Amaterasu: Unterschied zwischen den Versionen

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Amaterasu 天照 — oder mit vollem Titel Amaterasu Ōmikami 天照大御神, „große erlauchte Gottheit, die den Himmel beleuchtet“ —  ist die japanische Sonnengöttin. Sie ist die Tochter von Izanagi und dessen Nachfolgerin und stellt daher, neben ihrem Bruder Susanoo, eine zentrale Gottheit Japans dar. Sie repräsentiert die Sonne und ist demnach eine der wenigen Sonnengottheiten aus der Weltmythologie die weiblich ist.  
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Amaterasu 天照 — oder mit vollem Titel Amaterasu Ōmikami 天照大御神, „große erlauchte Gottheit, die den Himmel beleuchtet“ —  ist die japanische Sonnengöttin. Sie ist die Tochter von [[Izanagi]] und dessen Nachfolgerin und stellt daher, neben ihrem Bruder [[Susanoo]], eine zentrale Gottheit Japans dar. Sie repräsentiert die Sonne und ist demnach eine der wenigen Sonnengottheiten aus der Weltmythologie, die weiblich ist.  
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In einem bekannten und zentralen Mythos um Amaterasu wird davon berichtet, wie sich durch ihr Verschwinden das gesamte Universum verdunkelte:
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Des Weiteren gilt Amaterasu als Urahnin der japanischen kaiserlichen Familie. Da ihr der [[Ise Schrein]] gewidmet ist, hat sie eine große Bedeutung für den kaiserlichen Kult. Ihr ''shintai'' (symbolische Verkörperung) ist der Spiegel, welcher zudem neben dem Krummjuwel und dem [[Kusanagi]]-Schwert zu den Throninsignien der Tennō-Dynastie gehört.
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Insgesamt kann demnach festgehalten werden, dass die Sonne eine wichtige Positon in der japanischen Mythologie einnimmt. Dies gilt für die rein mythologischen Aspekte, wie auch auf gesellschaftlicher Ebene.
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== Rolle in den Mythen ==
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Amaterasu wurde gemäß dem [[Kojiki]] durch das linke Auge des Gottes [[Izanagi und Izanami | Izanagi]] geboren, als dieser sich in einem Fluss von Verunreinigungen ''([[kegare]])'' befreite, die er sich im Land der Toten zugezogen hatte.
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Amaterasu besitzt als Nachfolgerin Izanagis die höchste Autorität in den Himmlischen Gefilden und repräsentiert zugleich die Sonne. Der wichtigste Partner und Widersacher der Sonnengöttin ist ihr jüngerer Bruder  Susanoo. Ihm wird nach manchen Versionen des Mythos zunächst die Herrschaft über die Erde oder das Meer zugeteilt, letztlich führt sein Weg aber in allen Mythenvarianten in die Unterwelt.
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[[Bild:Amaterasu and Susanoo.jpg|thumb|200x200px|Amaterasu and Susanoo]]  
 
[[Bild:Amaterasu and Susanoo.jpg|thumb|200x200px|Amaterasu and Susanoo]]  
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Im bekanntesten und zentralen Mythos um Amaterasu wird davon berichtet, wie sich durch ihr Verschwinden das gesamte Universum verdunkelte:
 
{{Zitat|Aufgrund eines Streites mit Susanoo — dieser führte im Himmel einige Untaten durch unter denen vor allem Amaterasu zu leiden hatte — zieht sich die Göttin in eine Felsenhöhle zurück, wodurch sich der Kosmos verdunkelt. Erst durch das Tanzen und Feiern der anderen Gottheiten, vor allem aber durch das Gelächter, welches die Gottheit Amen no Uzume mit ihrem ‚erotischen‘ Tanz verursacht, wird Amaterasus Neugier geweckt und sie kommt aus der Höhle hervor. Die anderen Götter machen ihr den Rückweg unmöglich, wodurch ein erneutes Entschwinden ihrer Seite vereitelt wurde. Somit wurde die Finsternis beseitigt. <ref>Der Mythos wird sowohl im ''Kojiki'' als auch im ''Nihongi'' überliefert. S. dazu auch Naumann 1996, S. 67-81 </ref>
 
