Exzerpt:Friday 1997

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-- in Bearbeitung von Dominika Kacerova --

Rezensiertes Werk:

Karl F. Friday 1997
„Pushing beyond the pale: The Yamato conquest of the Emishi and Northern Japan..“ Journal of Japanese Studies 23/1 (1997), S. 1-24. (Exzerpt.)

Der Autor

Dr. Karl Friday ist Professor auf der Georgia Universität und Autor von den Werken „Hired Swords: The Rise of Private Warrior Power in Early Japan“ (1992), „Legacies of the Sword: The Kashima-Shinryu and Samurai Martial Culture“ (1997) und „Samurai, Warfare and the State in Early Medieval Japan“ (2003).

Rezension: Pushing Beyond the Pale - The Yamato Conquest of the Emishi and Northern Japan

Zum Beginn des 8. Jahrhundert lag der nordwestliche Teil von Honshū immer noch außerhalb der zentralen Macht des Yamato-Staates. Dieser große Bereich an der Peripherie wurde als michi no oku (dt. der hintere Teil des Landes) bezeichnet und wurde von einem Volk, das die Bevölkerung von Yamato emishi nannte, bewohnt. Das 8. Jahrhundert prägt das Anstreben des kaiserlichen Staates diesen Bereich und seine Bewohner in das zentrale Reich zu integrieren. Dieser Artikel untersucht die Unterwerfungsfeldzüge von 774 – 811 und ihre Rolle bei dem Bemühen, diese Territorien in den zentralen Staat einzubeziehen. Der Autor untersucht in erster Linie die relevanten Passagen und Edikte aus dieser Zeit in Shoku Nihongi.

Emishi und das Nordwesten

Die Bereiche in dem Nordwesten (später Provinzen Dewa und Mutsu) lagen außerhalb der Kontrolle des zentralen Staates und unterlagen nicht der staatlichen Rechtsordnung. Die Verfassung des kaiserlichen Staates bezeichnet diese Territorien an der Peripherie als kyōgai (dt. außerhalb der Grenze) oder kegai (dt. die Nicht-Umgeformten, d.h. außerhalb der staatlichen Kontrolle). Passagen in Nihon Shoki darstellen die Völker in diesen Bereichen als tierartige barbarische Wesen.

Es gibt aber archäologische Beweise, dass sich die agrarische Yayoi-Kultur 1 bis 2 Jahrhunderte, nachdem sie im Westjapan entstand, bis in die nördlichste Teile Honshūs verbreitete. Die meisten Forscher sind sich einig, dass zur Zeit der Entstehung von Nihon Shoki der Grad der „Zivilisation“ der Bevölkerung von nordöstlichen Bereichen (emishi) mit der Bevölkerung von Yamato vergleichbar war. Andererseits unterschieden sich die Bewohner dieser Gebiete ganz offenbar durch ihre Ernährungsweise (obwohl sie Reis angebaut haben, blieb Fleisch ein wesentlicher Teil ihrer Nahrung) und sozialgesellschaftliche Organisation.

Die kulturellen Differenzen bedingten die Entstehung von der Theorie, dass emishi eine biologische Ethnie und Vorfahren von den heutigen Ainu waren. Diese Theorie ist bereits in dem 14. Jahrhundert entstanden und wird von den Überlappungen bei den archäologischen Funden im Nord-Honshū und Hokkaidō, etymologischen Ähnlichkeiten sowie der Tatsache, dass Ainu in der Edo Zeit als emishi beziehungsweise ezō bezeichnet wurden, unterstützt.

Die skeptischere Forscher argumentieren aber dagegen, weil es sowohl Überlappungen bei den archäologischen Funden im Nord-Honshū und Zentral- Honshū gibt. Auch die unterschiedliche Bezeichnung von den einheimischen „barbarischen“ Sippen in der Provinz Echigo kateki, die ähnlicherweise wie emishi von einer orthodoxen Chinesischen Bezeichnung von fremden Menschen abgeleitet ist, spricht dagegen. Die Etymologie der beiden Begriffe hinweist weil mehr auf eine räumliche Distanz als auf ethnische Differenz. In den Quellen aus der Heian-Zeit findet man keine Erwähnung von physischen Unterschieden zwischen emishi und den Bewohnern von Zentral-Honshū.

Die frühen Interaktionen zwischen emishi und Yamato

Kulturelle, politische und ökonomische Interaktion zwischen der Peripherie im Nordwesten der Japanischen Hauptinsel fortdauerte seit der prähistorischen Zeit, aber Yamato begann sich erst in der zweiten Hälfte des siebten Jahrhunderts, nach der Etablierung des zentralen Staates, ernsthaft bemühen die Bewohnern dieses Bereiches aufzunehmen. Dazu nutzte Yamato grundsätzlich drei Strategien: formale Deklaration, Kolonisation und Kooptierung.

