Nōshima Murakami

Aus Kamigraphie
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Allgemeines

Seto-Inlandsee im Mittelalter
Nōshima Murakami Takeyoshi

Die Seto-Inlandsee Seto naikai 瀬戸内海wurde im 15. und 16. Jahrhundert von sogenannten Seeherren dominiert. Dazu zählten vor allem die mächtigen Murakami-„Familien“. Ethnologen gehen davon aus, dass Murakami ein Titel von Dorfoberhäuptern in der Seto-Inlandsee war. Jedenfalls gab es nach Regionen unterschieden mehrere Murakami, deren bedeutendste die Nōshima-Murakami darstellten. Einer der größten Seeherren in Japan überhaupt soll laut dem jesuitischen Chronist Luis Frois (1532–1597), Nōshima-Murakami Takeyoshi (ca. 1533–1604) gewesen sein (Shapinsky 2014, S. 6).

Zentrale und provinziale Autoritäten identifizierten die Nōshima-Murakami bereits in den 1430ern als Piraten (jap. kaizoku 海賊), weil diese versuchten den Schiffverkehr von Shiwaku und Yugeshima unter ihre Kontrolle zu bringen. Aufzeichnungen der Jesuiten zufolge blieb diese Auffassung der Nōshima-Murakami als Piraten das 16. Jahrhundert hindurch bestehen. Im 16. Jahrhundert haben Anführer der Nōshima, wie Nōshima Murakami Takeyoshi, häufig Titel und Namen verwendet, die assoziiert wurden mit der Ausübung von politischer, ökonomischer und kultureller Autorität von der sich am Land befindlichen Elite. Sie gaben sich Ehrentitel, die an den Kaiserhof gebunden waren, wie etwa yamato no kami (dt. Statthalter der Provinz Yamato) oder den kaiserlichen Klan-Namen Minamoto. Bei Gelegenheit nahmen sie auch Belohnungen entgegen, die eines landgebundenen Kriegsherrn würdig waren, wie etwa Schwerter mit Goldbeschlägen und Pferde (Shapinsky 2014, S. 14).

Die Domäne der Nōshima-Murakami erreichte ihren Höhepunkt in den 1580ern. Sie hatten ihren Stützpunkt in einer Festung auf der winzigen Insel Nōshima mit einem Durchmesser von weniger als einem Kilometer, welche sich an einem Engpass entlang bedeutender Schifffahrtswege befand. Von dieser Insel aus breiteten sich die Nōshima entlang der Meereswege aus und nahmen wichtige Häfen und Mautstellen, wie Shiwaku, Kasaoka und Kaminoseki, Fischerdörfer, Salzwerke, Holzbestände, Häfen der Kutsuna Inseln sowie winzige Inselfestungen, wie Mushijima, Nakatoshima und Minoshima, ein (Shapinsky 2014, S. 24). Die Nōshima Murakami legten die östliche Grenze ihrer Domäne am Hafen und Engpass von Shiwaku fest. Die Gewässer um Shiwaku herum wurden als der Zugang zu einem Gebiet behandelt, in dem jegliches Schutzgeschäft die Zustimmung von den Nōshima erforderte (Shapinsky 2014, S. 122). Die Nōshima Murakami vergrößerten sich drastisch zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Zahl der Seefahrer unter ihrem Kommando stieg von einigen Hunderten im 15. Jahrhundert auf um die Tausend im 16. Jahrhundert an (Shapinsky 2014, S. 24).

Der Hauptstützpunkt der Nōshima Murakami

Insel Nōshima (heute)

Seeherren ließen sich auf zwei bestimmten Arten von Inseln nieder. Zum einen auf winzigen Inseln, wie Nōshima, auf denen die meisten ihr Hauptquartier errichteten. Zum anderen auf großen Inseln, wie Yugeshima und Shiwaku, auf denen sich Ressourcen, Einwohner und große Häfen befanden. Heute befindet sich die Insel Nōshima gegenüber der kleinen Stadt Miyakubo auf der großen Insel Iyo Ōshima. Trotz ihrer Größe konnten auf den kleinen Inseln selbst die größten Schlachtschiffe vor Anker gehen. Von der Insel Nōshima konnte man mehrere Kilometer weit in die Ferne sehen. Somit konnte man sich nähernde Schiffe schon von weitem erkennen und das machte auch die Instandsetzung einer Zollbarriere einfach. Die gesamte Insel wurde in eine Festung verwandelt und es wurde sogar eine Brücke zur nahgelegenen kleinen Insel errichtet (Shapinsky 2014, S. 136).

