Daikoku

Aus Kamigraphie
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Daikoku Tōkōji.jpg
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Themengruppe Gottheiten (Götter, numinose Erscheinungen)
Name Daikoku 大黒 („Der große Schwarze“)
Religiöse Titel Sama 様, Ten 天
Sonstige Namen Māhakāla
Rel. Zugehörigkeiten Hinduismus, Buddhismus, Shintō
Herkunft Indien
Ikonographie klein, dick, lachend
Attribute, Begleiter Wunschhammer, Reissäcke, großer Sack
Funktion, Wirkkraft Glücksgott, Gott für Nahrung, Gott für materiellen Reichtum
Bemerkung Einer der shichifukujin 七福神

Daikoku-ten 大黒天 ist einer der sieben Glücksgötter. Ursprünglich aus Indien kommend hat der kleine, rundliche Glücksgott mit einem breiten Lächeln und zwei großen Reissäcken eine bemerkenswerte ikonographische Wandlung, aber auch eine starke Veränderung in seinem Charakter erlebt. In Japan zunächst als Gott der Küche verehrt, schafft es Daikoku-ten schlussendlich, neben Ebisu zu einem der beliebtesten Glücksgötter des Landes zu werden.

Herkunft

Die Wurzeln des Daikoku-ten gehen zurück auf den indischen Gott Māhakāla („der große Schwarze“)[1], der stets zornig dargestellt wird. Vom Buddhismus wird diese kriegerische Erscheinung des indischen Gottes Shiva als Schutzgott für die buddhistische Lehre aufgenommen[2].

Mahakala who is a ferocious god is generally worshipped in the Tantric rite of Marana or „Killing“ which has the destruction of enemies for its purpose. Enemies are opponents of the established order, not only from outside but from within [...].
Kramrisch 1965:65

Betet man zu diesem furchterregenden Gott, so soll dem Betenden eine Macht zu Teil werden, mit der seine Beziehung zur buddhistischen Lehre gestärkt wird. Sollten bei diesem Gebet jedoch Zweifel vorhanden sein, bestraft Māhakāla jenen. Bis ins 13. Jahrhundert findet man Darstellungen Daikoku-tens, die der von Māhakāla ähnlich sind: Oft trägt er drei Gesichter und hat eine schwarze Hautfarbe.[3][4]

Ein anderer wichtiger Aspekt für die Herkunft des heutigen, fröhlichen Daikoku-tens, kommt aus dem Shintō. Über längere Zeit, dürfte sich das Bild des Māhākala mit der in Japan schon länger bekannten mythischen Gestalt des Ōkuninushi 大国主 vermischt haben. Dies beruht vermutlich auf der Namensgleichheit der beiden: Sowohl die Schriftzeichen für Daikoku 大黒 als auch jene für 大国 von 大国主 können daikoku gelesen werden. Mit dieser Verschmelzung der Namen soll sich auch die Ikonographie des Glücksgottes geändert haben[5]: Der grimmige Gesichtsausdruck (憤怒相 funnusō) veränderte sich zu einem zufriedenen Lächeln.

Der Weg nach Japan und der dreigesichtige Daikoku-ten

Dreigesichter Daikoku am Hiei-Berg

Im 8 Jahrhundert soll die Verehrung des Daikoku-ten in Japan seinen Anfang genommen haben. In den beiden großen Schulen des esoterischen Buddhismus in Japan, der Tendai- und der Shingon-Sekte, wurde dieser Gott aufgenommen. Saichō (最澄; 767-822), der Begründer der Tendai-Sekte des Buddhismus, spielt hierbei eine wichtige Rolle. Er soll den dreigesichtigen Daikoku-ten (三面大黒天 sanmen daikokuten) am Hiei-Berg[6].erbaut haben. Der volle Name dieser Statue lautet Sanmen roppi daikokuten (三面六臂大黒天 „der dreigesichtige und sechsarmige Daikoku-ten) und hat laut dem engi des Enryaku-ji folgende Geschichte:

