Die Namazu-Mythologie: Unterschied zwischen den Versionen

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== Die Suche nach dem Ursprung ==
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Wann genau die Vorstellung, dass ein riesiger Wels unter der Erde für die Erdbeben verantwortlich sein soll ihren Ursprung hatte, ist, wie bei jeder Legende, kaum mehr nachzuverfolgen.
  
Wann genau die Vorstellung, dass ein riesiger Wels unter der Erde für die Erdbeben
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In seinem Artikel „Kurobune to Jishinnamazu - Fūdo to Jidai.“ untersucht Kitani anhand von bestimmten ''renga'' 連歌 - einem Genre der japanischen Dichtkunst, aus dem auch die modernen Haiku hervorgegangen sind - das Auftreten der darin verwendeten ''tsukeai'' 付合. ''Tsukeai'' bezeichnen ungewöhnliche Wortzusammenstellungen, die ein
verantwortlich sein soll ihren Ursprung hatte, ist, wie bei jeder Legende, kaum mehr nach zu
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bestimmtes Bild beim Leser hervorrufen sollen. <ref>Johnson 2012 {{q|Unbekannte Quelle}}</ref>
verfolgen.  
 
  
In seinem Artikel „ Kurobune to Jishinnamazu - Fūdo to Jidai.“ untersucht Kitani
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In den von Kitani untersuchten ''renga'', Anfang der Edo-Zeit gibt es Zusammenhänge zwischen dem ''kanameishi'' und Kashima. Auch kommt selten der Namazu vor, jedoch ist er nicht für die Erdbeben verantwortlich. Vielmehr taucht im Zusammenhang mit dem Wort „Erdbeben“ 地震 der „Fasan“ 雉 auf, entsprechend der Legende, dass der Schrei eines Fasans ein Erdbeben ankündigen soll. In dem 1675 erschienenen ''Danrin toppyakuin'' 談林十百韻 („Tausend Reime aus dem Studierzimmer“) zum Beispiel: 「要石なんば掘っても抜けませぬ」 - „Egal wie viel man auch gräbt man kann den ''kanameishi'' nicht herausziehen“. Und später: 「候に刺さった鯰の骨は抜けにくい」- „Die Knochen des vom Landesfürsten erstochenen Namazu sind schwer heraus zu ziehen“. Mit den „Landesfürsten“ 候 dürfte in diesem Fall Tokugawa Mitsukuni 徳川 光圀, der zu dieser Zeit Daimyō des Mito-han war, gemeint sein. Interessanterweise ersticht im zweiten Reim nicht Kashima sonder der Daimyō den Namazu, was eventuell darauf schließen lässt, dass diese ''renga''-Sammlung von eben diesem in Auftrag geben worden sein dürfte. Man kann an diesem Beispiel klar erkennen, dass zwar die einzelnen Elemente vorhanden sind, aber nur entfernt in Verbindung stehen dürften. Aufgrund dieser und weiterer ''renga'' liegt für Kitani der Ursprung der Namazu-Mythologie zwischen der Kanbun 寛文- (1661-1673) und der Enpō 延宝-Ära(1673-1681). <ref>[[Literatur:Kitani 1995]]</ref>
anhand von bestimmten renga 連歌- einem Genre der japanischen Dichtkunst, aus dem
 
auch die modernen Haiku hervorgegangen sind - das Auftreten der darin verwendeten
 
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bestimmtes Bild beim Leser hervorrufen sollen <ref>Johnson 2012 {{q|Unbekannte Quelle}}</ref>.
 
  
In den von Kitani untersuchten renga, Anfang der Edo-Zeit gibt es Zusammenhänge zwischen dem kanameishi
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Smits hingegen legt diese Entwicklung bereits gegen 1650 (Keian-Ära 慶安) an. Er beruft sich auf das um ca. 1650 erschienene Flugblatt ''Jishin to Tsunami no Setsu'' 地震并津 波之説 („Die Erklärung für Erdbeben und Tsunami“). Das Flugblatt stellt einen schlangenartigen Drachen dar dessen Kopf durch ein mit „''kanameishi''“ beschriftetes Schwert festgehalten wird. Zwar wird hier der Namazu nicht explizit dargestellt oder erwähnt, Smits Ansicht nach ist ein Zusammenhang aber deutlich zu sehen. <ref>[[Literatur:Ludwin 2007]]</ref>
und Kashima.Auch kommt selten der Namazu vor, jedoch ist er nicht für die Erdbeben
 