{{Zitat|Aufgrund eines Streites mit Susanoo — dieser führte im Himmel einige Untaten durch unter denen vor allem Amaterasu zu leiden hatte — zieht sich die Göttin in eine Felsenhöhle zurück, wodurch sich der Kosmos verdunkelt. Erst durch das Tanzen und Feiern der anderen Gottheiten, vor allem aber durch das Gelächter, welches die Gottheit Amen no Uzume mit ihrem ‚erotischen‘ Tanz verursacht, wird Amaterasus Neugier geweckt und sie kommt aus der Höhle hervor. Die anderen Götter machen ihr den Rückweg unmöglich, wodurch ein erneutes Entschwinden ihrer Seite vereitelt wurde. Somit wurde die Finsternis beseitigt. <ref>Der Mythos wird sowohl im ''Kojiki'' als auch im ''Nihongi'' überliefert. S. dazu auch Naumann 1996, S. 67-81 </ref>
 
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Der Aspekt des Geschlechts der japanischen Sonnengottheit ist jedoch umstritten. Möglicherweise spielen hier politische und gesellschaftliche Einflüsse eine Rolle. Denn zu der Zeit als die Mythen in ''Kojiki'' und ''Nihongi'' gesammelt wurden, hatte eine Kaiserin namens Jitō die Macht im Reich inne. Denkbar ist also, dass Amaterasu vor dieser Kaiserin und dem Festschreiben der Mythen eine männliche Gottheit war, wie es in vielen anderen Mythologien der Fall ist. Erwähnt werden muss allerdings, dass Frauen nicht nur als Kaiserinnen, sondern auch  als Priesterinnen wichtige Positionen in der frühgeschichtlichen japanischen Gesellschaft einnehmen konnten. Dies zeigt u.a. das Beispiel der Priesterkönigin [[Himiko]], welche in einer chinesischen Chronik aus dem dritten Jahr­hundert erwähnt wurde.
 
Es ist also bereits an dieser Stelle zu sehen, dass mythologische und gesellschaftliche Aspekte ineinandergreifen können.
 
  
Des Weiteren gilt Amaterasu als Urahnin der japanischen kaiserlichen Familie. Da ihr der [[Ise Schrein]] gewidmet ist, hat sie eine große Bedeutung für den kaiserlichen Kult. Ihr ''shintai'' (symbolische Verkörperung) ist der Spiegel, welcher zudem neben dem Krummjuwel und dem [[Kusanagi]]-Schwert zu den Throninsignien der Tennō-Dynastie gehört.
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== Geschlecht und Ursprung ==
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Viele wundern sich darüber, dass Amaterasu weiblich ist, wo doch in anderen Mythologien der Sonnengott immer ein Mann war. Es gibt eine Theorie, laut der die Sonnengöttin ursprünglich männlich war und dann erst in Anlehnung an Kaiserin Jitō (r. 686-97) als Frau dargestellt wurde. Dies war nämlich die Zeit, in der mit den Aufzeichnungen der Mythen begonnen wurde.
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Es kann allerdings auch sein, dass die Rolle der Frau in Japan früher größer war als zu späterer Zeit. Dies berichtet unter anderem eine chinesische Chronik aus dem 3. Jahrhundert, welche von der Priesterkönigin [[Himiko]] (chin. Pei-mi-hu) berichtet. Diese prominente Persönlichkeit dieser Zeit könnte eine Erklärung dafür sein weshalb die wichtigste Gottheit als Frau dargestellt wurde, was auch wiederum zu Hypothesen über ein ursprüngliches Matriarchat führt.
  
Insgesamt kann demnach festgehalten werden, dass die Sonne eine wichtige Positon in der Japanischen Mythologie einnimt. Dies gilt für die rein mythologischen Aspekte, wie auch auf gesellschaftlicher Ebene.
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Amaterasu scheint allgemein viele Gemeinsamkeiten mit Himiko zu haben. Die Priesterkönigin lebte in einem Palast, den Männer nicht betreten durften, abgesehen von einem jüngeren Bruder, welcher bei Regierungsaufgaben half. Amaterasu blieb ebenfalls unverheiratet und gebar ihre Kinder auf andere, mystische Weise mit Hilfe ihres Bruders Susanoo.
  
 
== Literatur und Links ==
 
== Literatur und Links ==

Version vom 22. September 2012, 14:28 Uhr

Amaterasu 天照 — oder mit vollem Titel Amaterasu Ōmikami 天照大御神, „große erlauchte Gottheit, die den Himmel beleuchtet“ — ist die japanische Sonnengöttin. Sie ist die Tochter von Izanagi und dessen Nachfolgerin und stellt daher, neben ihrem Bruder Susanoo, eine zentrale Gottheit Japans dar. Sie repräsentiert die Sonne und ist demnach eine der wenigen Sonnengottheiten aus der Weltmythologie, die weiblich ist.