Dem Mönch Saichō soll, als er die Konbonchūdō erbaut hatte, ein Einsiedler erschienen sein. Als Saichō diesen fragte, was er hier denn wolle, antwortete er mit einer Passage aus dem Lotus-Sutra. Saichō vernahm diese Worte und antwortete: „Wen dem so ist, dann beschütze bitte die Wirtschaft des Hiei-Berges für die Gesundheitspflege und Ernährung der vielen lernenden Mönche.“ Der Einsiedler stimmte dem zu und betonte, dass all jene, die zu ihm beten, Glück und langes Leben erlangen sollen (福徳と寿命 fukutoku to jumei). Da war Saichō klar, dass es sich bei diesem Einsiedler um den dreigesichtigen Daikoku-ten handeln musste und schnitzte ein Abbild von ebenjenem. Später soll Toyotomi Hideyoshi (豊臣秀吉 1537-1598) den dreigesichtigen Daikoku-ten verehrt haben (siehe unten).

Der dreigesichtige Daikoku-ten wird - wie der Name vermuten lässt - mit drei Gesichtern dargestellt. Das zentrale Gesicht stellt Daikoku-ten dar und seichtlich auf je einer Seite sind Benzai-ten und Bishamon-ten abgebildet. In Daikoku-tens linker Hand befindet sich ein Wunsch-Edelstein (如意宝珠 nyoihōshu), welcher Wünsche in Erfüllung gehen lässt. In seiner rechten Hand hält er das Schwert der Weisheit (智慧の利剣 chie no riken), welches irdische Wünsche ablehnt. Benzai-ten ist in ihrer linken Hand mit einer Sichel ausgestattet, die Glück zu sammeln vermag und umfasst mit ihrer Rechten einen Schatzschlüssel (宝鍵 hōken), mit dem sie das Glück der Welt sammelt und, entsprechend der Wünsche der Menschen, Glück bereitet. Mit seiner linken Hand hält Bishamon-ten einen Wunschstab (如意棒 nyoibō), mit dem sieben Schätze gewährt werden, und in seiner Rechten eine Lanze, die das Böse besiegt. Zwar wurde Daikoku-ten zunächst besonders vom esoterischen Buddhismus verehrt, doch heute wird er als Glücksgott von vielen Japanern und Japanerinnen verehrt, egal welcher Sekte sie angehören.[7]

Daikoku-ten und Toyotomi Hideyoshi

Besonders beliebt soll Daikoku-ten bei dem Reichseiniger Toyotomi Hideyoshi gewesen sein. Man sagt ihm nach, dass er stets eine Statue mit des dreigesichtigen Daikoku-tens mit sich genommen haben soll. Der Legende nach soll dem als besonders rational denkendend Geltenden an der Statue zugesagt haben, dass, obwohl man nur einmal beten muss, man wegen der drei Gesichter einen dreifachen Effekt erhalten würde. In seinen jungen Jahren soll der Reichseiniger einmal eine solche Statue erhalten und gesagt haben, dass, wenn er erfolgreich (出世 shusse) und ruhmreich sein werde, er dann diese Statue zerbrechen werde. Als dieser Punkt erreicht war, soll er mit Freuden die Statue zu Boden geworfen haben und einem Schnitzer befohlen habe, eine neue anzufertigen. Diese Statue wird Sanmen shusse daikokuten (三面出世大黒天 „Der dreigesichtige Erfolgs-Daikoku-ten“) genannt und ist heute im Entokuin gegenüber des von der Witwe Toyotomi Hideyoshis gegründeten Kōfukuji zu sehen.[8]

Anders als der Sanmen roppi daikokuten am Hiei-Berg ist diese Statue des Daikoku-ten in seiner heute bekannten Form und Ausstattung abgebildet: Er hält in seiner rechten Hand einen Wunschhammer (打ち出の小槌 uchide no kozuchi) und einem großen Sack, welchen er mit seiner linken Hand festhält.

