Exzerpt:Arai H 1983
Exzerpiertes Werk:
Der Autor
Der Autor ist Mitglied der Abteilung für Neuropsychiatrie an der Medizinischen Fakultät der Universität Kyōrin, wo sich seine Forschung auf die Beziehung zwischen Geisteskrankheit und Religion konzentriert. Er hat bereits einen Artikel „Seishin bunretsu sha no shūkyō o shudai to shita mōsō ni tsuite 精神分裂病者の宗教を主題とした妄想について Religious delusions in schizophrenic patients“ veröffentlicht.
Einleitung
Dieser Artikel erörtert den Zusammenhang zwischen psychopathologischen Phänomenen und religiöser Erfahrung im heutigen Japan anhand der Krankengeschichten von 11 Männern und 24 Frauen, die in der Abteilung für Neuropsychiatrie der Kyōrin Universität und drei weiteren Krankenhäusern stationär oder ambulant aufgenommen wurden. Im ersten Teil des Artikels werden die Fälle in den Krankenhäusern dokumentiert und im zweiten Teil das Phänomen der Besessenheit erörtert.
Forschungsstand
Eine Fallstudie über den Zusammenhang zwischen psychischer Krankheit und religiöser Erfahrung wird von einem gewöhnlichen psychiatrischen Privatkrankenhaus, dem Sankei-Krankenhaus 三恵病院 in Higashimurayama東村山, Tokio, erwähnt. In diesem Krankenhaus waren von 1.355 Patienten, die über einen Fünfjahreszeitraum von 1976 bis 1980 in das Krankenhaus eingewiesen wurden, etwa 80% (1142 Fälle) als schizophren diagnostiziert und 23 von ihnen (2,1%) hatten eine pathologisch-religiöse Erfahrung.
Inhalt
Der Einfluss der nationalen Folklore und Kultur auf psychische Störungen wurde auf verschiedene Weise diskutiert, von ihren Ursachen bis zur Entstehung der Krankheit. Obwohl die religiöse Entfremdung in den letzten Jahren zu einem globalen Phänomen geworden ist, sind die Religionen, wie das Christentum in Europa, zu den spirituellen Stützen ihrer Völker und zur Grundlage ihrer einzigartigen Kulturen geworden. Und da Religion auch einen partiellen Zusammenhang mit Wahnsinn haben kann, ist sie eines der wichtigsten Themen für das klinische Studium der Psychiatrie. 35 Personen, die im Verlauf ihrer psychischen Störungen in irgendeiner Form religiöse Erfahrungen gemacht haben, wurden in dieser Arbeit untersucht. Die Alterszusammensetzung reichte von 15 bis 83 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei 38,6 Jahren lag, 11 davon waren Männer und 24 Frauen. Die Häufigkeit, mit der religiöse Erfahrungen im Zustand von Delirium und Wahn als psychopathologisches Phänomen auftreten können, wurde in Fällen von Wahnvorstellungen bei Schizophrenie nachgewiesen. Die folgenden sechs Fälle, die für die 35 untersuchten Patienten besonders charakteristisch sind, werden in diesem Artikel vorgestellt und diskutiert.
Beispiel 1: Weiblich, Alter 30
Erst im Alter von 26 Jahren begann sie sich für das Christentum zu interessieren, nachdem sie einen Roman von Miura Ayako 三浦綾子(1922-1999) gelesen hatte und das erste Mal in ihrem Leben eine Kirche besuchte. Ungefähr zwei Monate später, begann sie ihrer Familie zu sagen, dass sie eine Botschaft von Gott erhalten würde. Sie sagte, dass Gott ihr aufgetragen hätte, sie müsse bereuen, weil sie eine sündige Person sei. Sie meinte, Gott bestrafe sie dafür, dass sie nicht wisse, dass sie schon einmal gesündigt habe. Dies ist ein Beispiel, dass das Interesse an einer neuen Religion der Beginn der typischen Schizophrenie darstellt.
Beispiel 2: Weiblich, Alter 31
Kurz nach dem Schwangerschaftsabbruch, begann sie an Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit zu leiden und sagte so etwas wie „mein Baby weint“. Später verschlechterte sich ihr Zustand und sie begann zu glauben, dass sie von dem Geist des Kindes besessen sei. Sie hatte keine bestimmte Religion. Dies ist ein Beispiel für einen Fall von Schizophrenie in dem der Patient über ein Besessenheitserlebnis mit einem Geist klagt.
Beispiel 3: Männlich, Alter 27
Einige Zeit, nachdem er seine Firma verlassen hatte, begann er darüber zu klagen, dass er die Stimme Buddhas hören könne. Er sagte, die Stimme sage „ich werde deine Gefühle ändern, ich werde dich töten“. Dies ist ein Beispiel für eine auditive Halluzination, bei der er die Stimme Buddhas hören konnte und danach von dieser morbiden Erfahrung beherrscht wurde. Die Stimme Buddhas scheint bei einem nicht religiösen Patienten nicht die religiöse Bedeutung des Buddhismus zu implizieren, sondern einfach die Bedeutung von Gott oder Geist in der japanischen Sichtweise von Religion im Allgemeinen darzustellen.