verantwortlich. Vielmehr taucht im Zusammenhang mit dem Wort „Erdbeben“ 地震 der
 
„Fasan“ 雉 auf, entsprechend der Legende, dass der Schrei eines Fasans ein Erdbeben
 
ankündigen soll. In dem 1675 erschienenen „danrin toppyakuin“ 談林十百韻 („Tausend
 
Reime aus dem Studierzimmer“) zum Beispiel: 「要石なんば掘っても抜けませぬ」 - „Egal
 
wie viel man auch gräbt man kann den kanameishi nicht herausziehen“. Und später: 「候に刺さった鯰の骨は抜けにくい」- „Die Knochen des vom Landesfürsten erstochenen Namazu sind schwer heraus zu ziehen“.
 
Mit den „Landesfürsten“ 候 dürfte in diesem Fall Tokugawa Mitsukuni 徳川 光圀,
 
der zu dieser Zeit Daimyô des Mito han war, gemeint sein. Interessanterweise ersticht im
 
zweiten Reim nicht Kashima sonder der Daimyô den Namazu, was eventuell darauf
 
schließen lässt, dass diese renga-Sammlung von eben diesem in Auftrag geben worden sein
 
dürfte. Man kann an diesem Beispiel klar erkennen, dass zwar die einzelnen Elemente
 
vorhanden sind, aber nur entfernt in Verbindung stehen dürften. Aufgrund dieser und
 
weiterer renga liegt für Kitani der Ursprung der Namazu-Mythologie zwischen der Kanbun
 
寛文(1661-1673) und der Enpô-Ära 延宝(1673-1681) <ref>[[Literatur:Kitani 1995]]</ref>.
 
 
 
Smits hingegen legt diese Entwicklung bereits gegen 1650 (Keian-Ära 慶安) an. Er
 
beruft sich auf das um ca. 1650 erschienene Flugblatt „Jishin to Tsunami no Setsu“ 地震并津
 
波之説 („Die Erklärung für Erdbeben und Tsunami“). Das Flugblatt stellt einen
 
schlangenartigen Drachen dar dessen Kopf durch ein mit „kanameishi“ beschriftetes Schwert
 
festgehalten wird. Zwar wird hier der Namazu nicht explizit dargestellt oder erwähnt, Smits
 
Ansicht nach ist ein Zusammenhang aber deutlich zu sehen <ref>[[Literatur:Ludwin 2007]]</ref>.
 
  
 
== Erste Namazu-e ==
 
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Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war der Wels als Erdbebenfisch, trotz gelegentlicher Erwähnungen in Texten und Drucken, kaum in den Köpfen der Bürger verankert. Bereits in den Jahren vor dem [[Ansei-Erdbeben]], oder Ansei Daijishin 安政大地震, hatte es auf Honshū mehrere starke Erdbeben gegeben, die zum Teil sogar höher auf der Richterskala einzuordnen gewesen wären, jedoch waren die psychologischen und politischen Auswirkungen dieser Katastrophen kaum mit jenen 1855 vergleichbar. Beginnend mit dem Zenkōji 善光寺-Erdbeben am 24. Tag des dritten Monats, Kōka 弘化4 (1847), kam es ab Mitte der 1840er Jahre zu einer Reihe mittlerer bis schwerer Erdbeben. Beim Tōkaidō-Erdbeben 1854, am vierten Tag des 11. Monats, Kaei 嘉永7, und einem Begleitbeben nichteinmal zwei Tage danach, kamen während dem Beben und dem darauf folgenden Tsunami mindestens 15 000 Menschen ums Leben. <ref>[[Literatur:Köhn 2002]]</ref>
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war der Wels als Erdbebenfisch, trotz gelegentlicher
 
Erwähnungen in Texten und Drucken, kaum in den Köpfen der Bürger verankert.
 