Die größeren Inseln in der Nähe von Nōshima ermöglichten einen Zugang zu Ressourcen. Die Lage der Insel Nōshima machte sie zu einem Engpass. Die Gewässer um Nōshima herum wurden im späten Mittelalter stark befahren. Es gab starke Strömungen, wodurch das Navigieren durch diese Kanäle erschwert wurde, wenn man nicht die nötigen Manövrierfertigkeiten besaß. Die Gewässer waren daher nicht für den groß angelegten Fischfang geeignet. Deshalb nutzten die Nōshima andere Erhaltungsstrategien, wie das Anbieten von ihren Schutzdiensten (Shapinsky 2014, S. 137).

Wie auch bei den Kriegsherren am Land war die eigene Festung der Seeherren im Zentrum ihres Netzwerks aus untergeordneten Festungen und Dörfern, die über Seestraßen verbunden waren anstatt über Straßen. Zweige der Nōshima-Familie lebten auf Mushijima und Nakatoshima, auf denen Ruinen von Festungen gefunden wurden. Weitere Ruinen wurden auf Michikajima nördlich von Nōshima und an der Küste von Iyo Ōshima entdeckt. Auf Nōshima wurde Töpferware ausgegraben, mehr als 1.100 Stück, darunter auch Bizen-Keramik, chinesisches Seladon und Tenmoku-Schalen. Es wurden ebenfalls chinesische Münzen aus der Song und Ming Dynastie gefunden, welche im spätmittelalterlichen Japan als Zahlungsmittel zirkulierten (Shapinsky 2014, S. 138).

Aneignung von Praktiken der Kriegsherren am Land

Die Seeherren der Inlandsee organisierten ihre Banden hierarchisch. Dafür passten die Nōshima Murakami landbasierte institutionelle Strukturen von regionalen Kriegsherren an ihre maritime Domäne an. Sie entwickelten sich von einem familienbasierten Betrieb zu einer Bande (shū). Im 16. Jahrhundert entwickelten die Nōshima Murakami sich weiter zu einem „Haus“ (ie), welches über eine Domäne (ryō) regierte (Shapinsky 2014, S. 140).

Die Nōshima Murakami beauftragten vertraute Familienmitglieder und Offiziere mit der Administration von bestimmten Unternehmen und Regionen, indem sie diese als Bedienstete behandelten. Murakami Takeyoshi gab seinem Sohn Takemitsu die Verantwortung über den wichtigen Hafen und die Barriere von Kaminoseki. In 1583 übergaben die Nōshima der Bediensteten-Familie Toshinari die Verantwortung über die „Hafensteuern“ (urazeni) und den „Schutzreis“ (satsumai) für Aio in der Provinz Suō. Diese mussten sich darum kümmern, dass die lokalen Dörfer sie mit Seeleuten und Soldaten versorgten. Nōshima Murakami Takeyoshi gewährte den Toshinari als Unterstützung Besitztümer, wie die Insel Iwagijima und deren gleichnamigen Hafen (Shapinsky 2014, S. 141).

Die Nōshima Murakami fanden schriftliche Gesetzbücher nützlich, um sich die Kontrolle über neu gewonnene Besitztümer zu sichern und diese in ihre Domäne aufzunehmen. Nachdem sie 1582 die Kutsuna Inseln erobert hatten, erließen sie Vorschriften für deren Bewohner. Inseln in dieser Kette, wie etwa Futagami und Kutsuna, beherbergten Seefahrer, die früher anderen Seeherren dienten, wie etwa den Rivalen der Nōshima, die Kurushima Murakami. Einige der Futagami Einwohner kämpften an der Seite der Kurushima gegen die Nōshima in Seegefechten in 1582 (Shapinsky 2014: 143). Mit den aufgestellten Vorschriften hofften die Nōshima, dass sich die Einwohner hauptsächlich auf maritime Produktion beschränken werden. Außerdem sollten diese Vorschriften verhindern, dass sie mit anderen Seeherren zusammen arbeiten oder sich gegen ihre Seeherren erheben werden (Shapinsky 2014, S. 143–144).

