Yuki-Onna
Themengruppe | Geister (inkl. Tiere und Monster) |
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Name | Yuki-Onna 雪女 („Schnee-Frau“) |
Sonstige Namen | yuki-musume, yuki-onago, yukijorō, yuki anesa, yuki-onba, yukinba, yukifuri-baba, tsurara-onna, kanekori-musume, shigama-nyōbō |
Herkunft | Japan (Echigo) |
Attribute, Begleiter | bleiches Gesicht, Kimono, eisiger Atem |
Die Yuki-Onna 雪女, wtl. „Schneefrau“, ist eine in Japan allseits bekannte Sagengestalt, deren Ursprung allerdings im Dunkeln liegt. Es gibt lediglich Indizien, dass die Folklore der Yuki-Onna der Muromachi-Zeit entstammt. Des weiteren variieren ihr Aussehen, Auftreten, ihr Name und ihre Fähigkeiten je nach Region. So wird die Yuki-Onna als ein kleines, unschuldiges Mädchen, eine verführerische Frau oder als ein altes Mütterchen dargestellt. Was gleich bleibt, ist die Farbe Weiß ihrer Haut und ihres Gewandes, sowie die Assoziation mit Schnee und Kälte.
Erste Erwähnung
Das erste Mal wird die Yuki-Onna im Sōgi shokoku monogatari von Sōgi erwähnt. Zwar reichen seine Geschichten bis zur Muromachi-Zeit zurück, doch das Sammelwerk Sōgi shokoku monogatari stammt aus der Edo-Zeit. Die erste Yuki-Onna aus dem Sōgi shokoku monogatari ist im Vergleich zu den späteren Versionen relativ passiv. Sie wird als eine junge Frau beschrieben, die knapp 20 Jahre alt sein muss. Auffällig ist, dass viel Wert darauf gelegt wird, ihre Schönheit zu beschreiben. Sie trägt einen Kimono und ist etwa drei Meter hoch. Ihre Haut wird als beinahe transparent beschrieben. Im Sōgi shokoku monogatari erscheint die Yuki-Onna am Ende eines schneereichen Winters, interagiert aber mit niemandem. Sie wird vom Protagonisten Sōgi gesehen und zieht sich daraufhin zurück in den Wald. Als Sōgi einem Dorfbewohner von der Begegnung erzählt, stellt sich heraus, dass sie den Schneegeist kennen.
Erzählung aus Kwaidan
Die Yuki-Onna-Geschichte aus Kwaidan von Lafcadio Hearn (verfasst 1904) gibt sich ähnlich wie im Sōgi shokoku monogatari als Niederschrift einer alten Legende aus. Der Autor spricht davon, dass die Geschichte eine Folklore ist, die bis in die Muromachi-Zeit zurückreicht, jedoch nicht niedergeschrieben wurde. Während Sōgi von der Provinz Echigo (heute Niigata) erzählt, stammt die Kwaidan Geschichte aus Musashi (heute Tokyo und Saitama). Während die Erscheinungsbilder sich ähneln, sind zwischen der Kwaidan Yuki-Onna und Sōgi Yuki-Onna deutliche Unterschiede zu erkennen. Sie tragen zwar beide glitzernde Kimonos, haben eine blasse Haut und sind wunderschön, jedoch ist die Kwaidan Yuki-Onna keineswegs passiv. Sie erscheint in einer Hütte und ermordet mit ihrem eisigen Atem einen Mann. Den anderen Mann lässt sie gehen. Er gibt ihr ein Versprechen ab, dass er niemandem von dieser Begegnung erzählen wird. Er lernt kurz nach diesem Vorfall eine hübsche Frau mit bleicher Haut kennen und hat zehn Kinder mit ihr. Schlussendlich nach Jahren bricht er sein Versprechen und es stellt sich heraus, dass die Mutter seiner Kinder die Yuki-Onna ist. Sie bringt ihn aber nicht um, sondern verschwindet einfach aus seinem Leben und er darf sich nicht darüber beschweren, dass er zehn Kinder alleine erziehen muss.
