōkuninushi einen Hasen, welcher von See·un·geheuern (jap. ''wani'' = Krokodil? Drachen?) seines Pelzes beraubt worden ist. Der dank·bare Hase prophezeiht (bzw. bewirkt), dass die Prinzessin Ōkuninushi zum Gatten erwählen wird.<ref> Diese Geschichte hat sich als Märchen ver·selb·ständigt und ist heute in Japan die be·kannteste Erzählung von Ōkuninushi.</ref> Als die Prinzessin tat·sächlich Ōkuninushi den Vorzug vor seinen Brüdern gibt, locken sie ihn zwei·mal in eine Falle, um ihn zu töten. Beide Male gelingt der An·schlag, doch beide Male wird Ōkuninushi mit Hilfe seiner Mutter und der Götter des Himmels wieder zum Leben erweckt.<br />
<br />
Um seinen eifersüchtigen Brüdern zu entkommen, begibt er sich in die Unter·welt ({{glossar:Nenokuni}}, wtl. „Wurzelland“), wo sein Vater Susanoo mittler·weile die Herrschaft über·nommen hat. Doch damit haben seine Schwierig·keiten immer noch kein Ende. Wieder führt Ōkuninushis Sex·appeal zu einem Zwist mit einem männlichen Ver·wandten: diesmal geht es um {{glossar:Suserihime}}, ihrerseits eine Tochter des Susanoo und damit Halb·schwester von Ōkuninushi. Die beiden Halb·geschwister verlieben sich, doch bevor sie ungestört zu·sammen sein können, unterwirft der eifer·süchtige Susanoo seinen Sohn einer Reihe von brutalen (Initiations?-)Aufgaben, in denen sich dieser gegen Schlangen, Bienen und schließlich gegen einen Busch·brand be·haupten muss. All diese Aufgaben meistert Ōkuninushi dank Suserihime und einer Maus. Schluss·endlich muss Ōkuninushi Susanoo lausen, lullt ihn dabei in den Schlaf, stiehlt die Waffen seines Vaters und flieht mit Suserihime aus der Unterwelt.<br />
<br />
===Schöpfungsakte===<br />
<br />
Zurück auf der Erde tötet Ōkuninushi zunächst seine Halb·brüder mit den Waffen des Susanoo, und zeugt dann mit den ver·schiedensten Prinzessinnen jede Menge von Kindern (180 laut ''Kojiki'', 181 laut ''Nihon shoki''). Schließ·lich bekommt er einen Gefährten zur Seite gestellt, einen winzigen Gott namens {{glossar:Sukonabikona}}<ref>''suko'' = "klein", ''biko/hiko'' = "Prinz", ''na'' = "Namen"?</ref>, laut einer Version ein verloren ge·glaubter Sohn des himmlischen Ahnen·gottes {{glossar:Takamimusubi}}, laut einer anderen eine Art ''alter ego'' von Ōkuninushi selbst. Mit Sukonabikona führt Ōkuninushi das von {{glossar:Izanami}} und {{glossar:Izanagi}} begonnene Werk der Welten·schöpfung zu Ende. Inwiefern die Welt nach Ōkuninushi anders aus·sieht als zuvor, wird in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' aller·dings nicht näher spezifiziert. Laut dem {{glossar:Izumofudoki}}, einer frag·mentarischen Lokal·chronik aus dem Jahr 733, ver·größert er jedoch die Provinz Izumo, indem er einen Teil des koreanischen König·reichs Silla mit Hilfe eines Seils über das Meer nach Japan zieht. <ref>Diese Tat wird genau genommen einem Gott namens Omizunu zu·ge·schrieben, er lässt sich je·doch durch·aus als Alias von Ōkuninushi interpretieren.</ref><br />
<br />
===Heilkraft===<br />
<br />
Ein hervorstechender Aspekt des Paares Ōkuninushi und Sukonabikona ist ihre Fähigkeit Krank·heiten zu heilen. Sie werden u.a. für die Ent·deckung der ältesten Heilquellen Japans ver·ant·wortlich gemacht. In der Heian Zeit wurde Ōkuninushi aus diesem Grund auch mit {{Glossar:Yakushinyorai}}, dem Buddha der Medizin, identifiziert, bzw. von diesem als Gott der Heilkunst über·schattet (Antoni 1982, S. 30-31). <ref>Auch von den Gelehrten der {{glossar:Kokugaku}}, die sich im 18. und 19. Jh. der Exegese japanischer Mythen widmeten, wird die Heilkraft des Götter·paares aus Izumo besonders her·vor·gehoben.</ref> Wie wir noch sehen werden, tritt Ōkuninushi außer·dem als Ver·ur·sacher einer schreck·lichen Epidemie prominent in Erscheinung.<br />
<br />
==Zwischenbemerkung==<br />
<br />
Bis hier her folgt die Geschichte des Ōkuninushi einem Muster, das aus vielen Märchen bekannt ist: der Held, der jüngste einer Reihe von Geschwistern, wird zahl·reichen Gefahren und Demütigungen aus·ge·setzt, über·windet diese mit viel List und dank der Sympathie weib·licher Unter·stützer und triumphiert schluss·endlich über seine Peiniger. In der Art, wie er sich mehr durch Glück und Schläue als durch Stärke gegen seine Wider·sacher durch·setzt, kann er, ähnlich wie Susanoo, als [[Mythen:Götter des Himmels/Trickster | Trickster-Figur]] angesehen werden. <br />
<br />
Auch andere mythologische Deutungen sind möglich. Klaus Antoni (1982) deutet etwa die Geschichte des wieder·belebten „Weißen (= nackten) Hasen von Inaba“ als Mythos vom ab·nehmenden und zu·nehmenden Mond. Mir geht es aber an dieser Stelle vor allem um den Stellen·wert, den Ōkuninushi in den ver·schiedenen Schreinen, in denen er ver·ehrt wurde, zugesprochen bekam. <br />
<br />
In Ōkuninushis komplizierten Familienverhältnissen deutet sich an, dass eine ur·sprüng·lich eigen·ständige Erzählung aus Izumo über die Figur des Susanoo mit der Yamato-Mythologie ver·bunden wurde. Susanoos Kampf mit der Schlange und Ōkuninushis Kampf gegen seine Brüder gehörten ur·sprüng·lich wahrscheinlich ganz unter·schied·lichen Erzählungen an. Auch der Akt der Welten·schöpfung in Kooperation mit Sukanobikona passt weder mit den Welt·ent·stehungs·mythen von Izanagi und Izanami noch mit der Vor·geschichte des Ōkuninushi wirklich zusammen. Im übrigen ver·zichtet das ''Nihon shoki'' weit·gehend auf die Details dieser Geschichte. Die Episode der achtzig Brüder und des „Hasen von Inaba“ findet sich nur im ''Kojiki''. Das ''Nihon shoki'' wiederum konzentriert sich mehr auf das Ende von Ōkuninushis Herr·schaft, in Japan als {{glossar:kuniyuzuri}} („Übergabe des Landes“) bekannt. Aus dieser Perspektive vertritt Ōkuninushi all jene bar·barischen „Götter der Erde“, die durch die Her·ab·kunft des himmlischen Enkels einer höheren Ordnung zugeführt werden sollen.<br />
<br />
==Unterwerfung des Ōkuninushi <small>(Yamato Mythos)</small>==<br />
{{Float|bild=izumo_yamato.jpg|width=300|class=bild|style=margin-right:-8em}} <br />
Offenbar herrschen unter Ōkuninushi, trotz seiner schöpferischen Qualitäten anarchistische Zu·stände, die sich unter anderem da·durch äußern, dass Felsen, Bäume und Gräser sprechen können und un·unter·brochen durch·ein·ander·quasseln. Die „Befriedung“ dieser unbot·mäßigen Götter wird erst erreicht, als die himmlischen Götter ({{glossar:amatsukami}}) Ōkuninushis Herrschaft auf Erden über·nehmen.<ref> Noch in den Gebetstexten (''norito'') der {{Glossar:Engishiki}} (10. Jh.) wird dieser Um·stand mehr·fach betont: „They silenced to the last leaf/The rocks and stumps of the trees/ Which had been able to speak...“ (Philippi 1990, S. 41, 45, 69.) </ref><br />
<br />
Ōkuninushis Abdankung ist ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' zufolge das Ergebnis diplomatischer Ver·hand·lungen: Zwei Ab·ge·sandte des Himmels <ref> Es handelt sich um die „Schwertgottheiten“ {{Glossar:Takemikazuchi}} und {{Glossar:Futsunushi}}, die in jener mythologischen Episode ent·stehen, als Göttervater Izanagi das Feuerkind, an welchem die Götter·mutter stirbt, in Stücke schlägt. Takemikazuchi und Futsunushi sind dem·nach das Produkt von Izanagis Schwert und dem „Blut“ des Feuers. Sie wurden später als Haupt·gott·heiten der mächtigen Adelsfamilie {{Glossar:Fujiwara}} in deren Ahnen·schrein {{glossar:Kasugataisha}} installiert.</ref> erscheinen an den Gestaden von Izumo, stellen ihre Schwerter aufrecht auf die Wellen·kämme und nehmen darauf Platz. Durch diese Demonstration ihrer über·legenen Fähigkeiten überzeugen sie Ōkuninushi und seinen Sohn und Thronfolger {{glossar:Kotoshironushi}}, dass es wohl das klügste wäre, das Feld kampf·los zu räumen. Zuvor handelt Ōkuninushi aber noch die Er·richtung eines Palastes für sich aus, dessen Giebelhölzer (nach der Version des ''Kojiki'') bis zum Himmel emporreichen. In diesen Palast, an dessen Stelle sich heute der {{Glossar:Izumotaisha|Großschrein von Izumo}} be·findet, will er sich zurück·ziehen, um von nun an die „ver·borgenen Dinge“ zu leiten. Auch heißt es, dass er sich auf die „nicht hundert, sondern achtzig ge·wundenen Pfade“ (''momo tarazu yaso kumade'') begeben wird, möglicher·weise eine Metapher für die Unter·welt. Damit verlässt Ōkuninushi zu·nächst einmal die Bühne der Geschichte. Ein paar auf·müpfige irdische Götter aus seinem Gefolge, u.a. die vor·lauten Steine und Bäume, werden noch schnell un·schäd·lich gemacht, dann steht dem triumphalen Ein·zug von Amaterasus Enkel {{Glossar:Ninigi}} nichts mehr im Wege.<br />
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<div class="bildbox bildtext">{{dia|inasa.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=180|top=-25}}<br />
<div>Der Strand von Inasa </div></div><br />
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==Yamato und Izumo==<br />
Der mythologische Gegensatz von „irdischen“ und „himmlischen“ Gottheiten kann als Metapher für unterschiedliche Herrschaftsgebiete aufgefasst werden. {{Glossar:Yamato}}, das Kernland der Tenno-Dynastie, wird dem·nach von den himmlischen Göttern (''ama-tsu-kami'') be·herrscht, die anderen Territorien, allen voran Izumo, von den irdischen Göttern (''kuni-tsu-kami''). Die Schilderung von Ōkuninushis Ab·dankung re·präsentiert somit den Prozess, im Zuge dessen sich die ver·schie·denen Lokalreiche der Oberhoheit Yamatos unter·warfen. Obwohl diese Ereignisse teil·weise hinter rätsel·haften Bildern und Aus·drücken ver·schleiert werden, fällt auf, dass Gewalt·aspekte dabei soweit als möglich her·unter ge·spielt werden. Ōkuninushi „zieht sich zurück“, ein himmlischer Gott <ref> {{Glossar:Amenohohi}}. Dieser Gott ent·stammt ur·sprüng·lich einem eigen·tüm·lichen Wett·streit zwischen Amaterasu und Susanoo, bei dem Amaterasu Susanoos Schwert und Susanoo Amaterasus Edelsteine zer·kaute. Ame-no-Hohi ent·stand aus den zer·kauten Edelsteinen.</ref> tritt in seinen „Dienst“, was aber wohl bedeutet, dass er als eine Art Regent die Herrschaft über Izumo über·nimmt. Neuere archäologische Forschungen setzen diese Ent·wicklung relativ spät, nämlich erst im siebenten und achten Jahr·hundert an (Piggott 1989). Tatsächlich dürfte die Entwicklung weit·gehend friedlich ver·laufen sein. Offen·bar brachte erst die Union mit Yamato interne Rivalitäten in Izumo zum Er·liegen und sicherte so den Yamato-treuen Lokal·herrn eine größere Autorität über Izumo, wenn auch um den Preis, dass sie die Hegemonie Yamatos anerkannten.<br />
<br />
Die neuen Lokalherren, die laut den Chroniken durch die „himmlischen Götter“ (= Yamato) ein·ge·setzt wurden, sind im übrigen die Ahnen der späteren Priester von Izumo, die ihr Amt bis heute erblich weiter·geben. Sie schmücken sich mit der Amts·bezeichnung ''kokuzō'', ein Titel, der ur·sprüng·lich {{glossar:kuninomiyatsuko}} aus·ge·sprochen wurde und soviel wie „Gouverneur“ bedeutete. Dass dieses Priester·geschlecht sich tat·säch·lich aus einer frühen weltlichen Dynastie, nämlich dem Klan der Ou, ent·wickelte, gilt heute als historisch gesichert. Erst langsam wurde aus dem Palast von Izumo ein Schrein und aus den Landes·herren ein aus·schließ·lich auf religiöse Aufgaben beschränktes Priester·geschlecht. Diese Dynastie, die im Mittelalter den Namen {{glossar:Senge}} angenommen hat, ist somit historisch wie mythologisch mindestens ebenso alt wie die Tenno Dynastie (der gegen·wärtige Oberpriester ist das 84. Oberhaupt der Familie seit ihrer mythologischen Gründung). Obwohl ur·sprüng·lich von Yamato ein·ge·setzt, gilt ihr religiöser Dienst den „irdischen Göttern“ und Ōkuninushi. Auf diese Weise ist bis heute die Erinnerung an ein ''kami''-Pantheon lebendig, das nicht von den Vorfahren des Tenno regiert wurde. Nach „offizieller“ Lesart ist der Komplex Izumo-Ōkuninushi-Senge dem Komplex Ise-Amaterasu-Tennō hier·archisch unter·geordnet. Dass diese offizielle Lesart aber selbst erst das Produkt einer wechsel·haften Geschichte ist, die bis in historische Zeiten (also die Zeit der Ab·fassung der frühesten Schrift·quellen) hin·ein·reicht, zeigt die folgende Geschichte des Miwa Schreins.<br />
<br />
==Ōkuninushis Zweitwohnsitz in Miwa <small>(Miwa Sagenkreis)</small>==<br />
<br />
Als mächtige Gottheit außerhalb des ursprünglichen Herrschafts·gebietes von Yamato blieb Ōkuninushi wohl auch nach der Annexion Izumos ein Faktor der Unsicher·heit für den frühen japanischen Staat. Dies würde jeden·falls erklären, warum man sich offen·bar schon früh be·mühte, Ōkuninushi eine Ver·ehrungs·stätte in Yamato zu er·richten, nämlich den Schrein von {{glossar:oomiwajinja|(Ō)Miwa}}. Es ist dies das erste explizit für religiöse Zwecke vor·be·haltene Gebäude, das in den mytho-historischen Chroniken ''Kojiki'' und ''Nihon shoki'' erwähnt wird (im Fall von Izumo bleibt offen, ob es sich um einen Palast für einen lebenden Herrscher oder um ein Gebäude für eine un·sicht·bare Gottheit handelt). Insofern lässt sich argumentieren, der Schrein von Miwa, der noch heute existiert und sich südlich der alten Haupt·stadt {{Glossar:Nara}} befindet, stelle den ältesten Schrein Japans dar. <ref> In einer der oben der erwähnten Sukonabikona Episoden des ''Nihon shoki'' wird Miwa als „Wohnort“ des Sukonabikona bereits vor dem Izumo Schrein genannt.</ref><br />
<br />
<div class="bildbox bildtext">[[Image:omiwa.jpg|link=]]<div>Zeremonienhalle (''haiden'') des Ōmiwa Schreins<br /> Bild: [http://holoholo.air-nifty.com/nara/cat880927/index.html Horohoro] 2004 [2010/9] </div></div><br />
<br />
===Sujins religiöse Reformen===<br />
<br />