Mit solchen Vorschriften ähnelten sie den Kriegsherren auf dem Land, die versuchten eine alles übergreifende Zentralregierung (kōgi) durchzusetzen, indem sie Bedienstete übergingen und die einfachen Bürger direkt ansprachen. Durch das Verhindern der Möglichkeit für die Kutsuna-Inselbewohner sich mit den Bediensteten der Nōshima zu verbünden, verringerten die Nōshima die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Bediensteten abwenden könnten (Shapinsky 2014, S. 144).

Die Nōshima Murakami haben möglicherweise die Teezeremonie praktiziert. Das lässt darauf schließen, dass je stärker ihre politische und ökonomische Macht wurde, umso öfter versuchten sie sich an elitären, landbezogenen, kulturellen Praktiken, um ihre Position als Herrscher zu untermauern (Shapinsky 2014, S. 138).

Außerdem nahmen Nōshima Murakami Takeyoshi und sein Sohn Motoyoshi an lang andauernden Aufführungen von Weihkettengedichten (hōraku renga) teil, die aus bis zu 10.000 Versen bestehen und regelmäßig dem Meeresgott im Ōyamazumi-Jinja auf Ōmishima, nordwestlich von Nōshima, dargeboten wurden. Man musste sich gut mit den Anspielungen, Traditionen und Regeln der renga-Komposition auskennen, um daran teilnehmen zu können (Shapinsky 2014, S. 139).

Das Schutzgeschäft der Nōshima Murakami

Wappen Stander der Nōshima Murakami

Die Nōshima Murakami begannen 1349 ihre maritimen Schutzdienste Yugeshimas Managern und Geschäftsinhabern anzubieten (Shapinsky 2014, S. 94). Landbesitzer, Provinzstattherren und andere Schirmherren bezahlten für Schutz (keigo), Beschaffung von Meeresfrüchten, Salz und anderen maritime Dienstleistungen mit Lebensmitteln und Geld. Diese Zahlungen waren als „Geschenke“ (shukōryō) bekannt, die Bestechungen, Wein oder Nahrung umfassten. Die Nōshima Murakami erhielten solche „Geschenke“ von Tōji als Entschädigung für die von ihnen ausgeführten Wachdienste für Yugeshima (Shapinsky 2014, S. 88).

In den 1430ern verbreiteten sich Anschuldigungen in der Hauptstadt, dass die Nōshima Murakami Mautstellen in der Gegend um Shiwaku ohne offizieller Genehmigung errichtet haben. Die Nōshima versuchten durch das Schutzgeschäft Autorität über die Shiwaku Schifffahrtsindustrie auszuüben. Diese Bemühungen der Nōshima, sich Shiwaku als einen Teil ihrer Domäne zu sichern, haben sich ungefähr zur gleichen Zeit zugetragen, wie ihre Bestrebungen die Kontrolle über Yugeshima zu erlangen. Diese Vorgehen waren Teile des Planes der Nōshima ihre maritimes Territorium um Gebiete mit strategischer und kommerzieller Bedeutung zu erweitern (Shapinsky 2014, S. 102–103).

Die Nōshima entwickelten ein neues Schutzgeschäftsmodel, wodurch sie Schutz zu etwas abänderten, das sie nicht jemandem aufzwingen mussten, sondern für das sie Anfragen erhielten. Die Oberhäupter der Nōshima Murakami, Takeyoshi und sein Sohn Motoyoshi, genehmigten solche Anfragen, indem sie Wappen Stander (monmaku) verkauften oder verschenkten (Shapinsky 2014, S. 123). Auf dem Wappen Stander, der auf der Mastspitze eines Schiffes angebracht wurde, war das Siegel der Nōshima abgebildet. Nur zwei Flaggen sind heute erhalten und sechs Erwähnungen in Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind vorhanden, aber die exakte Zahl an ausgegebenen Flaggen ist nicht bekannt. Die dokumentierten Empfänger von Wappen Stander befanden sich alle außerhalb des Territoriums der Nōshima (Shapinsky 2014, S. 124).

