Indo-europäische Traditionen in der japanischen Mythologie
Eine der populären Theorien in der modernen Japanischen Mythologieforschung, versucht diese mit der Indo-Europäischen Tradition zu verlinken. Es wird vermutet, dass die Indo-Europäische mythologische Tradition von den Koreanischen Adeligen Skythischer Abstammung, die im 4. Jahrhundert laut der „horse-rider“ Theorie nach Japan ankamen, übertragen wurde.
Übertragung der Indo-Europäische Tradition nach Japan
Die Grabbeilagen mit der Evidenz von starken Skythischen Influenz, die in den Koreanischen herrschaftlichen Grabstätten gefunden waren, beweisen, dass die Koreaner im Kontakt mit den Indo-Europäischen, Iranisch sprechenden Skythen waren. Anschließlich lässt sich vermuten, dass die Koreanische Adelige, die im 4. Jahrhundert laut der „horse-rider“ Theorie nach Japan ankamen, Skythen waren oder von Skythischer Kultur abstammen. Wie weit die Skythische Einflüsse die Japanische Tradition in den Mythen verdrängt haben ist jedoch rein spekulativ. Einerseits konnte die alte Tradition nur noch in Fragmenten und Namen überlebt haben, andererseits könnte diese nur ganz unerheblich geändert worden sein, um den ideologischen Bedürfnissen der Einwanderern zu passen. (ELLWOOD 1993:148)
Indo-Europäische Tradition in Kojiki
Die Befürworter dieser Theorie vertreten jedenfalls die Meinung, dass man in Kojiki die Beweise für eine weitgehende von den Skythischen Tradition beeinflusste Veränderungen beobachten kann. Der Hintergrund von dem Mythos von der himmlischen Abstammung von Izanagi und Izanami ist mit dem Persephone Mythos vergleichbar.
Man kann die Mythen in Kojiki jedoch nicht nur isoliert betrachten und vergleichen, sondern bestimmte typologische Gemeinsamkeiten finden, wie die 3 Funktionen, nach dem man die Gottheiten einteilen kann. Dumézil hat diese Funktionen folgend summarisiert:
- (1) die Auferhaltung der kosmischen Gesetze durch Priesterschaft und Souveränität
- (2) die Präsenz von Krieg und Heldenhaftigkeit
- (3) die Kraft von Fruchtbarkeit und Produktion
Diese Funktionen korrespondieren mit den 3 Klassen in der archaischen Indo-Europäischen Gesellschaft, nämlich:
- (1) Könige und Priester
- (2) aristokratische Kriegsführer
- (3) Bauern und Handwerker
Appliziert auf die Japanische Mythologie würde Amaterasu als himmlischer Souverän zum Beispiel die erste Funktion, Ōkuninushi als agrarischer Patron von Izumo die zweite Funktion und Susanoo die dritte Funktion erfüllen.
Susanoos Benehmen im Himmel kann hiermit als ein Verstoß gegen die, in der 1. Funktion bezeichnete, kosmische Gesetze interpretieren, was für die Gottheiten der 2. Funktion ganz charakteristisch ist. Und sein immer konstruktiveres Verhalten in Izumo kann anschließlich als eine Bewegung in die Richtung der 3. Funktion ausgelegt werden, was in den Indo-Europäischen Mythen typisch für eine Gottheit ist, dessen Kult sich in Laufe der Zeit entwickelt. Hiermit scheint die Präsenz der Skythischen Einflüsse, in der von den Herrschern ausgearbeiteten selbst-legitimierenden Version von den Mythen in Kojiki, unbestreitbar zu sein. (ELLWOOD 1993: 149)
Konkretes Beispiel: Mythos von Susanoo und Yamata no orochi
Laut Kojiki beginnt die Erzählung damit, dass Yamata no orochi bereits sieben der acht Töchter Ashinazuchis 足名椎 gefressen hat. Der achten Tochter Kushinada hime 奇稲田姫 verspricht Susanoo Rettung, wenn er sie zur Frau bekommt. Kushinada hime wird in einen Kamm verwandelt und in Susanoos Haar gesteckt. Danach lässt er Reiswein brauen, in acht Krüge füllen und je einen Krug an eines der acht Tore des Zaunes stellen, den er errichten lässt. Yamata no orochi trinkt mit jedem seiner Köpfe einen Krug leer und schläft betrunken ein. Susanoo schlägt die Schlange in Stücke und der Fluss Hi (in der Provinz Izumo) färbt sich rot von deren Blut. Als er den mittleren Schwanz durchschlagen will, bricht sein Schwert. Im Schwanz findet er Kusanagi 草薙剣, das er den Göttern im Himmel schickt und später eines der drei Throninsignien 三種の神器 werden soll (vgl. Chamberlain 1932:75, Aston 2008:53).