Bereits in den Jahren vor dem Ansei-Erdbeben, oder Ansei Daijishin 安政大地震,
 
hatte es auf Honshû mehrere starke Erdbeben gegeben, die zum Teil sogar höher auf der
 
Richterskala einzuordnen gewesen wären, jedoch waren die psychologischen und politischen
 
Auswirkungen dieser Katastrophen kaum mit jenen 1855 vergleichbar. Beginnend mit dem
 
Zenkôji 善光寺Erdbeben am 24. Tag des dritten Monats, Kôka 弘化4 (1847), kam es ab
 
Mitte der 1840er Jahre zu einer Reihe mittlerer bis schwerer Erdbeben. Beim Tôkaidô-
 
Erdbeben 1854, am vierten Tag des 11. Monats, Kaei 嘉永7, und einem Begleitbeben nichteinmal zwei Tage danach, kamen während dem Beben und dem darauf folgenden Tsunami
 
mindestens 15 000 Menschen ums Leben <ref>[[Literatur:Köhn 2002]]</ref>.
 
  
 
[[Datei:Namazu print 2.jpg |thumb| jishin omamori - auf den Gewändern der kleinen Namazu stehen die vorangegangenen Erdbeben]]
 
[[Datei:Namazu print 2.jpg |thumb| jishin omamori - auf den Gewändern der kleinen Namazu stehen die vorangegangenen Erdbeben]]
Der tatsächliche Auslöser für das erste Auftreten der Namazu-e wie wir sie heute
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Der tatsächliche Auslöser für das erste Auftreten der Namazu-e wie wir sie heute kennen lag in den Wirrungen des Zenkōji-Erdbeben. Während dieser Zeit wurde im Zenkōji-Tempel in der Provinz Shinano 信濃, heutiges Nagano, das sogenannte (''go'')''kaichō'' (御) 開帳 abgehalten. Der Begriff ''kaichō'' bezeichnet die öffentliche Ausstellung von heiligen Figuren, im Normalfall Buddhastatuen, die während des restlichen Jahres im Tempel nur für die Mönche zugänglich waren. Deshalb auch die Bezeichnung ''hibutsu'' 秘仏、 “geheimer“ oder „verborgener Buddha“. Meist wurde ein ''kaichō'' von einem großen Tempelfest, Schaustellern und Essenshändlern begleitet. <ref>[[Literatur:Wakamizu 2007]]</ref>
kennen lag in den Wirrungen des Zenkôji-Erdbeben. Während dieser Zeit
 
wurde im Zenkôji-Tempel in der Provinz Shinano 信濃, heutiges Nagano, das sogenannte
 
(go)kaichô (御) 開帳 abgehalten. Der Begriff kaichô bezeichnet die öffentliche Ausstellung
 
von Heiligen Figuren, im Normalfall Buddhastatuen, die während des restlichen Jahres im
 
Tempel nur für die Mönche zugänglich waren. Deshalb auch die Bezeichnung hibutsu 秘仏、
 
“geheimer“ oder „verborgener Buddha“. Meist wurde ein kaichô von einem großen
 
Tempelfest, Schaustellern und Essenshändlern begleitet <ref>[[Literatur:Wakamizu 2007]]</ref>.
 
  
Tieferer Sinn der Veranstaltung war einerseits für die Pilger Mittel zur Heilserlangung und Besichtigung
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Tieferer Sinn der Veranstaltung war einerseits für die Pilger Mittel zur Heilserlangung und Besichtigung des für sie sonst unzugänglichen Heiligtums, für die Tempel jedoch wurde es schlicht zur Finanzierung der Tempelanlagen. Eintrittsgelder sowie Spenden die durch die zahlreichen Pilgerströme in die Tempelkassen gespült wurden, waren gerade gegen Ende der Tokugawa-Zeit eine wichtige Einkommensquelle für die zum Teil unter Geldnot leidenden Tempel. <ref>[[Literatur:Köhn 2002]]</ref>
des für sie sonst unzugänglichen Heiligtums, für die Tempel jedoch wurde es schlicht zur
 
Finanzierung der Tempelanlagen. Eintrittsgelder sowie Spenden die durch die zahlreichen
 
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Zeit eine wichtige Einkommensquelle für die zum Teil unter Geldnot leidenden Tempel <ref>[[Literatur:Köhn 2002]]</ref>.
 
