Ninigi

Aus Kamigraphie
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Kojiki: 邇邇芸尊

Nihon shoki: 瓊瓊杵尊, 天津彦彦火瓊瓊杵尊

Jinmu tennō

Kuniyuzuri 国譲り, die Landübergabe

Nachdem Susanoo 須佐之男 aus dem Himmel verbannt worden ist und sein Nachkommen Ōkuninushi 大国主 die Herrschaft auf der Erde (im Mittelland der Schilfgefilde) angetreten hat, plant Amaterasu 天照 ihren Enkel Ninigi als neuen Herrscher zur Erde zu schicken. (Er ist genau genommen ein Nachkomme der Sonnengöttin und des Susanoo, da Susanoo Ninigis Vater Ame no Oshihomini aus der Kette Amaterasus erschaffen hat. Zudem ist er der Enkel Takamimusubis 高御産巣日神/高皇産霊尊, der großen Himmelsgottheit).

Das Kojiki berichtet, dass Amaterasu ursprünglich ihren Sohn Ame no Oshihomini zur Erde senden wollte, dieser aber für seinen Sohn auf die Herrschaft verzichtet (Chamberlain 1932:111-127). Im Haupttexte des Nihon shoki ist die treibende Kraft beim Hinabsenden Ninigis nicht Amaterasu, sondern Takamimusubi. In der Variante II des Nihon shoki ist es allein Amaterasu (Aston 1956:64, 73).

Das Mittelland der Schilfgefilde soll in Aufruhr sein. Böse Geister und Dämonen bewohnen es. Vor dem Abstieg des Himmelsenkels muss es erst befriedet werden. Es folgen zwei vergebliche Versuche, Ōkuninushi zum Abdanken zu bewegen. Die beiden Boten des Himmels kann der Große Gott von Izumo auf seine Seite ziehen (Aston 1956:64-67, Chamberlain 1932:112-120). Also beschließen die Himmelsgötter Takemikazuchi 建御雷 und Futsunushi 経津主 (im Nihon shoki) bzw. Ame no toribune 天の鳥舟(im Kojiki) zu schicken. Sie steigen am Strand Isasa in Izumo zur Erde, ziehen ihre Schwerter, stecken sie verkehrt in die Erde und setzen sich auf deren Spitzen. Sie berichten Ōkuninushi, dass Takamimusbi seinen Enkel als neuen Herrscher zur Erde schicken will und fragen, ob er bereit sei, sein Reich abzutreten (Chamberlain 1932:120-121, Aston 1956:68).

Ōkuninushi aber verweist sie auf seine Söhne.

Im Kojiki empfiehlt Kotoshiro-nushi 事代主, das Land zu übergeben, dann „kippt er sein Boot, klatscht mit himmlischem, umgekehrten Klatschen“ und so bildet sich ein Reisigzaun um ihn. Ein weiterer Sohn jedoch, Takeminakata 建御名方, willigt erst auf den Verzicht der Herrschaft ein, als er Takemikatsuchi beim Kräftemessen erliegt – Takemikatsuchis Arme verwandelt sich dabei in ein Schwertblatt (Chamberlain 1932:121-124).

Im Nihon shoki ist diese Episode leicht variiert: Erwähnt wird nur Kotoshiro-nushi, der sich im Meer mit einem Zaun umgibt, auf den Bug seines Bootes steigt und „davon geht“ (Aston 1956:69).