Die Chroniken verorten die Gründung des Miwa Schreins in der Regierungs·zeit {{Glossar:Sujintennou | Sujins}}, des 10. Tenno (mythol. Regierungszeit 97-30 v.u.Z.), die von heutigen Historikern in der Zeit um 300 u.Z. an·ge·siedelt wird (Kidder 2007). Sujins Herrschaft ist an·fäng·lich von einer schreck·lichen Epidemie geprägt, welche die Hälfte der Be·völkerung hin·weg·rafft. Sujin vermutet die Ursache dieser Epidemie in der Kränkung einer Gottheit und unternimmt alle erdenklichen Versuche um her·aus·zu·be·kommen, um welche Gottheit es sich handelt. Schließ·lich offenbart sich ihm {{glossar:oomononushi}} (also Ōkuninushi unter einem seiner Zweitnamen, s.o.) im Traum und ver·spricht, dass die Epidemie ein Ende haben werde, wenn der Tenno seinen Nachkommen, einen ge·wissen {{Glossar:Ootataneko}} an seinen Hof riefe, um den Kult für Ōmononushi zu über·nehmen. Besagter Ōtataneko wird in einer Nachbar·provinz tat·säch·lich gefunden. Als er in der Residenz des Tenno den Dienst für die Gott·heit aufnimmt, endet die Epidemie wie vorhergesagt.<br />
<br />
Ōtataneko gilt als der Ahnherr der Priester von Miwa (ein weiteres uraltes Priestergeschlecht). Es war also zu Sujins Zeiten not·wendig, für die neu·artige Gottheit einen männ·lichen Priester aus einer Nachbar·provinz einzu·bürgern. Ōmononushi alias Ōkuninushi wurde aber auch von einer Yamato-Priesterin betreut, einer Tante des Tenno, die diesem als eine Art Priester-Shamanin zur Seite stand. Laut den Chroniken wird diese Priesterin mit Ōkuninushi „ver·heiratet“. (Man erinnere sich an die sagen·hafte sexuelle Potenz dieses Gottes.) Die Ehe verläuft anfangs glück·lich, doch leidet die Priesterin darunter, dass sie ihren Gatten unter Tags nicht sehen kann. Auf ihr Flehen ver·spricht Ōkuninushi, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu offen·baren, wenn sie ver·spricht, nicht zu er·schrecken. Sie willigt ein, worauf er sie an·weist, am nächsten Morgen ihr Kamm·kästchen zu öffnen. Sie tut wie ihr geheißen und findet in ihrem Kammkästchen „eine hübsche weiße Schlange“, deren Anblick sie zu einem un·will·kür·lichen Schrei des Entsetzens nötigt. Ōkuninushi nimmt da·rauf·hin menschliche Gestalt an und ver·kündet, dass er sich infolge dieser Beschämung auf den Berg Mimoro zurück·ziehen wird.<ref> Dieses bekannte Motiv findet sich im japanischen Mythos mehr·fach (s. z.B. Izanagi und Izanami oder Hiko-Hohodemi und die Drachen·prinzessin Toyotama-hime), wobei stets „Scham“ für die Ent·fremdung der Liebenden ver·ant·wort·lich gemacht wird.</ref> Die Prinzessin aber begeht Selbst·mord, indem sie sich ihre Vagina mit Essstäbchen durch·bohrt. <ref> Eine nüchterne Inter·pre·tation könnte hier eine misslungene Ab·trei·bung erkennen, doch findet man dieses Motiv auch im „Zeitalter der Götter“: Als Susanoo das gehäutete Pferd in die Webe·halle der Amaterasu wirft, erschrickt laut einer Version eine Weberin, sticht sich die Spindel in die Scham und stirbt daran.</ref> Sie erhält da·rauf·hin ein mächtiges Hügelgrab namens {{glossar:Hashihaka}} (das „Essstäbchen-Grab“), das heute noch in der Nähe von Berg {{glossar:Mimuro}} (= Berg Miwa) exitiert. Dem Gott Ōmono-(bzw. Ōkuni-)nushi aber wird am Fuße dieses Berges besagter Schrein von Miwa er·richtet. Erst eine Generation später, unter {{glossar:Suinintennou}}, wird die kaiserliche Prinzessin {{glossar:Yamatohime}} damit beauftragt, einen permanenten Wohn·sitz (Schrein) für Amaterasu aus·findig zu machen und findet schließ·lich einen geeigneten Platz in Ise. Suinin hat (laut ''Kojiki'') auch einen Sohn, der auf·grund eines Fluches des Gottes von Izumo stumm ist. Erst als dieser Sohn nach Izumo pilgert, wird der Fluch von ihm genommen und er spricht von einem Moment zum anderen. Als Dank lässt Suinin den heutigen Izumo Schrein für den Gott von Izumo errichten. Dieser Über·liefer·ung zufolge gab es also vor Suinin noch keinen Izumo Schrein.<br />
<br />
===Hierogamie===<br />
<br />
Zwischen dem Ende von Ōkuninushis irdischer Herrschaft mit dem Zentrum in Izumo und der Errichtung eines Schreins für ihn, alias Ōmononushi, in Miwa liegen laut mythologischer Chronik drei·zehn Herr·schaft·perioden von Nach·kommen der Amaterasu: am Anfang steht Ninigi, der „himmlische Enkel“, auf den vier Generationen später {{Glossar:jinmutennou | Jinmu}}, der erste „mensch·liche Herrscher“, und weitere Tenno folgen. Ōkuninushi/Ōmononushi treibt sich in dieser Zeit·spanne offen·bar in unsicht·barer Form weiter auf Erden umher und zeugt ge·legent·lich immer noch Nachkommen. So auch die Hauptfrau des Jinmu Tenno, also die „erste Kaiserin“ Japans. Ōkuninushi soll ihre Mutter laut ''Kojiki'' in Form eines roten Pfeils geschwängert haben und zwar als diese in einem Bach ihren Darm ent·leerte. Auch die Mutter des Ōtataneko (des ersten Miwa-Priesters) soll dem ''Kojiki'' zufolge nächtens von einem Unbe·kannten geschwängert worden sein, der schließlich als der Gott von Miwa identifiziert wird (Philippi 1969, ch. 66). Wir begegnen also in den Legenden des Ōkuninushi mehr·fach dem Motiv der Hierogamie, also der Heirat zwischen Gottheit (in der phallischen Gestalt eines Pfeils oder einer Schlange) und Priesterin. Viele j·apanische Volkskundler erblicken in dieser Hierogamie eine Form des frühen weiblichen Shamanismus in Japan.<br />
<br />
===Sake===<br />
<br />
Die Identität des „Großen Herren der Dinge/Geister“ (Ōmononushi) von Miwa und des „Großen Landesherren“ (Ōkuninushi) von Izumo erscheint aufgrund wider·sprüch·licher Berichte in ''Kojiki'' und ''Nihon shoki ''mitunter frag·lich und wird, wie oben erwähnt, bisweilen in Zweifel gezogen (obwohl sie von den heutigen Schreinen durchaus aner·kannt wird). Wie Klaus Antoni gezeigt hat, gibt es jedoch noch ein weiteres Binde·glied zwischen Izumo und Miwa, nämlich die Produktion von alkoholischen Getränken (''sake''). Heute wird vor allem Miwa (neben den Schreinen Matsunoo und Umenomiwa) mit Sake assoziiert und stellt eine Art Schutz·schrein der japanischen Sake-Brauer dar. Das Wort {{glossar:miwa2}} selbst ist — mit anderen Zeichen als der Schrein geschrieben — laut Klaus Antoni (1988, S. 76) eine respektvolle alter·tümliche Bezeichnung für Alkohol. Gleich·zeitig macht Antoni darauf auf·merk·sam, dass die früheste Erwähnung von Sake in den Mythen in der Izumo-Mythe von Susannoos Kampf mit der Schlange zu finden ist: Susanoo macht die Schlange mit Hilfe von Sake betrunken, und kann sie dadurch ge·fahr·los töten. Für Antoni ist daher der „Heilige Trank“ ein weiteres Indiz für die Verbindung zwischen Miwa und Izumo.<br />
<br />
===Berg Miwa und die Schlange===<br />
<br />
Die Gottheit von Miwa wurde in späterer Zeit meist schlicht als Miwa Daimyōjin (Große Gottheit von Miwa) be·zeich·net. Als {{Glossar:Shintai}} (Wohnort der Gottheit, Verehrungsgegenstand) des Miwa Schreins gilt bis heute der Berg, in den sich der beschämte Ōkuninushi zurück ge·zogen haben soll. Darüber hinaus wird die Gott·heit sowohl in den Mythen als auch in heutigen Schrein·legenden und Riten als reale Schlange gedacht. Offenbar gibt es tat·säch·lich besonders viele Schlangen auf und rund um den Berg, die auch heute noch regel·mäßig zu bestimmten rituellen An·lässen mit rohen Eiern ver·köstigt werden. Sie gelten dabei als die Gottheit selbst.<br />
<br />
==Ōkuninushi, Hie und Daikoku <small>(buddhistische Interpretationen)</small>==<br />
{{Float|bild=japan_provinces_kinai.gif|left|width=310|class=bild}}<br />
Zu Izumo und Miwa trat in späterer Zeit eine weitere Kultstätte des Ōkuninushi am Biwa See, östlich von Kyoto hinzu. Es handelt sich um den {{Glossar:Hietaisha | Hie}} (=Hiyoshi) Schrein, dessen ur·sprüng·liche Gottheit Ōyamakui (der „Große Berg-Pfahl“) bereits im ''Kojiki'' flüchtig erw·ähnt wird (Philippi 1969, S. 47). Ōkinunishi (hier: Ōnamuji) gesellte sich wahr·schein·lich unter {{glossar:Tenjitennou}} (r. 661—671) zu dieser Gottheit hinzu. Tenji er·richtete nämlich seinen Palast am Südufer des Biwa Sees. Es wird an·genommen, dass er bei dieser Gelegen·heit den Gott von Miwa als Schutzgott der Tenno Residenz aus der Yamato Region mitbrachte und im Hie Schrein einsetzte.<br />
<br />
Über hundert Jahre danach, im Jahr 788, gründete {{glossar:Saichou}} (767—822), der spätere Begründer des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}} Buddhismus, auf dem Berg hinter dem Hie Schrein einen Tempel namens {{glossar:Enryakuji}}. Für Saichō war der Ort von be·sonderer Bedeutung, denn er wurde hier geboren, und zwar erst nach·dem sein Vater lange und inbrünstig zu den Göttern des Hie Schreins ge·betet hatte. Darüber hinaus war aber wohl weder der Berg, der von Saichō (in Ableitung des Schrein-Namens) ''Hiei'' ge·nannt wurde, noch der Schrein selbst über·regional bekannt. Auch Saichō selbst war zunächst nicht mehr als ein eigen·williger Asket, der sich mit einer Handvoll Gleich·gesinnter zwölf Jahre lang in die Einsam·keit seines Heimat·berges zurückzog. Im Jahr 794 wurde die gesamte Region jedoch erneut zum politischen Zentrum des Landes, als Kanmu Tenno im Süd·westen von Berg Hiei seine neue Haupt·stadt {{glossar:Heian|Heian-kyō}} errichten ließ: das heutige Kyoto. Aus Sicht dieser neuen Hauptstadt war Saichōs Kloster nicht nur die nächste bud·dhis·tische Institution, es befand sich noch dazu im Nord·osten und bewachte somit das „[[Mythen:Affen/Tierkreis|Dämonentor]]“, aus dem den chinesischen und japanischen Geomantikern zufolge alle unheil·vollen Einflüsse kommen. Damit erhielt Saichō plötzlich die ganze Aufmerk·samkeit des Kaisers: er stieg rasch zu den höchsten buddhistischen Ämtern auf, wurde im Jahr 804 nach China entsandt und kam von dort mit den Weihen der Tientai (= Tendai) Schule wieder. Der Klosterberg Hiei entwickelte sich unter Saichōs Nach·folgern mehr und mehr zur mächtigsten buddhistischen Institution des Landes.<br />
<br />
Mit dem expandierenden Kloster wuchs auch der Schrein zu einem riesigen Komplex von Einzel·schreinen heran. Neben Ōyamakui und Ōkuninushi gesellten sich weitere fünf Haupt·gott·heiten hinzu, die der Buddhismus aus China oder Indien mit·ge·bracht hatte. Gemäß dem Vor·bild des Tientai Klosters in China, stülpte Saichō außer·dem eine Art Super-Gottheit über alle in dem Schrein·komplex vorhandenen Einzel·götter und nannte sie {{Glossar:Sannou}}, „König des Berges“. Die beiden lokalen Gott·heiten Ōyamakui und Ōkuninushi fungieren jedoch bis heute als Stamm-Schreine (''hongū'') des Komplexes. Indirekt übernahm so der Gott von Izumo/Miwa ein weiteres Mal die Schutz·funktion für die japanische Haupt·stadt, auch wenn seine Rolle im Hie-Sannō Schreinkomplex nicht mehr besonders hervorstach.<br />
<br />
===Saichōs Daikoku===<br />
<br />
Die Verbindungen zwischen Ōkuninushi und dem Buddhismus gehen aber noch weiter. Eine Legende weiß zu be·richten, dass Saichō, als er noch un·schlüssig war, welchen ein·hei·mischen Gott er als Beschützer seines Klosters aus·wählen sollte, die Provinz Yamato be·reiste und so nach Miwa kam. Nachdem er zu Miwa Daimyōjin (Ōkuninushi) ge·betet hatte, offen·barte sich ihm dieser „in der Gestalt des Daikoku Tenshin“ und willigte ein, ihn zu be·gleiten. Er gab ihm auch ein Stück Holz, aus dem Saichō das erste Ab·bild des {{Glossar:Daikoku}} her·stellte (Iyanaga 2002, S. 547-48). Saichō wäre dem·nach der Urheber des populären Glücksgottes Daikoku und seiner Identi·fizierung mit Ōkuninushi. Die Statue soll im übrigen heute noch existieren, ist aber nicht im Hie Schrein sondern in der Daikoku Halle auf Berg Hiei auf·gestellt. Diese Halle diente dem Kloster ehe·mals als Verwaltungsgebäude (''mandokoro'').<br />
<br />
Der Umstand, dass Daikoku nicht im Hie Schrein selbst, sondern im buddhistischen Klosterkomplex verehrt wurde, sowie die Tat·sache, dass die früheste Quelle dieser Legende, das ''Miwa Daimyōjin engi'' (Chronik vom Ur·sprung des Miwa Daimyōjin), erst lange Zeit nach Saichō (1318) verfasst wurde, lassen Zweifel an einer tat·säch·lichen Identifikation von Ōkuninushi und Daikoku zu Leb·zeiten Saichōs auf·kommen. Es steht jedoch fest, dass Daikoku zu·nächst als Gottheit der Tempel·küche innerhalb buddhistischer Klöster an Bedeutung gewann und im Zuge dessen irgend·wann einmal auch mit Ōkuninushi in Verbindung gebracht wurde. Über die weiteren Ver·zwei·gungen der Gestalt des Daikoku und seine Ver·bindungen zu der esoterischen Gottheit Mahakala ist auf der [[Ikonographie:Glücksgötter/Daikoku | Sidepage Daikoku]] Genaueres nachzulesen.<br />
<br />
===Ōkuninushi als Daikoku im Kanda Schrein===<br />
{{Sidebox|kanda_daikoku.jpg|w=140|rahmen_h=180|Rezente Daikoku Statue des Kanda Schreins}}<br />
<br />
Der Kanda Schrein in Tokyo war in der {{Glossar:Edo}}-Zeit der wahr·schein·lich populärste Schrein von Edo, das damals das politische Zentrum des Landes und mit etwa einer Million Ein·wohnern eine der be·völkerungs·reichsten Metropolen weltweit war. Der Schrein verdankte seine Be·liebt·heit vor allem seinem spektakulären {{Glossar:Matsuri}}, das heute noch eines der größten religiösen Events in Tokyo darstellt. Laut Schrein·legende geht die Gründung des Schreins auf das Jahr 730 zurück, als Emigranten aus Izumo in der damals noch länd·lichen Kantō Region einen Zweigschrein für ihren Ahnengott Ōkuninushi er·richteten. Zu über·regionaler Bedeutung gelangte der Schrein, als im Jahr 1309 der zürnende Rachegeist des {{glossar:Tairanomasakado}} einen Sitz in diesem Schrein erhielt und dadurch friedlich gestimmt wurde. Taira no Masakado (?-940) war ein {{Glossar:Heian}}-zeitlicher Rebell der Kantō Region gewesen, dessen Ungehorsam gegenüber der Zentralregierung gewaltsam niedergeschlagen wurde. Obwohl in den offiziellen Geschichts·quellen negativ dargestellt, galt er in der Kantō Region doch auch als Held und Vor·reiter der späteren Samurai Herr·schaft. Dem ent·sprechend wurde der Schrein auch von den in der Kantō Region ansässigen Samurai wohlwollend gefördert.<br />