Beispiel 4: Männlich, Alter 38
Der Patient wurde in der Vergangenheit in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, nachdem er infolge eines Autounfalls an Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen gelitten hatte. Während seines Aufenthaltes in Europa wurde der Patient wegen seines abnormalen Verhaltens, wie den Kopf gegen einen Schreibtisch zu stoßen, in ein örtliches Krankenhaus eingeliefert. Die Frau des Patienten war in einer religiösen Gemeinschaft engagiert und der Patient hatte an mehreren Treffen teilgenommen. Während der Reise war er sehr besorgt um Gott. In diesem Fall wurde bei ihm eine atypische Psychose diagnostiziert. Dies ist ein Beispiel dafür, wie der Patient durch ein religiöses Schuldgefühl in den Wahnsinn getrieben wurde, aufgrund der eifrigen Missionsarbeit seiner Frau.
Beispiel 5: Weiblich, Alter 83
Ihre ungewöhnlichen Beschwerden machten sich bemerkbar, nachdem sie sich eine Erkältung zugezogen hatte. Sie war sehr besorgt darüber, dass sie auf Anraten ihres Arztes die pflanzliche Medizin, die sie seit 20 Jahren von ihrer religiösen Gruppe erhalten hatte, nicht mehr einnehmen durfte. Schließlich fing sie an zu weinen und sich bei ihrer Familie zu beklagen, indem sie sagte "Gott wurde zornig und steckte mir einen Fuchs in den Bauch". Obwohl sie 83 Jahre alt war, konnte die Diagnose der Altersdemenz aufgrund des Zustands ihrer Intelligenz und ihres allgemeinen geistigen Zustandes nicht ausgeschlossen werden und es wurde die Diagnose der psychogenen Reaktion gestellt. Sie hatte starke religiöse Überzeugungen und das Auftreten ihrer Wahnvorstellungen ist ein Beispiel dafür, wie eine Verbindung zu einer Religion sie beeinflusst haben könnte.
Beispiel 6: Weiblich, Alter 32
Eine Wahrsagerin erzählte ihr, dass sie vom Geist eines Mannes besessen sei und ihr wurde geraten, an eine Religion zu glauben. Aus diesem Grund beschloss sie, sich einer neuen Religion zuzuwenden, der die Mutter ihres Freundes angehörte und sie wurde eine begeisterte Gläubige. Später fühlte sie, als ob etwas an ihrem Rücken befestigt wäre und sie war davon überzeugt, dass es ein männlicher Geist sei. Dies ist ein Beispiel für einen Fall abnormaler Sinneserfahrung, die durch den Glauben an eine neue Religion ausgelöst wurde und zu dem Phänomen der Besessenheit führte.
Besessenheit
Die Besessenheit wird definiert als "eine vorübergehende Veränderung der Persönlichkeit, die wie ein Gott oder Dämon spricht und sich verhält und dabei einen Zustand aufweist, der sich völlig von der normalen Persönlichkeit unterscheidet". Die Mehrheit der Fälle in dieser Forschung zeigte Verwirrung und Besessenheit. Besessenheit gilt als eines der Merkmale pathologischer religiöser Erfahrungen in Japan. Wenn im heutigen Japan pathologisch-religiöse Erfahrungen auftauchen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass grundlegende Inhalte sichtbar gemacht werden, die mit der Mentalität der Bevölkerung zusammenhängen. Gegenwärtig gibt es viele Studien über das Phänomen der Religionspathologie, von denen sich viele mit dem Phänomen der Besessenheit befassen und es wird festgestellt, dass das Phänomen der Besessenheit eine wichtige Rolle bei der Erforschung der Religion und des Wahnsinns in Japan spielt. Die Hauptthemen der Forschung über Besessenheit sind Besessenheit von Tieren, die auf Volksglauben beruhen, wie z.B. Füchse und schamanische Besessenheit, wie sie bei itako イタコin der Tōhoku-Region und yuta ユタin Okinawa beobachtet wurde. Die Besessenheit kann in zwei Formen unterteilt werden: Prophezeiung, Heilung von Krankheiten und Wahrsagerei, die „Formen, die den Menschen Nutzen bringen wollen“ und Tiergeister, wie z.B. Füchse, die „Formen des Unglücks verursachen können“.
Schluss
Die Vielfalt der Religionen und das Aufkommen neuer Religionen sind die Kennzeichen der modernen japanischen Religiosität und die Beispiele in diesem Artikel zeigen, dass sich solche sozialen und religiösen Bedingungen auch in den Patienten widerspiegeln. Das Phänomen der Besessenheit gilt als eines der Merkmale pathologisch-religiöse Erfahrung in Japan, da es in 12 der 35 untersuchten Fälle beobachtet wurde und wenn im heutigen Japan eine pathologisch-religiöse Erfahrung auftaucht, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass sie sich in Erscheinungen, wie eines Tiergeistes, einer Kannon 観音 oder eines Bosatsu 菩薩, die mit tiefen Empfindungen verbunden ist, manifestiert.