Exzerpt:Bocking 2000
In Bearbeitung - Hietz
Rezensiertes Werk:
Autor
Brian Bocking hat Religionswissenschaft an den Universitäten Lancaster und Leeds studiert und arbeitete als Dozent für (japanische) Religionen an den Universitäten Stirling (Schottland), Tsukuba (Japan), Bath Spa (UK) und London. Der Autor hat weitgehend im Bereich der chinesischen und japanischen Religionen publiziert und folgende Bücher herausgegeben: Nagarjuna in China: A Translation of the Middle Treatise (Edwin Mellen Press, 1995), A Popular Dictionary of Shinto (Curzon Press, 1996) und The Oracles of the Three Shrines (Curzon Press, 2000). (Eine Liste sämtlicher Arbeiten Bockings - Artikel, Buchbeiträge, Videomitschnitte ect. - findet sich hier.) Bocking ist dereit Professor der Religionswissenschaft an dem Universitätskolleg Cork (Irland).
Vorwort
Die Orakel der 3 Schreine (sanja takusen) sind 3 Weißsagungen, der Schreingöttern von Ise Daijingū (Ise), Iwashimizu Hachiman-gū (Kyoto) und Kasuga Taisha (Nara) gewidmet. Es gibt viele Versionen der sanja takusen, die schon länger als 600 Jahre bekannt sind. Im Mittelpunkt steht dabei Amaterasu (Sonnengöttin) begleitet von Hachiman (rechts unten) und Kasuga (links unten). Die verschiedenen Versionen der Rollen sind zwar nicht identisch aber ähnlich und weisen Gemeinsamkeiten vor: Name und Titel der drei Schreine und mindestens ein Text (takusen) oder Abbild der Götter. In Bockings Artikel werden 2 Versionen herangezogen. Eine vor der Meiji-Restauration 1868 und eine danach, da in diesem Jahr eine dramatische Wendung in der japanischen Religion stattfand, die auch in unserem Beispiel deutlich zu sehen ist.
Eine wichtige Funktion der Texte ist es die Bedeutung der drei Schreine bzw. aller Schreine festzusetzen. Während dies in der ersten Version durch die Verlinkung der drei Schreine mit den drei Tugenden des Buddhismus geschieht, ist die zweite Version nicht ausdrücklich an diese Tugenden gebunden und alle Texte stehen in Zusammenhang mit dem Ise Schrein sowie deren Gottheit Amaterasu.
Version 1: Ursprüngliche Form von sanja takusen (prä-Meiji/ca.1394-1868)
Laut Legende sind die drei Götter im Teich beim Tōdaiji in Nara in der Shōō Ära (1288-92) erschienen. Dies war die Basis der Orakel und sie vermittelten moralische Gründzüge:
- Reinheit (shōjō 清浄) - Hachiman Daibosatsu
- Ehrlichkeit (shōjiki 正直) - Tensho Kotaijin/Amaterasu
- Mitgefühl (jihi 慈悲) - Kasuga Daimyojin
In dieser Version der Schriftrolle kommen neben den drei orakelhaften Texten alle Namen der Schreine sowie deren Götter vor.
(Ergänzung aus Mori Mizue (2007), Sansha takusen (var. Sanja takusen) [Zugriff:29.12.2007])
Version 2: Post-Meiji Form von sanja takusen (1868-1945)
Diese Version unterschied sich nicht nur in den neuen Illustrierungen der drei Götter, dargestellt im reinlichen Shintō-Stil, sondern auch in den Namen der Schreine/Gottheiten und vor allem im Text. Zu Beginn der Meiji-Zeit wurden während der 'Trennung von kami und Buddhas' (shinbutsu hanzen) tausende Schreine mit buddhistischen Namen umbenannt und deren Götter ersetzt. Die neuen Namen hatten ihren Ursprung nun vor allem im Kojiki und die Titel Daimyojin und Daibosatsu wurden zu Daijin/Okami. Die Grundlage der Texte war das Nihon shoki/Nihongi. Die alten moralischen Werte wurden dabei von den sanchoku ("three imperial commands") ersetzt.
Die neuen Texte vermittelten:
- Restauration → Legitimität und Autorität der kaiserlichen Linie.
