Exzerpt:Fukujin keywords/Erster Traum und Schatzschiff: Unterschied zwischen den Versionen

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Brigitte Maresch
 
Brigitte Maresch
  
In der Edo-Zeit glaubte man, dass wenn man am zweiten Abend des neuen Jahres das vor allem als Bild bekannte "Schatzschiff" (''takarabune'' 宝船) unter sein Kopfkissen legte, man glückverheißende Träume haben würde. Wer dennoch einen Alptraum hatte, der warf das Bild in den Fluss oder vergrub es in der Erde, um dem Unglück zu entgehen. Die frühesten Abbildungen des Schatzschiffes, die am Gojōten Schrein in Kyōto verkauft wurden, stellen ein schlichtes Boot ohne Segel und Ruder dar, in dem sich ein Bündel Reispflanzen befindet. Diese einfachen Boote entwickelten sich zusehends zu lebhaften Segelschiffen beladen mit einem Reissack, einem Münzkasten für 1000 Ryō, einem kleinen Hammer, einem Regenumhang aus Stroh sowie Strohhut und einer Besatzung bestehend aus den sieben Glücksgöttern.  
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In der Edo-Zeit glaubte mann, dass wenn man am am Abend des 2. Jänner ein Bild, nämlich bevorzugt das des sogenannten "Schatzschiffs" (takarabune 宝船), unter den Kopfpolster legte, könne man so glückverheißende Träume erlangen. Hatte man dennoch einen schlechten Traum, so hieß es, könne man das Unglück dadurch abwenden, dass man das Bild in den Fluss warf, oder in der Erde vergrub.
  
Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Bilder aus Kyōto häufig die bereits erwähnte schlichte Darstellung bevorzugten, auf jenen aus Edo wiederum waren vorwiegend die sieben Glücksgötter abgebildet. Zudem wurden diese "Schatzschiffe" in Kyōto hauptsächlich in Schreinen verkauft während es in Edo zahlreiche "Schatzverkäufer" ''otakarauri'' お宝売り gab, die durch die Straßen gingen und lautstark "''otakara, otakara''" おたから、おたから ("Schätze! Schätze!") riefen.
 
  
Laut Nagasawa Toshiaki 長沢利明, der das "Schatzschiff" in Edo/Tōkyō untersuchte, lässt sich die Mode des "Schatzschiffes" in drei große Perioden einteilen, anhand welcher man ihren Wandel wie folgt beobachten kann.
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Die früheste Abbildung des Schatzschiffes wurde am Gojōten Schrein (gojōten jingū 五条店神宮) in Kyōto verkauft und zeigte eine einfache Abbildung eines Bootes ohne Segel und Ruder, in dem eine Reispflanze lag.
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Diese einfachen Darstellung entwickelte sich und wurde nach und nach lebhafter, das Boot wurde zu einem Segelschiff, in dessen Inneren sich Reissack, ein Münzkasten (senryōbako 千両箱), der Magische Hammer (uchide no kozuchi 打出の小槌), Strohumhang sowie Strohhut und die sieben Glücksgöttern selbst befanden.
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Es heißt, in Kyōto war die wie oben erwähnte simple Darstellung üblich, in Edo die Version mit den sieben Glücksgöttern an Bord. Diese Schatzschiffe wurden in Kyōto hauptsächlich in Schreinen verkauft, während es in Edo zahlreiche "Schatzverkäufer" (otakarauri お宝売り) gab, die durch die Straßen gingen und mit erhobener Stimme die "otakara, otakara" おたから、おたから ("Schätze! Schätze!") anpriesen.
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Laut Nagasawa Toshiaki (長沢利明), der das Schatzschiff von Edo/Tōkyō untersuchte, lässt sich die Mode des Schatzschiffes grob in drei Perioden einteilen, anhand welcher man ihren Wandel wie folgt beobachten kann.
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==== 1. Periode: Späte Edo-Zeit ====
 
==== 1. Periode: Späte Edo-Zeit ====

Version vom 17. Dezember 2013, 23:52 Uhr

Zu bearbeitende Grobfassung

Erster Traum und Schatzschiff (Übersetzung)

Brigitte Maresch

In der Edo-Zeit glaubte mann, dass wenn man am am Abend des 2. Jänner ein Bild, nämlich bevorzugt das des sogenannten "Schatzschiffs" (takarabune 宝船), unter den Kopfpolster legte, könne man so glückverheißende Träume erlangen. Hatte man dennoch einen schlechten Traum, so hieß es, könne man das Unglück dadurch abwenden, dass man das Bild in den Fluss warf, oder in der Erde vergrub.


