Pferde
Dieser Artikel beschäftigt sich mit Pferden (馬 uma) in den Fudoki bzw. im Kojiki und Nihon shoki, sowie auch deren Rolle in Japan zur Zeit der Staatswerdung im 3. bis 8. Jahrhundert.
Terminologie
- 馬 (uma zu dt. Pferd)
- 駒 (koma zu dt. Fohlen)
Als ersten sprach-etymologischen Anhaltspunkt führt Naumann(1959:154) Minamoto Shitagos (910-983) Werk Wamyoruijusho[1] an, in dem das muma als Lesung für das Kanji 馬 und koma als Lesung für das Kanji 駒 genannt wird. Arai Hakuseki (1657-1725) beschäftigt sich hingegen mit der Nennung der himmlischen Pferde (ame no fuchikoma od. ame no fuchimuma) im Kojiki (s.u.) und Kujiki [= Sendai kuji hongi, eine Version der klassischen Mythen aus dem 9. Jh.] (Naumann 1959:154). Er schließt daraus, dass möglicherweise muma und koma synonymisch gebrauchte Worte für Pferd (馬) waren. Sicher ist sich Arai jedoch in der Annahme, dass koma ein kleines Pferd bezeichnet.
- Mit dieser Deutung des Begriffes koma nicht einverstanden, schreibt Motoori Norinaga (1730-1801) in den Kojikiden: "Nun, was 馬 betrifft, so liest man uma 宇麻, koma 古麻 (im 14. Buch des Manyoshu wird auch ko-uma 古宇麻 gelesen und 馬 geschrieben, wird es im Wamyosho wohl als Pferdejunges bezeichnet, doch sagt man seit alters häufig für 馬 koma und auch heute muss man es so lesen. Im Nihongi wird nämlich fuchikoma geschrieben. Obwohl es nun heißt, dass es in unserem Reiche ursprünglich keine Rinder und Pferde gab und sie erst aus Kudara hier hergebracht worden seien, ist außerdem noch bei Yachihoko no kami von seinem mi-uma die Rede..." (Naumann 1959:155)
Naumann führt weiter Argumente Hakusekis an, der eine Stelle aus dem Manyoshu beschreibt, in der ein Pferd als ibau mimi no mono (wieherndes Ohrending)beschrieben wird. Der Kaiser befand es für etwas "sehr Bedeutendes", um gab ihm den Namen uma. Weiters heißt es, dass die Vorfahren der Hata diese gut reiten konnten (Naumann 1959:155). Hakuseki vermutet deshalb, das uma im Altjapanischen eine Vorsilbe für etwas "Ehrendes" oder "Bedeutendes" gewesen war (vgl. umashi-otoko und umashi-otome). Andererseits gibt es sowohl von Hakuseki als auch von Kaibara Ekken (1630-1724) und Haguenauer den Versuch die Etymologie von uma in der chinesischen Sprache zu verorten. Hakuseki kann sich eine Zusammensetzung aus Mongolei und Pferd vorstellen (胡地 hu-ti + 馬 ma = 胡馬 (h)u-ma), also eine Zusammensetzung mit zwei On-Lesungen. Ekken hingegen glaubt, dass der chinesischen Lesung ma der Anlaut mu hinzugefügt wurde. Als mehr oder minder gesichert gilt jedoch die Annahme, dass ma im Chinesischen seinen Ursprung im mongolischen/altaischen Wortstamm mörin hat, welche einer der fünf altweltlichen Wort-Sippen für Pferd ist (Naumann 1959:155-157).
- Das deutsche Wort "Mähre" stammt möglicherweise vom selben Wortstamm ab. Als indogermanischen Wurzeln sind nur germanisch marah- und keltisch mark- „Pferd“ belegt (Duden, Etym, S.434, 443), aber es besteht vielleicht eine Beziehung zum zentralasiatischen Wanderwort für „Pferd“ des 3./2. Jh. v.Chr., mongolisch morin, koreanisch mal, chinesisch ma (Janhunen 1998)
Auch japanische etymologische Wörterbücher führen mehrer mögliche Entstehungswege für uma an[2].
Geschichte
Nelly Naumann geht in ihrem umfassenden Werk Das Pferd in Sage und Brauchtum Japans der Frage nach, welchen Stellenwert die Tiere seit älterster Zeit in Japan inne hatten. Archäologische Funde belegen, dass es schon in während der Jomon-Kultur Pferde in Japan gab (Funde von Knochen und Zähen in Jomon-zeitlichen Muschelhaufen), dieser aber einer überaus kleinwüchsigen Rasse angehörten, also gleiche Merkmale aufwies wie koreanische und südostasiatische Pferderassen (Miyako-Pony, Hainan-Pony, Ssii-ch'uan-Pony), die in Korea und Südwestchina (Yunnan, Kuanghsi, Hainan) vom 2. Jh. v. bis zum 10. Jh. n. Chr. gehalten wurden (Naumann 1959:148-149). Die Pferde, welche Yayoi-zeitlichen Funden zuzuordnen sind, gehören hingen einem mittelwüchsigen Typus an, der mit dem mongolischen Pferd (sowie mit dem heutigen Kiso-Pferd, Misaki-Pferd und Hokkaido-Pferd) eng verwand ist.
