Ansei-Erdbeben: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Ansei-Erdbeben von 1855 hat bei einem Großteil der Bevölkerung verheerenden Schaden hinterlassen. Neben ca 7000 Todesopfern<ref>[[Literatur:Smits 2006]]</ref> wurden auch über 50.000 Gebäude und rund 50 Tempelanlagen zerstört<ref>[http://www.ngdc.noaa.gov/nndc/struts/results?eq_0=1991&t=101650&s=13&d=22,26,13,12&nd=display National Geophysical Data Center]</ref>.
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Der 27. November des Jahres 1854 wurde, unter dem damaligen Kômei-Tennô 孝明天皇,
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Auch war der Schaden an Wohnhäusern, Palästen und
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Neben den vielen Bevölkerungsgruppen, deren Lebensgrundlage vollends zerstört worden war, gab es auch Gruppen, die einen Nutzen aus der Katastrophe ziehen konnten:„the earthquake had harmed some social groups while benefiting others.[...]One’s occupation became the critical factor in viewing the earthquake as either a setback or an opportunity for profit“<ref>[[Literatur:Smits 2006]]</ref>. Auf vielen, in dieser Zeit enstandenen Namazu-e werden diese Gruppen dargestellt.
  
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Version vom 4. März 2012, 13:00 Uhr

Der 27. November des Jahres 1854 wurde, unter dem damaligen Kômei-Tennô 孝明天皇, die Ansei-Ära ausberufen (Nussbaum 2005:33). Der Name dieser Zeit, der als „friedvolle Regierung(-szeit)“ muss vielmehr als Wunsch denn als Beschreibung einer Zeit gesehen werden, die turbulenter kaum hätte sein können. Nicht nur außen- sowie innenpolitische Veränderungen brachten das Shogunat zum Schwanken, sogar die Erde schien sich zeitweise gegen die Verhältnisse aufzubäumen.


Am 11. November 1855 bebte die Erde mit dem Epizentrum direkt unter Edo, dem heutigen Tokyo. Zwar war die geschätzte Stärke mit wohl 6.9 bis 7.1 auf der Richter-Skala vergleichsweise niedrig, jedoch lag die Zahl der Todesopfer allein auf ziviler Seite aufgrund der dichten Bebauung und der Tatsache, dass Edo mit damals bereits über einer Million Einwohnern zu einer der größten Städte der Welt zählte, bei 7000 – 10 000. Neben den ca 7000 Todesopfern[1] wurden auch über 50.000 Gebäude und rund 50 Tempelanlagen zerstört[2]. Auch war der Schaden an Wohnhäusern, Palästen und Tempeln sowie Warenhäusern signifikant: während des nächtlichen Hauptbebens und den täglich über 80 Nachbeben, die erst neun Tage später abklangen, wurden mindesten 14 000 Gebäude zerstört.[3] .


Neben den vielen Bevölkerungsgruppen, deren Lebensgrundlage vollends zerstört worden war, gab es auch Gruppen, die einen Nutzen aus der Katastrophe ziehen konnten:„the earthquake had harmed some social groups while benefiting others.[...]One’s occupation became the critical factor in viewing the earthquake as either a setback or an opportunity for profit“[4]. Auf vielen, in dieser Zeit enstandenen Namazu-e werden diese Gruppen dargestellt.


Ō-namazu-go no namayoi - Trunkenheit nach dem Erdbeben (Namazu)

Hauptsächlich Handwerker die im Baugewerbe tätig waren, Rohstoffhändler und Erzeuger aber auch Verkäufer von Fertiglebensmitteln oder Prostituierte zählten zu den vom Erdbeben am meisten profitierenden Gruppen. Auf dem Bild „Ō-namazu-go no namayoi“ werden all diese Gruppen dargestellt, aber auch jene, welchen die Lebensgrundlage geraubt wurde.


Die Werkzeuge stellen vom Erdbeben profitierende Gruppen dar


Beigetragen zu der Vorstellung, dass das Erdbeben die Ordnung der Gesellschaft wieder herstellen sollte, hat mit Sicherheit auch, dass die, durch das Erdbeben entstandenen Schäden bei reichen Kaufleuten sowie Vertretern des Bakufu am größten gewesen waren. Schon 1590 hatte Tokugawa Ieyasu damit begonnen das Marschland und die 16 Flussmündungen Edos trockenlegen zu lassen.


Nach Verlegung der offiziellen Hauptstadt nach Edo, Anfange des 17. Jahrhunderts, wurden diese Arbeiten sogar noch weiter vorangetrieben. Im Gegensatz zur Burg Edo, die noch auf natürlichem, festem Untergrund erbaut worden war, standen die Gebäude der Samurai, Beamten und sonstigen Anhänger des Shogunats auf ehemaligem Marschland. Weiter außen standen die einfachen Wohngebiete wieder auf festem Grund und waren so vom Erdbeben nur verhältnisweise wenig betroffen. Große Schäden gab es nicht nur in den Gebieten um Burg Edo, sondern auch bei der vom Bakufu teuer finanzierten Artillerie und der Bucht von Edo, was die Stellung der Regierung wieder einmal, gegenüber dem Ausland und in den Köpfen des eigenen Volkes, schwächte. Literatur:Smits 2006