Die früheste Abbildung des Schatzschiffes wurde am Gojōten Schrein (gojōten jingū 五条店神宮) in Kyōto verkauft und zeigte eine einfache Abbildung eines Bootes ohne Segel und Ruder, in dem eine Reispflanze lag. Diese einfachen Darstellung entwickelte sich und wurde nach und nach lebhafter, das Boot wurde zu einem Segelschiff, in dessen Inneren sich Reissack, ein Münzkasten (senryōbako 千両箱), der Magische Hammer (uchide no kozuchi 打出の小槌), Strohumhang sowie Strohhut und die sieben Glücksgöttern selbst befanden.

Es heißt, in Kyōto war die wie oben erwähnte simple Darstellung üblich, in Edo die Version mit den sieben Glücksgöttern an Bord. Diese Schatzschiffe wurden in Kyōto hauptsächlich in Schreinen verkauft, während es in Edo zahlreiche "Schatzverkäufer" (otakarauri お宝売り) gab, die durch die Straßen gingen und mit erhobener Stimme die "otakara, otakara" おたから、おたから ("Schätze! Schätze!") anpriesen.

Laut Nagasawa Toshiaki (長沢利明), der das Schatzschiff von Edo/Tōkyō untersuchte, lässt sich die Mode des Schatzschiffes grob in drei Perioden einteilen, anhand welcher man ihren Wandel wie folgt beobachten kann.


1. Periode: Späte Edo-Zeit

Sabine Weinmayer

Es können Wertgegenstände, die in schlichtem Design gehalten sind, betrachtet werden. Man kann sagen, dass es auch in Edo entsprechend viele, alte von Samuraifamilien angebotene Gegenstände gab, wodurch es viele verschiedene Arten gab.

2. Periode: Späte Meiji-Zeit bis Anfang Shōwa

Als sich die sieben Glücksgötter an Bord begeben, steht ein ein Palindrom (kaibun 回文) geschrieben. Das Palindrom ist ein Wort, dass sowohl von oben nach unten, wie von unten nach oben gelesen werden kann und genau das gleiche Wort im Satz ergibt. Der Inhalt des Palindroms (なかきよのとをのねふりのみなめさめなみのりふねのおとのよきかな)[1] Einer Überlieferung zufolge, soll dies eine Art Schutzformel[2] (majinaiuta oder juka 呪歌) sein, die Shōtoku Taishi 聖徳太子 gebrauchte, was bloß verwendet wurde um sich wichtig zu machen und man sagen kann, dass dies Unsinn ist. In jedem Fall ist die Bedeutung des Palindroms schwer verständlich, aber nachdem man es dreimal hintereinander liest, wird man in einen tiefen Schlaf fallen, der schöne Träume verheißt und man wird viel Glück finden.

3. Periode: Nachkriegszeit (bes. ab 1975)

Stempelrallye Yanaka Shichifujin
Azabujūban-Inari-Schrein in Tōkyō

Der Trend der sieben Glücksgötter erlebte allerorts eine Renaissance oder wurde neu erschaffen. Darüber hinaus wurden neue und verschiedene Arten von "Schatzschiffen" angefertigt, was wohl auch der Beliebtheit der "Stempelrallye" [3] zu verdanken ist. Auch alte Schatzschiffe, etwa aus dem Gojōten Schrein 五條天神 in Ueno oder Mukōjimas Hyakka Garten 向島の百花園 (Anm.: dort gibt es einen Fukurokuju-Schrein), werden heute noch gepflegt.

Weiters gibt es in letzter Zeit beim Tsumagoi-Inari-Schrein von Yushima 妻恋稲荷の湯島, nach einer Pause in der Taishō-Zeit (1912-1926), wieder unter dem Namen takarabune 宝船 (Schatzschiff) und yumemakura 夢枕 (Traumkissen) beim Azabujūban-Inari-Schrein 麻布十番稲荷 in Tōkyō, kamiema 紙絵馬 auf denen die sieben Glücksgötter an Bord eines Schiffes dargestellt sind, dessen Bug (Vordersteven) von einer Drachen-Galionsfigur geziert wird und die sich seit der Markteinführung großer Beliebtheit erfreuen. Zusammengefasst kann man sagen, dass der Begriff des "Schatzschiffes" in seiner zentralen Bedeutung mehrere Phasen des Wandels erfuhr und sich den Vorlieben und den Wünschen sowie dem Lebensstil der Menschen aus diesen Perioden anpasste.

