Pantheon des tibetischen Buddhismus

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Das Götterpantheon im tibetischen Buddhismus wurde vom Hinduismus, vom indischen Buddhismus und von der Bön-Religion beeinflusst und geprägt. In vielen Fällen sind Eigenschaften der Götter aus allen drei Religionen in einer einzigen Gottheit verschmolzen. Beispielsweise kann ein buddhistischer Gott aus dem Hinduismus entstanden sein und Eigenschaften aus der Bön-Religion besitzen. Himalaya-Buddhisten erkennen mehrere tausend Götter und Dämonen an, von denen viele verschieden in Erscheinung treten und unterschiedliche Formen annehmen können. Jedes Dorf und jede Sekte hat ihr eigenes Götterpantheon und ihre eigenen Geister und Dämonen.

Es gibt viele Götter, die als allgemeine Beschützer gelten, namens Dharmapalas und persönliche Meditations-Gottheiten namens Yidams. Dies können entweder männliche Gottheiten oder weibliche Gottheiten (z.B. Dakinis) sein. Schutzgottheiten können eine friedvolle oder zornvolle Erscheinung haben. Auch eine Reihe von historisch bedeutenden Figuren werden mit derselben Ehrfucht wie Götter behandelt, beispielsweise die religiösen Könige wie Trisong Detsen und Songtsen Gampo.

Die weibliche Weisheit wird u.a. durch Sambara mit ihrer Gefährtin Vajravarahi, und einer Eskorte von 12 Dakinis dargestellt. Dämonen, die dem Götterpantheon angehören, sind für Übel und Unglück zuständig und verursachen fünf Formen des gewaltsamen Tods.

An oberster Stelle stehen diverse Buddhas, z.B. Amitabha (tibet. Opagme), der „Buddha des grenzenlosen Lichts“, oder der „Buddha der Langlebigkeit“. Er ist rot und seine Hände werden in der Meditations-Mudra abgebildet, aber er hält damit auch eine Vase mit dem Elixier der Unsterblichkeit. Der „Medizin-Buddha“ hält eine Medizin-Schüssel in seiner linken Hand und Kräuter in seiner rechten Hand. Er wird oft in einer Gruppe von acht Buddhas gezeigt.[1]

Aufbau des tibetischen Götterpantheons

Buddhas

Buddha [Abb. 3]

Meistens wird die Buddhagestalt als Symbol verwendet. Die Buddha-Gestalten lassen sich in verschiedene Gruppen unterteilen:

Die Buddhas der drei Zeiten

Gemeint sind die Buddhas der Vergangenheit (Buddha Dipankara), der Gegenwart (Buddha Sakyamuni)und der Zukunft (Buddha Maitreya)

Der Urbuddha

Der Urbuddha hat 3 verschiedene Erscheinungsformen:

  1. Samantabhadra („der Allgütige“)
  2. Vajradhara („der Träger des Vajras“)
  3. Vajrasattva („Vajra-Wesen“)

Die fünf Dhyani-Buddhas

Sie stellen reine Symbolgestalten dar und jeder von ihnen ist einer anderen Himmelsrichtung zugeordnet. Erkennbar sind sie dadurch, dass jeder seine bestimmte Handhaltung, Farbe und sein eigenes Throntier hat.

Die Acht Medizin-Buddhas

Sie werden als eine Buddhagruppe verstanden, die das Wissen der altindischen ayurvedischen Heilkunde symbolisch präsentieren. Ihr Oberhaupt ist der dunkelblaue Manla-Buddha.

Die 35 Buddhas des Sündenbekenntnisses

...sind eine Gruppe von Buddhas, denen die Mönche in der alljährlichen Mönchsbeichte in ritualisierter Form ihre Verstöße gegen die Mönchsdiszplin und die Ordensregeln bekennen.[2]

Die „Tausend Buddhas“

... sind lange Reihen identischer Buddhagestalten, die vielfach die Wände tibetischer Klöster schmücken. Mit ihnen soll die Omnipräsenz der Erleuchteten zu allen Zeiten und auf allen Existenzebenen symbolisiert werden.[3]

Bodhisattvas

Avalokiteshvara [Abb. 4]

Bodhisattvas, bekannt auch als „Erleuchtungswesen“ kamen durch den Mahayana-Buddhismus nach Tibet. Sie werden auf der einen Seite von den Eingeweihten als Symbolgestalten angesehen. Verkörpert werden buddhistische Tugenden wie Weisheit, Mitgefühl, klare Erkenntnis und geistige Macht. Auf der anderen Seite sieht das Volk sie als überirdisch mächtig helfende Wesen an: man bringt ihnen Opfergaben dar und kann sie um Schutz, Trost und Hilfe bitten. Wichtig ist die Tatsache, dass Bodhisattvas als die meistverehrten Wesen des tibetischen Pantheons gelten. Besonders hervorgehoben werden die drei großen Bodhisattvas Avalokiteshvara, Manjushri und Vajrapani.