<br />
1590 verlegte der „Reichseiniger“ {{Glossar:Tokugawaieyasu}} (1543–1616) seine Residenz nach Edo, ein anfangs un·be·deu·tendes Fischerdorf in der Gegend des Kanda Schreins. 1616 ließ Ieyasus Sohn, Shogun Tokugawa Hidetada, den Kanda Schrein in den Nord·osten der neu errichteten Burg von Edo (heute der Kaiserpalast in Tokyo) verlegen. Ob Hidetada damit bewusst einem ge·schicht·lichen Vorbild folgte, ist mir nicht bekannt, auf jeden Fall kam Ōkuninushi so ein weiteres Mal in die Lage, das „Dämonentor“ einer Haupt·stadt zu bewachen. Die beiden ''kami'', Ōkuninushi und Masakado, wurden in Edo vor allem unter dem gemein·samen Namen Kanda Myōjin verehrt. Auf populärer Ebene wurde Ōkuninushi jedoch auch in Gestalt des Glücksgottes Daikoku wahr·ge·nommen. Kanda Myōjin war also in gewisser Weise auch Daikoku und ist es bis heute geblieben.<br />
<br />
Als aus Edo Tokyo wurde und die Burg der Tokugawa {{Glossar:Shougun | Shogune}} in den neuen Palast des {{Glossar:Meijitennou}} umfunktioniert wurde (1868), war der einstige Rebell Taira no Masakado keine opportune Gott·heit mehr. Er wurde kurzer·hand aus dem Kanda Schrein entfernt und durch die Gottheit Sukonabikona, Okuninushis ''alter ego'' aus der Izumo Legende, ersetzt. Da Sukonabikona aber der All·ge·mein·heit nicht bekannt war, erhielt er das Aussehen des Ebisu, der im Ensemble der sieben Glücksgötter zu·meist Hand in Hand mit Daikoku auftritt. Heute ist Taira no Masakado rehabilitiert und der Kanda Schrein be·her·bergt somit drei Gottheiten: Ōkuninushi, Sukonabikona und Taira no Masakado. Nach außen hin sicht·bar ist jedoch vor allem Daikoku, dem eine große Statue errichtet wurde (s. Abb.) und der im Kanda Schrein als „Gott der guten [Ehe-]Beziehungen“ ({{glossar:enmusubinokami}}) apostrophiert wird, um möglichst viele heirats·willige Paare anzulocken. <ref> Die Rolle eines „Gottes der guten Beziehungen“, die an·ge·sichts der vielen Heiraten des Ōkuninushi eigent·lich als zweifel·haftes Omen für eine gute Ehe angesehen werden muss, hat Ōkuninushi/Daikoku im übrigen auch im Jishu Schrein in Kyoto, wo er als Gott der Verliebten verehrt wird. (s. Abb. oben)</ref><br />
<br />
An dieser Stelle sei nur noch angemerkt, dass Daikoku und Ebisu auch in anderen Schreinen gemeinsam auf·teten, wobei Ebisu mitunter auch auf Kotoshironushi, den Sohn und Thronfolger Ōkuninushis aus der Episode seiner Ab·dankung zurückgeführt wird. Es ist durchaus wahr·schein·lich, dass es sich auch in diesen Fällen um „invented traditions“ aus der Meiji Zeit handelt, dass also zu·sam·men mit dem Tenno mythologische Götter für die Schrein·kulte der Meiji-Zeit reaktiviert wurden, auch wenn sie ur·sprüng·lich gar nichts mit ihren neuen Schrein-Wohnorten zu tun hatten.<br />
<br />
==Zusammenfassung==<br />
<br />
Die Vielzahl von Erscheinungsformen des Ōkuninushi sind in der japanischen Religionsgeschichte keineswegs einzigartig, Ōkuninushi kann vielmehr als beispielhaft für die Flexibilität japanischer ''kami''-Identitäten angesehen werden. Was ihn darüber hinaus aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, dass er immer wieder — wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen — an der Schwelle großer politisch-religiöser Einschnitte auftaucht, um als Schutzgott des politischen Zentrums zu fungieren.<br />
<br />
Die Geschichte von Ōkuninushis Abdankung zugunsten des „himmlischen Enkels“ ist zweifel·los die heute bekannteste Episode in der Biographie dieses Gottes, mindest ebenso interessant ist aber die Gründung des Miwa Schreins, die in vieler Hinsicht als die Grund·stein·legung einer völlig neu·artigen Form von Religion erscheint. Der Tenno, der zunächst den Kult für seine gött·lichen Ahnen in eigener Person leitet, fühlt sich angesichts einer landes·weiten Katastrophe schuldig und ver·un·sichert, weil er die Ursache des Unglücks in einer Fehl·handlung bei der Ausübung seiner religiösen Pflichten sieht. Er über·ant·wortet die Götter (= seine Priesterolle) bestimmten Spezialisten und ver·lagert ihren „Wohnort“ an separate Orte außer·halb des kaiserlichen Palastes. Auf diese Weise entstehen die ersten Schreine. Manche Forscher erkennen in dieser Episode auch den Über·gang von einer weiblich dominierten religösen Praxis zu einer männlich-patriarchalischen (Elwood 1990). Zwar spielt auch in dieser Episode eine Shamanen-Priesterin — eine Tante des Sujin, die mehrfach als enge Beraterin auftritt — eine wichtige Rolle, doch ihre Hierogamie mit Ōkuninushi scheitert. Letzt·lich gelingt es nur dem männlichen Priester aus dem Geschlecht Ōkuninushis, die leicht er·reg·bare Gott·heit zu beschwichtigen und damit den Katastrophen ein Ende zu bereiten.<br />
<br />
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die hier nur am Rande erwähnte „Aus·lagerung“ Amaterasus in das weitab der Yamato-Region gelegene Ise. Unter den folgenden Tenno bleibt die mächtige „irdische Gottheit“ Ōkuninushi wichtiger als die „himmlische Gottheit“ Amaterasu. J. E. Kidder mut·maßt, dass Amaterasu erst unter {{Glossar:Tenmutennou}} (r. 672–86) und die auf ihn folgende Kaiserin {{Glossar:Jitoutennou}} (r. 690–97) ihr klassisches Profil als wichtigste Ahnen·gottheit der kaiser·lichen Dynastie erhält. <ref>Die Installierung der klassische Hofaristokratie inklusive der Errichtung einer permanenten Haupt·stadt und der Abfassung einer kaiserlichen Chronik/Mythologie wird heute als Werk der sog. Tenmu Dynastie angesehen, die von Tenmu Tenno 672 begonnen und von Kanmu Tenno (r. 781–806), einem Nach·fahren von Tenmus Bruder Tenji, abgelöst wurde. S. dazu Ooms 2008.</ref> Während die „Kapitel des Götter·zeit·alters“ von ''Kojiki'' (712) und ''Nihon shoki'' (720) dieser neuen Bedeutung Amaterasus ent·sprechend aus·gestaltet werden, verabsäumen es die Chroniken, auch die zeitlich näheren Kapitel der neuen Ideologie anzugleichen und offenbaren somit eine Diskontinuität in der Verehrung der Sonnengottheit (Kidder 2007).<br />
<br />
In jedem Fall geht die Aufwertung der [[Bauten:Ise_Izumo | Ise Schreine]] mit einer Abwertung von Ōkuninushis Schreinen in Izumo und Miwa einher. Ōkuninushi findet jedoch auf dem Um·weg über den Buddhismus zu einer neuen Identität, um sich schließ·lich erneut als Glücksgott Daikoku im religiösen Pantheon Japans zu behaupten. Zu·gleich scheint es, als ob er seine Rolle als Be·schützer des politischen Zentrums (Hüter des „Dämonentores“), die er unter Sujin erstmals über·tragen bekommt, auf stille, un·spek·takuläre Weise auch in Kyoto und Edo wahrnimmt.<br />
{{Linkbox|ue=Anmerkungen|text=<br />
<references/><br />
}}<br />
<div class="bildbox bildtext">[[Image:okuninushi_hokusai.jpg|link=|okuninushi]]<div>Ōkuninushi und der weiße Hase von Inaba<br /> Darstellung von Katsushika Hokusai (1760–1849), Detail.<br /> Bildquelle:[http://www.mfa.org/collections/search_art.asp?recview=true&id=236864&coll_keywords=okuninushi&coll_accession=&coll_name=&coll_artist=&coll_place=&coll_medium=&coll_culture=japan&coll_classification=&coll_credit=&coll_provenance=&coll_location=&coll_has_images=1&coll_on_view=&coll_sort=2&coll_sort_order=0&coll_view=0&coll_package=0&coll_start=1 Museum of Fine Arts], Boston [2010/9] <br/><br />
<br />
Hokusai interpretiert Ōkuninushi eindeutig als Daikoku <br /> und die Seemonster (''wani'') als Krokodile (s.o.)</div></div><br />
<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
{{Literatur:Antoni_1982}}<br />
{{Literatur:Antoni_1988}}<br />
{{Literatur:Aoki_1999}}<br />
{{Literatur:Aston_1972}}<br />
{{Literatur:Ellwood_1990}}<br />
{{Literatur:Iyanaga_2002}}<br />
{{Literatur:Ooms_2008}}<br />
{{Literatur:Philippi_1977}}<br />
{{Literatur:Philippi_1990}}<br />
{{Literatur:Sonoda_1974}} [Informationen zum Kanda Schrein.]<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Glossar:Takachiho&diff=17049Glossar:Takachiho2010-10-12T14:49:41Z<p>OrochiJR: Die Seite wurde neu angelegt: „{{Glossareintrag| kanji=高千穂| romaji=Takachiho| text=Stadt im heutigen Kyushu, in der der Himmelsenkel Ninigi herabgestiegen s…“</p>
<hr />
<div>{{Glossareintrag| <br />
kanji=高千穂| <br />
romaji=Takachiho| <br />
text=Stadt im heutigen Kyushu, in der der Himmelsenkel [[Mythen:Götter_der_Erde|Ninigi]] herabgestiegen sein soll|<br />
stichwort ={{{1|}}}|<br />
link={{{2|Mythen:Götter_der_Erde}}}|<br />
tags=Mythen<br />
}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Goetter_der_Erde&diff=17047Mythen/Goetter der Erde2010-10-12T14:29:24Z<p>OrochiJR: /* Susanoo und Ōkuninushi */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=<span>Zeitalter der Götter, Teil 2</span> Die Götter der Erde=<br />
<br />
Die Begriffe Götter des Himmels und Götter der Erde ({{glossar:amatsukami}}, bzw. {{glossar:kunitsukami}}) spielten zur Zeit der schrift·lichen Fixierung der Mythen (um 700) offenbar eine wichtige Rolle. Im all·gemeinen vers·tehen die frühen Chroniken darunter einer·seits die gött·lichen Vor·fahren des {{Glossar:Tennou}} und seiner un·mittel·baren Vasallen, die im Himmel ({{glossar:takamanohara|Takama no hara}}) residieren, andererseits die göttlichen Vor·fahren der meisten anderen territorialen Klans der Frühzeit. Die Mythen von den Göttern der Erde schildern (und begründen), wie die Hierachie zwischen diesen Gruppen zu·stande kommt, und be·handeln damit letzlich nichts anderes als das Zu·stande·kommen des frühen japanischen Staates.<br />
<br />
==Susanoo und Ōkuninushi==<br />
<div class="sidebox_Wrapper"><br />
{{Sidebox|susanoo_kyosai.jpg|w=200|left=-40|top=-20|caption=Susanoo}}<br />
{{Sidebox|okuninushi_hokusai.jpg|top=-60|w=140<br />
|sidepage=Okuninushi|titel=essay|caption=Ōkuninushi}}<br />
</div><br />
<br />
Nachdem {{glossar:amaterasu}} dank des Zusammenwirkens der gesamten Götter·schar wieder aus ihrer Höhle heraus·gelockt worden ist, wird {{glossar:susanoo}} einer Reihe von Strafen und Foltern unterworfen und schließlich endgültig in die Unter·welt verbannt. Als erzieherische Maßnahme hat die Ver·bannung offen·sicht·lich Erfolg. Auf dem Weg in die Unterwelt kommt Susanoo auch auf die Erde (genauer: in das Land [[Bauten:Ise_Izumo | Izumo]]) und nimmt dort, ganz der [[Mythen:Götter_des_Himmels/Trickster | Trickster-Definition]] von Eliade folgend, die Rolle eines Kulturheroen an. So rettet er etwa ein Mädchen vor der acht·köpfigen Schlange {{glossar:yamatanoorochi}}, welche die Menschen terrorisiert. Der Mythos erwähnt aber auch, dass aus seinen Haaren nützliche Bäume ent·stehen und bringt ihn außer·dem mit der Erfindung des Sake in Verbindung.<br />
<br />
Mit dem geretteten Mädchen, der {{glossar:kushinadahime|Prinzessin Kushinada-hime}}, zeugt Susanoo eine neue Herrscher·dynastie auf Erden. Die Geschichten dieser Nachkommen sind vor allem im {{Glossar:Kojiki}} zu finden. Vieles deutet daraufhin, dass sie einem eigenen Mythen·kreis ent·stammen und in den Erzählungen rund um die Sonnen·gott·heit ursprünglich gar nicht vorkamen. Denn in gewisser Weise wird die Welt durch diese Nachkommen des Susanoo ein weiteres Mal neu geschaffen. Die Hauptgötter dieser Episode werden vor allem im Groß·schrein von {{glossar:izumotaisha|Izumo}} verehrt und sind auch in den Mythen eng mit dieser Region nordwestlich von Kyoto verbunden. Man kann daher an·nehmen, dass es in Izumo ur·sprüng·lich einen eigenen Sagen·kreis gab, der in ''Kojiki'' und {{Glossar:Nihonshoki}} nur notdürftig mit dem Amaterasu-Sagen·kreis ver·bunden wurde. Susanoo stellt sozusagen das Binde·glied zwischen diesen Erzählungen dar.<br />
<br />
Der Hauptheld des Izumo Sagenkreises heißt aller·dings nicht Susanoo, sondern {{glossar:ookuninushi}} — der „Große Landesherr“. Er ist der Sohn des Susanoo (nach einer anderen Version ein Ab·kömmling in der fünften oder sechsten Generation) und muss — selbst eine Art Trickster Gott·heit — erst eine Reihe von Qualen und Demütigungen durch·stehen, bevor er schließlich Herr des Landes wird und zusammen mit einer weiteren Schöpfergottheit, dem winzigen {{Glossar:Sukonabikona | Sukunabikona}}, die Erde in ihren nun·mehrigen Zustand bringt. Wie auf der [[Mythen:Götter_der_Erde/Okuninushi | Sidepage]] zu Ōkuninushi genauer be·schrieben, steht Ōkuninushi stellvertretend für eine ganze Reihe von Territorial·gott·heiten, die noch in den späteren Er·zählungen einzelner Tenno immer wieder auftauchen und die Geschicke des Landes maßgeblich mitgestalten.<br />
<br />
===Die Entmachtung des Ōkuninushi===<br />
<br />
Die Verbindung zwischen den Mythen der „Himmlischen Götter“ und den Erzählungen von Ōkuninushis Gestaltung der Welt stellt die Episode von Ōkuninushis Ent·machtung dar. Es ist die Geschichte einer Kolonisation, die den Chroniken zufolge lediglich mit sanfter Gewalt durch·geführt wird: Zunächst entsenden die Himmli·schen Götter Boten aus ihren eigenen Reihen, die Ōkuninushi über·zeugen sollen, dass es das beste für ihn sei, den Nach·kommen der Sonnen·gottheit kampflos die Herr·schaft zu über·lassen. Ōkuninushi gelingt es zwar, die ersten Boten von ihrer Mission abzubringen, indem er sie mit Luxus über·häuft und zum Bleiben überredet, doch schließlich sendet der Himmel seine bewähr·testen Haudegen, {{glossar:takemikazuchi}} und {{glossar:futsunushi}}. (Die beiden sind aus Feuer und Schwert her·vor·ge·gan·gen und zwar in genau jener Epi·sode, als Göttervater {{glossar:izanagi}} das Feuerkind in Stücke schlug, das den Tod der Göttermutter {{glossar:izanami}} ver·ur·sacht hatte.) Als diese beiden „Feuer-Schwert-Götter“ dem Ōkuninushi ihre Schwert·künste demon·strieren, ist er schließ·lich bereit ab·zu·dan·ken und zieht sich an einen myste·riösen Ort (die Unterwelt?) zurück. Statt ihm soll nun {{glossar:ninigi}}, der Enkel der Sonnengottheit, die Welt (bzw. Japan) regieren.<br />
