Dakini-ten

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Dakini.jpg
Dakini-ten Mandala[Abb. 1]
Seiten-Infobox
Themengruppe Gottheiten (Götter, numinose Erscheinungen)
Name Dakini-ten 荼枳尼 („Himmelstänzerin“)
Religiöse Titel Ten 天
Rel. Zugehörigkeiten Buddhismus
Herkunft Indien
Attribute, Begleiter Fuchs
Funktion, Wirkkraft Schutzgottheit des Toyokawa Inari Tempels 豊川稲荷
Diese Seite entstand im Kontext des Seminars Kamigraphie:Wintersemester 2011.

Die japanische Gottheit Dakini-ten 荼枳尼天 leitet sich von der hinduistisch-buddhistischen Gottheit Dakini (sansk. "Himmelstänzerin") ab, und wird in unterschiedlichen Formen verehrt. Ein enger Konnex besteht jedoch zum Inari 稲荷 -Glauben, der heute dem Shintō zugerechnet wird.

Diese Seite beschäftigt sich mit der Frage, wie kam es dazu, dass Dakini als buddhistische Gottheit zusammen mit dem Fuchs dargestellt wurde. Dabei kommt dem Toyokawa Inari Tempel 豊川稲荷 in der Präfektur Aichi eine Schlüsselrolle zu.

Buddhistische Dakinis

Eine dakini (jap. = dakini 荼枳尼 oder Dakini-ten 荼枳尼天) bezeichnet im tibetischen Buddhismus eine wichtige Figur für die Erlangung der vollkommenen Erleuchtung als Buddha (The Three Roots (Tibetan: tsa sum)).

Den Ursprung der buddhistischen dakinis findet man im sogenannten Vajrayāna-Buddhismus (ca. 9.Jhdt), dem tantristisch-esoterischen Buddhismus, eine Strömung des Mahayana-Buddhismus, welcher in Japan unter den zwei Mönchen Saichō 最澄(Tendai-shū 天台宗) und Kūkai 空海 (Shingon-shū 真言宗) als mikkyō 密教 („geheime Lehre“, esot. Buddh.) seine Verbreitung fand.

Sie erscheint in den unterschiedlichsten Formen:

The dakini, in her various guises, serves as each of the Three Roots. She may be a human guru, a vajra master who transmits the Vajrayana teachings to her disciples and joins them in samaya commitments. The wisdom dakini may be a yidam, a meditational deity; female deity yogas such as Vajrayogini are common in Tibetan Buddhism. Or she may be a protector; the wisdom dakinis have the special power and responsibility to protect the integrity of oral transmission.
Simmer-Brown 2002, S. 140

Laut Simmer-Brown werden dakinis im tibetischen Vajrayāna folgendermaßen klassifiziert:

  • Die weltliche dakini: fleischfressender Dämon, vor-tantrische Tradition kann auch als Schamane oder Beschützer der dharma-Lehre auftreten
  • Dakini der Weisheit (yeshe khandro): vollkommen erleuchtete dakini, höchste Beschützerin der Lehren (tantrischer Guru, weibl. Buddha), verkörpert vollkommen das Bild der „Himmelstänzerin“, besonderes Merkmal: drei Augen

Auch in der Shingon-shū, der Lehre von Kūkai (774–835), heißt es, dass dakinis „[...] fleischfressende Dämonen, mit der Fähigkeit den Tod von Menschen sechs Monate im Voraus vorherzusehen[...]“ sind (Teeuwen 2000:105).

Smyers erwähnt außerdem, dass diese weiblichen Dämonen „[...] von Buddha Vairocana (Dainichi nyorai 大日如来, zentraler Buddha der Shingon-shū) zum Buddhismus konvertiert wurden und somit zu einer Schutzgottheit wurden“ (Smyers 1999:82).

Der Initiator des Shingon Buddhismus: Kōbō Daishi Kūkai

Mönch Kūkai [Abb. 4]

Als Begründer des esoterischen Buddhismus in Japan, Shingon-shū,(„wahres Wort“, mögliche Übersetzung des Sanskritwortes mantra, Gebetsformel), gilt Kūkai als einer der bekanntesten Mönche des japanischen Buddhismus. Nach seinem Tod wurde ihm der Ehrentitel Kōbō Daishi 弘法大師, was soviel wie „Meister der Verbreitung des Gesetzes“, bedeutet.