Laut Naumann bedeutet das Klatschen in Japan gemeinhin eine Segenshandlung, die Umkehr davon bedeutet allerdings Tod. Auch „davongehen“ oder „sich verbergen“ sind altjapanische Synonyme für „sterben“. So gibt sich Kotoshiro-nushi selbst den Tod, es bleibt allerdings offen, in welches Jenseits er sich begibt (Naumann 1996:137)

Ōkuninushi schließt sich der Meinung seiner Söhne an und überlässt Ninigi die Herrschaft. Im Kojiki fordert er zuvor allerdings noch den Bau einen Palast (Chamberlain 1932:124). Das Nihon shoki geht in dieser Episode etwas mehr ins Detail als das Kojiki: In der Hauptversion des Nihon shoki schließt sich Ōkuninushi der Ansicht seines Sohnes an und verbirgt sich. Zuvor nimmt er den Speer, den er bei der Unterwerfung des Landes genutzt hatte und überreicht ihn den beiden Göttern mit den Worten: „Ich habe mit diesem Speer erfolgreich regiert. Wenn der Himmelsenkel mit diesem Speer das Land regiert, wird er es gewiss unterwerfen und befrieden.“ (Aston 1956:68-69).

In einer weiteren Version des Nihon shoki will Ōkuninushi sein Reich vorerst nicht übergeben, weswegen Takamimusubi, der Himmelsgott, ihm verspricht, dass Ninigi die öffentlichen Angelegenheiten und Ōkuninushi weiterhin die göttlichen Angelegenheiten leiten soll. Zudem lässt er ihm einen Palast bauen. Daraufhin willigt Ōkuninushi ein und verbirgt sich für immer (Aston 1956:80-81).

Somit vollzieht sich die Machtübernahme friedlich. Dies zeigt nun, dass selbst im 7. und 8. Jahrhundert dem Izumo-Mythenkreis, in dem Ōkuninushi der Herr der Schilflande ist, noch große Bedeutung beigemessen wurde. Das Nihon shoki berichtet hier noch, dass Futsunushi alle erschlägt, die ihm entgegentreten. Nun ist die Erde befriedet und bereit für die Herrschaft des Himmelsenkels (vgl. Aston 1956:80-81).

Das Hinabsteigen des Himmelsenkels

Im Nihongi Haupttext sowie den Versionen IV und VI nimmt Takamimusubi eine Decke um Ninigi damit zu bedecken. Er vollzieht eine Investitur – eine Einkleidung in das königliche Gewand – welche ein Ausdruck für das Amt und die Würde des Königtums ist (Aston 1956:70). Die Sonnengöttin überreicht ihm die drei japanischen Throninsignien, die Sanshu no Jingi 三種の神器: die Halskette Yasakani no Magatama 八尺瓊の勾玉, den Spiegel Yata no kagami 八咫鏡 und das Schwert Kusanagi 草薙剣 und damit einen Herrschaftsauftrag, die Insignien erscheinen als Herrschaftssymbole. Gleichzeitig stellt der Spiegel das Abbild der Göttin dar und sie fordert ihn auf, diesen zu verehren. Somit übernimmt er die Funktion eines Abbildes oder Stellvertreters der Sonnengöttin und ist Symbol der Sonnenherrschaft. Der Spiegel wird zum Kultobjekt. Das Schwert symbolisiert die Waffe als Machtinstrument und stellt eine Verbindung zum Izumo-Mythenkreis und Ōkuninushi dar. Holtom weist darauf hin, dass Amaterasu eine Halskette aus Juwelen als Herrschaftssymbol vom Göttervater Izanagi überreicht bekam. Diese Halskette stellt wahrscheinlich die Krummjuwelen dar. Ninigi bahnt sich den Weg durch Wolken und steigt von der Schwebebrücke des Himmels hinunter auf den Gipfel des Takachiho.