<br />
In dieser Episode zeichnet sich ein politischer Gegensatz zwischen einem Herrschergeschlecht in der Gegend des Izumo Schreins (wo Susanoo und Ōkuninushi verehrt werden) und dem Tenno Geschlecht ab. Die Erzählung trägt deutlich pro·pagan·distische Züge, indem sie den Anschluss Izumos an das „Reich der Himmlischen Götter“ als freiwilligen Herrschafts·verzicht einer Lokal·dynastie darstellt und allfällige Gewalt·anwendungen fast vollkommen übergeht. Nur am Rande ist davon die Rede, dass einige aufmüpfige Götter im Gefolge des Ōkuninushi bestraft werden mussten. Ein mehrfach wiederholter Stehsatz lautet, dass Bäume und Gräser, die zur Zeit Ōkuninushis vorlaut durch·ein·ander·quasselten, nun endlich zum Schweigen gebracht wurden. Trotzdem deutet sich an, dass die Ent·machtung Ōkuninushis nicht ganz ohne Widerstand erfolgte. Wie der weitere Verlauf der Erzählung ausführt, ist die Etablierung der Sonnen·dynastie auch mit Ninigi noch lange nicht abgeschlossen. (Siehe dazu auch den Essay zu [[Mythen:Götter_der_Erde/Okuninushi | Ōkuninushi]].)<br />
<br />
==Die Dynastie des „Himmlischen Enkelsohns“==<br />
<br />
Ninigi, der Himmlische Enkelsohn, wählt als Ort seines Abstiegs interes·santer·weise weder Izumo, noch die zentral·japanische Kansai Region, sondern das von zahl·reichen Vulkanen zerklüftete Hochland Takachiho im Zentrum der Insel Kyushu. Auf diese Weise bezieht die mythische Erzählung von der Staats·gründung Japans eine weitere Groß·landschaft mit ein, nämlich Kyushu, das seit altersher eine Brücke zwischen der Hauptinsel Honshu und der koreanischen Halbinsel bildet.<br />
{{Sidebox|sarutahiko_hokusai.jpg<br />
|w=200|left=-30|top=-30|caption=Sarutahiko}}<br />
<br />
Der ideologische Charakter der Ninigi-Episode äußert sich meines Erachtens u.a. darin, dass seine Figur merk·würd flach und farblos bleibt. Die einzigen Gestalten, die bei seinem Abstieg augen·fällig in Erscheinung treten, sind ein langnasiger Berggott namens {{glossar:sarutahiko}}, eine Art {{Glossar:Tengu}}, der den himmlischen Göttern mit zweifelhaften Drohgebärden entgegen tritt, und die bereits erwähnte temperament·volle {{glossar:amenouzume}}. Diese Ahn·herrin des japanischen Theaters entblößt ein weiteres Mal ihre Brüste und drängt damit den un·heim·lichen Sarutahiko in die Defensive, sodass er sich bereit erklärt, Ninigi sicher zur Erde zu geleiten. Ame no Uzume und Sarutahiko werden schließlich ein Paar.<br />
<br />
Von Ninigi wird nur noch berichtet, dass er mit der Tochter eines lokalen Gottes drei Söhne zeugt, die myste·riöser·weise nach eintägiger Schwangerschaft zur Welt kommen. Die Geschichte dieser Nach·kommen eröffnet ein weiteres mythologisches Kapitel, das geographisch in Kyushu an·ge·siedelt ist und mit den vor·her·ge·gangen Erzählungen kaum etwas gemein hat. Es beginnt mit einer Art Kain-und-Abel Geschichte von der Konkurrenz zweier Brüder (der dritte fällt unter den Tisch). Der gute jüngere wird vom bösen älteren Bruder gezwungen, einen ver·lorenen Angelhaken zu suchen, gerät dabei zum Palast des Meeresgottes, der in Gestalt eines [[Mythen:Drachen |Drachens]] am Grunde des Meeres residiert, und ver·mählt sich mit seiner Tochter. Mit Hilfe seines mächtigen Schwieger·vaters gelingt es dem jüngeren Bruder letztlich, den bösen älteren Bruder zu besiegen.<br />
{{Sidebox|jinmu_yoshitoshi_artelino.jpg|w=140|top=-50|caption=Jinmu Tennō}}<br />
Ein Urenkel Ninigis und zugleich Urenkel des Drachen/ Meeresgottes ist {{glossar:jinmutennou}}, der den Chroniken zufolge der erste ''menschliche'' Herrscher des Sonnen·geschlechts ist und daher als der erste Tenno ge·handelt wird. Worin er sich konkret von den Göttern unter·scheidet, bleibt aller·dings weit·gehend unklar. Jinmu Tenno steht aber auch insofern an der Schwelle von Mythos und Geschichte, als er als sieg·reicher Anführer eines historisch bis zu einem gewissen Grad nach·voll·zieh·baren Feldzugs ge·schildert wird. Von Kyushu aus erobert er die zentral·japanischen Provinzen der Kansai Region, die mit den späteren Haupt·städten {{glossar:nara}} und Kyoto zum Ausgangs·punkt eines zentralisierten landes·weiten Staats·gebildes werden. Es ist dieser Feldzug, von dem die Tenno-Dynastie ihren Macht·anspruch über ganz Japan ableitet.<br />
<br />
Mit Jinmu Tenno endet das Zeitalter der Götter. In den beiden ältesten Chroniken {{glossar:Kojiki}} und {{glossar:Nihonshoki}} folgt nun eine Chronologie der nach·folgenden Tenno, die immer stärker die Züge einer historio·graphischen Aufzeichnung annimmt. Dennoch ist heute offen·kundig, dass die Rekonstruktion der Tenno-Genealogie ein Werk des siebenten Jahr·hunderts ist und trotz einiger historisch ernst zu nehmender Details auch viele nach·trägliche Geschichts·mani·pula·tionen be·inhaltet. Neben trocken-sachlichen Aufzählungen von Namen und Daten ent·halten auch die Chroniken der späteren Tenno viele mythologische Episoden. Die viel·leicht inte·res·san·teste Erzählung handelt vom Eroberungs·feldzug der Kaiserin {{glossar:jinguukougou}} nach Korea. Nachdem sie für die Dauer der Schlacht ihre Schwangerschaft hinaus·gezögert hat, bringt die Kaiserin schließlich einen Sohn zur Welt, den späteren {{glossar:oujintennou}}, der sich in einem anderen Sagen·kreis als der Gott {{glossar:hachiman}} reinkarniert und neben Amaterasu zum wichtigsten Ahnengott des Tenno-Hauses avanciert.<br />
<br />
==Mythologische Motive in Märchen und Legenden==<br />
{{float|left|bild=urashima_tr2.gif|}} <br />
Neben den hier geschilderten „offiziellen Mythen“ gibt es noch eine Vielzahl von Märchen und Legenden, die ebenfalls mythische Züge tragen und in zahl·rei·chen Varianten erzählt werden. Am bekann·testen ist vielleicht die Geschichte von {{glossar:urashimatarou}}, dem Fischer, der eine Schildkröte rettet, dafür die Tochter des Drachen·königs am Grunde des Meeres heiratet, schließlich aber aus Sehn·sucht zurück in sein Heimat·dorf will. Dort an·ge·kommen stellt er fest, dass während seines Auf·ent·halts im Drachen·palast viele hundert Jahre vergangen sind. Als er in seiner Ver·zweiflung das Schatz·käst·chen öffnet, das ihm seine Frau mit·ge·geben hat, verliert er auch noch die Gabe der ewigen Jugend und stirbt.<br />
<br />
Dem Drachenkönig am Grunde des Meeres begegnet man also bereits in den ältesten Mythen. Dieses Motiv ist in ganz Asien ver·breitet und auch in buddhistischen Legenden präsent. Aus diesen gemein·sa·men Motiven in Mythen und Legenden lässt sich ermessen, wie groß die Einflüsse des Fest·lands auf die japanische Kultur schon vor der Über·nahme der chinesi·schen Schrift·kultur gewesen sein müssen. (S.a. [[Drachenbilder]])<br />
{{Linkbox|ue=Literatur und Links|text=<br />
{{Literatur:Mori_2003}}<br />
* [http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=2 Amatsukami, Kunitsukami], Endō Jun (en.)<br/>Artikel in der ''[http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords Encyclopedia of Shinto]''.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay|Mythen: Jenseits}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Goetter_der_Erde/Trickster&diff=17046Mythen/Goetter der Erde/Trickster2010-10-12T14:22:36Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Mircea Eliade über Trickster=<br />
{{Float|bild=eliade.jpg|style=margin-right:-8em;<br />
|caption=Mircea Eliade (1907-1986)<br /> Illustration von [http://benjaminheine.blogspot.com Ben Heine], 2007 [2010/9]}}<br />
<br />
Der bekannte Mythenforscher Mircea Eliade definierte die seiner Meinung nach arche·typische Gestalt des Tricksters folgendermaßen:<br />
{{zitat|text=<br />
Seine Persönlichkeit ist ambivalent und seine Rolle zwiespältig, in der Mehr·zahl der mytho·logischen Traditionen ist er für das Vor·handen·sein des Todes und den jetzigen Zu·stand der Welt ver·ant·wort·lich. Er ist aber auch ein Ver·wandler und Kulturheros, denn man sagt von ihm, er habe das Feuer und andere nützliche Dinge ge·stohlen und die Ungeheuer, die die Erde verwüsteten, vernichtet.<br />
<br />
Aber auch als Kulturheros bewahrt er die spezifischen Züge eines Betrügers. Wenn er das Feuer oder ein anderes dem Menschen un·be·dingt not·wen·diges Gut stiehlt, das ein götliches Wesen eifer·süchtig hütet (Sonne, Wasser, Wild, Fische), so gelingt ihm das nicht auf heroische Weise, sondern mittels Schlau·heit oder Betrug. Der Erfolg seiner Bemühungen wird oft durch seine Un·ge·schick·lich·keit in Frage gestellt (die Erde wird etwa durch Feuer oder Flut vernichtet).<br />
<br />
Nur mit List oder Täuschung gelingt es ihm, die Menschen von den kanni·balischen Ungeheuern zu befreien.<br />
<br />
Ein weiterer charakteristischer Zug des Tricksters ist seine ambivalente Haltung gegenüber dem Heiligen. Er karikiert und parodiert scha·ma·nis·tische Erfahrungen oder priesterliche Rituale. Die Schutzgeister des Schamanen werden von ihm auf groteske Weise mit seinen Ex·kre·men·ten identifiziert, und er parodiert den ekstatischen Flug des Schamanen, obwohl er selbst am Ende immer her·unter·fällt. Es ist klar, daß dieses paradoxe Benehmen eine zwei·fache Bedeutung hat: Der Trickster macht sich über das Heilige, die Priester und die Scha·ma·nen lustig, die Lächer·lich·keit richtet sich aber auch gegen ihn selbst. Wenn er nicht der hart·näckige und listen·reiche Feind des Schöpfergottes ist (wie in den kalifornischen Mythen), dann erweist er sich als eine schwer zu definierende Persön·lich·keit, intelligent und dumm zugleich, den Göttern nahe durch seine „Uranfänglichkeit“ und seine Kräfte, aber den Menschen noch näher durch seinen ge·fräßigen Hunger, seine außer·ge·wöhn·liche Sexualität und seine Amoralität.<br />
|quelle=Aus: Mircea Eliade, ''Die Sehnsucht nach dem Ursprung''. Frankfurt am Main 1989 (Erstauflage 1969)<br />
}}<br />
<br />
Gestalten, die Eliades Trickster-Archetyp nahe kommen, finden sich auch in den Mythen der europäischen Antike, allen voran in der Figur des Prometheus, der den Menschen nach einer Über·lieferung sogar selbst aus Lehm er·schafft und ihn schließ·lich durch List in den Besitz des Feuers bringt. All dies gegen den aus·drück·lichen Befehl des Göttervaters Zeus. Auch andere griechische (Halb-)Götter rebellieren mit List und Tücke gegen die Ordnung der Götter, etwa Tantalos, der den Göttern, um ihre All·wissen·heit zu testen, seinen eigenen Sohn zur Mahl·zeit vorsetzt, oder Sisyphos, ein notorischer Lügner, der kurz·zeitig sogar den Tod außer Gefecht setzt. Sie alle werden in den griechischen Mythen mit drastischen Strafen belegt, die sich vor allem durch ihre Permanenz auszeichnen: Prometheus' Leber wächst immer nach, damit sie erneut von einem Adler ge·fressen werden kann, Sisyphos' Stein rollt immer wieder den Berg hin·unter, bevor er es geschafft hat, ihn bis zum Gipfel zu bringen, Tantalos hungert und durstet umgeben von Köstlichkeiten, die er gerade nicht mehr erreichen kann.<br />
<br />
Gerade am Beispiel des Prometheus drängt sich die Idee auf, dass er stell·ver·tretend für die Entweihung büßen muss, welche die mensch·liche Kultur gegenüber der gött·lichen Ordnung darstellt. Auch in der biblischen Erbsünde, bzw. dem Kreuzestod Christi kann man diese Idee von mensch·licher Kultur als Frevel finden (Jesus über·nimmt dabei eine theologisch transzendierte Tricksterrolle, in der die komische Seite fehlt).<br />
<br />
{{glossar:Susanoo}}, der japanische Trickster, besitzt fast alle der von Eiade auf·ge·zählten Eigen·schaften, aller·dings treten sie nicht gleich·zeitig zu Tage, sondern in auf einander folgenden Episoden. Zu·nächst begeht er Missetaten, die u.a. die Ent·weihung von Heiligem implizieren, v.a. durch die Verunreinigung von {{glossar:Amaterasu|Amaterasus}} Palast mit den eigenen Exkrementen. Zur Strafe werden ihm die Nägel aus·ge·rissen, dann muss er aufwendige Opfergaben leisten und schließ·lich wird er aus dem Himmel ver·bannt. Diese Strafen sind grausam, aber be·grenzt. Er muss nicht wie seine griechischen Kollegen alle Zeiten hindurch leiden.<br />
<br />
Stattdessen kann er sich in der irdischen Welt eine neue Existenz aufbauen und wird erst dadurch zum Kulturheros. Schluss·end·lich endet er als Herr über die Unterwelt. Diese Rolle ist durchaus nicht subversiv. Seine List, mit der er die tyrannische Schlange {{glossar:Yamatanoorochi}} un·schäd·lich macht, ist eben·so·wenig gegen die Ordnung der Götter gerichtet, wie die sonstigen Wohl·taten, die er für die Menschen ersinnt (nach einer Version erschafft er nützliche Bäume und Getreide). Seine Identität als Tunichtgut und seine Identität als Wohltäter der Menschheit werden im japanischen Mythos also nicht in eine ur·säch·liche Verbindung mit einander gebracht.<br />
{{Galerie1|<br />
bild1={{Dia|susanoo_schlange1.jpg|w=450|rahmen_w=450|rahmen_h=200}}|<br />
caption= Susanoo kämpft gegen die achtköpfige Schlange<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Goetter_des_Himmels/Uzume&diff=17045Mythen/Goetter des Himmels/Uzume2010-10-12T14:19:21Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}<br />
=Ame no Uzume <span class="bottom">Die Ahnherrin von Ritus, Tanz und Theater</span>=<br />
{{Float|left|bild=uzume-hokusai.jpg|class= bild<br />
| caption=Ame no Uzume<br /> Buchillustration von Katsushika Hokusai<br />''Hokusai manga'', Bd. 5, 1816<br /> Bildquelle: [http://visipix.dynalias.com/search/search.php?userid=1615220046&q=%272tAA%20Special%20Exhibitions%20---/Hokusai%20-%20integral%20facsimiles/15%20volumes%20Mangas/Volume%2005%27&s=4&l=en&u=2&ub=1&k=1 visipix] (bildbearbeitet) [2010/9]<br />