Fudō myōō [Abb. 5]

804 trat er nicht nur dem offiziellen Mönchsstand bei, sondern er nahm ebenso zusammen mit dem Mönch Saichō, an einer kaiserlichen Gesandtschaft nach China teil. Dort begegnete er Meister Huiguo, welcher ihn in esoterischen Buddhismus einführte. 816 gründete er sein eigenes Kloster auf Berg Kōya (südl. von Nara, spirituelles Zentrum des Shingon-Buddh.) Kūkai kritisierte das alleinige Rezitationen von Sutrentexten als buddhistische Praxis, da dies nicht zur Erleuchtung führen könne. Er betonte vielmehr, die aktive Anwendung von Gebetsformeln (skt. mantra), Handzeichen (skt. Mudra verweist auf eine bestimmte Tätigkeit eines Buddhas (Predigt, Meditation, etc.)) und visualisierten Bildern (Mandalas, schematische Darstellung der kosmischen Ordnung). Somit ist das Ritual bei Kūkai wie eine Art "Heilmittel" zu verstehen, welches nach und nach zur Heilung führt.[1]

Dakini und Myōō

Die Verehrung von dakinis lässt sich verstehen, wenn man sie mit den furchteinflößende Myōō 明王 vergleicht, die ebenso wie Dakini-ten für den Shingon-Buddhismus charakteristisch ist:

The Myo-o are a group of gods peculiar to Shingon, [...] At any rate, there are a class of deities imported from late Indian Trantric Buddhism in which the corresponding beings are called Bhairavaor Krodharaja. Though of awful appearance, their terrors are really benevolent, for they are designed to protect their worshippers by frightending away evil spirits or to destroy passion and ignorance.
Bibhuti Baruah 2000, S. 369-370

Unter einem Myōō (skt. Vidyārāja) versteht man einen "Mantra-, Licht-, oder Weisheits-König", für dessen Aussehen meist ein zorniger Gesichtsausdruck, Raubzähne sowie ein drittes Auge auf der Stirn charakteristisch ist. Sie werden meist umgeben von Flammen dargestellt, haben eine rote oder schwarze Hautfarbe und sind bewaffnet. Trotz seiner furchteinflößenden Erscheinung sieht man einen Myōō, gerade im esoterischen Buddhismus nicht als Gefahr an, sondern vielmehr als ein Wesen, dessen Kräfte man gegen das Böse einsetzen kann.[2]

Toyokawa Inari

Toyokawa Inari [Abb. 6]

Der buddhistische Tempel Toyokawa Inari 豊川稲荷 befindet sich in der Präfektur Aichi und wird auch Myōgon-ji 妙厳寺 genannt. Dabei handelt es sich um eine Tempelanlage der Sōtō-shū 曹洞宗, einer Richtung des Zen-Buddhismus. Er wurde 1441 von Zen-Priester Tōkai Gieki 東海義易, dem 6. Schüler von Kangan Giin 寒巌義尹, welcher wiederum ein Schüler von Dōgen 道元 war, gegründet.

Ursprünglich wurde dieser Tempel der Gottheit Kannon 觀音 gewidmet, welcher somit das Hauptheiligtum (honzon 本尊) darstellt. Dakini-ten wurde als besondere Schutzgottheit eingeschlossen. Es wird vermutet, dass die Darstellung von Dakini-ten mit Fuchs als Reittier auf den Mönch und Schüler von Dōgen, Kangan Giin zurückgeht [siehe Tempellegende unten].[3] Neben Dakiniten und Kannon sind auch andere shintoistische und buddhistische Gottheiten in den Schrein eingeschlossen zb.: Shichi Fukujin 七福神 , Jizō Bodhisattva 地蔵 (Heine 2011:120).

Kangan Giins Vision von Dakini-ten

Bis jetzt konnte ich zwei Versionen von der Entstehungsgeschichte des Toyokawa Inari (Toyokawa-engi 縁起) und Kangan Giins Vision von Dakini-ten (reiken 霊験) ausfindig machen. Diese lauten:

  • 1267 hatte Giin eine Erscheinung von einer weiblichen, über dem Meer schwebenden Gottheit. Sie ritt auf einem weißen Fuchs, hatte einen Sack Reis auf ihrer Schulter und ein Juwel in der Hand. Sie verlangte von Kangan sie zu verehren, indem er ihr mantra (Gebetsformel), welche sie ihm vorsang, nachsingen sollte. Im Gegenzug dazu versprach sie ihm den Schutz seiner Lehren und Wohlstand. Danach verschwand die Gottheit wieder (Chaudhuri 2003:160–161).
  • Giin hatte auf dem Rückweg von China nach Japan eine Vision von Dakiniten (offenbarte sich als Schutzgottheit des buddh. Dharma). Sie trug einen Sack Reis auf dem Rücken und ritt auf einem weißen Fuchs. Basierend auf dieser Vision fertigte Giin eine Statue für Dakini-ten an (Heine 2011:121).