Unter den dokumentierten Empfängern dieser Wappen Stander befinden sich unter anderem die hochrangigen Schreinfunktionäre Monomōshi von Itsukushima in Aki. Sichere Fahrt durch die Inlandsee war nahezu unmöglich ohne den Schutz der Nōshima. Sogar bis ins Jahr 1586, als Toyotomi Hideyoshi (1537-1598) begann Westjapan zu befrieden und seine eigene maritime Herrschaft durchzusetzen, hatten die Jesuiten, die regelmäßig auf japanischen Schiffen über die Inlandsee reisten, Angst ohne die Flagge der Nōshima zu segeln (Shapinsky 2014, S. 126).

Der Wappen Stander garantierte den Reisenden nur Sicherheit innerhalb der Domäne der Nōshima, weil Piraten von außerhalb die Nōshima nicht respektierten oder ihre Oberherrschaft nicht anerkannten. Der Name des Empfängers stand auf der rechten Seite des Wappen Standers, das Ausstellungsdatum war auf der linken Seite, und unterhalb davon setzte der Anführer der Nōshima seine Unterschrift. Das Zeichen für kami (上), die zweite Hälfte des Namens Murakami, und deren Familienwappen, steht groß in der Mitte der Flagge. Das Zeichen kann auch als ue gelesen werden und stand im spätmittelalterlichen Japan für Personen und Institutionen mit hohem Ansehen (Shapinsky 2014, S. 127).

Im 15. und 16. Jahrhundert kennzeichneten Schirmherren, die sich an der Ausstattung von Schiffen beteiligten, ihre Schirmherrschaft, indem sie dem Schiff eine Flagge, auf dem ihr Wappen abgebildet war, übergaben. Seefahrer hatten für gewöhnlich Stander, auf denen der Name von Göttern geschrieben stand, wie Hachiman Daibosatsu, Mishima Daimyōjin und Amaterasu Ōmikami, um vom göttlichen Reich eine sichere Reise zu erbitten. Da die Nōshima Murakami und die Empfänger der Wappen Stander, diese Flaggen als eine Garantie gegen diverse maritime Hindernisse ansahen, ist es möglich, dass sie diese als eine Art von Bewilligung (kasho), die ihnen Immunität gegen Zölle gewährte, betrachteten. Das Ausstellen von Bewilligungen durch die Nōshima repräsentierte eine fundamentale Aneignung von Privilegien, die nur landbasierten Machthabern von hohem Status vorbehalten war. Das Ausstellen von Bewilligungen begann in der Ritsuryō-Zeit als eine Befugnis des Kaiserhofes. Im Mittelalter erhielten kaiserliche, aristokratische, religiöse und kriegerische Machthaber das Recht, kasho auszustellen. Im 13. Jahrhundert stellten die Hōjō, Regenten des Shoguns und Anführer des Kamakura bakufu, kasho in der Form von Flaggen aus, die das pyramidenförmige Wappen der Hōjō-Familie trugen. Dadurch hatte man Immunität gegen Zollbarrieren in Häfen der Provinzen, die auf der Flagge notiert wurden (Shapinsky 2014, S. 128).

Die Besitzer von Yugeshima, die Tōji, stellten kasho mittels kasafuda (wtl. Schirmzettel) an Yugeshima-Verschiffer aus, um die religiöse, unverkäufliche Natur von Yugeshima-Salz zu betonen. Die Nōshima gehörten zu denen, die angeheuert wurden, um Yugeshima-Verschiffung zu beschützen, aber stattdessen nahmen diese das Salz an sich und verkauften es. Die Nōshima lernten wahrscheinlich auch über kasho durch Shiwaku-Verschiffer und von Personen aus ihrer Domäne, die Berechtigungen von dem Muromachi-Shogunat erhalten hatten. Für gewöhnlich schließ die kasho der Hōjō-Regenten und bakufu-Verwalter in Muromachi hauptsächlich Barrieren (seki) auf dem Meer, Flüssen, Häfen und Übergängen ein, aber die Nōshima garantierten den Empfängern der Wappen Stander einen weiter reichenden Form des Schutzes, da sie versprachen, dass ihnen nichts während ihren Reisen auf dem Meer passieren würde (Shapinsky 2014, S. 129).

