Setsuwa
Themengruppe | Geschichte (historische Ereignisse, Perioden und Fachbegriffe) |
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Fachbegriff | setsuwa 説話 (setsuwa bungaku 説話文学) |
Bemerkung | volkstümliche Gattung der japanischen Erzählliteratur |
Schlagworte | Nihon ryōiki, Sanbō ekotoba, Konjaku monogatari-shū |
Der Begriff setsuwa 説話 oder auch setsuwa bungaku 説話文学 bezeichnet eine volkstümliche Gattung der japanischen Erzählliteratur. Es handelt sich dabei um kurze Prosatexte, die in verschiedenen Werken der Heian- (784–1185) und Kamakura-Zeit (1185–1333) überliefert sind. Der Ausdruck wurde in der Meiji-Zeit 明治時代 (1868–1912) eingeführt. Meist beziehen sich die Erzählungen auf das Ungewöhnliche und auf übernatürliche Ereignisse, geben dabei aber vor, tatsächlich passierte Geschehnisse zu erzählen. Am Schluss erfolgt oft ein Kommentar, der eine Moral anbringt oder eine Lehre aus der Geschichte zieht.
Ursprünglich eine eigene literaturgeschichtliche Gattung – neben shinwa 神話 (Mythen) und densetsu 伝説 (Legenden) – wurde setsuwa im Laufe der Zeit als Bezeichnung für Sammlungen von Kurzgeschichten, die zwischen etwa dem 9. und dem 14. Jahrhundert entstanden, verwendet. Die meisten setsuwa-Sammlungen, die vor dem zwölften Jahrhundert entstanden, wurden auf Chinesisch geschrieben. Die setsuwa-Literatur stellt den Grundstein der volkstümlichen Literatur der Muromachi-Zeit 室町時代 (1338–1573) und Tokugawa-Zeit 徳川氏時代 (1603–1868) dar. Im Unterschied zu den setsuwa werden die Geschichten in diesen späteren Epochen literarisch ausgeschmückt, auf die historische Einordung der Ereignisse wird dagegen weniger Wert gelegt. Der Anspruch auf historische Wahrheit schwindet zugunsten der dramatischen Ausschmückung der Geschichten. Oft werden die Geschichten mit viel Witz erzählt und es wird nicht immer die Überlegenheit der jeweiligen Lehre herausgestellt.
Die Herkunft der Erzählungen lässt sich nicht immer klären, denn einige setsuwa sind anonym verfasst , oder die Autorenschaft ist unklar. Für manche wird der Ursprung in mündlicher Überlieferung angenommen, für viele lassen sich schriftliche Prätexte nachweisen. Manchmal gibt es mehrere Varianten einer Geschichte in verschiedenen Sammlungen. Ebenso wie die Umstände der Niederschrift und Kompilation häufig unklar sind, gibt es nur ungenügende Quellen darüber, wie die setsuwa zu ihrer Entstehungszeit rezipiert wurden, wer sie wem erzählte, predigte oder vorlas oder ob sie gelesen wurden und welche Bevölkerungsschichten sie erreichten. [1]
Themen
Viele setsuwa beschäftigen sich mit dem Buddhismus, buddhistischen Wundern, oder buddhistischen Figuren. Andere behandeln vorwiegend säkulare Themen; hier finden sich Wandermönche, buddhistische Priester und onmyōji, die magische Kräfte anwenden. Ein Beispiel dafür ist die früheste Sammlung buddhistischer Geschichten aus Japan, das Nihon ryōiki 日本霊異記. Während der Heian-Zeit entstand unter anderem das Sanbō ekotoba 三宝絵詞. Als weiteres äußerst wichtiges Werk in der japanischen setsuwa-Literatur gilt das Konjaku monogatari-shū 今昔物語集. Es umfasst über 1000 Geschichten. Davon handeln ca. zwei Drittel vom Buddhismus, wobei viele Geschichten in Indien und China spielen. Ab der Kamakura Zeit 鎌倉時代 (1158–1333) treten auch (neo-)konfuzianische Gedanken in den Vordergrund. Z.B. spielen die Beispiele der kindlichen Pietät – eine konfuzianische Haupttugend – eine wichtige Rolle.