Sekirei: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kamigraphie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
K (Textersetzung - „(\{\{[pP]21[^\{]+\}\})“ durch „<!--Vorlage:P21 gelöscht-->“)
K (Textersetzung - „<!--Vorlage:P21 gelöscht-->[\s]*“ durch „“)
 
Zeile 80: Zeile 80:
 
| abb= 1 <!-- oder 1, wenn {{abb}} verwendet wird -->  
 
| abb= 1 <!-- oder 1, wenn {{abb}} verwendet wird -->  
 
}}
 
}}
 
<!--Vorlage:P21 gelöscht-->
 

Aktuelle Version vom 18. Oktober 2021, 16:23 Uhr

Vogel.jpg
Sekirei (Detail einer Darstellung von Izanagi 伊邪那岐命 und Izanami 伊邪那美命)[Abb. 1]
Seiten-Infobox
ThemengruppeGeister (inkl. Tiere und Monster)
Name sekirei セキレイ, 鶺鴒 („Bachstelze“)
Sonstige Namen totsugidori 嫁鳥
Ikonographie wippender Schwanz
Bemerkung Sinnbild für den Geschlechtsverkehr
Diese Seite entstand im Kontext des Seminars Kamigraphie:Wintersemester 2011.

Auf vielen Darstellungen von Izanagi 伊邪那岐命 und Izanami 伊邪那美命 findet sich ein unauffälliger kleiner Vogel der jedoch ganz offensichtlich die Aufmerksamkeit der beiden Gottheiten in Anspruch nimmt. Es handelt sich um eine Bachstelze (sekirei), deren mythologische Bedeutung auf dieser Seite erläutert wird.

Zitat Nihon shoki

Die Darstellung bezieht sich offenbar auf den Mythos der Weltenschöpfung durch Izanagi und Izanami. Dieser wird im Nihon shoki 日本書紀 (720) in zahlreichen, unterschiedlichen Versionen erzählt. Eine davon lautet:

Originaltext:

遂將合交。而不知其術。時有鶺鴒。飛來搖其首尾。二神見而學之。即得交道。
Japanese Historical Text Initiative, Nihon shoki

Wie in anderen Fällen, wo explizit-sexuelle Inhalte in den Mythen auftauchen, übersetzt W.G. Aston (1896) diese Stelle nicht ins Englische, sondern gibt sie auf Latein wieder:

Postemo cupiebant coire, sed artis nescii erant. Tum erat motacilla [Anm. Aston: anglice, wagtail] quae volavit, atque concussit suum caput et suam caudam. Quod cum vidissent duo Dei, imitate sunt eam, et in hoc modo artem coeundi potiti sunt.
Aston 2008, S. 17

Übersetzung aus dem Lateinischen

Sie wünschten sich zu vereinigen, aber sie waren der Kunst unkundig. Da kam eine Bachstelze [motacilla] herbeigeflogen und schüttelte ihren Kopf und Schwanz. Da die beiden Götter das gesehen hatten, ahmten sie diese [die Bachstelze] nach und bemächtigten sich so der Kunst des Koitus.
Ü: Schönberger (13:27, 14. Okt. 2011)

Nelly Naumann (1971) übersetzt:

Schließlich waren sie im Begriff, miteinander Beischlaf auszuüben, aber sie verstanden die Kunst nicht. Da war eine Bachstelze, welche herbeigeflogen kam und ihren Kopf und Schwanz hin und her bewegte. Die beiden Gottheiten sahen es und ahmten es nach und fanden so die Art und Weise des Beischlafes heraus.
Naumann 1971, S. 17

Bachstelze

Bachstelze von Hokusai [Abb. 2]

Bachstelzen zeichnen sich durch einen besonders langen Schwanz und durch ein permanentes Hin- und Herwippen aus, was auch in ihrem englischen Namen, wagtail, anschaulich zum Ausdruck kommt. Der Mythus sieht darin die Andeutung des Geschlechtsakts und berichtet daher, dass die Bachstelze Izanami und Izanagi als Vorbild bei der Zeugung der japanischen Inseln gedient hat.

Even the Divine Couple Izanagi and Izanami, did not know how to act in coition, when they entered into conjugal relations,until the wagtail suggested it to them. Curiously enough in this case the bird is a teacher of the deities.