Die sieben Schätze

Robert Jirikovsky

Inoue Kazuo 井上和雄 führt unter Bezugnahme auf das daichi doron 大智度論[4] Reis, Juwelen, Gold und Silber, einen Schlüssel, einen verhüllenden Strohhut, einen verhüllenden Strohumhang sowie einen kleinen Hammer als diese Schätze an.

Dreigesichtiger Daikoku (sanmen daikoku 三面大黒点).
1. Reis

Was den Reis betrifft, muss man nicht lange darüber nachdenken, weshalb dieser in Japan als wertvoll erachtet wird. Eine Interpretation besagt, dass sich die Bedeutung des takara 宝 (Schatz) von tagara 田柄 ableitet, was im Grunde nichts weiter als Reis bedeutet. Folglich handelt es sich bei dem ersten Schatz auf dem Schatzschiff allem (sogar den sieben Glücksgöttern) voran um Reis bzw. Reissäcke.

Daikoku mit Wunschhammer, auf dem das Chintamani-Symbol zu sehen ist.
2. Juwelen

An zweiter Stelle werden Juwelen (tama 玉) angeführt. Wenn man von Juwelen spricht, so vermutet man vielleicht die vier Juwelen - ikutama 生玉, makarukaeshi no tama 死返玉, tarutama 足玉 und chigaeshi no tama 道返玉 (Erklärung + Übersetzung in Fußnoten) - der zehn Schätze (tokusa no kandakara 十種神宝) aus dem altertümlichen Japan oder das Flutsteige- und Flutsinkejuwel aus dem Bergglück und Meerglück-Mythos, aber im Falle der Juwelen auf dem Schatzschiff handelt es sich wahrscheinlich um den in buddhistischen Schriften erwähnten Chintamani-Wunschstein (nyoi hōju 如意宝珠). Dieser Chintamani-Wunschstein soll eine Kostbarkeit von unschätzbarem Wert sein, die jedweden irdischen Wunsch erfüllt, und, sofern man daran glaubt, alle möglichen guten Omen heraufbeschwört. Der berühmte dreigesichtige Daikoku (sanmen daikoku-ten 三面大黒点) auf dem Berg Hiei (hiei-zan 比叡山) hält so einen Wunschstein in seiner Hand.

3. Gold und Silber

Beim dritten Schatz, dem Gold und Silber (kingin 金銀), kann getrost davon ausgegangen werden, dass damit tatsächlich diese Kostbarkeiten gemeint sind.

Datei:Ueno Schatzschiff.jpg
Abbildung eines Schatzschiffes mit Chintamani-Symbol auf dem Segel und den chinesischen sieben Schätzen.
4. Schlüssel

Der hier erwähnte und als schlichter Schlüssel (kagi 鍵) bezeichnete Schatz ist nicht als Werkzeug zu verstehen, das zum Öffnen einer Schatzkiste dient. Dieser Schlüssel, der bei zahlreichen Buddhastatuen wie eben jenem dreigesichtigen Daikoku vorhanden ist, symbolisiert einen Gegenstand, der unermessliches Glück und Wohlstand verleiht.

5. Verhüllender Strohhut

Der verhüllende Strohhut (kakuregasa 隠笠) soll dem Zweck dienen, die Gestalt seines Trägers zu verbergen und ihn vor Unheil zu bewahren.

6. Verhüllender Strohumhang

So wie dem Strohhut wird auch dem verhüllenden Strohumhang (kakuremino 隠蓑) eine Tarn- und Abwehrfunktion gegenüber unglücklichen Zufällen nachgesagt.

7. Kleiner Hammer

Bei dem kleinen Hammer kann man davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um den Wunschhammer (uchide no kozuchi 打出の小槌[5]) handelt. Man brauche ihn nur zu schwingen und schon prägt er den gewünschten Schatz. Manche dieser Wunschhämmer sollen ein Muster des für ein Juwel gehaltenen Chintamani-Wunschsteins enthalten.

Diese sieben Dinge stellen die sieben Hauptschätze auf dem Schatzschiff dar. Doch mit dem stetig wachsenden Bedürfnissen der Menschen ist bestimmt auch einer breiten Vielfalt an Schätzen kein Ende gesetzt.