  • Avalokiteshvara, (tibet. Chenresig) ist der Bodhisattva des Mitgefühls. Als einer der wichtigsten buddhistischen Gottheiten schützt er tibetische Klöster vor Feuer und Erdbeben und der Dalai Lama wird als eine Reinkarnation von ihm betrachtet. Sein Name bedeutet „he who gazes upon the world with suffering in his eyes.“ [1] Er ist meistens auf Bildern mit vier Armen, einem weißen Körper und sitzend auf einer Lotosblüte abgebildet. Über seiner linken Schulter befindet sich eine drapierte Reh-Haut und er hält eine Gebetskette („buddh. Rosenkranz“) und einen Lotos an sein Herz.[1]
  • Manjushri verkörpert den Bodhisattva der Weisheit und der Erkenntnis. Er wird in friedvoller Gestalt abgebildet und ist der Schutzpatron der Schüler und Studenten. Seine Kennzeichen sind das Buch und das Schwert der Erkennnis.
  • Vajrapani ist als bekannt als dritter großer Bodhisattva und der Träger des Vajras. Gegensätzlich zu den anderen beiden Bodhisattavas ist er derjenige, der fast immer in zornvoller Schreckensgestalt in dunkelblau mit dem Zepter der geistigen Macht (Vajra) dargestellt wird.

Es gibt auch weibliche Bodhisattvas, wie beispielsweise die milde Beschützergöttin Tara, die meist als weiße oder grüne Tara erscheint.

Die Dharmapalas

Besonders bedeutsam sind unter den vielen Göttern des tibetischen Pantheons die Dharmapalas. Sie stellen als die „Hüter der Lehre“ eine große Gruppe zornvoller Schutzgottheiten und ein besonderes Kennzeichen des tibetischen Buddhismus dar. Ursprünglich kommen sie nicht aus dem Buddhismus sondern aus verschiedenen Religionen wie des Hinduismus und der Bönreligion. Sie wurden in den Buddhismus übernommen und fungieren als Beschützer der Buddhalehre. Abgebildet werden sie als Schreckensgestalt mit Todessymbolen. Es gibt von ihnen acht Große Dharmapalas,denen folgende angehören:

  • Yama (stierköpfiger Gott des Todes)
  • Yamāntaka (der Besieger des Todes)
  • Mahākāla (der große Schwarze)
  • Śrīdevī (auch als Pelden Lhamo bekannt)
  • Sitabrahman
  • Beg-t'se
  • Hayagrīva
  • Kubera (auch als Jambhala oder Vaiśravana bekannt)[4]

Die Himmelskönige

Unter den Himmelskönigen werden die vier Lokapalas verstanden, die als Herrscher der Himmelsrichtungen bekannt sind. Sie kommen ursprünglich aus der altindischen Mythologie und werden in Vorhallen der Tempel abgebildet. Es gibt folgende Lokapalas:[5]

  • der blaue Himmelskönig des Südens
    Er wird mit einem Schwert abgebildet.
  • der rote Himmelskönig des Westens
    Er wird mit einem Stupa abgebildet.
  • der gelbe Himmelskönig des Nordens
    Er wird mit einem juwelenspeienden Mungo abgebildet und erscheint in der Form des Kubera oder des Jambhala.
  • der weiße Himmelskönig des Ostens
    Er wird friedfertig und mit einer Laute abgebildet.
Kubera [Abb. 11]

Die Himmelskönige kamen mit dem Buddhismus auch nach China und Japan, allerdings veränderte sich ihre Ikonographie dort. Auch die Farben der Himmelsrichtungen wurden nach der daoistischen Farbsymbolik neu zugeordnet: Norden = schwarz/blau, Süden = rot, Osten = blau/grün, Westen = weiß.[6] Als ihr Anführer genießt Bishamon-ten (= Norden: Vaishravana/Kubera/Jambhala) besondere Verehrung.

