Drachen

Aus Kamigraphie
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Drachen sind, während in Europa durchaus bekannt und in Sagen sowie Märchen vertreten, vor allem Grundschatz und Leitmotiv asiatischer Kulturen. „Derjenige, der sich mit chinesischer und japanischer Religion und Folklore beschäftigt, erkennt schnell den gewaltigen Einfluss indischen Gedankenguts auf den fernöstlichen Geist,“[1] beginnt de Visser sein Vorwort zu The Dragon in China and Japan; Drachen würden, rein oberflächlich betrachtet, allesamt derselben Klasse von regenbringenden, donner- und sturmerzeugenden Wassergöttern angehören, doch eine genauere Betrachtung würde zeigen, dass sie sich voneinander unterschieden.[2]

Drachen in Indien

Ein enger, indischer Verwandter der Drachen, wie sie sich in China entwickelt und im 6. Jahrhundert u. Z. nach Japan importiert wurden, ist der nāga नाग. Laut de Visser wurde er in China mit dem vierbeinigen Drachen identifiziert, da „beide [sowohl] göttliche Bewohner von Meeren und Flüssen, als auch Regenmacher waren“.[3] Die nāga werden als „Wassergeister“, „menschengestaltig mit einer Schlangenkrone“ oder auch „schlangengestaltig und den Wolken gleichend“[4] beschrieben, in der Dimension unter dem Trikuta-Felsen[5] sowie den Gewässern der Menschen verortet[6] und, davon ausgehend, als dimensionsübergreifende Wesen gesehen. Die größere Zahl der nāga sind sowohl Gautama Buddha गौतम बुद्ध als auch seinen Schülern wohlgesonnen: Laut einem Mythos hat Nāgārjuna नागार्जुन (~150 u. Z.), Gründer der Mahāyāna-Doktrin, Unterricht von einem nāga erhalten und aus Dankbarkeit sowie Ehrerbietung seinen Namen von Arjuna zu Nāgārjuna geändert haben; in der Kunst wird dieser Tat oft Anerkennung gezollt, indem der Buddha-Schüler mit sieben Schlangen über seinem Kopf dargestellt wird. Des Weiteren wird von einem nāga-Palast erzählt, der unter dem Ozean liegt. In ihm bewachen die nāga-Jungfrauen den Juwel des Glücks, der alle Wünsche erfüllt, nachdem er in der Welt der Menschen zu Boden gefallen und in die Welt der nāga gewechselt ist.[7] Diesen Juwel kennt man in Japan als Nyoi hōju 如意宝珠, der als Attribut der sechsarmigen Nyōirin Kannon 如意輪観音, aber auch von Fukurokuju 福禄寿, einem der Sieben Glücksgötter 七福神, dargestellt werden kann.

Drachen in China

Schon ein Schöpfungsmythos, der in einem Kapitel der daoistisch-konfuzianistischen Essay-Sammlung Huáinánzǐ 淮南子(~180 v. u. Z.) behandelt wird, beschreibt die immense Bedeutung der Drachen: Am Anfang existieren nur Pángǔ und das Weltenei. Pángǔ 盤古 / 盘古 , dessen Kopf der eines Drachen und Körper der einer Schlange ist, teilt das Ei in einen schweren und einen leichten, einen oberen und einen unteren, in einen yin- und einen yang-Teil. Als Pángǔ verstirbt beziehungsweise sich dazu entscheidet, zu vergehen, entstehen aus seinem Körper alle Dinge auf der Erde und am Himmel: Unter anderem werden aus seinem Haar die Sterne, aus seinen Knochen die Steine, aus seinen Tränen die Flüsse, und aus den Flöhen in seinen Haaren werden die Menschen.

Wáng Fú 王符, bei Hof auch Jiéxìn 節信 genannt, ein Gelehrter der Han-Dynastie (206 v.–22 u. Z.), schreibt den chinesischen Drachen ein bestimmtes, markantes Aussehen zu:

  1. Hörner eines Hirsches
  2. Kopf eines Kamels
  3. Augen eines Hasen
  4. Nacken einer Schlange
  5. Bauch einer Muschel
  6. Schuppen eines Karpfens
  7. Klauen eines Adlers
  8. Tatzen eines Tigers
  9. Ohren eines Ochsen

Bemerkenswert ist hier vor allem die Zahlensymbolik: Die Zahl Neun ist als Glückszahl mit „Ewigkeit“ verbunden und steht für den Drachen selbst, weswegen er auch neun Körpermerkmale aufweist; ein „echter“ chinesischer Drache hat darüber hinaus 81, also neun mal neun Schuppen.

Im Allgemeinen werden chinesische Drachen zwei Familien zugeordnet: Den Wasser- oder Feuerdrachen, wobei der eine Zweig dem jeweils anderen nicht übermäßig zugetan ist.

Drachen in Japan

Verweise

Siehe auch

Anmerkungen

  1. de Visser 1913:V, frei übersetzt
  2. Ibd.
  3. de Visser 1913:V, frei übersetzt
  4. Kern 1901:310
  5. Der Trikuta-Felsen ist einer der zwanzig Berge, die den Berg Meru मेरु umgeben
  6. Hardy 1853:59-60
  7. Chavannes 1962:382

Quellen

  • Guter, Josef (2002): „Drachen - Ungeheuer und Glücksbringer.“ Graz: Verlag für Sammler.
  • Marinus Willem de Visser 1913
    The Dragon in China and Japan. Amsterdam: Johannes Müller 1913.