- Heilige Spiegel (kaiserliches Insignium) beschreibt, wie die kaiserliche Gesellschaft mit dem Ise Schrein, der nun an der Spitze der Hierarchie der Schreine steht, das Privileg „Zutritt zu den göttlichen Ahnen“ verschafft.
- Beschreibt die Bedeutung eines Schreines und die Neudefinierung der Rituale in Abstimmung mit den kaiserlichen Hausschreinen. Dies erschaffte eine Verbindung zwischen den lokalen und dem Ise Schrein, sowie die göttliche Figur des Kaisers. → Rituale zum Wohle des Kaisers, anstatt für die einzelne Gemeinschaft.
Durch die Veränderung der Texte, entstand nun auch ein neues Bild der Götter - ohne buddhistischer Symbolik. In der Prä-Meiji Version wird Hachiman als buddhistischer Mönch dargestellt, während er in der Post-Meiji Version als yumiya gilt und daher als Gott des Krieges dargestellt wurde. Kasuga - auf einem Hirsch reitend - ähnelt nun dem chinesischen Gott der Langlebigkeit Shou Lao/Jurojin und die zentrale Figur Amaterasu - zuvor eine buddhistische Figur mit einem kohai (buddhistischer Heiligenschein) und einen hoju (Wunsch-erfüllendes Juwel) tragend, wird folgend von den Strahlen der aufgehenden Sonne umrandet und mit den drei kaiserlichen Insignien (Juwel, Spiegel und Schwert) ausgestattet, dargestellt.
Die drei Schreine (sanja)
Die Dreier-Formation ist auf das Kojiki und Nihon Shoki zurück zu führen. Hier wird eine Hauptgottheit von zwei Bodhisattvas begleitet, um eine ausgeglichene symmetrische Einheit zu bilden. In unserem Fall standen die drei Schreine im Mittelpunkt der geistlichen Macht.
Ursprung der drei Orakel
- Orakel: Weil Kaiser Shōmu die große Statue von Roshana (Vairocana) errichten lies, die heute der Grundstein für den Tōdaiji in Nara ist, verreiste Gyōgi, ein buddhistischer Priester zum Ise Schrein, um sicher zustellen, dass der Bau nicht die einheimischen Götter verletzte. Nach 7 Tagen beten, erschien ihm Amaterasu und verkündete eine gute Nachricht.
- Orakel: Es kam von Hachiman in Usa in Kyushu. Er verkündete seinen Wunsch in die Hauptstadt zu ziehen.
- Orakel: War von Hachiman zum Mönchen Dōkyō, dem kaiserlichen Berater von Kaiserin Shōtoku, indem Dōkyō behauptet, dass, wenn er Kaiser werden würde, das Land aufblühen würde.
Der Ursprung der Orakel erscheint in getrennten Orakeln, die alle Hachiman zugeschrieben worden sind. Laut Legende waren die Weissagungen bei einem Teich beim Tōdaiji in der Shōō Periode 1288-93. Die erste schriftliche Überlieferung der sanja takusen kommen in der Arbeit Daigo shiyōshō, entstanden fast ein Jahrhundert später zur Zeit der Ōei Periode 1394-1428, vor. Hier wird beschrieben, dass die Orakel Bezug zu buddhistischen Priestern in der südlichen Hauptstadt haben, vor allem zu den priesterlichen Linie des Daigoji. Dabei änderte sich die Zuschreibung der Orakel von Hachiman auf Kasuga dank des Mönchen Nichiren (1222-82)
Kommentar
Das Thema dieses Artikel ist die Veränderung und der Vergleich der sanja takusen von der Prä-Meiji-Zeit und Post-Meiji-Zeit. Der Wandel der Gottbedeutung, insbesondere von Hachiman, wird hier beschrieben. Der Autor erklärt zwar, dass es einen Wandel in der japanischen Religion zur Zeit der Meiji-Restauration gegeben hat und dass dies der Grund für die Abänderung der Texte im sanja takusen sei, dennoch fehlt meines Erachtens ein wenig der Hintergrund zu diesem Wandel. Wahrscheinlich setzt der Autor vom Leser voraus, über diesen Wandel bescheid zu wissen. Auch ist mir der Bezug von Kasuga im sanja takusen unklar, da für mich die Zuschreibungen und die Ursprünge der Orakel etwas irreführend sind. Über dies hinweg gesehen, ist der Artikel recht gut verfasst.
Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Hachiman-no-pedia verfasst.