Am Anfang der Heian-Zeit drang der zentrale Staat nach Nordwesten ein und begann dort systematisch Einfriedungen ki in den Provinzen von Eichigo, Dewa und Mutsu zu errichten. Diese Einfriedungen funktionierten in der ersten Reihe nicht als Militärbasen, sondern als Zentren der staatlichen Administration an den Grenzgebieten. Auch die Größe und Aufbau von ki weist offenbare Ähnlichkeit mit den Gebäuden der regionalen Behörden kokuga und Bezirksämter gunga auf.

In der frühen Phase des Bemühens emishi in den Zentralstaat zu integrieren erklärte man die Territorien im Nordwesten für einen Teil der kaiserlichen Jurisdiktion und begann die Anführer von einzelnen emishi Sippen für eigene Zwecke einzusetzen. Im Austausch für ihren Tribut wurden den emishi Geschenke oder Kabane (Standestitel) und ein Beamtenamt angeboten. Emishi, die mit diesem Vorgehen einverstanden waren, erhielten die Bezeichnung fushū (dt. Barbaren, die kapitulierten). Dieser Status stellte sie irgendwo in die Mitte zwischen die Bürger von Yamato und die Außerstehende, da sie der neuen Landverteilung, der lokalen Administrationsstruktur und der ritsuryō Rechtsordnung nicht unterlagen. Von 720 und vielleicht bereits früher begann die kaiserliche Regierung große Gruppen von fushū nach Zentraljapan (in fast jede Provinz) zu verlegen um ihre Integration zu beschleunigen.

Die Feldzüge vor der 'großen Unterwerfungs-Ära'

Das Eindringen und Errichtung von Einfriedungen und Kolonien des zentralen Staates tiefer in den Territorien der emishi verursachte Spannung und Feindseligkeit zwischen den beiden Gruppen. Auch die Tatsache, dass emishi als lokale Beamte des Staates eingesetzt wurden, während sie ihren Status und Autorität als Sippenanführer aufbewahrten, verhalf der Widerstandsbewegung der emishi im Nordwesten. Die Situation eskalierte mehrere Dekaden und erste Hinweise kann man in einem kaiserlichen Edikt im Shoku Nihongi vom Jahre 709 erkennen.

Die Regierung zögerte zuerst militärisch einzugreifen. Die Ermordung von regionalen Beamten in der Provinz Mutsu bedeutete aber ein Katalysator für die Intervention, worauf man die Feldzüge in Jahren 720 und 724 unternahm. Der am besten dokumentierte Feldzug in der dieser frühen Phase unternahm im Jahre 737 der Gouverneur von Mutsu und General Ōno no Azumabito mit der Absicht eine bessere Straße zwischen den Provinzen Mutsu, Dewa und Taga zu bauen. Ursprünglich hatte er vor ein Dorf Okachi, das sich in dem feindlichen Territorium befand, zu überfallen und dort eine Einfriedung zu errichten. Ein Bote kam aber mit der Nachricht, dass sich das Dorf der kaiserlichen Macht freiwillig unterwerfen möchte, um die Okkupation zu vermeiden. Azumabito blieb skeptisch, aber der Bote argumentierte, dass seine Rolle in der Aufklärung der Barbaren, Errichtung von Einfriedungen und Siedlungen und nicht in der Zerstörung der barbarischen Sippen liegt, worauf Azumabito seine Absicht änderte.

Diese Episode zeigt ganz offenbar, dass dem Staat in der ersten Reihe die Auferhaltung der Ordnung in diesen Regionen und nicht die Eroberung von neuen Territorien am Herzen lag. Die Quellen erzählen über keine weitere militärische Feldzüge in den kommenden 4 Dekaden bis auf eine kryptische Meldung vom Jahr 759, dass man im Osten Soldaten bereitstellen soll, falls das die Situation in Mutsu verlangen wird und Erwähnungen von neu errichteten Einfriedungen.

Die Unterwerfungsfeldzüge

Ein kaiserliches Edikt im Shoku Nihongi vom Jahre 774 markiert einen politischen Kurswechsel. Aus dem Edikt stellt sich klar heraus, dass die Situation im Nordosten - langsame Expansion und Auferhaltung der Ordnung, die Yamato-Regierung nicht zufrieden stellte und sie war bereit der „Kolonisation“ vom Nordosten für allemal ein Ende zu setzen. Es ist unklar, was diesen Kurswechsel verursachte, aber ein Anzeichen von Problemen zeigt die Episode aus dem Jahre 770 (die auch in Shoku Nihongi vermerkt wurde) als ein emishi-Anführer namens Ukanume Ukutsunamio mit seinen Nachfolgern in der Wildnis verschwand, nachdem er seine Absicht eine Koalition mit anderen emishi Sippen zu formen und Yamatos Einfriedungen anzugreifen klar machte.

Zwei Tage nach dem Erlaß dieses Edikts überfielen die emishi in Mutsu die Mononō Einfriedung, worauf Yamatos Truppen unter Ōtomo no Surugamaro das Dorf Tōyama eingenommen und die feindlichen emishi vernichtet haben. Laut Shoku Nihongi kam es zwischen Jahren 704 und 811 zu mindestens zehn Feldzügen, die gleichmäßig mit dem Sieg und Niederlage der Yamato Truppe endeten.