}}<br />
{{glossar:Amenouzume}} tritt in den Mythen in zwei entscheidenden Episoden auf: Im Mythos von [[Mythen:Götter_des_Himmels | Amaterasu in der Felsenhöhle]] und im Mythos von der [[Mythen:Götter_der_Erde | Herabkunft des Himmlischen Enkels]]. Im letzteren Fall gehört sie zum Gefolge des {{glossar:Ninigi}}, als er die Herr·schaft auf der Erde antreten soll. Im Zuge ihres Ab·stiegs zur Erde stellt sich den Himmelsgöttern eine seltsame Gottheit namens {{glossar:Sarutahiko}} in den Weg. Sarutahiko besitzt eine „sieben-Hand-lange“ Nase, ist zudem von un·ge·wöhn·lich hohem Wuchs und emittiert Licht·strahlen aus Mund und After. Die himmlischen Götter wissen nicht, ob er feindlich oder freundlich ge·son·nen ist. Ame no Uzume ergreift die Initiative um die Sache zu klären und entblößt vor dem selt·samen Gott ihre Brüste, wobei sie in ver·ächt·liches Lachen ausbricht. Sarutahiko erklärt daraufhin, dass er Ninigi, dem Himmlischen Enkel, vor·aus·gehen wolle, um ihm den Weg zu weisen. Ob dies sein ur·sprüng·liches Vorhaben war oder ob Uzume ihn durch ihr Ver·halten dazu brachte, bleibt offen.<br />
<br />
Uzume und Sarutahiko werden schlussendlich ein Paar und Uzume bekommt den neuen Namen Sarume no kimi — wtl. „Herrin der Affenfrauen“. Diese „Affen·frauen“ sind niemand anderer als die Priester-Tänzerinnen des frühen Tenno-Hofes, die sich somit auf Ame no Uzume zurückführen. Uzumes Hand·lungen, ihr erotischer Tanz vor der Felsen·höhle und ihr provokantes Techtel·mechtel mit Sarutahiko, scheinen also auch eine rituelle Komponente zu haben. Tatsächlich führt das {{Glossar:Kogoshuui}} (verfasst 807) den „Ritus zur Besänftigung der Geister“ (''chinkonsai'') auf Ame no Uzume zurück. Zudem wird Ame no Uzume als Ahnherrin des ja·pa·nischen Theaters bezeichnet. Die Gestalt der Uzume macht somit deut·lich, dass Tanz, Theater und Ritus in alter Zeit wohl nicht von ein·ander zu trennen waren, und verrät zudem, dass Spass und Erotik im alten Ritual·wesen durchaus ihren Platz hatten.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext"<br />
|colspan="2"|[[Image:uzume_sarutahiko.jpg|link=|uzume]]<div> Ame no Uzume und Sarutahiko<br /> Buchillustration aus ''Nakatomi ōbarai ezu'', einem Werk der späten Edo-Zeit <br /> Bild: [http://www.lib.ehime-u.ac.jp/SUZUKA/ Suzuka bunko], Ehime University [2010/9] </div><br />
|-<br />
|[[Image:uzume_toyokuni.jpg|link=|uzume]]<div> Ame no Uzume, repräsentiert durch einen Kabuki-Schauspieler<br /> Holzschnitt von Toyokuni <br /> Bild: [http://rarebook.ndl.go.jp/ Kichō shogazō database] </div><br />
|[[Image:uzume_ekin.jpg|link=|uzume]]<div> Ame no Uzume <br/>in einer parodistischen Darstellung von Ekin (1812-1876) <br /> Bild: [http://www.muian.com/muian04/04ekin.htm#ekin027 Muian] [2010/9]</div><br />
|}<br />
</div><br />
{{linkbox|text=<br />
* [http://www.uwec.edu/philrel/shimbutsudo/uzume.html Ame-no-Uzume no Mikoto], Joseph Ziehr and Edward Beach (en.)<br/>Artikel der Website ''[http://www.uwec.edu/philrel/shimbutsudo/ Shimbutsudo]''.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Mythen/Goetter_des_Himmels&diff=17044Mythen/Goetter des Himmels2010-10-12T14:06:38Z<p>OrochiJR: /* Izanagi und Izanami */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=<span>Zeitalter der Götter, Teil 1</span>Die Götter des Himmels =<br />
<br />
Das „Zeitalter der Götter“ erscheint in den Mythen als ver·hält·nis·mäßig klar ab·ge·grenzte Zeit·spanne zwischen der Ent·stehung der Welt und dem Beginn der Herr·schaft der {{Glossar:Tennou}} Dynastie. In dieser Zeit bevölkern Menschen, Götter und Fabel·wesen eine ge·mein·same Sphäre, ähnlich wie in den Mythen der griechischen Antike oder anderen mythologischen Traditionen. Mythen dieser Götter·zeit lassen sich in ver·schie·dene Episoden gliedern, die in den beiden staat·lich sanktionierten Chroniken {{glossar:kojiki}} und {{glossar:nihonshoki}} zwar mit·ein·ander ver·bunden sind, deren Protagonisten und regionale Schwer·punkte aber ver·schie·den sind. Dies deutet darauf hin, dass es sich ur·sprüng·lich um von einander un·ab·hängige Er·zählungen handelte. Aus meiner per·sön·lichen Sicht lassen sich vier Haupt·episoden identifizieren, die möglicher·weise aus jeweils eigenen Sagenkreisen stammen, näm·lich: a) die Erschaffung der Welt, b) der Zwist zwischen {{Glossar:Amaterasu}} und {{Glossar: Susanoo}}, c) die Herr·schaft der Nach·kommen des Susanoo auf der Erde, und d) die Eroberung der Erde durch die Nach·kommen der Sonnengottheit — die spätere Tenno Dynastie. Auf dieser Seite werden die Episoden a) und b) behandelt, auf der [[Mythen:Götter_der_Erde | nächsten Seite]] c) und d).<br />
<br />
==Izanagi und Izanami==<br />
{{Sidebox|ii_kyosai.jpg|w=140|top=-10|caption= Izanagi und Izanami }}<br />
Sowohl das ''Kojiki'' als auch das ''Nihon shoki'' beginnen mit der Ent·stehung des Universums und greifen dabei auf chinesische Vor·stel·lungen zurück. Sie er·wäh·nen die Teilung der Urmaterie in Himmel und Erde ({{glossar:yinyang|Yang und Yin}}) und listen an·schließend eine Reihe von Urgöttern auf, die den [[Texte:Yin_und_Yang | Fünf Wand·lungs·phasen]] ent·sprechen. Diese Gott·heiten besitzen kaum eine narrative Funktion für die folgende mythische Er·zählung und fanden daher ver·mutlich erst relativ spät und unter dem Einfluss Chinas Eingang in die japanische Mythologie.<br />
<br />
Den eigentlichen Beginn des Mythos von der Erschaffung der Welt bildet die Er·zählung von den Ur·göttern {{glossar:izanagi}} und {{glossar:izanami}}, die sowohl als Ge·schwis·ter als auch als Ehepaar auf·treten. Izanagi und Izanami befinden sich zunächst in einem Raum, der bloß aus Wasser, Luft und einer frei schwe·benden Brücke zu be·stehen scheint. Auf dieser Brücke stehen sie jeden·falls, wobei der Mann, Izanagi, mit einem Speer unten im Wasser herum·stochert. Als er den Speer aus dem Wasser zieht, bilden sich an seiner Spitze salzige Klumpen, die zurück ins Wasser fallen und dort die erste Insel ({{Glossar:Onogoroshima}}, wtl. „die von selbst geron·nene Insel“) bilden. Auf diese Insel steigen Izanagi und Izanami nun herab. Sie er·richten auf der Insel einen „Himmels·pfeiler“ (oder einen Palast) und um·runden ihn in einer Art Hochzeits·ritus. Es folgt ihre ge·schlecht·liche Ver·einigung, aus der auf nicht näher be·schrie·bene Weise „Kinder“ in Form der ja·pa·nischen Inseln entstehen. Mit jeder Be·wegung erzeugen sie zudem, fast wie nebenbei, eine Un·menge von Gott·heiten, z.B. Windgötter, Nahrungs·götter und andere mehr.<br />
{{Textbox|width=30em|text=<br />
===Vokabel===<br />
Götternamen:<br />
* {{glossar:Izanagi}} - Göttervater<br />
* {{glossar:izanami}} - Göttermutter<br />
* {{glossar:amaterasu}} - Sonnengottheit<br />
* {{glossar:susanoo}} - Sturmgott, „enfant terrible“, Trickster<br />
* {{glossar:ookuninushi}} - Weltbeherrscher von Izumo<br />
* {{glossar:ninigi}} - Enkel der Sonnengottheit<br />
* {{glossar:jinmutennou}} - Erster „menschlicher“ Herrscher<br />
Mythische Orte:<br />
* {{glossar:onogoroshima}} - die erste Insel<br />
* {{glossar:takamanohara}} - Die himmlischen Gefilde, der Himmel<br />
* {{glossar:yomi}} - die Unterwelt<br />
}}<br />
Der dramatische Höhepunkt: Izanami gebiert den Feuergott, der ihren Schoß ver·brennt. Sie „stirbt“ an den Folgen dieser Geburt, d.h. sie wird in die Unterwelt ({{glossar:yomi}}) ver·setzt. Der entsetzte Vater Izanagi hin·gegen schlägt das Feuer-Kind mit seinem Schwert in Stücke, aus denen wieder·um neue „Schwert-Feuer-Gottheiten“ entstehen, die später noch eine Rolle spielen werden.<br />
{{Galerie1|<br />
bild1={{Dia|Izanagi_kagutsuchi.jpg|rahmen_w=300|rahmen_h=210|w=300}}<br />
}}<br />
Dann macht sich Izanagi in seinem Schmerz auf die Suche nach Izanami. Er findet sie schließ·lich in der Unterwelt, kann sie aller·dings in der Dunkel·heit nicht sehen. Gegen Izanamis aus·drück·liche Bitte ent·zündet er ein Licht (wtl. einen Span aus seinem Kamm) und erkennt ihre Schrecken erregende Ver·wand·lung in einen ver·westen Leichnam. Izanami fühlt sich durch diese Zurschaustellung zu·tiefst entehrt und ver·wandelt sich in eine Furie. Zusammen mit einer Reihe von Gehilfen jagt sie Izanagi bis zum Tor der Unterwelt, wo dieser die Verfolger ab·schüttelt, indem er das Tor mit einem großen Fels ver·rammelt. Diese Geste be·siegelt die end·gültige Trennung der Welt der Lebenden und der Toten. Izanami, die Herrin der Unter·welt, tut einen schreck·lichen Schwur, täglich ein·tausend Leben zu ver·nichten; Izanagi, der Gott des Lebens, schwört da·gegen, täglich ein·tausend Gebärhütten zu er·richten. Damit ist der ewige Zyklus von Geburt, Leben und Tod in Gang gesetzt.<br />
<br />
Abschließend vollzieht Izanagi eine rituelle Waschung ({{glossar:misogi}}) in einem Fluss, um sich von den Ver·un·rei·nigungen ({{glossar:kegare}}) der Unterwelt (des Todes) zu be·freien. Dabei ent·stehen wieder mehrere Gottheiten: Amaterasu, die Sonnengottheit (bei der Waschung des linken Auges), Tsukiyomi, der Mond (bei der Waschung des rechten Auges) und Susanoo, der etwas miss·ratene Sohn (bei der Waschung der Nase). Vater Izanagi teilt sein Erbe unter diesen Kindern auf. Nachdem die Nachfolge end·gültig geregelt ist, zieht er sich aus dem Welt·ge·schehen zurück und wird nicht mehr weiter erwähnt.<br />
<br />
==Amaterasu und Susanoo==<br />
{{Sidebox|amaterasu_eitaku.jpg|w=200|top=-80|left=-55|caption=Amaterasu}}<br />
{{glossar:amaterasu}} besitzt als Nachfolgerin Izanagis die höchste Autorität in den Himmlischen Gefilden ({{glossar:takamanohara|Takama no hara}}) und reprä·sentiert zugleich die Sonne. Amaterasus wichtigster Partner und zugleich Wider·sacher ist ihr jüngerer Bruder {{glossar:susanoo}}. Ihm wird nach manchen Varianten des Mythos zunächst die Herrschaft über die Erde oder das Meer zu·ge·teilt, letztlich führt sein Weg aber in allen Mythen·vari·anten in die Unterwelt.<br />
<br />
Susanoo benimmt sich zunächst sehr widersprüchlich, wie ein un·ge·zogenes kleines Kind. Obwohl er als wild und un·ge·stüm be·zeich·net wird, streunt er die meiste Zeit weinend umher, stets auf der Suche nach seiner Mutter. (Eigentlich ein Wider·spruch, denn er wurde ja von Izanagi allein ge·zeugt und ge·boren, doch der Mythos hält sich mit solchen Details nicht auf.) Als Izanagi ihn da·rauf·hin in die Unterwelt schickt (verbannt), möchte Susanoo noch einmal von seiner Schwester Abschied nehmen und ver·schafft sich Eingang in den Himmel. Amaterasu ahnt zwar Böses, kann ihm aber den Zutritt nicht ver·wehren. Tatsächlich voll·führt Susanoo im Himmel alle nur er·denk·lichen Misse·taten, die ganz offen·sicht·lich als Provokation der Sonnen·gottheit zu verstehen sind.<br />
<br />
Die meisten dieser Missetaten erscheinen uns heute als archaisch-un·ver·ständ·liche Tabu·brüche: Susanoo zerstört zum einen die Be·wässe·rungs·kanäle von Reisfeldern (wohl·gemerkt, Reis·felder der Götter) und sabotiert damit die land·wirt·schaft·liche Produk·tion, zum anderen ver·un·reinigt er Amaterasus Palast mit Exkrementen und wirft schließ·lich — völlig mysteriös — „ein rück·wärts gehäutetes Pferd“ in Amaterasus Webe·halle, wobei eine Dienerin (Schwester?) von Amaterasu zu Tode kommt. Amaterasu aber zieht sich, durch diese Untat ihres Bruders zu·tiefst ver·letzt, in die berühmte Felsen·höhle zurück, wo·durch sich das Uni·versum verdunkelt.<br />
<br />
An dieser Stelle kommt plötzlich eine Unzahl weiterer Götter ins Spiel, die bislang un·er·wähnt ge·blieben waren. (Es sind zumeist die Ahnengötter der wich·tigsten Familien am Hof der antiken Tenno.) Diese Götter ver·suchen mit den ver·schie·densten Mitteln, Amaterasu wieder aus der Höhle her·vor·zulocken: Sie lassen Hähne krähen um den Morgen an·zu·kündigen, hängen einen Spiegel an einen heiligen Baum vor der Höhle und be·dienen sich sogar ver·schiedener religiöser Rituale und Orakel·techniken.<br />
{{Sidebox|sidepage=Uzume|uzume-hokusai.jpg||w=200|top=-30|left=-30|caption=Ame no Uzume, Ahnherrin des Theaters}}<br />
<br />
Schließlich veranstalten sie ein ausgelassenes Fest, bei dem die junge attraktive Göttin {{glossar:amenouzume}} (die [[Mythen:Götter_des_Himmels/Uzume | Ahnherrin des japanischen Theaters]]) eine Art Striptease hin·legt (wtl. Brüste und Genitalien entblößt) und auf einem um·ge·stürzten Zuber tanzt, bis daraus Stimmen zu hören sind wie bei einem Geister·be·schwö·rungs·ritual. Die ver·sammelten Götter brechen da·rauf·hin in schallendes Gelächter aus, das den ge·wünsch·ten Erfolg zeitigt: Amaterasu ist neu·gierig ge·worden und öffnet die Höhle einen Spalt. Ihr eigener An·blick im Spiegel ver·an·lasst sie aus der Höhle her·vor·zu·treten, worauf die anderen Götter ihren neuer·lichen Rückzug mittels eines Götter·seils ({{glossar:shimenawa}}) blockieren: Die Welt wird wieder hell. Susanoo aber wird aus dem Himmel verbannt.<br />
<br />
===Amaterasus „jungfräuliche Empfängnis“===<br />
<br />