Katō 2011, S. 38

Überlegungen

In einer ornithologische Online-Datenbank habe ich gesehen, dass die Bachstelze (im Haiku?) auch als totsugidori (嫁鳥 lit. „married to the husband's family“) bezeichnet wird (mein ornitholigscher Hintergrund ist allerdings sehr bescheiden bis gar nicht vorhanden, deswegen kann ich die wissenschaftliche Genauigkeit des Werks nicht einschätzen.). Gemäß dem „Henne oder Ei“-Problem kann ich auch nicht einschätzen, ob die Bachstelze diesen Zusatznamen aufgrund ihrer Funktion im Ursprungsmythos bekommen hat, oder aufgrund der Verbreitung dieses Namens schon vor der Entstehung der Geschichten eben aus diesem Grund in ihrer Funktion als „Liebesvogel“ in der Erzählung erwähnt wird.

Ein weiterer Hinweis könnte bei Carl Etter zu finden sein, der in seinem Werk Ainu Folklore: Traditions and Culture of the Vanishing Aborigines of Japan die Wichtigkeit der Bachstelze in der Kultur der Ainu betont: „[...] that the water wagtail is much esteemed by the Ainu, for they consider it to be a bird of good omen. It is supposed to have been the first bird created and is thought to be a special favorite and companion of the Gods.“ (Etter 1949, S. 23). Möglicherweise war also die Bachstelze schon zu Zeiten der Niederschrift des Nihon shoki bei verschiedenen Stämmen ein wichtiges Kulttier, ein Begleiter einer wichtigen Gottheit oder Ähnliches und wurde (wie ja auch viele andere Figuren im Nihon shoki) in die Geschichte hineingeschrieben um eine lokale Gottheit und/oder ihre Anhänger zu befrieden, indem deren Sagen in den Kreis des großen Urpsrungsmythos integriert werden.

Verdrängung der Bachstelze

Anzumerken ist, dass sich unter den zahlreichen Varianten des Mythos der Weltentstehung im Nihon shoki gerade jene mit der Bachstelze auf bildlichen Darstellungen durchgesetzt hat. Zumindest in den Ukiyoe der Edo-Zeit 江戸時代. Offenbar passte der subtil angedeutete sexuelle Akt, dem sich die Zeugung der Welt verdanken soll, trotz der logischen Ungereimtheiten (wieso gibt es die Bachstelze, bevor die Welt erschaffen worden ist?) besonders gut zum Zeitgeist der „fließenden Welt“. In der Meiji-Zeit 明治時代 taucht die Bachstelze noch da und dort auf, gerät aber ganz offensichtlich unter dem Einfluss europäisch-puritanischer Einstellungen zur Sexualität langsam in Vergessenheit.

Verweise

Literatur

  • William George Aston (Ü.) 1896
    Nihongi: Chronicles of Japan from the earliest times to a.d. 697. London: Kegan Paul 1896. (Zahlreiche Neuauflagen, JHTI Onlineversion, Onlineversion (Wiki-Source).)
  • Frederick Hadland Davis 1913
    Myths & legends of Japan. New York: Thomas Y. Crowell Company 1913.
  • Carl Etter 1949
    Ainu folklore: traditions and culture of the vanishing aborigines of Japan. U.S.A: Wilcox and Follett Company 1949.
  • Katō Genchi (Hg.) 2011
    A study of Shinto: The religion of the Japanese nation. Oxon: Routledge 2011. (1. Aufl. 1926.)
  • Nelly Naumann 1971
    Das Umwandeln des Himmelspfeilers: Ein japanischer Mythos und seine kulturhistorische Einordnung. (Asian folklore studies, Monograph 5.) Tokyo: Soc. for Asian Folklore 1971.

Internetquellen

Letzte Überprüfung der Linkadressen: 2021/08/21

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:

  1. Vogel.jpg
    Vogel auf der ersten Insel Blockdruck, nishiki-e (Papier, Farbe) von Utagawa Hiroshige (1797–1858), Detail. Um 1850; aus der Serie Honchō nenreki zue (Illustrierte Chronologie Japans); 15 x 33,9 cm
    Bild © Museum of Fine Arts, Boston. (Letzter Zugriff: 2011/5)
    Gift of L. Aaron Lebowich
    Vogel als Begleiter von Izanami und Izanagi nach Erschaffung der ersten Insel, Onogoroshima.
  2. Bachstelze hokusai.jpg
    Bachstelze und Glyzinie (Sekirei fuji) Blockdruck von Katsushika Hokusai (1760-1849). Edo-Zeit, um 1828
    Bild © The British Museum. (Letzter Zugriff: 2012/10/29)