Die Kwaidan Yuki-Onna kann ihr Aussehen verändern und sich in einen Nebel verwandeln. Fähigkeiten von denen im Sōgi shokoku monogatari nicht die Rede ist. In Kwaidan hat die Yuki-Onna menschliche Züge. Nicht nur, dass sie jahrelang unter Menschen lebt und mit den Dorfbewohner gut auskommt, sie gebiert gar Kinder. Auf der einen Seite ist die Kwaidan Yuki-Onna menschlicher, aber auf der anderen Seite auch mächtiger. Da sie im Sōgi shokoku monogatari nur kurz zu sehen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie diese Fähigkeiten auch besitzt. In dieser Version ist die Legende der Yuki-Onna eine wohlbekannte. Sie wird als eine Art Waldgeist gesehen. Sie zeigt sich nur wenigen Menschen und tut niemandem weh. In Kwaidan ist die Yuki-Onna erpicht darauf, dass niemand von ihr erfährt. Ihr wahres Wesen ist ein Geheimnis und sie möchte, dass dies auch so bleibt. Auffallend ist, dass man in beiden Versionen keine Absicht hinter ihren Handlungen erkennen kann. Sie agiert nicht aus Rache und obwohl sie in Kwaidan einen Menschen zu Beginn umbringt und man nicht weiß warum, so lebt sie jahrelang friedvoll mit Menschen.
Moderne Versionen: Kurasawas Yume
Die Yuki-Onna ist in der Popkultur wie andere Yokai eine beliebte Figur. Sie wird in Anime, Manga, Videospielen und Filmen in verschiedenen Variationen eingesetzt. Besonders erwähnenswert ist die Yuki-Onna aus Akira Kurosawas Träume 夢. Der japanische Regisseur verfilmte 1990 unterschiedliche Träume, die er in verschiedenen Stadien seines Lebens hatte. Seine Träume reichen von 1910 bis 1980 und umfassen ein Menschenleben. Der dritte Traum mit dem Titel Schneesturm begleitet Bergsteiger, die sich durch einen Schneesturm kämpfen. Der Sturm ist zu stark und sie kommen gegen die Naturgewalt nicht an. Aus dem Nichts taucht eine wunderschöne Frau auf. Sie wird nicht explizit als Yuki-Onna bezeichnet, aber weist viele Ähnlichkeiten mit dieser Figur auf. Einer der Bergsteiger ist noch bei Bewusstsein. Die Yuki-Onna bewegt sich langsam auf ihn zu und es kommt zu einer ähnlichen Szene wie im Kwaidan. Zwar bringt sie niemanden um, aber sie spricht ihn sanft an und will ihn ins Jenseits locken. Doch dann lockert der Himmel auf, die Bergsteiger kommen wieder zu sich und merken, dass sie direkt in der Nähe eines Lagers sind. Hier tritt die Yuki-Onna in einer anderen Form auf. In den anderen Geschichten versucht sie niemanden zu überreden oder zu überlisten. In dem Film will sie den Bergsteiger ins Jenseits locken, aber ohne selbst Hand anzulegen.[1]
Vergleiche zu anderen Wesen
Direkt im Sōgi shokoku monogatari wird die Prinzessin Kaguya かぐや姫 und die Königinmutter des Westens (Seibo 聖母) genannt. Sōgi spricht davon, dass er die Yuki-Onna für eine dieser Frauen hält. Kaguya-hime ist einer der ältesten Erzählung Japans. Die Geschichte handelt von einer wunderschönen Prinzessin, die vom Mond stammt. Die Gemeinsamkeiten zwischen der Yuki-Onna und Kaguya-hime sind begrenzt. Einzig und allein ihr schönes Aussehen gleicht sich. Die Königinmutter des Westens ist eine Gottheit aus China. Auch Xiwangmu (chinesisch 西王母) genannt, dient sie als Vermittlerin zwischen irdischem und himmlischen Reich. Hier wird der Vergleich zwischen ihr und der Yuki-Onna gezogen, da sie beide imposante Erscheinung sind. Beide Vergleiche legen nahe, dass die Yuki-Onna in diesem Fall ein positiv besetztes Wesen ist.