Amaterasu erscheint in der gesamten Erzählung geheimnis·voll, priester·lich und un·nah·bar. Sie hat in dieser Hisicht durch·aus Ähn·lich·keit mit der alt·ja·pa·nischen Priester·königin {{Glossar:Himiko}} aus dem dritten Jahr·hundert, von der eine chinesi·sche Quelle be·richtet, sie lebe in einem Palast, den Männer nicht be·treten dürfen, und habe ledig·lich einen jüngeren Bruder, der für sie gewisse Re·gierungs·aufgaben über·nehme. Auch Amatersu bleibt un·ver·heiratet. Ihre „Kinder“ ent·stehen aus einem selt·samen Wett·streit mit ihrem jüngeren Bruder Susanoo, als dieser Ein·gang in das von Amaterasu regierte Reich des Himmels begehrt: Beide Geschwister sind voll von gegen·seitigem Misstrauen. Um dieses Miss·trauen aus der Welt zu schaffen, über·geben sie ein·ander ihre Waffen (ein Schwert im Fall Susanoos, magische Edelsteine, {{glossar:magatama}}, im Fall der Amaterasu). Jeder zer·kaut nun die Waffen des anderen und spuckt die Über·reste wieder aus. Daraus ent·stehen fünf männ·liche und drei weib·liche Kinder. Einer dieser männ·lichen Nach·kommen ist jene Gottheit, über den sich die Tenno-Linie von Amaterasu ab·leitet (es handelt sich dabei um Ame no Oshihomimi, den Vater des {{glossar:ninigi}}). Er könnte aber genau so gut als Sohn des Susanoo an·ge·sehen werden, da er seine Geburt der Tatsache ver·dankt, dass Susanoo die Edel·steine seiner Schwester zer·kaute. Obwohl das ''Nihon shoki'' gerade zu dieser Episode eine Viel·zahl von Varianten an·führt, die sehr unter·schied·liche Inter·pre·ta·tionen zu·lassen, wird die Abkunft der Tenno-Linie von Amaterasu (und zwar nur von Amaterasu) in der Folge nicht mehr weiter in Frage gestellt.<br />
<br />
==Mythenvergleichende Anmerkungen==<br />
<br />
In den japanischen Weltentstehungsmythen sind zahlreiche Motive ent·halten, die auch aus anderen Mythologien auf der ganzen Welt be·kannt sind. Izanamis Tod bei der Geburt des Feuergottes reflektiert das Motiv „Tod der Urmutter“, ein Sinn·bild der Erde, die im Laufe eines Jahres er·blüht und „stirbt“, da·durch aber erst das Leben ihrer „Kinder“ ermöglicht. In einer Variante des Mythos wird aus·ge·führt, dass aus Izanamis Leiche sämtliche Getreide·sorten entstehen, die den Menschen als Nahrung dienen. Auch dies ist ein Motiv, das in vielen Kulturen mit dem Tod der Urmutter verknüpft ist.<br />
<br />
Die Unterwelt-Episode, in der Izanagi Izanami ver·botener·weise anblickt, er·innert wiederum an die Orpheus-Sage, die ihrer·seits ein uni·verselles Mythenmotiv darstellt.<br />
<br />
Der Rückzug der Sonne ist ein weiteres mythologisches Motiv, das mit dem jahres·zeit·lich zu-, bzw. ab·nehmenden Sonnen·stand in Verbindung steht und sich eben·falls in zahl·reichen Mythenkreisen findet. Die Tatsache, dass die Sonnengottheit Amaterasu in Japan als Frau dar·ge·stellt wird, er·scheint da·gegen rätsel·haft, ist doch die Sonne in den meisten Mythologien männ·lich. Daher gibt es auch die Theorie, dass die Sonnen·gott·heit erst in Anlehnung an Kaiserin {{Glossar:Jitoutennou | Jitō}} als Frau dar·ge·stellt wurde. Unter Kaiserin Jitō begann man nämlich mit den Auf·zeich·nungen der Mythen, die schließ·lich in Form von {{glossar:kojiki}} (712) und {{glossar:nihonshoki}} (720) fertig gestellt wurden. (S.a. [[Texte:Mythentexte | Mythentexte]].)<br />
<br />
Gegen diese These spricht, dass die Rolle der Frau als Priesterin offenbar in prähistorischer Zeit besonders aus·ge·prägt war, wie dies auch die be·reits er·wähnte chinesische Chronik aus dem dritten Jahr·hundert anhand der ja·pa·nischen Priesterkönigin {{glossar:Himiko}} berichtet. Diese prominente Rolle der Frau in der ja·pa·nischen Früh·zeit könnte eben·falls er·klären, warum die wichtigste Himmelsgottheit weiblich ge·dacht wurde. Amaterasus Gestalt inspiriert daher auch immer wieder Hypothesen über ein ur·ge·schicht·liches Matriarchat in Japan.<br />
<br />
Andererseits darf man nicht übersehen, dass in der Izanagi/Izanami Episode ein pa·tri·archalisches Rollen·modell vor·herrscht, das mit dem Amaterasu/Susanoo Mythos geradezu spiegel·bild·lich ver·flochten ist: Im ersten Fall repräsentiert der Mann den Himmel, das Licht und das Leben, während die Frau die Erde, die Dunkel·heit und den Tod verkörpert; im zweiten Fall ist das Ge·schlechter·ver·hältnis genau um·ge·kehrt. Diese Konstuktion wirkt nicht zu·fällig, sondern entspricht eher der [[Texte:Yin_und_Yang | Lehre von Yin und Yang]], nach der aus einem Über·maß an Yang (Himmel, Sonne) letzlich wieder ein Yin (weibliche Göttin) ent·steht und um·ge·kehrt. In weiterer Folge produziert Amatersu einen männ·lichen (Yang) Nachfolger, der die Erde (Yin) beherrscht. Insofern wäre das Ge·schlecht der Amaterasu auch aus den „Gesetzen“ von Yin und Yang zu erklären, die irgend·wann auf den japanischen Mythos übertragen wurden.<br />
<br />
Dieses {{Glossar:Yinyang}} Schema wird natürlich nicht immer konsequent durch·gehalten, sondern mehr·fach durch erzählerische Elemente konterkariert, die möglicher·weise aus älteren mythologischen Schichten stammen. Diese ''bricolage'', also das be·helfs·mäßige Zusammen·stückeln augen·schein·lich wider·sprüch·licher narrativer Elemente, zeigt sich auch deutlich anhand der Geschwister von Amaterasu, Tsukiyomi und Susanoo: Tsukiyomi, der Mondgott, hat über·haupt keine narrative Funktion und scheint wie eine Verlegen·heits·lösung — eingeschoben, damit der Mythos auch als Fundament der Astronomie und Astrologie her·halten kann. Der eigent·liche Partner Amaterasus ist Susanoo, der wie diese Yin und Yang Elemente in seinem Wesen ver·eint. Der Mythen·forscherin Nelly Naumann zufolge ver·schmilzt Tsukiyomi mit Susanoo, der seiner·seits Züge eines archaischen Mondgottes innehat.<br />
{{Sidebox|sidepage=Trickster|titel=zitat|left=15|eliade.jpg|caption=Mircea Eliade über Trickster}}<br />
Susanoo kann aber daneben (oder zugleich) auch als ein „Trickster-Gott“ charakterisiert werden. Trickster (engl. „Gauner, Schelm, Halunke“) wurden von der Ethnologie in nord·amerikanischen Indianermärchen aus·findig gemacht, von der ver·gleichenden Mythenforschung werden sie aber auch mit Ge·stalten wie dem griechischen Prometheus gleich·gesetzt. Zu den allgemeinen Merkmalen von Trickstern gehört, dass sie gegen die in der Welt der Götter herrschenden Gesetze ver·stoßen, mit den Menschen paktieren und sie in den Besitz aller möglichen kulturellen Errungen·schaften, z.B. des Feuers, der Land·wirt·schaft, u.a.m. bringen. Wie im nächsten Abschnitt zu erkennen, ent·spricht dies durch·aus der Rolle, die Susanoo im weiteren Verlauf der Erzählung annimmt.<br />
<br />
{{Linkbox|ue=Weiterführende Informationen|text=<br />
{{Literatur:Aston_1972}}<br />
{{Literatur:Naumann_1996}}<br />
{{Literatur:Philippi_1977}}<br />
* [http://www.uwec.edu/philrel/shimbutsudo/ Shimbutsudo], Edward A. Beach (en.)<br/>Web-Essays zur japanischen Religion. Dept. of Philosophy and Religious Studies, Univ. of Wisconsin Eau Claire.<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay|Mythen: Götter der Erde}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Ikonographie/Shinto-Goetter&diff=17038Ikonographie/Shinto-Goetter2010-10-12T13:10:30Z<p>OrochiJR: /* Amaterasu */</p>
<hr />
<div>{{Styles}}<br />
=Darstellungen der Kami=<br />
<br />
Seit jeher nennt man die einheimischen Götter in Japan {{glossar:kami}}. Doch was ''kami'' bewirken, wo sie sich auf·halten und wie sie aus·sehen, darüber lassen sich im Unter·schied zu bud·dhis·tischen Gestalten kaum ver·bindliche Aus·sagen fest·machen. Die Zahl der ''kami'' ist per definitionem un·be·grenzt: die Mythen sprechen etwa von der Zahl ''yaoyorozu'', wtl. acht Millionen, was aber genauso als „un·endlich viel“ auf·ge·fasst werden kann. Tatsächlich können neue'' kami'' jeder·zeit ent·stehen, ebenso wie alte in Ver·gessen·heit geraten. Obwohl in den [[Mythen:Einleitung | Mythen]] der Unter·schied zwischen Göttern und Menschen fließend ist, sind bildliche ''kami''-Dar·stel·lungen in realistisch-mensch·licher Gestalt aus alter Zeit kaum bekannt. Erst der Ein·fluss der buddhistischen Kunst brachte es mit sich, dass ''kami'' in menschlicher Form dar·ge·stellt wurden, aller·dings gab und gibt es viel weniger Bilder von ''kami''s als von Buddhas.<br />
<br />
==Frühe Darstellungen==<br />
<br />
Einige ur- und frühgeschichtliche Grabbeigaben (so z.B. einige {{glossar:haniwa}} Tonfiguren der Kofun-Zeit, 3.–6.Jh.) können als Götter·dar·stel·lungen gedeutet werden, doch scheint diese altertümliche Ikonographie mit dem [[Geschichte:Frühzeit | Aufkommen des Buddhismus]] so voll·kommen ab·ge·schafft worden zu sein, dass heute nur noch spekulative Interpretationen über die Ver·bindung von ''haniwa'' und ''kami'' möglich sind. Das einzige, was sich in Ver·bindung mit Götter·dar·stel·lungen aus vor-buddhistischer Zeit bis heute er·halten hat, sind spezifisch ge·formte {{glossar:shintai}} (Gottkörper). ''Shintai'' stellen die Haupt·heilig·tümer shintoistischer [[Bauten:Schreine | Schreine]] dar. Sie repräsentieren jedoch streng ge·nommen nicht die Gott·heit selbst, sondern stellen ihren Aufenthaltsort in dem jeweiligen Schrein dar.<br />
<br />
===Shintai===<br />
{{sidebox|3jingi.jpg|left=17|''Shintai''}}<br />
<br />
Typische ''shintai'' sind Spiegel, Schwert und Krummjuwelen ({{glossar:magatama}}). Sie bilden auch die „drei göttlichen Schätze“, die — vor allem in früheren Zeiten — als Insignien der kaiserlichen Macht galten und so den Herr·schafts·an·spruch des {{Glossar:Tennou}} legitimierten. ''Shintai'' können aber auch ganz andere Formen an·nehmen, z.B. [[Alltag:Opfergaben | Papier·opfer·gaben]] ({{glossar:gohei}}) oder figurative Dar·stellungen. Doch auch in diesem Fall handelt es sich streng ge·nommen nicht um die tat·säch·liche Gestalt der ''kami'' sondern um ihren Wohnort.<br />
{{Galerie1<br />
| bild1={{Dia|matsunoo_josei.jpg|w=120}}<br />
| bild2={{Dia|matsunoo_dansei.jpg|w=120}}<br />
}}<br />
Wenn ''shintai '' in menschlicher Form dargestellt werden, so sind sie zumeist wie Hofadelige ge·kleidet. Das trifft schon auf die archaisch wirkenden Gott·heiten des {{glossar:matsunootaisha|Matsunoo Schreins}} zu, die als die ältesten Beispiele figurativer ''kami''-Dar·stel·lungen gelten. Die männliche Figur (u.r.) hält eine Art Szepter ({{glossar:shaku}}) in der Hand, das noch heute in Shinto Zeremonien zum Einsatz kommt, ursprünglich aber ein Insignium weltlicher Herrscher war.<br />
<br />
==Multiple Identitäten==<br />
<br />
Was die ''kami''-Ikonographie verwirrend macht, ist unter anderem die Tatsache, dass es oft gar nicht leicht zu er·kennen ist, welcher Gott in einem bestimmten Schrein verehrt wird. Größere Schrein·an·lagen bestehen immer aus mehreren Einzel·schreinen, die ver·schiedenen Gott·heiten geweiht sind. Selbst in der Haupthalle eines Schrein können mehrere Gott·heiten zu Hause sein oder es existieren mehrere gleich·rangige Haupt·hallen neben einander. Dies ist wohl mit ein Grund, warum Schreine in Japan häufig unter ihrem Ort·namen, nicht unter dem Namen ihrer Gott·heit bekannt sind. In früherer Zeit wurde dieser Orts·namen sogar mit eigenen Gottes-Titeln versehen. Die ver·schiedenen Gott·heiten eines Schreins wurden also auch als eine einzige multiple Gottheit aufgefasst.<br />
<br />
===Beispiel Kasuga===<br />
{{sidebox|kasuga hirschmandala.jpg|w=170|top=-155|left=-30|Kasuga Kami}}<br />
<br />
Der {{glossar:Kasugataisha|Kasuga}} Schrein in {{glossar:nara}} ist ein besonders an·schau·liches Beispiel für multiple Gott·heiten. Er wurde als Ahnen·schrein der mächtigen Adels·familie {{Glossar:Fujiwara}} gegründet und birgt vier Haupt·gott·heiten, die von den Fujiwara als ihre Vor·fahren erachtet wurden. Im Mittel·alter taucht neben den vier einzelnen Namen aber auch die Gott·heit Kasuga {{glossar:daimyoujin}} auf. Kasuga Daimyōjin wird zwar als Einzel·gott·heit verstanden und sogar ab·gebildet, ersetzt die ein·zelnen ''kami'' in Kasuga aber nicht rest·los, sondern fasst sie zu einer Art kollektiven Supergottheit zusammen.<br />
<br />
Es gibt darüber hinaus auch einige namhafte Zweigschreine des Kasuga Schreins, etwa den {{glossar:yoshidajinja|Yoshida Schrein}} in Kyoto. Auch er war ur·sprüng·lich ein Ahnen·schrein der Fujiwara und diente der Ver·ehrung des gleichen Ensembles von vier Göttern. Später wurden auch diese Gott·heiten zu einer einzigen ver·schmolzen, die diesmal den Namen Yoshida Daimyōjin erhielt. Die einzelnen Ahnen·götter waren zwar die gleichen wie im Kasuga Schrein, als Ensemble an einem anderen Ort bildeten sie aber eine neue Gottheit.<br />
<br />
Der mühelose Wechsel von Einzahl und Mehrzahl und das Ver·schmelzen von mehreren Einzel·figuren zu einer einzigen wird wahr·schein·lich jedem, der mit japanischen Manga vertraut ist, bekannt vor·kommen. Auch hier vereinigen sich Einzel·figuren zu einem Superhelden, um sich nach ge·mein·samen Kampf wieder zu individualisieren. Kann es sein, dass dieser fließende Über·gang von einzel·per·sön·lichen und kollektiven Identitäten etwas mit der Bedeutung der Gruppe in der japanischen Ge·sell·schaft zu tun hat? Oder erleichtert die Tatsache, dass es im Japanischen keinen grammatikalischen Unter·schied zwischen Singular und Plural gibt, derartige Vorstellungen?<br />
<br />
===Amaterasu===<br />
{{Wrapper|position=right|<br />
{{Sidebox|amaterasu_kunisada_vam.jpg|w=140|Amaterasu}}<br />
{{Sidebox|tenshodaijin_mnl.jpg|w=140|Amaterasu als Mann}}<br />
}}<br />
In der japanischen Mythologie fällt auf, dass weiblichen Figuren eine wichtige, manch·mal sogar führende Rolle zukommt. Prominentestes Bei·spiel ist natürlich die Sonnen·gott·heit {{glossar:Amaterasu}}, aber auch die mythische Kaiserin {{Glossar:Jinguukougou | Jingū}} führt zu ihrer Zeit das Zepter über eine ganze Nation. Zur Zeit der Ab·fassung der Mythen waren weibliche Tenno tat·säch·lich keine Selten·heit. Im Laufe des japanischen Alter·tums scheint die Stellung der Frau jedoch schwächer ge·worden zu sein. Das wirkte sich auch in der Welt der Götter aus. Offen·bar tat man sich immer schwerer damit, die wichtigste Ahnen·gott·heit des Tenno in weiblicher Gestalt zu ver·ehren. Auf den seltenen Dar·stel·lungen aus dem Mittel·alter erscheint Amaterasu daher meist als Mann. Noch in der frühen {{glossar:edo}}-Zeit herrschte die Dar·stel·lung von Amaterasu als Jüngling vor. In dieser Zeit wurde der Name Amaterasu Ōmikami im übrigen sino-japanisch {{glossar:Tenshoudaijin}} aus·ge·sprochen. Erst später, als unter dem Einfluss der {{glossar:Kokugaku}}-Gelehrten der einheimische Mythos wieder deutlicher ins all·gemeine Bewusst·sein trat, etablierte sich die heute gängige Form, wie sie etwa auf dem Holz·schnitt rechts zu sehen ist.<br />