Daikoku-ten als Fruchtbarkeitsgott

Fruchtbarkeit soll hier auf zwei Arten verstanden werden: Fortpflanzung und Nahrung. Im Sinne von ersterem lassen sich Darstellungen Daikoku-tens mit Phallussymbolen oder ihn selbst als Phallussymbol finden. Folgt man dieser Interpretation, so können die zwei großen Reissäcke als Hodensäcke und der Körper des Gottes als Penis angesehen werden. Deutlicher ist dies bei dem Holzdruck Dōke Daikoku zu sehen (s.u.).

Daikoku-ten als Phallussymbol hat eine bis zu seinen Anfängen zurückreichende Geschichte: Der hindusitische Gott Shiva gilt als besonders männlich und sexuell aktiv, was uns durch Legenden bekannt ist, die von seinem Penis handeln[9]. Da Māhakāla, die 'Urform' des Daikoku-ten, eine Erscheinung des Shiva ist, erscheint diese Parallele nicht zufällig.

Dominanter als die Verehrung als männliches Geschlechtsorgan ist jedoch die Rolle Daikoku-tens als Gott des Feldes (田の神 ta no kami) bzw. Fruchtbarkeitsgott. In vielen ländlichen Gegenden wird der Glücksgott vor allem in dieser Funktion verehrt. Beispielsweise setzt man sich in Shikoku und Kyūshū nach der Herbsternte zusammen und feiert bei einem Bankett. Dieser Feiertag wird daikoku iwai (大黒祝い „Daikoku-Fest“) genannt [10]. Auf Ikinoshima in der Präfektur Nagasaki opfert man Daikoku-ten gekochten Reis nach der Reisernte; dies wird daikoku-age 大黒上げ genannt. Diese und andere feierlichen Rituale unterstreichen die Wichtigkeit Daikoku-tens für die bäuerliche Wirtschaft.

Daikoku in der Meiji-Zeit

Besonders auffallend für Daikoku-ten-Darstellungen in der Meiji-Zeit ist die Abbildung des Glücksgottes auf Banknoten. Von 1877 an ließ Edoardo Chiossone (1833-1898)[11] verschiedene Glücksgötter auf Geldscheinen abbilden und verstärkte somit ihre Verbindung zur Welt des Geldes. Hervorzuhebend dabei ist vor allem die Serie von 1885, da diese vollkommen in Silber umgewandelt werden konnte. Die 1 Yen-, 5 Yen- und 10 Yen-Scheine trugen alle das Bild des Daikoku-ten und wurden daher daikoku-satsu (大黒札 „Daikoku-Scheine“) genannt.

Daikoku-Geldschein aus dem Jahr 1884

Chiossone greift dabei auf den ‚traditionellen‘ Daikoku zurück: Dieser sitzt auf Reisbällen, hält den magischen Hammer in der Hand und hat einen großen Sack geschultert. Seine Gesichtszüge werden sehr genau dargestellt und lassen ihn durchaus real erscheinen [12].

Andere berühmte Darstellungen zu Daikoku liefert uns der Künstler Kawanabe Kyōsai (河鍋暁斎; 1831-1889). Er war Schüler des ukiyo-e Meisters Utagawa Kuniyoshi (歌川国芳; 1797-1861) und ist für seinen individualistischen und karikativen Stil bekannt. Auf seinem Holzdruck Dōke Daikoku (どうけ大黒 „Daikoku-Narretei“) in der Serie Tanuki no tawamure (狸の戯 „Unfug der tanuki“) ist seine Handschrift deutlich zu sehen: Ein tanuki getarnt als Daikoku-ten wird von anderen tanukiverehrt. Diese offensichtliche und leicht zu durchschauende Verkleidung der listigen Tiere wird als Kritik am Meiji-zeitlichen Währungssystem interpretiert:

Dōke Daikoku von Kawanabe Kyōsai
With sardonistic humor the print evokes the situation of the day, a time when tanuki disguised as Daikoku were far from thin on the ground and when unprincipled, greedy swindlers, taking advantage of the disruption of the monetary system traditionally guaranteed by Daikoku, profited from the misfortune of the many.
Failla 2006:204

Statt auf Reissäcken sitzt der tanuki-Daikoku-ten auf dem übergroßen Hodensack eines anderen tanuki und auch sein geschulteter Beutel ist von derselben Art.