Jedoch fehlt bei beiden Versionen das verbindende Element, welches belegen könnte, wann bzw. wie diese Statue von Dakini-ten ihren Weg in den Toyokawa Inari Tempel gefunden hat. Heine weist in seine Ausführung zwar darauf hin, dass eine Dakini-ten Statue in der Edo-Zeit nach Tokyo gebracht wurde, jedoch fehlt dazwischen jeglicher Hinweis darauf, wie diese Statue nach Aichi gekommen sein könnte. Somit ist noch eine weiterführende Recherche notwendig.

yakan und kitsune

Laut Smyers wurde dakini in Japan zunächst mit einem indischen Schakal und erst später mit den Füchsen assoziiert. Das Übersetzungswort yakan 野干, welches immer wieder in den buddhistischen Schriften vorkommt, bezeichnet buddhistische, sagenumwobene Tiere (Symers 1999:84). Auch Teeuwen meint, dass in Japan dakini mit dem Fuchs dargestellt (und in Folge mit Inari assoziiert) wurden, weil sie ursprünglich von Schakalen (yakan) begleitet wurde (Teeuwen 2000:106).

Laut De Visser, wird yakan schon den alten Legenden des Nihon ryōiki 日本霊異記 für „kitsune“ 狐 verwendet (De Visser 1909:56).

Und auch Simmer-Brown stützt die These bezüglich der Assoziation Fuchs-Schakal, wenn sie in der Hagiographie des tibetischen Meisters Guru Rinpoche auf die Beschreibung unterschiedlicher Formen der weltlichen dakinis hinweist. Manche von ihnen: „[...] hatten flammende Lanzen und ritten auf Schakalen“ (Simmer-Brown 2002:55).

Embleme der japanischen Dakini

Dakini Kasuga [Abb. 7]

Die Gottheit Dakiniten wird, wie oben schon erwähnt, sehr verschieden dargestellt, jedoch gibt es einige Elemente/Symbole, die man immer wieder antrifft, auch wenn sie ab und an in den Darstellungen ein wenig variieren.

Juwel der Wunscherfüllung

Diesen Gegenstand findet man am häufigsten zusammen mit der Gottheit Inari bzw. mit dem Fuchs. Bei den großen Inari-Schreinen hat meistens eine Fuchsstatue ein Juwel im Maul oder seine Schwanzspitze ist zu einem Juwel geformt. In den Darstellungen mit Dakiniten hält die Gottheit dieses Juwel in ihrer linken Hand. In einigen wenigen Darstellungen kann es auch vorkommen, dass der Fuchs es im Maul hat. Grundsätzlich symbolisiert es spirituellen und materiellen Reichtum, Fruchtbarkeit und Leben.

Schwert

Das Schwert, welches Dakiniten in der rechten Hand hält, könnte entweder für die buddhistische Macht stehen, also für die Lehre Buddhas, oder es könnte sich hierbei auch um Khadga, das flammende Schwert handeln, welches ein Symbol für Erkenntnis und Weisheit darstellt.

Fuchs

Bei allen Darstellungen von Dakiniten sieht man die Gottheit auf einem weißen Fuchs reiten. Dieser Fuchs symbolisiert nicht nur Inaris Boten, sondern wird ebenfalls mit dem Begriff kimon (dt. „Dämonentor“ 鬼門) in Verbindung gebracht. An diesem Ort sammeln sich die Dämonen und bereten durch diese Tor die Welt der Menschen. Da der Fuchs in Japan als ein Tier gilt, welches dämonischen Einfluss abwehren kann, ist es somit nicht verwunderlich, dass man bei Inari-Schreinen häufig Fuchsstatuen antrifft. Sie sollen den Dämonen den Weg in den Tempel verwehren.

Schriftrolle/Schlüssel

Der Fuchs hat nun in vielen - aber nicht allen - Darstellungen entweder eine Schriftrolle oder einen Schlüssel im Maul. Die Schriftrolle symbolisiert sozusagen, dass der Fuchs Inaris Bote ist. In anderen Darstellungen hat der Fuchs einen Schlüssel im Maul, welcher den Reisspeicher symbolisiert.