Erster Traum und Baku

Petra Palmeshofer

Wie anfangs erwähnt verstand man unter "Schatzschiff" ein "Zauberutensil", das verhalf, den ersten Traum im neuen Jahr zu einem glückverheißenden zu machen, oder im Falle eines Albtraums das drohende Unheil durch die Entsorgung des "Schatzschiffes" im Fluss etwa abzuwenden vermochte. Auf die Frage, wann sich der ursprüngliche erste Traum im Jahr ereignet haben sollte, gibt es alten Aufzeichnungen zufolge drei Theorien: "in der Silvesternacht", "in der Neujahrsnacht" und "in der Nacht des zweiten Neujahrstages". Heute ist man sich größtenteils einig, dass besagter Traum in der zweiten Nacht des neuen Jahres geträumt wurde. Dies gilt allerdings nur für Tōkyō. In Kyōto wird seit jeher tradiert, dass es die Nacht des setsubun 節分 am 3. oder 4. Februar ist. Jedenfalls wird in beiden Fällen das "Schatzschiff" dazu verwendet, die Sünden bzw. rituelle Unreinheit (kegare 穢れ) und Fehler des vergangenen Jahres zu bereinigen, um dem neuen Jahr glücklich zu begegnen.

Nebenbei erwähnt ist das Schatzschiff nicht das einzige Mittel, um das durch einen Albtraum vorhergesagte Unglück abzuwehren. In China gibt es das tapirähnliche Fabelwesen Baku 獏[6], das einen Elefantenrüssel, Nashornaugen, einen Ochsenschwanz, Tigerpfoten und die Figur eines Bären hat und dafür bekannt ist, die Albträume der Menschen zu verzehren. Ferner wird erzählt, dass wenn man mit dessen Haut sein Bett bespannt und darin schläft, Krankheiten vorgebeugt werden und wer ein Bild eines Baku malt, würde von Arglist verschont bleiben. In jedem Fall ist der Baku von ungemeinem Nutzen für seinen Anwender. In größeren Tiergärten kann man den Tapir beobachten, der seinem Aussehen nach einigermaßen dem Baku ähnelt. Dieser ist jedoch nicht in der Lage Albträume zu fressen.

Künstler, die Schatzschiffe malten, waren wohl mit der Vorstellung des Baku vertraut, denn man sieht auch immer wieder Bilder von Schatzschiffen, auf deren Segeln das Schriftzeichen für Baku 獏 jenes für Schatz 宝 (oder 寶) ersetzt. Des Weiteren gab es vermutlich auch einige wenige Bilder, auf denen die Gestalt des Baku auf dem Segel zu sehen ist, der Baku zusammen mit den sieben Glücksgöttern vorkommt oder gar den Bug des Schiffes als Galionsfigur ziert.


  1. Zwecks Funktion als Palindrom sind diakritische Zeichen (nigori) bei stimmhaften Konsonanten nicht angeführt. Tatsächlich lautet der Text wie folgt: Nagaki yo no tō no neburi no mina mezame nami norifune no oto no yoki kana 長き世の遠の眠りの皆目覚め波乗り舟の音の良きかな. Ins Deutsche übersetzt bedeutet er in etwa: "Ist all jenen nicht Gutes beschert, die aus einem langen Schlaf jenseits dieser Welt zum Klang des Schiffes erwachen, das die Wellen reitet?" oder "Ob es gut ist, wenn alle erwachen aus dem Schlaf von fernen Nächten, die Wellen reiten zum fernen Klang des Bootes?" (Übersetzung von Nancy K. Stalker: all awaken from the sleep of faraway nights, riding the waves, the fine sound of the boat)
  2. Zur Abwehr von Unheil und Beschwörung glücklicher Ereignisse.
  3. スタンプ・ラリー stamp rally; eine Art Wettbewerb, bei dem es darum geht, möglichst viele Stempelabdrücke von Stempeln bestimmter Orte zu sammeln.
  4. Das Mahaprajnaparamita Upadesha, auf deutsch etwa "Abhandlung über die große Vervollkommnung des Wissens", ist eine umfassende Arbeit über die Konzepte des Wissens und der Leere, die dem indischen Gelehrten Nagarjuna (150-250) zugeschrieben wird.
  5. Wörtl. kleiner Prägehammer.
  6. 獏 steht sowohl für Baku als auch Tapir.

Quellen