Im späten Mittelalter wurden Barrieren genutzt, um einen Profit zu erzeugen. Die Seeherren erkannten auch, dass sie diese nutzen konnten, um die Bewegungsfreiheit von Personen und Gütern einzuschränken (Shapinsky 2014, S. 131).

Die Beziehung zu den Schirmherren

Die Nōshima und andere Seeherren wechselten die Dienste unter rivalisierenden Kriegsherren, um ihre Belohnungen zu maximieren. Viele daimyō konnten Erlasse herausgeben, von denen die Seeherren profitierten (Shapinsky 2014, S. 107). Zwischen 1540 und 1580 wechselten die Nōshima ihre Beschäftigungsverhältnisse mehr als zehn Mal zwischen mehreren in Konkurrenz stehenden Schirmherren. Diese Wechsel wurden vollzogen, um Formen von Währung, Provisionen, Anspruch auf Posten und Besitz zu erhalten und zusätzlich noch Anspruch auf Häfen, mautpflichtige Barrieren und Fischerdörfer zu bekommen (Shapinsky 2014, S. 20).

Je größer die Kontrolle der Nōshima über die Seestraßen wurde, umso attraktiver wurden ihre Dienste für die Schirmherren, und umso mehr Bewegungsfreiheit hatten sie. Je größer das Ausmaß ihres Schutzgebietes, desto weiter konnten sie segeln und umso mehr wuchs ihre Domäne und erstarkte ihr Ruf (Shapinsky 2014, S. 105). Je weiter der Einfluss der Nōshima reichte, umso mehr Reisende suchten ihren Schutz und je tiefer die Kosten für das Beschützen fielen, umso stärker wurde die Ausweitung des Handels gefördert. Die Nōshima und andere Seeherren, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Autorität in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts befanden, waren mächtig genug, um sich von den Schirmherren loszulösen (Shapinsky 2014, S. 106).

Der Nōshima Murakami Anführer Takashige erhielt aufgrund des Wechsels der Schirmherrschaft zu den Ōuchi das Recht ein Schutzgeschäft für internationalen Handel auf der Marktinsel Itsukushima und deren gleichnamigen Schrein zu betreiben. Den Nōshima war es erlaubt, Handelsschiffe auf Itsukushima und anderen Kleininseln und Buchten abzufangen und zu untersuchen, sowie Schutzgeld für Schiffe einzufordern. Selbst nach Beschwerden über die Nōshima Murakami von Seiten der Händler des Umschlaghafens Sakai, des Haupthafens für Handel mit China im 16. Jahrhundert, ließ Ōuchi Yoshitaka deren Privilegien aufrecht. Die Händler von Sakai waren Verbündete von den Hosokawa, die wiederum Rivalen der Ōuchi waren (Shapinsky 2014, S. 112).

Gegen Ende der 1540er spaltete sich die Nōshima-Familie auf, als eine Zweigfamilie auf Nakatoshima die Führung der Hauptfamilie übernehmen wollte. 1546 wurde von den Ōuchi die Seeherrfamilie Shirai entsandt, um den Nōshima durch einen Angriff auf Nakatoshima zu helfen. Durch Ōuchis Schirmherrschaft und Heiratsallianzen erhielten die Nōshima Zugang zu mehr Ressourcen. Nōshima Murakami Takeyoshi war zum Beispiel mit einer Tochter von Kurushima Murakami Michiyasu verheiratet (Shapinsky 2014, S. 113–114). In 1551 wurde ein Putsch gegen Ōuchi Yoshitaka von Sue Harukata ausgeführt, welcher von den Sakai Händlern finanziert wurde. 1552 wurde das Recht der Nōshima, chinesische Handelsschiffe zu besteuern und zu beschützen, von Sue Harukata aufgehoben (Shapinsky 2014, S. 113).