  
Beim kaichô 1847 war auch eine große Zahl Pilger die extra für dieses Ereignis
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Beim ''kaichō'' 1847 war auch eine große Zahl Pilger die extra für dieses Ereignis aus Edo angereist. Dies war auch der Grund, dass wider Erwarten, die ersten Namazu-e nicht in der Provinz Shinano entstanden sind, sondern, wie auch die 1855 gedruckten Namazu-e, in Edo selbst. Inspiriert durch die Erzählungen der heimgekehrten Pilger entstanden Bilder zum Beispiel durch Künstler wie Utagawa Kuniteru 歌川国輝. Auch in den Namazu-e von 1855 findet das Zenkōji-Erdbeben häufig Erwähnung. <ref>[[Literatur:Wakamizu 2007]]</ref>
aus Edo angereist. Dies war auch der Grund, dass wider Erwarten, die ersten
 
Namazu-e nicht in der Provinz Shinano entstanden sind, sondern, wie auch die 1855
 
gedruckten Namazu-e, in Edo selbst. Inspiriert durch die Erzählungen der heimgekehrten
 
Pilger entstanden Bilder zum Beispiel durch Künstler wie Utagawa Kuniteru 歌川国輝.
 
Auch in den Namazu-e von 1855 findet das Zenkôji-Erdbeben häufig Erwähnung <ref>[[Literatur:Wakamizu 2007]]</ref>.
 
  
 
== Verweise ==
 
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===Anmerkungen===
 
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===Quellen===
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Version vom 24. Oktober 2012, 16:30 Uhr

Wann genau die Vorstellung, dass ein riesiger Wels unter der Erde für die Erdbeben verantwortlich sein soll ihren Ursprung hatte, ist, wie bei jeder Legende, kaum mehr nachzuverfolgen.

In seinem Artikel „Kurobune to Jishinnamazu - Fūdo to Jidai.“ untersucht Kitani anhand von bestimmten renga 連歌 - einem Genre der japanischen Dichtkunst, aus dem auch die modernen Haiku hervorgegangen sind - das Auftreten der darin verwendeten tsukeai 付合. Tsukeai bezeichnen ungewöhnliche Wortzusammenstellungen, die ein bestimmtes Bild beim Leser hervorrufen sollen. [1]

In den von Kitani untersuchten renga, Anfang der Edo-Zeit gibt es Zusammenhänge zwischen dem kanameishi und Kashima. Auch kommt selten der Namazu vor, jedoch ist er nicht für die Erdbeben verantwortlich. Vielmehr taucht im Zusammenhang mit dem Wort „Erdbeben“ 地震 der „Fasan“ 雉 auf, entsprechend der Legende, dass der Schrei eines Fasans ein Erdbeben ankündigen soll. In dem 1675 erschienenen Danrin toppyakuin 談林十百韻 („Tausend Reime aus dem Studierzimmer“) zum Beispiel: 「要石なんば掘っても抜けませぬ」 - „Egal wie viel man auch gräbt man kann den kanameishi nicht herausziehen“. Und später: 「候に刺さった鯰の骨は抜けにくい」- „Die Knochen des vom Landesfürsten erstochenen Namazu sind schwer heraus zu ziehen“. Mit den „Landesfürsten“ 候 dürfte in diesem Fall Tokugawa Mitsukuni 徳川 光圀, der zu dieser Zeit Daimyō des Mito-han war, gemeint sein. Interessanterweise ersticht im zweiten Reim nicht Kashima sonder der Daimyō den Namazu, was eventuell darauf schließen lässt, dass diese renga-Sammlung von eben diesem in Auftrag geben worden sein dürfte. Man kann an diesem Beispiel klar erkennen, dass zwar die einzelnen Elemente vorhanden sind, aber nur entfernt in Verbindung stehen dürften. Aufgrund dieser und weiterer renga liegt für Kitani der Ursprung der Namazu-Mythologie zwischen der Kanbun 寛文- (1661-1673) und der Enpō 延宝-Ära(1673-1681). [2]

Smits hingegen legt diese Entwicklung bereits gegen 1650 (Keian-Ära 慶安) an. Er beruft sich auf das um ca. 1650 erschienene Flugblatt Jishin to Tsunami no Setsu 地震并津 波之説 („Die Erklärung für Erdbeben und Tsunami“). Das Flugblatt stellt einen schlangenartigen Drachen dar dessen Kopf durch ein mit „kanameishi“ beschriftetes Schwert festgehalten wird. Zwar wird hier der Namazu nicht explizit dargestellt oder erwähnt, Smits Ansicht nach ist ein Zusammenhang aber deutlich zu sehen. [3]