Eine direkte Verbindung zwischen dem oben genannten Italiener Chiossone und Kawanabe stellt das Gemälde Daikokuten in Western garb des Künstlers dar. Daikoku-ten trägt hier westliche Kleidung, die ihm jedoch sichtlich zu groß ist. Seine Beine sind deutlich länger gezeichnet als es bei traditionellen Darstellungen üblich war. Vergleicht man dieses Bild mit einem Portrait von Edoardo Chiossone, so fällt einem eine verblüffende Ähnlichkeit auf: Nicht nur die Pose, sondern auch Augen und Ausdruck sind gleich. Finanzieller Reichtum bekommt hier eine westliche Komponente zugespielt. Dieses Gemälde dürfte jedoch keinen hohen Bekanntheitsgrad erlangt haben.

Ikonographie

in Bearbeitung

Anmerkungen

  1. Das Sanskrit-Wort kāla kann sowohl schwarz als auch Zeit bedeuten. In diesem Sinne wird Māhakāla auch als Gott der Zeit verehrt.
  2. Kramrisch 1965:65
  3. Casal 1958:10
  4. Man sagt, dass die schwarze Farbe manches Mal auch davon komme, dass man die Statue sehr oft mit Öl eingeschmiert hat (vgl. Miyamoto 1987:36).
  5. Miyata 1998:35
  6. Bei der heutigen, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Statue muss es sich um einen Nachbau handeln, denn Oda Nobunaga brannte 1571 den gesamten Hiei-Berg ab. Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu haben die Tempel auf dem Berg wieder aufgebaut. (http://www.hieizan.or.jp/about/history.html Stand: 29.12.2013)
  7. vgl. http://www.hieizan.or.jp/pdf/daikoku_engi.pdf; Stand: 28.12.2013
  8. http://www.rekishijin.jp/rekishijinblog/chiefeditor/13-0417/ Stand:28.12.2013
  9. vgl. Ehrich 1991:120
  10. Miyamoto 1987:35
  11. Italienischer Radierer, der 1874 nach Tōkyō eingeladen wurde, um dort die Staatsdruckerei auf die Beine zu stellen (vgl. Failla 2006:194)
  12. Failla 2006:202

Quellenverzeichnis

  • Ugo A. Casal 1958
    Die sieben Glücksgötter: Shichifukujin. Wiesbaden: Otto Harrassowitz Kommissionsverlag 1958.
  • Matthias Eder 1951
    „Figürliche Darstellungen in der japanischen Volksreligion.“ Folklore Studies 10/2 (1951), S. 197-280. (Exzerpt.)
  • Kurt S. Ehrich 1991
    Shichifukujin - Die sieben Glücksgötter Japans: Ein Versuch über Genesis und Bedeutung volkstümlicher ostasiatischer Gottheiten. Recklingshausen: Aurel Bongers 1991. (Exzerpt; das verlinkte PDF beinhaltet den Abschnitt über Fukurokuju..)
  • Donatella Failla 2006
    „The god of wealth in western garb: Kawanabe Kyōsai's portrait of Edoardo Chiossone as Daikokuten.“ Monumenta Nipponica 61/2 (2006), S. 193-218.
  • Stella Kramrisch 1965
    „Three Nepali paintings.“ Philadelphia Museum of Art bulletin 60/285 (1965), S. 65-76.
  • Miyamoto Kesao 宮本 袈裟雄 (Hg.) 1987
    Fukujin shinkō. Tōkyō: Yūzankaku Shuppan 1987.
  • Noboru Miyata, e.a. 1998
    „,Shichifukujin‘ nanatsu no kīwādo.“ In: Miyata Noboru (Hg.), Shichifukujin shinkō jiten. Tokyo: Ebisu Kōshō Shuppan 1998, S. 24–59. (S.a. Exzerpt.)