Mircea Eliade
Mircea Eliade (09.03.1907 - 22.04.1986), Religionswissenschaftler, Mythenforscher. Großer Einfluss auf die erste Generation von Religionswissenschaftlern nach dem Zweiten Weltkrieg, u.a. Nelly Naumann.
Leben
Mircea Eliade wurde am 09.03.1907 in Bukarest geboren und begann im Jahr 1925 ein Studium der Philosophie, welches er 1928 abschloss.
Von 1928 bis 1931 studierte er u.a. in Calcutta indische Philosophie und beschäftigte sich später in einem Ashram mit der Yoga-Praxis. Die daraus gewonnenen Ergebnisse hielt er in einer wissenschaftlichen Arbeit fest, die er in Bukarest als Dissertation vorlegte. 1933 erschien der Roman Maitreyi, welcher sich ebenfalls mit seinem Aufenthalt in Indien befasst.
Von 1934 bis 1938 war er an der Universität Bukarest tätig und machte sich in dieser Zeit nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Publiziszt und Literat einen Namen. Ebenfalls in dieser Zeit engagierte er sich in der rechtsgerichteten Bewegung "Legion des Erzengels Michael" bzw. "Eiseren Garde" und soll sie im Zuge seiner Arbeit als Publizist unterstützt haben.
1938 war Eliade für einige Zeit in Rumänien interniert und wurde 1940 an die rumänische Botschaft in London geschickt. Im Anschluss daran war er bis 1945 in der rumänischen Botschaft Lissabons tätig.
Im Jahr 1945 ließ Eliade sich in Paris nieder. Hier schrieb er auch die Werke, mit denen er als Religionswissenschaftler bekannt wurde. Dazu zählen Die Religionen und das Heilige sowie Kosmos und Geschichte
1957 ging er als Nachfolger des Religionswissenschaftlers Joachim Wach an die Universität von Chicago, wo er an der Divinity School History of Religions lehrte.
Mircea Eliade verstarb am 22.04.1986 in Chicago.
Werk
Bis heute bekannt sind u.a. drei Projekte, die aus Eliades Zeit in Chicago stammen:
- die Zeitschrift History of Religions
- das dreibändige Geschichte der religiösen Ideen
- die Encyclopedia of Religion, für die er als Herausgeber verantwortlich war
Die Geschichte der religiösen Ideen zeigt Mircea Eliades universalgeschichtliches Interesse. Auch wenn es als monumentales historisches Buch betrachtet werden kann, blieb doch die Meinung vorherrschend, dass er eben kein Historiker, sondern ein Religionsphänomenologe oder Vertreter der vergleichenden Religionswissenschaft gewesen sei. Gestützt wird diese Annahme durch die Betrachtung einiger älterer Titel wie Mythen, Träume und Mysterien oder Das Heilige und das Profane.
Zentrales Interesse seiner Arbeit war die Unterscheidung von Heiligem und Profanem, was sich auch in seiner literarischen Arbeit niederschlug. In der Erzählung Auf der Mantuleasa-Straße werden zwei Mythologien, die Mythologie der Folklore und die Mythologie der modernen Welt, der Technokratie gegenübergestellt.
Im Vorwort von Komsos und Geschichte benennt er selbst das Hauptthema seiner Forschung als Selbst- und Weltverständnis des Menschen in archaischen Gemeinschaften. Er sieht das Handeln der Menschen als an mythischen Vorbildern ausgerichtet, so werden etwa Tempel und Städte nach himmlischen Urbildern gebaut und durch Opfer, die den Ertrag der bäuerlichen Ernte gewährleisten sollen, wird die Erschaffung der Welt symbolisch wiederholt.
Theorien, Methoden
Mircea Eliades Zugangsweise zu Religion bzw. Religionen basiert auf einer Zweiteilung der Welt in heilig und profan. Das Heilige, das als ahistorischer Kern aller Religionen gesehen wird, verleiht diesen einen übergeschichtlichen Sinn, der den Menschen Halt und Orientierung bietet.
Der Mensch erkennt laut Eliade das Heilige, weil es sich in historischen und profanen Dingen (wie z.B. in Steinen, dem Mond usw.) manifestiere. Diese Manifestationen nennt er Hierophanien. Entscheidend sei dabei, dass diese Hierophanien sich den Menschen innerhalb konkreter historischer Kontexte offenbaren, aber nicht als Produkte der Geschichte angesehen werden dürfen. Das Heilige wird, ähnlich wie bei Rudolf Otto, als ein Phänomen sui generis verstanden, als eine ahistorische Kategorie, die in den Geschichtsverlauf eintritt und ihn damit zugleich durchbricht.
Der Religionshistoriker muss Eliade zufolge deshalb zugleich Datenerfassung und Wesensschau betreiben. Empirische, kulturwissenschaftlich orientierte religionsgeschichtliche Arbeit allein hat für die Religionsbetrachtung nach Eliade deshalb keinen Sinn und sei „reduktionistisch“, da sie das Wesentliche nicht erfassen kann.
In „Die Religion und das Heilige“ geht er davon aus, dass im Zuge der zunehmenden Säkularisierung den Menschen die Fähigkeit, das Heilige sowohl im Alltag als auch in wissenschaftlicher Arbeit zu erkennen immer mehr verloren gehe. Eliade interpretiert diese Entwicklung des Menschen zum homo historicus als Ursache für einen chaotischen Zustand des Menschen in der Moderne, dem der Halt fehlt. Dieser Entwicklung sei nur durch die Rückbesinnung auf das Dasein als homo religiosus Einhalt zu gebieten sei. Den homo religiosus identifiziert er in den alten Kulturen Asiens, Europas und Amerikas, welche er als archaische Gesellschaften bezeichnet. In ihnen werde das Handeln ausschließlich an mythischen Vorbildern ausgerichtet und die Welt auf diese Weise in beständiger Wiederholung des vorgelebten Übermenschlichen gestaltet. Dadurch gelingt es diesen Gemeinschaften, die profane Zeit-Raum-Beschränkung aufzuheben und sich in ein mythisches Zeitalter zu versetzen, welches die Menschen sinnstiftend in den Welt-Kosmos einordnet.
Schüler und Kritiker
Kaum ein Religionswissenschaftler ist so überschwänglich gefeiert und zugleich so scharf kritisiert worden wie Eliade. Seine Werke wie „Die Religion und das Heilige“ und „Das Heilige und das Profane“ gehören bis heute zu den Bestsellern religionswissenschaftlicher Literatur und haben dem Fach zu größerer Popularität verholfen.
Nach dem Standpunkt heutigter Wissenschaftskriterien, die sich seit einem Paradigmenwechsel in den 70er Jahren von einer phänomenologischen ausgerichteten hin zu einer stärker kulturwissenschaftlich arbeitenden Religionswissenschaft verschoben haben, bieten sein Werk und seine Thesen viele Angriffspunkte. Die Kritik an seinem Ansatz reicht von dessen „Steckenbleiben in einem vorkritischen Stadium“ (Jacques Waardenburg 1997: 739) über seinen verschleierten Charakter als „Kryptotheologie“ (Kurt Rudolph 1997. In: Duerr) bis hin zu einem ihm innewohnenden „ideologischen Impetus“ (Russell T. McCutcheon 1997: 15).[1]
Verweise
Literatur und Links
- Berner, Ulrich: 'Mircea Eliade'. In: Klassiker der Religionswissenschaft. Hrsg. von Axel Michaels, München 1997, S. 343-353.
- Tworuschka, Udo: Religionswissenschaft. Wegbereiter und Klassiker. Köln u.a. 2011.