Erste Namazu-e

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war der Wels als Erdbebenfisch, trotz gelegentlicher Erwähnungen in Texten und Drucken, kaum in den Köpfen der Bürger verankert. Bereits in den Jahren vor dem Ansei-Erdbeben, oder Ansei Daijishin 安政大地震, hatte es auf Honshū mehrere starke Erdbeben gegeben, die zum Teil sogar höher auf der Richterskala einzuordnen gewesen wären, jedoch waren die psychologischen und politischen Auswirkungen dieser Katastrophen kaum mit jenen 1855 vergleichbar. Beginnend mit dem Zenkōji 善光寺-Erdbeben am 24. Tag des dritten Monats, Kōka 弘化4 (1847), kam es ab Mitte der 1840er Jahre zu einer Reihe mittlerer bis schwerer Erdbeben. Beim Tōkaidō-Erdbeben 1854, am vierten Tag des 11. Monats, Kaei 嘉永7, und einem Begleitbeben nichteinmal zwei Tage danach, kamen während dem Beben und dem darauf folgenden Tsunami mindestens 15 000 Menschen ums Leben. [4]

jishin omamori - auf den Gewändern der kleinen Namazu stehen die vorangegangenen Erdbeben

Der tatsächliche Auslöser für das erste Auftreten der Namazu-e wie wir sie heute kennen lag in den Wirrungen des Zenkōji-Erdbeben. Während dieser Zeit wurde im Zenkōji-Tempel in der Provinz Shinano 信濃, heutiges Nagano, das sogenannte (go)kaichō (御) 開帳 abgehalten. Der Begriff kaichō bezeichnet die öffentliche Ausstellung von heiligen Figuren, im Normalfall Buddhastatuen, die während des restlichen Jahres im Tempel nur für die Mönche zugänglich waren. Deshalb auch die Bezeichnung hibutsu 秘仏、 “geheimer“ oder „verborgener Buddha“. Meist wurde ein kaichō von einem großen Tempelfest, Schaustellern und Essenshändlern begleitet. [5]

Tieferer Sinn der Veranstaltung war einerseits für die Pilger Mittel zur Heilserlangung und Besichtigung des für sie sonst unzugänglichen Heiligtums, für die Tempel jedoch wurde es schlicht zur Finanzierung der Tempelanlagen. Eintrittsgelder sowie Spenden die durch die zahlreichen Pilgerströme in die Tempelkassen gespült wurden, waren gerade gegen Ende der Tokugawa-Zeit eine wichtige Einkommensquelle für die zum Teil unter Geldnot leidenden Tempel. [6]

Beim kaichō 1847 war auch eine große Zahl Pilger die extra für dieses Ereignis aus Edo angereist. Dies war auch der Grund, dass wider Erwarten, die ersten Namazu-e nicht in der Provinz Shinano entstanden sind, sondern, wie auch die 1855 gedruckten Namazu-e, in Edo selbst. Inspiriert durch die Erzählungen der heimgekehrten Pilger entstanden Bilder zum Beispiel durch Künstler wie Utagawa Kuniteru 歌川国輝. Auch in den Namazu-e von 1855 findet das Zenkōji-Erdbeben häufig Erwähnung. [7]

Verweise

Anmerkungen

Quellen

  • Makoto Kitani 1995
    „Kurobune to jishin namazu: fūdo to jidai.“ In: Miyata Noboru 宮田登 und Takada Mamoru 高田衛 (Hg.), Namazue: Shinsai to Nihon bunka. Tokyo: Ribun Shuppan 1995, S. 52-62.
  • Stephan Köhn 2002
    Berichte über Gesehenes und Gehörtes aus der Ansei-Zeit: Kanagaki Robuns (1829-1894) Bericht über das große Ansei-Erdbeben 1855 als Repräsentant des Genres der „Katastrophendarstellungen“. Wiesbaden: Harrassowitz 2002.
  • Ruth Ludwin, Gregory Smits 2007
    Folklore and earthquakes: Native American oral traditions from Cascadia compared with written traditions from Japan.“ In: Luigi Piccardi, W. Bruce Masse (Hg.), Myth and geology. London: Geological Society 2007.
  • Wakamizu Suguru 若水優 2007
    Edokko kishitsu to namazu-e. Tokyo: Kadokawa Gakugei Shuppan 2007.