Kami

Aus Kamigraphie
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Kami 神 (chin. shen, sinojap. shin, jin), in etwa „Gottheit“, „Geist“. Der Begriff bleibt in japanologischen Werken oft unübersetzt. Im Japanischen bezeichnet er Gottheiten der kaiserlichen und lokalen Mythologie, Naturgeister, vergöttlichte Helden, Ahnen, Herrscher und Staatsmänner, aber auch die göttliche, sakrale, geistige oder numinose Beschaffenheit oder Energie von Orten und Dingen. Die diesen Vorstellungen zugrundliegende Konzeption wird als shintō 神道, wtl. „Weg der Kami“, bezeichnet.

Kami werden in sogenannten Schreinen (jap. jinja 神社) verehrt. Obwohl in vielen Schreinen bestimmte, namentlich genannte mythologische Kami verehrt werden, gibt es die Tendenz, Schreine nach ihrem Ort zu identifizieren: Iwashimizu Hachiman, Kanda Jinja, Ise Jingū usw. Allerdings trifft dies auf in der Moderne entstandene Schreine, wie z.B. den Meiji Schrein, meist nicht zu.

Bis ins späte 19. Jh. war die kami-Verehrung eher lokal und kommunal geprägt, da es keine — bzw. nur sehr schwach ausgeprägte — nationale Organisationsformen des Shintō gab. Schreinpriester wurden in einzelnen Schulen oder familienartigen Verbänden mit oftmals langer Abstammungslinie ausgebildet. [1]

Etymologie

Das Wort kami hat im Japanischen sehr unterschiedliche Bedeutungen. Ein Synonym, kami 上, bedeutet „oben“, ein anderes „Haar“ (髪), ein weiters „Papier“ (紙). Das Verb kamu 噛む bedeutet „beißen“, „kauen“. Während all diese Begriffe früher oft auf die selbe Wurzel zurückgeführt wurden, weisen heutige Linguisten unterschiedliche Etymologien nach.

Kami in prähistorischer Zeit

Die japanischen Inseln waren schon in prähistorischer Zeit Einwanderungen und Einflüssen aus Nachbargebieten wie Korea, Süd-China oder auch Indonesien ausgesetzt. Diese Einflüsse schlugen sich in sehr heterogenen religiösen Glaubensvorstellungen nieder. Laut dem bekannten japanischen Kulturanthropologen Oka Masao (1898-1982) war „der primitive Shintō, welcher gewöhnlich als eigentliche Religion Japans bezeichnet wird, [...] sicherlich nicht einheitlich, eher kann er als unsystematische Verschmelzung aller um Christi Geburt in Japan vorhandenen und eingeführten Religionen angesprochen werden“. [2] Zu den vielleicht ausgeprägtesten religiösen Phänomenen zählten der Shamanismus aus dem ural-altaischen Raum und die Naturverehrung. In einer Paraphrase des Edo-zeitlichen Gelehrten Motoori Norinaga (1730–1801) bemerkt William Bunce:

The religion of these early Japanese was a polytheistic nature worship. They believed that all natural phenomena were of animistic character and that each person or thing was in itself a manifestation of the divine. Anything which evoked a feeling of awe was revered as being particularly imbued with divine or mysterious power; therefore, the forces of nature, especially awe-inspiring trees, rocks, or mountains, and other inexplicable natural phenomena became objects of worship. These were given the name kami.

Bunce 1968: 1-2

Grob gesprochen bedeutet dies, dass alles in der Natur als göttlich verehrt werden konnte, während zugleich auch Stammesführer, welche oftmals auch die Aufgaben eines Hohepriesters oder Schamanen inne hatten, als kami bezeichnet wurden. Hieraus ergeben sich laut Oka Masao folgende Bedeutungen dieses Begriffes: 1) verschiedene Gottheiten und Menschen im sogenannten „Götterzeitalter“ der japanischen Klassiker, 2) Honorificum für den Kaiser, 3) Verstorbene, in Schreinen verehrte Wesen, 4) Häuptlinge und leitende Beamte [3] 5) Berge, Flüsse, Gräser, Bäume, Vögel und andere Tiere, ferner ungewöhnliche, furchterregende und wunderbare Dinge, 6) seltsame Naturerscheinungen, 7) Erscheinungen, welche außerhalb des menschlichen Wissens stehen.

Verweise

  1. Hardacre 1989
  2. Oka 1933
  3. Hier bezieht sich Oka auf die Tatsache, dass das Wort kami 守 (mit anderen Zeichen als „Gottheit“, kami 神, geschrieben) in historischer Zeit auch „Gouverneur“ bedeuten konnte. Wahrscheinlich gibt es aber keinen linguistischen Zusammenhang (s.o.).

Literatur

  • Oka Masao 岡正雄 2012
    Kulturschichten in Alt-Japan. Bier'sche Verlagsanstalt 2012. (Verfasst 1933-35 als Dissertation an der Uni Wien.)
  • Helen Hardacre 1989
    Shintō and the state: 1868 - 1988. (Studies in church and state, Band 2.) Princeton: Princeton Univ. Press 1989. (Paperbackausgabe 1991.)
  • William K. Bunce, 1968. Religions in Japan: Buddhism, Shinto, Christianity. Rutland: Tuttle.
  • Byron H. Earhart, 1969. Japanese Religion: Unity and Diversity. Belmont, Ca.: Dickenson.