Die große Berggottheit und seine Töchter

Das Kojiki erzählt, dass Ninigi auf der Erde eine schöne Frau trifft, Kamu-Atastu-hime oder Konohana no Sakuya bime 木花之開耶姫 (die Prinzessin, welche die Blüten der Bäume zum blühen bringt), die Tochter Ōyamatsumis 大山祇神/大山津見神 und sie zur Frau nehmen will. Ōyamatsumi ist glücklich darüber und veranstaltet ein Festbankett, zu dem er auch seine ältere Tochter Ihnaga-hime (Steinprinzessin) schickt. Die ältere Tochter aber ist hässlich und so schickt Ninigi sie wieder zurück und heiratet Sakuya-bime. Ōyamatsumi ist deswegen gekränkt und offenbart, dass der Himmelsenkel das lange Leben der Steine genossen hätte, hätte er hässliche Tochter gewählt hätte, so aber soll die Tennōdynastie erblühen und sterben, wie die Blüten im Frühling verwelken. Nach nur einer gemeinsamen Nacht offenbart ihm Sakuya-bime, dass sie schwanger ist. Ninigi glaubt allerdings nicht, dass er der Vater ist. Als Beweis errichtet sie ein Grubenhaus, in dem sie die Kinder gebärt, verschließt den Zugang und zündet es an. Drei Kinder kommen unbeschadet heraus (Beweis, dass es seine Kinder sind). Der älteste der Söhne Hosuseri oder Ho no Susori 火闌降 ist der Urahn der Hayato, der jüngere Bruder Howori, oder Hiko-hohodemi 彦火火出見/日子穂穂手見 führt die Tennōlinie weiter. Der dritte Sohn findet keine weitere Erwähnung (Aston 1956:84-85), Chamberlain 1932:138-143). Lange nach diesen Begebenheiten stirbt Ninigi.

Die Hauptversion des Nihongi erzählt dieselbe Geschichte, die Varianten II und VI weichen etwas davon ab. In der Version II ist es nicht Ōyamatsumi, der die Länge des Menschenlebens festlegt, sondern die gekränkte und abgelehnte Ihnaga-hime, die einen Fluch ausspricht (Aston 1956:85). In Variante VI sitzen die beiden Schwestern in einer Acht-Klafter-Halle, die auf den Wellen des Meeres gebaut ist und weben (Aston 1956:90).

Für Naumann ist Kamu-atatsu-hime/Sakuya-bime, die Prinzessin aus Ata zweifelsfrei ein Hayato-Mädchen. Das Gebiet von Ata, die Südhälfte der Satsuma-Halbinsel, war bis in historische Zeit von den Hayato besiedelt. Diese haben sich im 5. Jhdt. mehr oder weniger dem Yamato-Staat unterworfen, behielten allerdings ihre ethnische Eigenständigkeit. Die Einbindung des Mythos von der Länge des menschlichen Lebens in den Abstiegsmythos, dazu das Einsetzen eines Hayato-Mädchens als Ehefrau Ninigis zeigt den Versuch des Yamato-Hofes, die Hayato auch mythologisch einzubinden (Naumann 1996:161).

(vgl. Aston 1956:64-92; Chamberlain 1932:111-143)


Aus der Verbindung eines Nachkommen des Ninigi mit einer Tochter des Meereskönigs geht schließlich der erste menschliche Herrscher und somit Ahnherr des japanischen Kaiserhauses hervor, Jinmu 神武天皇, der erste Tennō Japans. Mit Jinmu Tennō endet schließlich das Zeitalter der Götter.


Quellen

  • Aston, William George (1956), Nihongi. Chronicles of Japan from the earliest times to A.D. 697. London: Allen & Unwin.
  • Chamberlain, Basil Hall (1932), Ko-ji-ki. Records of ancient matters. Kobe: J. L. Thompson & Co.
  • Holtom, D.C. (1972), The Japanese Enthronement Ceremonies: With An Account of the Imperial Regalia. Tōkyō: Sophie University Press. S. 31 f.
  • Naumann, Nelly (1988), Die einheimische Religion Japans, Teil 1: Bis zum Ende der Heian Zeit. Leiden: Brill.
  • Naumann, Nelly (1996), Die Mythen des alten Japan. München: Beck.
  • Piggott, Juliet (1969), Japanese Mythology. London, New York, Sydney, Toronto: Hamlyn

Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Fudokipedia verfasst.