<br />
Ganz allgemein kann man aus diesen Beispielen schließen, dass die persönliche Identität einer Schrein·gott·heit wesentlich variabler ist als man aus der Sicht einer mono·theistischen Religion vermuten würde. In vielen Fällen werden Schreine daher mit ihrem Ortsnamen identifiziert. Selbst der Haupt·schrein von Amaterasu, der Ahnen·schrein des Tenno in {{glossar: Ise}} wird nicht als „Amaterasu Schrein“ sondern als „Götter·palast von Ise“ ({{glossar:isejinguu}}) bezeichnet. Dass die verehrte Gottheit Amaterasu heißt, mag in diesem Fall noch all·ge·mein bekannt sein. Aber welche Gott·heit ihren Sitz im eben·so populären {{Glossar:Izumotaisha| Izumo Schrein}} hat, ist selbst in Japan weithin unbekannt. Man besucht die be·rühmten Schreine von {{Glossar:Nikkou}} oder {{Glossar:Miyajima}} und bringt ihren Gott·heiten den ge·bührenden Respekt ent·gegen, aber man spricht immer nur vom Orts·namen dieser Schreine, kaum je von der dort ver·ehrten Gott·heit. Aus·nahmen stellen {{glossar:hachiman}}-, {{glossar:inari}}- und {{glossar:tenjin}}-Schreine (s. [[Bauten:Bekannte_Schreine | Bekannte Schreine]]) dar. Interessanter·weise sind all dies Gott·heiten, die erst in historischer Zeit und unter bud·dhis·tischem Einfluss entstanden sind.<br />
<br />
==Buddhistische Kami==<br />
{{Sidebox|hachiman01.jpg|w=140|Hachiman}}<br />
{{Wrapper|position=left|<br />
{{Sidebox|hachiman_1326.jpg|w=140|Hachiman}}<br />
}}<br />
<br />
Obwohl wie ein buddhistischer Mönch gekleidet, ist auch die Figur rechts ein ''kami''. Es ist {{glossar:hachiman}}, ein Gott, der ur·sprüng·lich von der West·insel Kyushu stammt aber bereits seit der {{Glossar:Nara}} Zeit (710–784) landes·weit ver·ehrt wurde. Der Hachiman Glaube wurde be·sonders vom Buddhismus gefördert, denn Hachiman wurde als einer der ersten ''kami'' in das buddhistische Pantheon integriert und als zum Bud·dhis·mus bekehrte Gott·heit angesehen. 781 erhielt er vom Tenno (!) den Titel {{glossar:bosatsu}} (Bodhisattva) und wurde ab da meist in Mönchs·tracht dar·ge·stellt. In späterer Zeit wurde Hachiman aber auch als Schutz·patron des Krieger·standes verehrt. In dieser Funktion wird er nicht als Mönch dar·ge·stellt. Somit wurde Hachiman rück·wirkend wieder in den Laien·stand ver·setzt. Noch heute ist er einer der populärsten ''kami'' Japans. (Siehe auch: [[Bauten:Bekannte_Schreine | Bekannte Schreine]])<br />
<br />
Hachiman war jedoch nicht der einzige einheimische Gott, der im Laufe der japanischen Religions·ge·schichte in den Dienst des Bud·dhis·mus trat. Viel·mehr wurden im Grund sämt·liche ''kami'' früher oder später in das bud·dhis·tische Pantheon integriert und als Schutz·gott·heit, bzw. als Inkarnation einzelner Buddhas oder Bodhisattvas dar·ge·stellt. (Mehr dazu im Kapitel „Geschichte“, [[Geschichte:Honji_suijaku | Honji-suijaku]].) Besonders deutlich ist dies auf den Mandalas von ''kami''-Schreinen zu erkennen.<br />
<br />
===Schrein Mandalas===<br />
{{Sidebox|sidepage=Kasuga Mandala|kasugamandala_4.jpg| w=140|Kasuga Mandala}}<br />
<br />
Ab der {{Glossar:Kamakura}} Zeit (13. Jh.) findet man japanische Gott·heiten auch auf sog. [[Ikonographie:Mandala | Mandalas]] (jp. {{glossar:mandara}}) dar·ge·stellt. Es handelt sich dabei aber meist nicht um die abstrakten geo·metrischen Strukturen, die wir von den klassischen Mandalas des Buddhismus kennen. Vielmehr scheinen die ver·gleichs·weise freien Dar·stel·lungen buddhistischer [[Mythen:Paradiese | Paradiese]], die ebenfalls als Mandalas be·zeichnet wurden, für die Schrein Mandalas Pate gestanden zu haben.<br />
<br />
Auf den Mandalas berühmter Schreine sieht man ''kami'' häufig paarweise mit Buddhas abgebildet. Diese Dar·stel·lung ist Aus·druck einer be·stimmten Auf·fassung vom Ver·hältnis zwischen Buddhas und ''kami'', die von der {{glossar:heian}}-Zeit bis zum Beginn der {{glossar:meiji}}-Zeit gängig war: Buddhas wurden als „Urform“ (jap. {{glossar:honji}}), ''kami'' als deren „Spur“ ({{glossar:suijaku}}), d.h. als sekundäre Er·scheinungs·form angesehen. Jede einzelne Gott·heit war demnach die Inkarnation eines bestimmten Buddhas. Diese Ver·mischung von bud·dhis·tischer und ein·heimischer Ikono·graphie stellte bis zur Meiji-Zeit kaum ein Problem dar. Man war lediglich unter·schied·licher An·sicht, welcher ''kami'' zu welchem Buddha ge·hörte. Die Schrein Mandalas dienten u.a. dazu, die spezifische Inter·pre·ta·tion bestimmter ''kami'' und ihrer Urformen zu illustrierten.<br />
{{Linkbox|ue=Literatur|text=<br />
{{Literatur:Tengrotenhuis_1999}}<br />
{{Literatur:Harris_2001}}<br />
}}<br />
<div class='bildbox'> <br />
''Ende des Kapitels „Ikonographie“''<br />
</div><br />
{{ThisWay|Mythen: Einleitung}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Bild:Hotei_hakuin.jpg&diff=17037Bild:Hotei hakuin.jpg2010-10-12T13:02:33Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>Hotei beim Betrachten der Mondspiegelung im Wasser. <br/> Tuschzeichnung des Zen-Meisters Hakuin (1686–1769)</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Ikonographie/Waechtergoetter/Wind_und_Donner&diff=17033Ikonographie/Waechtergoetter/Wind und Donner2010-10-12T12:42:25Z<p>OrochiJR: </p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}{{#css: <br />
.galerie2 {margin:1em auto}<br />
}}<br />
=Windgott und Donnergott=<br />
<div class="largebox"><br />
{| class= "bildbox bildtext" align="center"<br />
|[[Image:raijin_33.jpg| link=|Donnergott]] <br />
|[[Image:fujin_33.jpg| link=|Windgott]]<br />
|-<br />
|colspan="2"| Donner und Windgott aus dem Gefolge Kannons.<br /> Kyoto, Sanjūsangen-dō. Kamakura Zeit<br />
|}<br />
</div><br />
Wind- und Donnergott finden sich in der japanischen Kunst häufig als Paar. Man er·kennt sie im all·ge·meinen daran, dass der Wind·gott einen schlauch·artigen Sack um die Schultern trägt, in dem er die Winde auf·be·wahrt, während der Donner·gott von einem Kranz fliegender Trommeln umgeben ist, auf denen er bei Bedarf sein Konzert veranstaltet.<br />
<br />
Wind und Donnergott zählen u.a. zum Gefolge des Tausend·armigen {{Glossar:Kannon}}. Die viel·leicht schönsten Skulpturen sind daher auch in der {{Glossar:Sanjuusangendou}} in Kyoto zu finden, wo tausend Statuen dieses Bodhisattvas auf·ge·stellt sind. Diese Figuren aus der {{Glossar:Kamakura}} Zeit scheinen zum Aus·gangs·punkt der meisten späteren Dar·stel·lungen geworden zu sein.<br />
<br />
Die ikonographischen Details, z.B. die drei- bzw. vierfingrigen Hände und Füße, bleiben auf fast allen Ab·bildungen gleich. Auch haben Wind·gott und Donner·gott oft ähnliche Hörner wie die japanischen {{Glossar:Oni}} (Dämonen), sie sind also ei·gent·lich be·droh·liche Figuren. Es gibt auch Dar·stel·lungen von [[Mythen:Geister | Rachegeistern]] in Form eines Donner·gottes. Alles in allem sind Wind und Donner aber nicht so mächtig, wie man es aufgrund der Natur·gewalten, die sie re·prä·sen·tieren, erwarten würde. Viel·leicht liegt das daran, dass für ihren Kompetenz·bereich, das Wetter, im Grunde die [[Mythen:Drachen | Drachen]] zuständig sind. Gebete um Regen oder den Schutz davor scheint man daher kaum an {{Glossar:Fuujin}} und {{Glossar:Raijin}} gerichtet zu haben. Mit der Zeit erhielten die beiden Gestalten hingegen eine eher humoristische Note, z.B. auf den berühmten Wand·schirmen aus der frühen {{Glossar:Edo}}-Zeit:<br />
<div class="largebox bildbox bildtext">[[Image:fujin_raijin_korin.jpg|link=|Donnergott]]<br />
<div> Bemalter vierteiliger Stellschirm aus Holz, vergoldet. Von Ogata Kōrin (1658-1716), basierend auf einer Vorlage von Tawaraya Sōtatsu. Tokyo National Museum. Bildquelle: [http://ja.wikipedia.org/wiki/%E9%A2%A8%E7%A5%9E%E9%9B%B7%E7%A5%9E%E5%9B%B3 Wikipedia].</div></div><br />
{{Galerie2|caption=Details der Stellschirme. Bitte anklicken.<br />
|bilder={{Dia2|<br />
raijin_sotatsu.jpg}}{{Dia2|<br />
fujin_sotatsu.jpg}}{{Dia2|<br />
raijin_korin.jpg}}{{Dia2|<br />
fujin_korin.jpg}}{{Dia2|<br />
donner_sotatsu2.jpg|w=x120}}<br />
}}<br />
{{Galerie2|caption=Weitere humoristische Beispiele<br />
|span=4|bilder={{Dia2|<br />
raijin_edo.jpg|w=x120}}{{Dia2|<br />
raijin_kyosai.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
raijin_kyosai_boston.jpg|w=96|top=-30}}{{Dia2|<br />
fujin_kyosai.jpg|w=96|top=-30}}<br />
}}<br />
Windgott und Donnergott bewachen auch das Tor des {{Glossar:Kannon}}-Tempels {{glossar:sensouji}} in Asakusa, Tokyo. Attraktiver und be·kannter als die Statuen ist allerdings der Riesen·lampion mit den Schrift·zeichen {{glossar:kaminarimon|„Kaminari-mon“}}, eine Spende des Elektronikkonzerns Matsushita (Panasonic), wie den kleinen Gold·lettern auf der Abbildung zu entnehmen ist.<br />
<br />
<div class="bildbox bildtext">[[Image:kaminari.jpg|link=|kaminarimon]]<div> Riesenlampion des Kaminarimon<br /> Bild: [http://www.flickr.com/photos/ehrgeizier/179063905/ don.lee], flickr 2006 [2010/9] </div></div><br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJRhttps://religion-in-japan.univie.ac.at/r/index.php?title=Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku&diff=17028Ikonographie/Gluecksgoetter/Daikoku2010-10-12T12:37:02Z<p>OrochiJR: /* Kombinationen des indischen und des japanischen Daikoku/Mahakala Typs */</p>
<hr />
<div>{{Styles|sidepage}}{{#css:<br />
.bildbox td {vertical-align:top}<br />
.bildbox p {text-align:left}<br />
}}<br />
=Metamorphosen des Daikoku=<br />
<br />
{{Galerie2|bilder={{Dia2|<br />
daikoku_neu.jpg|left=-10}}{{Dia2|<br />
daikoku_edo_yamaguchi.jpg|left=-10}}{{Dia2|<br />
daikoku_komainunet.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
daikokuten_neko.jpg|w=96}}{{Dia2|<br />
daikoku_1en.jpg|w=x140|left=-125|top=-10}}<br />
}}<br />
Auf den obigen Bildern sieht man den Glücksgott {{glossar:Daikoku}} in seiner gängigen Form: als einen sehr dies·seitigen Gott des Wohl·stands und Reich·tums. In dieser Eigen·schaft wurde er sogar auf einem der ersten modernen Geld·scheine der {{Glossar:Meiji}} Zeit ab·ge·bildet. Daikoku, wtl. der „Große Schwarze“, ver·fügt aber auch über eine dunkle, ge·heim·nis·volle Dimension, die sich vor allem auf älteren Abbildungen erschließt.<br />
<br />
==Wieso „groß und schwarz“?==<br />
{{Float|class=bild bildtext|left|<br />
bild=daikoku_kiyomizu.jpg|width=300|caption= Shusse Daikoku ("Karriere Daikoku")<br /> Kiyomizu Tempel, Kyoto <br /> Bild: [http://www.digital-images.net/Gallery/Scenic/Japan/Temples_2/body_temples_2.html#Kiyomizudera Ron Reznick] 2004 [2010/9] }}<br />
Der links abgebildete Daikoku stammt aus dem {{glossar:Kiyomizudera|Kiyomizu Tempel}} in Kyoto und ist durch Hammer, Sack und Reis·ballen mit den gängigen ikono&shy;graphischen Details dieses Glück·gottes aus·ge·stattet. Er verfügt zudem über das ent·sprech·ende Lächeln und den ent·sprech·enden Leibes&shy;um·fang. Seine schwarze Haut·farbe erinnert aller·dings an den schreck·lichen „Großen Schwarzen“ (skt. Mahakala), eine Gott·heit des esoterischen Bud·dhis·mus, die vor allem in Indien und Tibet, aber auch in Japan verehrt wurde.<br />
<br />
Analog zum „Großen Schwarzen“ aus Indien wird auch Daikoku für ge·wöhn·lich mit den Zeichen für „groß“ 大 und „schwarz“ 黒 ge·schrieben. Sein häufiger Bei·name (Daikoku){{glossar:ten|-ten}} kenn·zeichnet Daikoku zudem als [[Ikonographie:Wächtergötter | Deva-Gottheit]] und deutet auf seinen indischen Ur·sprung hin.<br />
<br />
Daneben existiert aber auch die Erklärung, dass Daikoku eine Erschei&shy;nungs&shy;form des ein·heimischen Gottes {{glossar:ookuninushi}} sei. Der Zu·sammen·hang wird dabei meist über den Gleich·klang der beiden Namen her·ge·stellt: die beiden ersten Zeichen des Namens Ō-kuni-nushi (大国主, wtl. „Groß-Land-Herr“) lassen sich sino-japanisch auch als ''dai-koku'' lesen. Dar·über hin·aus existiert eine mittel&shy;alter·liche Legende, die den Ur·sprung der Daikoku Ver·ehrung auf {{glossar:Saichou}}, den Be·gründer des {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}}-Buddhismus, zurück·führt. Saichō habe im Schrein des Ōkuninushi (Miwa Schrein) ge·betet, worauf sich Ōkuninushi ihm „in Gestalt des Daikoku Tenshin“ offen·bart hätte. Saichō hätte nach diesem Vor·bild selbst eine Statue des Daikoku geschnitzt und als Schutz·gott des Tendai Bud·dhis·mus verehrt. (Iyanaga 2002,S.547–548.)<br />
<br />
Es gibt also verschiedene Hinweise, dass der heutige Daikoku aus einer Kombination des indischen Mahakala und des Ōkuninushi entstand.<br />
<br />
==Frühe Daikoku Darstellungen als einheimische Gottheit==<br />
<br />
Betrachtet man die ältesten Daikoku-Figuren aus der späteren {{Glossar:Heian}}-Zeit, so findet man eine eher derbe Gott·heit, die weder die Züge eines Bodhisattvas noch die eines höfischen Adeligen (s. [[Ikonographie:Shinto-Götter | einheimische Kami]]), wie sie ansonsten in der religiösen Plastik vor·herr·schen, trägt. Die Figuren wirken eher bäuer·lich. Dies hängt offen·bar mit Daikokus Haupt·auf·gabe zu·sammen, die Küche eines buddhistischen Tempels und die darin gehorteten Nahrungsmittel zu beschützen.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
|[[Image:daikoku_kongorinji.jpg|link=|daikoku]]<br />