Textstellen in den Fudoki
Hitachi fudoki
- Berg Tsukuha (Aoki 1997:41)
- Gebiet Ubaraki (Aoki 1997:45)
- Dorf Asafu (Aoki 1997:52) ... wilde Pferde (welche reitbar sind) werden gefangen und dem Hof in Yamato präsentiert --> Namekata Pferde
- Gebiet Kashima (Aoki 1997:58)
Harima fudoki
- Dorf Kamuki (Aoki 1997:172 / Akimoto 1971:266,267)
- Dorf Wogaha, Agamano (Aoki 1997:181 / Akimoto 1971:278,279)
- Dorf Ayabe, Umahaka no ike (Aoki 1997:183)
- Shiho Woka (Aoki 1997:190)
- Inaka Gaha (Aoki 1997:211)
Hizen fudoki
- Stadt Chika (Aoki 1997:265)
Textstellen im Kojiki und Nihon shoki
- "At this time Uke-mochi no Kami was truly dead already. But on the crown of her head there had been produced the ox and the horse;" (Aston 1896:32)
- "In autumn, he set up combs and made horses lie down in the rice-fields. Notwithstanding all these wicked doings, which went on incessantly, the Sun-Goddess was not indignant, but treated him always with calmness and forbearance," (Aston 1896:48-49)
- "[...], und im Herbst ließ er die himmlischen scheckigen Pferde los und ließ sie sich mitten auf den Reisfeldern lagern." ( Karl Florenz "Japanische Mythologie", 1901:93)
- "[...] Ferner als er sah, dass Ama-terasu Oho-mi-kami gerade Götter-Kleider webend sich in der heiligen Web-Halle befand, zog er einem himmlischen scheckigen Pferde die Haut ab, brach durch den Dachfirst" der Halle ein Loch und warf [das geschundene Pferd] hinein. ( Karl Florenz "Japanische Mythologie", 1901:93-94)
Poststationen
Weiters interessant ist die Nennung der Poststationen umaya (auch mumaya oder eki) welche offizielle Reisende mit Pferden, Gewand und anderen nützlichen Utensilien versorgten. (vgl. Aoki 1997:293; Frédéric 2005:1013; Schwind 1981:77)
- Die Errichtung von Poststationen, wie sie im Reformerlaß des Kôtoko Tennō 646 gefordert worden war, wurde zügig durchgeführt. Das Hauptstraßensystem erhielt unter Nutzung der natürlichen Leitlinien im Kinai sein Zentrum und wurde in möglichst regelmäßigen Abständen — in Izumo waren es 15-20 km (heute bis zu 5 ri) — mit umaya oder eki besetzt, in denen je nach Staßenklasse Personen (Familien) und Kurierpferde zur Verfügung standen, die im Ablöseverfahren Eilnachrichten weiterleiteten. Über den Nachrichtenverkehr hinaus dienten die Straßen dem Transport der Steuerabgaben und der Ware für die Märkte, dem Personenverkehr und der Bewegung von Truppenverbänden. Der Verkehr zu Wasser war eingespannt in den der Straßen. Im Jahre 801 wurden die Provinzen angewiesen, Pontonbrücken und Boote zur Erleichterung des Transports von Steuern und Tributen zu bauen, 845 werden für die Küste von Awaji erstmals Fährleute und Fährboote erwähnt (54, 251).Die Betonung des Landverkehrs, wie sie durch die Binnenlage der Hauptstadt erforderlich war, und die Haltung einer großen Zahl von Pferden, die im Grunde genommen für das Waldland Japan landschnftsfremd waren, sind Ausdruck von Umweltvorstellungen kontinentaler Herkunft, die in den Menschen des 7. und 8. Jahrhunderts noch sehr wirksam gewesen sein müssen. Dafür sprachen auch die Pferdefeste unter Huldigung des von China erfahrenen kosmischen Prinzips des "yin" und "yang" und die am Nifu-Schrein dargebrachten Pferdeopfer, wenn man bei anhaltender Dürre die Götter zum Spenden von Regen bewegen wollte. (wörtlich nach Schwind 1981:76ff)
Anmerkungen
Quellen
- Kichirō Akimoto (Hg.) 1971Fudoki. (Nihon koten bungaku taikei 日本古典文学大系 2.) Tōkyō: Iwanami Shoten 1971. (Erste Auflage 1958.)
- Michiko Yamaguchi Aoki (Ü.) 1997Records of wind and earth: A translation of fudoki with introduction and commentaries. (Monographs of the Association for Asian Studies, Bd. 53.) Ann Arbor, Mich.: Association for Asian Studies 1997.
- William George Aston (Ü.) 1896Nihongi: Chronicles of Japan from the earliest times to a.d. 697. London: Kegan Paul 1896. (Zahlreiche Neuauflagen, JHTI Onlineversion, Onlineversion (Wiki-Source).)
- Basil Hall Chamberlain (Ü.) 1932Kojiki: Records of ancient matters. Kobe: J. L. Thompson & Co 1932. (Erste Auflage 1919, JHTI Onlineversion, Onlineversion.)
- Literatur:Duden ??
- Karl Florenz (Ü.) 1901Nihongi: Japanische Mythologie. (Mittheilungen d. Dt. Ges. f. Natur- und Völkerkunde Ostasiens, IV.) Tokyo: Hobunsha 1901. (Ü. von Nihon shoki, Götterzeitalter nebst Auszügen aus Kojiki und fudoki.)
- Louis Frédéric 2002Japan encyclopedia. Cambridge, Massachusetts: The Belknap Press of Harvard University Press 2002.
- Juha Janhunen 1998„Ethnicity and language in prehistoric Northeast Asia.“ In: Blench, R.M. und Spriggs, M. (Hg.), Archeology and Language II. London: Routledge 1998, S. 195-208.
- Nelly Naumann 1959„Das Pferd in Sage und Brauchtum Japans.“ Asian Folklore Studies 18 (1959), S. 145-287.
- Martin Schwind 1981Das japanische Inselreich: Eine Landeskunde nach Studien und Reisen in 3 Bänden, Bd. 3. de Gruyter: Berlin 1981.
- Duden, Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Dudenverlag Mannheim - Leipzig - Wien - Zürich 1989 (Datum des Vorworts)
Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Fudokipedia verfasst.