Die Nōshima konnten sich an die Ōuchi wenden, um die Kurushima unter Druck zu setzen und so den Nōshima zu helfen, indem sie die Raubzüge der Zweigfamilie auf Nakatoshima unterbinden. 1552 übernahm Nōshima Murakami Takeyoshi das Kommando über die Nōshima dank der Unterstützung durch die Kurushima. Die Nōshima baten Kunden an, sie vom Hafen Shiwaku sicher durch die Kriegsgebiete zu geleiten und deren guter Ruf als Beschützer lockte weitere Kunden an. 1546 wurden Shiwaku Verschiffer von dem Tempel Hōsen-ji in der Provinz Suō, ein Zweig des mächtigen Daitoku-ji Zen-Tempelkomplexes, angeheuert, um Mönche nach Sakai zu transportieren. 1554 wurde ein Attentat auf Ōuchi Yoshitaka von Sue Harutaka verübt. Der ehemalige Ōuchi Anhänger Mōri Motonari (1497–1571) zog 1555 gegen die Sue in den Krieg und bezwang sie in der Schlacht von Itsukushima (Shapinsky 2014, S. 114).

In den späten 1550ern erkannten die Nōshima, dass die Mōri zu einer mächtigen Kraft im Westen von Honshu heranwuchsen und akzeptierten deren Schirmherrschaft. Die Mōri bedienten sich anfänglich stark der Dienste von Piraten zum Ausführen von maritimen Aufgaben. Nach der Niederlage von Sue Harukatas Truppen, boten Seeherren, die zunächst für Sue kämpften, ihre Dienste den Mōri an, jedoch erst, als diese den Anforderungen der Seeherren zustimmten. In den frühen 1560ern baten die Mōri die Nōshima darum, ihnen bei einem Angriff auf den Hafen Tsurajima (in der heutigen Präfektur Okayama) beizustehen (Shapinsky 2014, S. 115).

Dafür erhielten die Nōshima Beteiligungen an dem wichtigen Handelshafen Kasaoka, welcher aufgrund seiner strategischen Bedeutung wichtig für die Nōshima war, weil dieser über eine Kette von Inseln mit Nōshimas Handelszentrum Shiwaku verbunden war. Zusätzlich erhielten sie die Insel Kōnoshima, auf der Salz hergestellt wurde, und die den Hafen Kasaoka beschützte, sowie einen Engpass entlang der Zugangsrouten zu Kasaoka schaffte. Die Nōshima haben die Mōri gegen andere daimyō ausgespielt, um die Kontrolle über maritime Netzwerke zu erhalten. Zwischen 1561 und 1571 nahmen die Nōshima teil an einem Stellvertreterkrieg um die Meerenge von Shimonoseki im Auftrag von den Mōri und den Ōtomo. Für diesen Auftrag bekamen sie von den Mōri die Kontrolle über Kaminoseki, ein wichtiger Hafen und Zollbarriere in der Inlandsee sowie Minoshima, eine winzige Insel an der Küste Kyūshūs, welche die Zugänge zu der Meeresenge von Shimonoseki und lukrative Handelsrouten, die Kyūshū umschlossen und sich bis nach China und Korea ausweiteten, kontrollierte. Die Nōshima wurden zu so einem großen Bestandteil des Küstenverlaufs von Kyūshū, dass sich lokale Piraten als Nōshima ausgaben, um vorbeifahrende Schiffe einzuschüchtern. Die Nōshima erhielten dank dem Schirmherr Ōtomo Sōrin Zugang zu wichtigen Überseeprodukten wie Salpeter, das für die Herstellung von Schwarzpulver benötigt wurde (Shapinsky 2014, S. 116).

Aufgrund des Rufes der Nōshima wurden auch Personen mit hohem Status auf sie aufmerksam, wie etwa der Shōgun Ashikaga Yoshiaki und Oda Nobunga, welche deren Dienste in Anspruch nahmen. 1570 verpflichteten sich die Nōshima, nur den Mōri zu dienen, und für diese Abmachung legten Nōshima Murakami Takeyoshi sowie Mōri Motonari und dessen Nachfolger Terumoto (1553–1625) einen Eid ab. Takeyoshi schwor in seinem Eid, dass er, sollte er seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommen,„den heiligen Zorn und Bestrafung von Bonten und Taishakuten, Shitennō, allen Göttern der Provinzen Japans, bedeutend und unbedeutend, insbesondere Mishima Daimyōjin, Hachiman Daibosatsu, Tenmandaijizai Tenjin und allen dazugehörigen Göttern“ auf sich ziehen wird (Shapinsky 2014, S. 117). Mishima Daimyōjin ist ein Meeresgott, den die Nōshima Murakami und andere Seeherren aus Iyo regelmäßig gnädig stimmten und welchem sie Gebiete, Waffen und Wertgegenstände widmeten (Shapinsky 2014, S. 118–119).