Männliche Gottheiten

friedvolle Gottheiten

zornvolle Gottheiten

Weibliche Gottheiten

  • Dakinis (Sie stellen die weiblichen Gottheiten dar und sind als Feen der Inspiration bekannt. Dakinis gelten als mystische Helferinnen und Gefährtinnen der Yogis und Asketen auf dem tantrischen Weg. Sie gelten als Begleiter-und Beschützerinnen der Erkenntnissuchenden und geben eine Einführung in das geheime Wissen der Tantras.)
  • Śrīdevī
  • Tara
  • Sarasvati (Benzaiten)

Verweise

Literatur

  • Jürgen Schick 2006
    Bilder aus einer anderen Welt: Die Götterwelt des tibetischen Buddhismus. Kathmandu: Meister Verlag 2006.
  • Hans Wolfgang Schumann 1997
    Buddhistische Bilderwelt: Ein ikonographisches Handbuch des Mahāyāna- und Tantrayāna-Buddhismus. München: Eugen Diederichs Verlag 1997. (Erste Auflage 1986.)

Internetquellen

Fußnoten

  1. 1,0 1,1 1,2 Tibetan Gods, Spirits and Buddhas (Stand: 2012/10/24). Aus: Tibetan Buddhist Texts, Beliefs, Gods and Symbols.
  2. Schick 2006, S. 41
  3. Schick 2006, S. 41
  4. Schumann 1997, S. 186
  5. Schick 2006, S. 42-45
  6. S. Wächtergötter (Stand: 2012/10/24). Aus: Religion in Japan.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:

  1. Heruka-Sambara.jpg
    Heruka-Sambara Wandgemälde
    Bild © stonepigment.com, nicht mehr verfügbar. (Letzter Zugriff: 2012/6/15)
  2. Amitabha.gif
    Amitabha Bild © Factsanddetails (nicht mehr verfügbar). (Letzter Zugriff: 2016/08/09)
  3. Buddha.jpg
    Buddha-Darstellung Wandgemälde; Dukhang, Paro Dzong, Paro, Bhutan
    Bild © Schick 2006, S. 74
  4. Avalokiteshvara.jpg
    Avalokiteshvara Wandgemälde. 17. Jh.; Lhakhang Nyingpa, Kloster Phiyang, Ladakh
    Bild © Schick 2006, S. 101
  5. Manjushri.jpg
    Manjushri Statue. 15. Jh.; Palkhor Chöde, Tibet
    Bild © Schick 2006, S. 111
    Die Statue befindet sich im Maitreya-Tempel im Tsuk Lhakhang des Klosters Palkhor Chöde, Gyantse, Tibet.
  6. Vajrapani.jpg
    Bilder aus einer anderen Welt: Die Götterwelt des tibetischen Buddhismus. Wandgemälde
    Bild ©
    Jürgen Schick 2006
    Bilder aus einer anderen Welt: Die Götterwelt des tibetischen Buddhismus. Kathmandu: Meister Verlag 2006.
    , S.121

    Vajrapani in zornvoller Form, Wandgemälde des 14. Jh., Gosum Lhakhang, Kloster Shalu, Tibet

  7. Blauer König Süden.png
    Blauer Himmelskönig des Südens Wandgemälde; Haupttor des Südaufgangs im Potala, Lhasa, Tibet
    Bild © Schick 2006, S.203
  8. Roter König Westen.PNG
    Roter Himmelskönig des Westens Wandgemälde (Farbe); Pemayangtse Kloster, Indien
    Bild © Schick 2006, S.204
    Der rote Himmelskönig des Westens. Er wird mit einem Stupa abgebildet.
  9. Gelber König Norden.png
    Gelber Himmelskönig des Nordens Wandgemälde (Farbe); Potala, Lhasa, Tibet
    Bild © Schick 2006, S.204
  10. Weißer König Osten.png
    Weißer Himmelskönig des Ostens Wandgemälde (Farbe); Haupttor des Südaufgangs im Potala, Lhasa, Tibet
    Bild © Schick 2006, S.204
  11. Himmelsgott.jpg

    Himmelsgott Wandgemälde; Taktsang-Kloster, Parotal, Bhutan
    Bild © Schick 2006, S. 151