Analyse des Mythos und die Indo-Europäischen Parallelen
Vor allen in der Indischen Tradition, spezifisch in dem Text von Mahābhārata, findet man interessante Parallelen. In der Geschichte besiegt der Indische Held Indra das dreiköpfige Ungeheuer, das im alkoholischen Rausch keinen Widerstand leistet. Obwohl sich diese Geschichte von dem Japanischen Narrativ in wesentlichen Details unterscheidet, vor allen in der Anzahl der Köpfe, sind die Gemeinsamkeiten der beiden Erzählungen ganz eindeutig:
- Mehrköpfigkeit der Ungeheuer
- die Ungeheuer stellen für die Welt und ihre Menschen eine Bedrohung dar.
- die Helden besiegen die Ungeheuer während sie in betrunkenen Zustand keinen Widerstand leisten können
Wenn man die Unterschiede in den Erzählungen adressieren möchte, ist für uns vor allen die Anzahl von den Köpfen des Ungeheuers von besonderer Bedeutung. Die Zahl „3“ hat in dem Indo-Europäischen mythischen Komplex eine lange Tradition, sowie die Zahl „8“ in Japan. Wenn man die Anzahl von den Köpfen des Ungeheuers in beiden der Mythen, Indischen und Japanischen, aufgrund ihrer symbolischen Bedeutung als gleichwertig betrachtet, verliert dieser Unterschied in der Debatte völlig seine Relevanz. Es ist die „Achtköpfigkeit“ von Yamata no orochi, wo sich die Fusion von der Indo-Europäischen und Japanischen Tradition entfalten lässt. Die „Mehrköpfigkeit“ stammt vermutlich aus der Indo-Europäischen Tradition und die Ziffer „8“ aus Japanischen und kann als ein Versuch einer fremder Tradition ein familiäres Make-up zu geben interpretiert werden. (LITTLETON 1981:274,278,279)
Weitgehend angenommene Interpretation Susanoos Tötung von Yamata no orochi ist die von „Wiedergeburt“. Yamata no Orochi repräsentiert dabei die negativen Teile der Persönlichkeit des Helden, bei deren Überwindung er die Sünden seiner Kindheit erlöscht und gleichzeitig zum respektablen Erwachsenen wird. Dieses Motiv ist für den Indo-Europäischen mythologischen Kontext ganz charakteristisch. (LITTLETON 1981:273,276)
Vertreter und Befürworter
- Yoshida Atsuhiko
- Obayashi Taryo
- Cornelius Ouwehand
Quellen
Chamberlain, Basil Hall (1932) Ko-ji-ki. Records of ancient matters. Kobe: J. L. Thompson & Co.
Ellwood, Robert S. (1993), „A Japanese mythic trickster figure: Susa-no-o“, William J. Hynes und William G. Doty (Hg.): Mythical trickster figures. Contours, contexts and criticism. Tuscaloosa: The University of Alabama Press, 141-158.
Littleton, Scott C. (1981), „Susa-no-wo versus Ya-mata no woroti: An Indo-European Theme in Japanese mythology“, History of Religions 20/3, 269-280.
Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Fudokipedia verfasst.