<div> Daikoku des Kongorin-ji (Shiga-ken), Heian-Zeit<br /> Bild: [http://www.miho.or.jp/booth/html/artcon/00002398e.htm Miho Museum] [2010/9], Japan</div><br />
<br />
Die Abbildung oben zeigt die angeblich älteste Darstellung des japanischen Daikoku aus einem Tendai-Tempel in der Um·gebung von Saichōs Kloster·berg Hiei. Rüstung, Stab und vor allem die langen Ohren offen·baren einen starken Ein·fluss der bud·dhis·tischen Ikono·graphie. Dennoch ver·leihen die Mütze und die ge·drungene Statur diesem Daikoku eine gewisse Bodenständigkeit.<br />
|[[Image:daikoku_kanzeonji.jpg|link=|daikoku]]<br />
<div> Daikoku des Kongorin-ji (Shiga-ken), Heian-Zeit<br /> Bild: [http://www.miho.or.jp/booth/html/artcon/00002398e.htm Miho Museum] Japan </div><br />
|}<br />
</div><br />
Die frühesten Beispiele der Daikoku Ikonographie stammen aus dem Umfeld des Tendai Bud·dhis·mus. Sie wirken ver·hält·nis·mäßig realistisch und tragen (noch?) nicht die paranormalen Attribute des Mahakala. Daikoku besitzt bereits die Tracht, die er auf moderneren Darstellungen trägt. Man beachte auch den Sack, der noch heute auf fast allen Darstellungen ein Er·kennungs·merkmal des Daikoku dar·stellt.<br />
<div class="largebox"><br />
{| class="bildbox bildtext" align="center"<br />
| [[Image:daikoku_koya.jpg|link=|daikoku]]<br />
<div> Daikoku des Hōju-in, Berg Kōya, späte Kamakura-Zeit <br /> Bild: ''Kōbō Daishi and the Sacred Treasures of Mount Kōya '' (2003), Abb. 31 </div><br />
| [[Image:daikoku_saidaiji2.jpg|link=|daikoku]]<div> Daikoku des Saidaiji, Nara<br /> Kamakura Zeit </div><br />
|}<br />
</div><br />
Der gemalte Daikoku links aus der {{Glossar:Kamakura}}-Zeit (die älteste ge·malte Version) erinnert nur durch ihre her·vor·quellenden Augen an die Wächter·gott·heiten des esoterischen Bud·dhis·mus, während sich in der Skulptur rechts bereits die humor·volle Aus·strahlung des späteren Glücks·gottes andeutet. Beide Bei·spiele stammen aus dem Umfeld des {{Glossar:Shingonshuu | Shingon}} Buddhismus. Die Figur rechts ist im Besitz des Saidai-ji in {{Glossar:Nara}}, wo ein besonderer Daikoku-Kult durch den berühmten Mönch Eizon (1201–1290) belegt ist. Ähn·lich wie (der Legende nach) Saichō unter·hielt auch Eizon gute Beziehungen zum Miwa Schrein (südlich von Nara), wo die oben erwähnte Gottheit Ōkuninushi verehrt wird.<br />
<br />
Offenbar bestand also sowohl im Tendai als auch im Shingon Buddhismus ein ge·wisses Interesses an der Gott·heit des Miwa Schreins. Wie deren Ver·bindung mit dem Küchengott Daikoku zu·stande kam, ist für mich trotz der Homophonie der Namen nicht leicht nach·voll·zieh·bar. Es scheint aber auf jeden Fall plausibel, dass die Be·deutung Daikokus ab dem Zeit·punkt, wo er mit der wichtigen alten Gottheit Ōkuninushi identifiziert wurde, über seine Funktion als Wächter der Tempel·küche hinaus ging. Möglicher·weise erklärt dies auch die Tat·sache, dass einer bäuerlichen Figur wie Daikoku bereits in früher Zeit bildliche Denk·mäler ge·setzt wurden. Für eine wirklich be·deutende Gestalt des Bud·dhis·mus waren in der Blüte·zeit der esoterischen Lehren aber zusätzliche Eigen·schaften, wie sie der Namens·vetter aus Indien bereit hielt, von Nöten.<br />
<br />
==Mahakala in Tibet und Japan==<br />
{| align="right" class="bild bildtext" style="margin:0 -7em 1em 2em; "<br />
| [[Image:mahakala_17jh_bm.jpg|link=|Mahakala]]<br />
<br />
Mahakala, tibetische Darstellung, 17.Jh. <br /> British Museum, Bild: [http://www.insecula.com/us/oeuvre/O0025478.html insecula.com] [2010/9]<br />
<br />
[[Image:mahakala_tibet.jpg|link=|Mahakala]]<br />
<br />
Mahakala, tibetische Darstellung, 19.Jh. <br /> Bild: [http://www.himalayanart.org/image.cfm/847.html Himalayan Art] [2010/9], Collection of Shelley & Donald Rubin <br />
|}<br />
In Tibet zählt der bereits erwähnte „Große Schwarze“ (Nag po chen po, skt. Mahakala) zu den populärsten Gott·heiten (s. z.B. Kumar 2005) und wird, wie viele andere Gott·heiten auch, zumeist als furcht·ein·flößender, kriegerischer Dämon dargestellt. Die beiden Dar·stellungen rechts stammen aus dem Tibet des sieb·zehnten bzw. neunzehnten Jahr·hunderts, gehen aber auf ältere ikongraphische Vor·bilder zurück. Das untere Beispiel ist der aus·ge·zeich·neten online Kollektion tibetischer Kunst [http://www.himalayanart.org/ Himalayan Art] entnommen, wo noch jede Menge ähnlicher Dar·stel·lungen zu finden sind. Auf dieser Seite findet sich zum dar·ge·stellten Motiv folgende ikonographische Beschreibung:<br />
{{Zitat|quelle=Jeff Watt, Himalayan Art|text=<br />
Mahakala, Vajra Panjarnata (Tibetan: dor je gur gyi gon po, English: the Great Black One, Lord of the Vajra Pavilion [or Canopy]): from the Vajra Panjara Tantra. Fiercely wrathful, black in colour with one face, large round eyes, flaming yellow hair and two hands he holds a curved knife in the right and a skullcup in the left - both held to the heart. Resting across the fore·arms is a 'gandhi' stick from which all other forms of Mahakala emanate. Adorned with a crown of five dry skulls, bone ornaments and a necklace of fifty freshly severed heads he wears a lower garment of tiger skin. Atop a corpse, circular disc of the sun and multi-coloured lotus he stands surrounded by the flames of pristine awareness. [...] Panjaranatha Mahakala arises from the Panjara (Pavilion, or canopy) Tantra for which he is the protector and guardian. [...]<br />
}}<br />
Diese Mahakala Ikonographie ist auch im esoterischen Buddhismus Japans bekannt. Man findet sie vor allem auf [[Ikonographie:Mandala | Mandalas]] des „Makakara“ (jap. Aussprache von Mahakala), also auf Ab·bildungen einer eigenen spirituelllen Welt, in der Makakara im Mittel·punkt steht (Abb. unten). Die in diesen Mandalas ab·ge·bildete Gottheit geht ganz offen·sicht·lich auf denselben ikono·graphischen Grund·typus zurück wie der indo-tibetische Mahakala. Die Toten·schädel im Haar, die Schlangen·kette und die Leichen von Menschen und Tieren in Mahakalas Händen finden sich hier wie da. Auch die mehr·fachen Gesichter und die Elefanten·haut sind auf manchen tibetischen Darstellungen zu finden.<br />
<br />
<div class="bildbox bildtext">[[Image:makakara_daikoku.jpg|link=|makakara]]<br />
<div><br />
Zentrale Figur eines Mahakala Mandalas (''Makakara mandara''), Edo-Zeit, Chōrin-ji, Kagawa-ken. <br /> Die Abbildung entstammt dem Titelblatt des Buches ''Ishin. Chūsei Nihon no mikkyōteki sekai ''(„Seltsame Götter: Die esoterische Welt des japanischen Mittelalters“) von Yamamoto Hiroko. </div><br />
</div><br />
<br />
Dass man in Japan bewusst eine Verbindungen zwischen dem ein·heimischen „Daikoku“ und „Makakara“ her·stellte, lässt sich auch aus Schriften des mittel·alter·lichen esoterischen Bud·dhis·mus in Japan wie z.B. dem ''Keiran shūyōshū'' ersehen. Dieser Text enthält z.B. den Vermerk, dass Daikoku-ten eine Gottheit sei, die „das Fleisch und das Blut der Menschen frisst“ (nach Yamamoto 1998: 126). Dass gerade eine solche Gottheit im esoterischen Buddhismus Bedeutung erlangte, entspricht einer paradoxen esoterischen Logik, die gerade in den schreck·lichsten Gestalten einen Weg zur Er·leuchtung sucht. Diese Logik war im übrigen nicht auf Mahakala allein beschränkt, sondern findet sich in allen möglichen Figuren des esoterischen Buddhismus, z.B. den „Vajra-Königen“ ([[Ikonographie:Myoo | Myōō]]). Die all·ge·meine historische Entwicklung dieser Ikonographie wird auch in meinem Essay über die Figur des [[Ikonographie:Myoo/Vajrapani | Vajrapani]] genauer besprochen.<br />
<br />
==Kombinationen des indischen und des japanischen Daikoku/Mahakala Typs==<br />
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Neben seinen esoterisch-zornvollen Metamorphosen scheinen die bäuer·lichen, auf Nahrung und Wohl·stand bezogenen Aspekte des Daikoku nie ganz in Ver·gessen·heit geraten zu sein. Rein esoterische Dar·stel·lungen, die der indisch-tibetischen Ikonographie entsprechen, sind dagegen selten. Häufiger findet man Kombinationen des bäuerlichen und des esoterischen Daikoku-Typs.<br />
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| [[Image:sanmendaikoku_eishinji.jpg|link=|sanmen daikoku]]<br />
<div>Daikoku des Eishin-ji, Tokyo <br /> Der Legende nach von [[Geschichte:Kukai|Kūkai]] geschnitzt, wahrscheinlicher in der Edo-Zeit entstanden. </div><br />
[[Image:sanmendaikoku_sendai.jpg|link=|sanmen daikoku]]<br />
<div>Sanmen Daikoku des Shurin-ji, Sendai <br /> Bild: [http://www.sendai-shichifukujin.com/ Sendai Shichifukujin] [2010/9]</div><br />
| width="320"|[[Image:sanmendaikoku_hokusai.jpg|link=|sanmen daikoku]]<div>Sanmen Daikoku <br /> Edo-zeitliche Buchillustration von Hokusai<br /> Bild: [http://www.hum.pref.yamaguchi.jp/ehon/ Yamaguchi Bijutsukan] [2010/9] </div><br />
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Ähnlich wie der indische Mahakala kann auch Daikoku eine drei·ge·sichtige Form an·nehmen. In obigen Bei·spielen aus der Edo-Zeit ver·schmilzt er dabei zu·meist mit {{Glossar:Bishamonten | Bishamonten}} (li.) und {{Glossar:Benzaiten | Benzaiten}} (re). Frühere Beispiele dieses Typs tragen durchaus auch zorn·volle, furchteinflößende Züge.<br />
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Obwohl die Bedeutung des esoterischen Buddhismus in der {{Glossar:Edo}}-Zeit ins·ge·samt zurück ging, hielten sich die esoterischen Aspekte des Mahakala, be·sonders die schwarze Haut und die drei Ge·sichter, noch lange. Zu·gleich verlor Daikoku mit steigender Popularität als Glücks·gott seine furcht·ein·flößenden Züge und be·hielt lediglich den Hammer (in frühen Dar·stel·lungen eher ein Stab oder ein Schwert) als eine Art magisches Instrument.<br />
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|[[Image:daikoku_motoyama.jpg|300x400px|link=|sanmen daikoku]]<div>Sanmen-Daikoku des Motoyama-dera, einem Tempel der [[Alltag:Pilgerschaft|Pilgerroute in Shikoku]]. Edo-Zeit. <br /> Bild: B. Scheid, 2007 <br />
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|[[Image:daikoku_zushi.jpg|link=|sanmen daikoku]]<div>Daikoku Miniaturschrein (''zushi''), 19. Jh. <br /> Bildquelle unbekannt. <br />
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Die Ikonographie des modernen Glücksgottes hat sich mittler·weile sogar von der schwarzen Haut des Daikoku weg·ent·wickelt und ent·spricht weit·gehend dem ur·sprüng·lichen, bäuer·lichen Typ. Damit aus diesem Gott der Tempelküche ein all·ge·mein bekannter und populärer Glückgott werden konnte, scheint jedoch die zeit·weilige Ver·bindung mit Mahakala not·wendig ge·wesen zu sein. Erst durch diese Ver·bindung wurde Daikoku mit den nötigen Kräften aus·ge·stattet, um die Wünsche seiner An·hänger erfüllen zu können.<br />
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Vieles an der Figur des Daikoku bleibt aber nach wie vor rätselhaft. Woher rührt bei·spiels·weise die Tatsache, dass Daikoku stets von Mäusen begleitet wird? Ent·spricht dies viel·leicht auch einer paradoxen Logik, wonach eine Gott·heit, die die Nahrung schützt, einen Ein·fluss auf Mäuse haben muss, die die Nahrung vernichten?<br />
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<div class="largebox bildbox bildtext">[[Image:daikoku_kyosai.jpg|link=|daikoku]]<div> Daikoku ver·anstaltet ein Wagen·rennen mit Mäusen. <br /> Auch ein weiteres Attribut Daikokus ist dar·gestellt, der Rettich (Daikon), der hier als Wagen dient.<br /> Neujahrsbild von Kawanabe Kyōsai, 19. Jh. </div></div><br />
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==Daikokus Mauswächter==<br />
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Die Maus gilt als Tiergefährte Daikokus, hat aber auch einen direkten Bezug zu Ōkuninushi, der, wie wir gesehen haben, oft mit Daikoku identfiziert wurde (s. oben). Im {{glossar:Kojiki}} wird er·zählt, dass dieser Gott, ein Sohn des {{glossar:Susanoo}}, von seinem Vater ver·stoßen wurde und es erst nach zahl·reichen Prüfungen und Abenteuern schaffte, das Erbe Susanoos an·zu·treten. Eines dieser Abenteuer be·stand darin, dass Ōkuninushi einem Steppen·brand ent·kommen musste, den sein Vater gelegt hatte. In·mitten der Flammen erschien eine Maus und zeigte Ōkuninushi ein Erd·loch, in das er sich verkroch und überlebte.<br />
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Im Südosten Kyotos befindet sich ein alter Schrein namens Ōtoyo Jinja, der vor allem für seine zahl·reichen Tier·wächter bekannt ist. Zu diesen zählen auch zwei Mäuse. Sie be·wachen einen Zweigschrein, der dem Ōkuninushi geweiht ist.<br />
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|[[Image:otoyo_komanezumi1.jpg|link=|maus]]<br />
|[[Image:otoyo_komanezumi2.jpg|link=|maus]]<br />
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|colspan="2"|[[Image:otoyo_komanezumi3.jpg|650px|maus]]<br />
<div> Ōkuninushi Schrein in Kyoto, bewacht von zwei Mäusen<br /> Bilder: [http://www.japaneselifestyle.com.au/japan_picture/thumbnails-75.html Craig Fryer] 2007 [2010/9] </div><br />
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{{Linkbox|ue=Literatur und Links|text=<br />
{{Literatur:Iyanaga_2002}}<br />
{{Literatur:Yamamoto_1998}}<br />
* [http://www.exoticindiaart.com/article/mahakala/ The Many Forms of Mahakala, Protector of Buddhist Monasteries], Nitin Kumar (en.)<br/>Mahakala - Artikel auf ''[http://www.exoticindiaart.com exoticindiaart.com]''.<br />
* ''[http://www.himalayanart.org/ Himalayan Art Ressources]'', Shelley & Donald Rubin Foundation (en.)<br />Siehe insbesondere: [http://www.himalayanart.org/pages/mahakala/index.html Mahakala ikonography]".<br />
|update= Aug. 2010|<br />
}}<br />
{{ThisWay}}</div>OrochiJR