Während des größten Teils des 16. Jahrhunderts wollte die Krieger-Provinzherren-Familie Kōno aus Iyo die Kontrolle über Yugeshima erlangen, indem sie dort drei Seeherr-Familien, nämlich die Kurushima Murakami, die Nōshima Murakami und die Imaoka, als Steuerpächter und Administratoren zuließen. Diese Seeherren integrierten nach und nach Teile der Insel und ihre Bewohner in ihre jeweiligen Domänen. Diese geteilte Herrschaft setzte sich solange fort bis die Nōshima Murakami die Insel 1582 eroberten (Shapinsky 2014, S. 95).

Die Nōshima nahmen an mehreren Operationen gegen die Oda teil. 1576 leiteten die Nōshima eine Expedition, die eine Oda-Blockade durchbrach und Verpflegung zu der Festung der Ikkō Ikki in Ōsaka lieferten. 1577 nahmen sie eine Burg ein, die es ihnen erlaubte einen Teil des Hafens Utazu, ein wichtiger Hafen in der Nähe von Shiwaku, zu kontrollieren. Zwischen 1579 und 1582 riegelten die Nōshima gemeinsam mit von Mōri gesponserten Seeherren die Inlandsee ab, damit die Handels- und Militärschiffe von Oda und seinen Verbündeten dort nicht mehr verkehren konnten. Mōri Terumoto berechtigte die Nōshima dazu, alle Schiffe, die sich auf dem Weg von oder zur Hauptstadtregion befinden, bei den Häfen der Zollbarrieren sowie auch bei Shiwaku und Kaminoseki zu beschlagnahmen (Shapinsky 2014, S. 119–120).

Mächtige Seeherren verbündeten sich mit den Oda. Das beeinflusste die Verhandlungen von anderen Seeherren mit Schirmherren positiv. Als 1582 die Kurushima Murakami sich Oda Nobunaga unterstellten, nutzten die Nōshima die Verzweiflung der Mōri aus. Die Nōshima erhielten Anspruch auf mehrere ehemalige Grundstücke der Kurushima Murakami und überfielen ungestraft Kurushima Schiffe. Dadurch erreichte die Domäne der Nōshima ihr größtes Ausmaß und sie bekamen uneingeschränkte Kontrolle über Gebiete, die sie zuvor mit anderen Seeherren teilen mussten. Zum Beispiel vertrieben die Nōshima die Kurushima von den Kutsuna Inseln und zwangen den Bewohnern dieser Inselkette und der Insel Futagamijima ihren Willen auf. Die Nōshima entwickelten Schutzoperationen, Schiffe und Burgen und passten Institutionen zur Verwaltung, die am Land eingesetzt wurden, an ihre Bedürfnisse an. Zu den Haupteinnahmequellen der Nōshima Murakami zählten der Transport und der Schutz von Reisenden sowie der Handel (Shapinsky 2014, S. 121).

Das "Ende" der Nōshima Murakami

Das Ende der Piraten wird den Reichseinigern Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu (1543–1616) zugeschrieben (Shapinsky 2014, S. 229–230). Edikte zur Unterdrückung der Piraten wurden von Hideyoshi erst erlassen, nachdem große Piratenbanden wie die Nōshima und Kurushima ihre neue Positionen als Lords und Bedienstete akzeptiert hatten (Shapinsky 2014, S. 232). Toyotomis Anti-Piraterie-Edikt wurde im Sommer des Jahres 1588 erlassen (Shapinsky 2014, S. 245). Die Nōshima Murakami wurden zu mächtigen Vasallen der Mōri (Shapinsky 2014, S. 231).

Verweise

Siehe auch

Literatur

  • Peter D. Shapinsky 2014
    Lords of the sea: Pirates, violence, and commerce in late medieval Japan. Ann Arbor, Michigan: The Univ. of Michigan 2014. (S.a. Exzerpt.)