Des Weiteren gilt Amaterasu als Urahnin der japanischen kaiserlichen Familie. Da ihr der Ise Schrein gewidmet ist, hat sie eine große Bedeutung für den kaiserlichen Kult. Ihr shintai (symbolische Verkörperung) ist der Spiegel, welcher zudem neben dem Krummjuwel und dem Kusanagi-Schwert zu den Throninsignien der Tennō-Dynastie gehört.

Insgesamt kann demnach festgehalten werden, dass die Sonne eine wichtige Positon in der japanischen Mythologie einnimmt. Dies gilt für die rein mythologischen Aspekte, wie auch auf gesellschaftlicher Ebene.

Rolle in den Mythen

Amaterasu wurde gemäß dem Kojiki durch das linke Auge des Gottes Izanagi geboren, als dieser sich in einem Fluss von Verunreinigungen (kegare) befreite, die er sich im Land der Toten zugezogen hatte.

Amaterasu besitzt als Nachfolgerin Izanagis die höchste Autorität in den Himmlischen Gefilden und repräsentiert zugleich die Sonne. Der wichtigste Partner und Widersacher der Sonnengöttin ist ihr jüngerer Bruder Susanoo. Ihm wird nach manchen Versionen des Mythos zunächst die Herrschaft über die Erde oder das Meer zugeteilt, letztlich führt sein Weg aber in allen Mythenvarianten in die Unterwelt.

Amaterasu and Susanoo

Im bekanntesten und zentralen Mythos um Amaterasu wird davon berichtet, wie sich durch ihr Verschwinden das gesamte Universum verdunkelte:

Aufgrund eines Streites mit Susanoo — dieser führte im Himmel einige Untaten durch unter denen vor allem Amaterasu zu leiden hatte — zieht sich die Göttin in eine Felsenhöhle zurück, wodurch sich der Kosmos verdunkelt. Erst durch das Tanzen und Feiern der anderen Gottheiten, vor allem aber durch das Gelächter, welches die Gottheit Amen no Uzume mit ihrem ‚erotischen‘ Tanz verursacht, wird Amaterasus Neugier geweckt und sie kommt aus der Höhle hervor. Die anderen Götter machen ihr den Rückweg unmöglich, wodurch ein erneutes Entschwinden ihrer Seite vereitelt wurde. Somit wurde die Finsternis beseitigt. [1]

Geschlecht und Ursprung

Viele wundern sich darüber, dass Amaterasu weiblich ist, wo doch in anderen Mythologien der Sonnengott immer ein Mann war. Es gibt eine Theorie, laut der die Sonnengöttin ursprünglich männlich war und dann erst in Anlehnung an Kaiserin Jitō (r. 686-97) als Frau dargestellt wurde. Dies war nämlich die Zeit, in der mit den Aufzeichnungen der Mythen begonnen wurde.

Es kann allerdings auch sein, dass die Rolle der Frau in Japan früher größer war als zu späterer Zeit. Dies berichtet unter anderem eine chinesische Chronik aus dem 3. Jahrhundert, welche von der Priesterkönigin Himiko (chin. Pei-mi-hu) berichtet. Diese prominente Persönlichkeit dieser Zeit könnte eine Erklärung dafür sein weshalb die wichtigste Gottheit als Frau dargestellt wurde, was auch wiederum zu Hypothesen über ein ursprüngliches Matriarchat führt.

Amaterasu scheint allgemein viele Gemeinsamkeiten mit Himiko zu haben. Die Priesterkönigin lebte in einem Palast, den Männer nicht betreten durften, abgesehen von einem jüngeren Bruder, welcher bei Regierungsaufgaben half. Amaterasu blieb ebenfalls unverheiratet und gebar ihre Kinder auf andere, mystische Weise mit Hilfe ihres Bruders Susanoo.

Literatur und Links

  • Nelly Naumann 1996
    Die Mythen des alten Japan. München: Beck 1996. (Exzerpt.)
  • Astley, Ian: „Amaterasu-Omikami.“ In: Betz, Hans Dieter e.a., Religion in Geschichte und Gegenwart. Tübingen, 1998, S. 389

Anmerkungen

  1. Der Mythos wird sowohl im Kojiki als auch im Nihongi überliefert. S. dazu auch Naumann 1996, S. 67-81