In der westlichen Mythologie findet sich kein direktes Pendant zur Yuki-Onna. Wenn man allerdings ähnlich wie im Sōgi shokoku monogatari nur vom Aussehen ausgeht, dann kommt die Lady in White der Yuki-Onna noch am nächsten. Ihre Entstehungsgeschichte ist dennoch komplett unterschiedlich. Die Lady in White ist ein Wesen, das vor allem im amerikanisch-englischen Raum bekannt ist. Wie die Yuki-Onna kann sie unterschiedlich alt sein und trägt stets weiß. Der große Unterschied ist allerdings, dass die Lady in White aus einem Todesfall in der Familie resultiert. Die Yuki-Onna hingegen hat keine Familie. In Kwaidan entsteht die Familie erst im Laufe der Erzählung. Sie scheint auch keine Rachegelüste zu haben. Als der Mann der Kwaidan Yuki-Onna sein Versprechen bricht und von der Begegnung mit der Schneefrau erzählt, ist sie zwar erzürnt, jedoch lässt sie ihn am Leben.
Ubume
Speziell wenn man die Geschichten aus der Yamagata Prefektur hernimmt, sieht man einige Ähnlichkeiten mit der Lady in White aus dem Westen. In Yamagata werden Ubume 産女(wtl. „Gebär-Frau“) für Yuki-Onna gehalten. Hierbei handelt es sich um einen Yokai, der ebenfalls in verschiedenen Formen auftreten kann. Die häufigste Form ist eine, die bei der Geburt ihres Kindes gestorben ist und als Yokai zurückkehrt. Menschen sehen sie als eine gewöhnliche Frau mit einem Kind in der Hand, das sie hergeben und verschwinden will. Wenn die Person, die mit einer Ubume in Kontakt tritt, sich das Kind ansieht, entdeckt sie, dass es sich nur um Blätter oder Steine handelt. Hier werden die Ähnlichkeiten zwischen der Lady in white und der Ubume bzw. in Yamagata auch Yuki-Onna deutlicher. Das Grundthema des Verlustes wird deutlich hervorgehoben. Viele Lady in white Variationen beinhalten den Tod eines Säuglings. Sowohl die westliche Variante als auch die Ubume existieren aufgrund eines Verlustes, der in der Yuki-Onna allerdings für gewöhnlich unbekannt bleibt.
Tsurara-onna つらら女 („Eiszapfen-Frau)
Die Tsurara-onna ist die die Erzählung eines Eiszapfens, das sich auf Wunsch eines Mannes, der sich nach einer Partnerin sehnt, in eine Frau verwandelt. Ähnlich wie die Yuki-Onna variiert die Version der Tsurara-onna je nach Region. Auch hier stammt die bekannte Variante aus Niigata. Die Tsurara-onna und der Mann heiraten und der Mann möchte, dass seine Frau ins heiße Bad steigt. Sie weigert sich, aber er setzt sich durch. Am Ende entdeckt er, dass seine Frau verschwunden ist und nur noch Eisstücke im Badewasser übrig sind. Die Tsurara-onna-Geschichte – obwohl sie weniger prominent als die Yuki-Onna ist – wird manchmal mit der Yuki-Onna überblendet. Allerdings muss gesagt werden, dass bis auf die Nähe zur Kälte wenig Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Figuren existieren.[2].
Verweise
Literatur
- Kenji Murakami 2000Yōkai jiten. Tokyo: 毎日新聞社 2000.
Fußnoten
Bilder
Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:
- ↑ Yuki-Onna Sawaki Suushi (1707-1772). Edo-Zeit, 1737
Bild © Wikimedia CommonsYuki-onna 雪女, die Schneefrau aus dem Hyakkai-Zukan 百怪図巻 (Bildband der hundert Dämonen) - ↑ Yukionna Querbildrolle (Papier). Edo-Zeit; aus Bakemono no e 化物之繪; Brigham Young University; 44 x 1525 cm
Bild © Wikimedia Commons. (Letzter Zugriff: 2020/2/11)Yukionna, die Schneefrau.