Verweise

Literatur

  • Bibhuti Baruah 2000
    Buddhist sects and sectarianism. New Delhi: Sarup 2000.
  • Chaudhuri Saroj Kumar 2003
    Hindu gods and goddesses in Japan. Neu Dehli: Vedams eBooks 2003.
  • Marinus Willem de Visser 1909
    The fox and the badger in Japanese folklore. Tokyo: Asiatic Soc. of Japan 1909.
  • Judith Simmer-Brown 2002
    Dakini's warm breath. Boston und London: Shambala Publications 2002.
  • Karen Ann Smyers 1999
    The fox and the jewel: Shared and private meanings in contemporary Japanese Inari worship. Honolulu: University of Hawai'i Press 1999.

Internetquellen

Letzte Überprüfung der Linkadressen: 2021/08/14

Fußnoten

  1. „Kūkai und der Shingon Buddhismus“, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch (2021/08/14)
  2. „Fudō Myōō &Co“, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch (Stand: 2021/08/14)
  3. „Fushimi Inari Taisha“, Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch (Stand: 2021/08/14)

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:

  1. Dakini.jpg
    Dakini Hängerollbild, mandara (Tusche auf Hanf). Muromachi-Zeit, Nanbokuchō-Zeit (1336-1392); Metropolitan Museum of Art; 74,9 x 33 cm
    Bild © Metropolitan Museum of Art. (Letzter Zugriff: 2012/10/27)
    Japanische Darstellung der Hindu-Gottheit Dakini.
  2. Dakini perfected female being.JPG
    Buddhist attendant, possibly a Dakini Hängerollbild (Farbe) (spätes 18.Jahrhundert). Edo-Zeit, spätes 18. Jh.; 127,6 x 84,5 cm
    Bild © The Metropolitan Museum of Art. (Letzter Zugriff: 2012/10/27)

    This dancing goddess, perhaps intended to represent a perfected female being (dakini), honors the Buddhist wheel of wisdom (dharma-chakra), which she holds in her right hand, flanked by golden fish and surmounted by a conch, symbols of auspiciousness. In her left she holds a lotus flower, which may relate her to the bodhisattva Avalokiteshvara. This sheet was part of a larger composition (now lost).

  3. Dancing Vajrayogini.jpg
    Dancing Vajrayogini Statue (Wachsschmelzmethode, Kupfer); hergestellt in Nepal; Höhe: 53,34 cm
    Bild © Dharma sculpture. (Letzter Zugriff: 2012/11/27)
    Tanzende, 16-jährige Gottheit Vajrayogini.
  4. Kuukai.jpg
    Statue von Mönch Kūkai Statue
    Bild © kakukaku-sikajika, 空海マンダラ展. (Letzter Zugriff: 2021/9/12)
  5. Fudō myōō.jpg
    Immobile bright king, protector for Buddhist faith (Fudō myōō 不動明王) Blockdruck, ukiyo-e (Farbe) von Utagawa Yoshikazu (1848-1863); 36.3 x 24.5 cm
    Bild © UCSF Japanese Woodblock Print Collection. (Letzter Zugriff: 2012/10/26)
  6. Toyokawa Inari.jpg
    Toyokawa Inari (豊川稲荷) Schreingebäude. Tempo-Zeit (1830-1843); Toyokawa, Aichi
    Bild © Wikipedia. (Letzter Zugriff: 2012/10/09)
    Aufnahme vom 07.10.2006.
  7. Dakini Kasuga.jpg
    Mandala of Dakiniten of Kasuga Shrine (春日荼吉尼天曼荼羅図) Hängerollbild (Tusche und Farbe auf Seide). Muromachi-Zeit, 14. Jh.; im Besitz des Museum of Fine Arts, Boston; 109,1 x 32,1 cm
    Bild © Museum of Fine Arts, Boston. (Letzter Zugriff: 2012/10/27)
  8. Dakiniten3.jpg
    Dakiniten (荼枳尼天) Statue (Hinoki Holz ヒノキ製); Höhe: 33 cm
  9. Fushimi inari kitsune.JPG
    Kitsune mit Schlüssel im Maul Statue (Bronze); Fushimi Inari Taisha 伏見稲荷大社, Kyoto
    Bild © Aufname von Christian Puxbaum vom 03. 08. 2009.

    Die Statue bewacht den Haupteingang des Schreins.

  10. Fuchs mit Juwel.JPG
    Fuchs der das wunscherfüllende Juwel umarmt (hooju daki kitsune 宝珠抱き狐) Kultgegenstand
    Bild © Omamori. (Letzter Zugriff: 2012/10/26)