Bergglück und Meerglück

Aus Kamigraphie
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Bergglück, yama no sachi 山の幸, und Meerglück, umi no sachi 海の幸, beschreibt die Qualitäten zweier von Ninigis Söhnen, Hoderi no Mikoto 火照命 und Hoori[1] no Mikoto 火遠理命, Erfolg auf der Jagd bzw. beim Fischfang zu haben.

Resümee der Kojiki Version

Hoderi, der Meerglückprinz und Hoori (auch Hoori oder Hikohohodemi), der Bergglückprinz, wollen ihre Fähigkeiten tauschen. Hoderi hat aber kein Glück in der Jagd nach den Bergtieren, Howori fängt keine Fische und verliert überdies den Angelhaken seines Bruders im Meer. Er versucht als Entschädigung selbst Angelhaken anzufertigen. Hoderi ist darüber sehr erzürnt, nimmt die Angelhaken nicht an und verlangt von seinem Bruder, den eigenen wieder zu beschaffen.

Shiotsuchi no Oji stattet dem über den Verlust des Angelhakens klagenden Yamasachi-hiko einen Besuch ab.

Entmutigt klagt Howori am Strand darüber, als ihm Shiotsuchi no Oji erscheint. Dieser beruhigt Howori und weist ihm den Weg in das Reich des Meereskönigs Watatsumi no kami. Am Meerespalast angekommen entdeckt eine junge Frau (je nach Version handelt es sich entweder um die Tochter des Meereskönigs oder eine Maid) voller Erstaunen Howori beim Brunnen vor dem Eingangstor und kehrt rasch in den Palast zurück, um sich mit dem König über den ungewöhnlichen Gast [2] zu beraten. Schließlich gewährt Watatsumi Howori Audienz und ist derart begeistert von seinem Gast, dass er in Howoris Ehren ein großes Festmahl anrichten lässt und ihm seine Tochter Toyotama hime 豊玉姫/豊玉毘売 zur Frau anbietet.

Howori auf dem Wani (Meiji-Zeit)

Howori willigt ein, denn er verliebte sich in Toyotama hime und sie erwiderte seine Liebe. Daraufhin bleibt Howori drei Jahre lang im Meerespalast. Der Gedanke an seine Heimat und den eigentlichen Grund seines Besuchs lassen ihn immer öfter aufseufzen, doch wendet er sich nicht an Watatsumi. Erst nachdem Toyotama hime bemerkt, dass ihr Gatte betrübt ist, spricht sie ihren Vater darauf an. Watatsumi ruft Howori zu sich und erkundigt sich nach der Ursache seiner Qual. Also erzählt Howori ihm die Geschichte über den verlorenen Angelhaken, worauf Watatsumi alle Meeresbewohner herbeiruft. Nur einer kam nicht. Der rote Tahi Fisch [3], die sich am Mund verletzt hat als sie einen spitzen metallischen Gegenstand verschlucken wollte. Watatsumi ordert also die rote Frau zu sich her, die im Besitz besagten Hakens ist.

Watatsumi übergibt Howori den Angelhaken und unterrichtet ihn, wie er diesen an seinen Bruder zurückgeben soll. Zudem gibt ihm das Flutsteige- und Flutsinke Juwel (in einer Alternativversion des Nihongi lehrt er den Ehemann seiner Tochter die Technik des „Windeinladens“). Ein Krokodil (wani)transportiert Howori an die Oberfläche, wo er auf seinen Bruder Hoderi trifft. Howori quält seinen älteren Bruder, indem er ihn mithilfe der Juwelen des Meereskönigs bzw. dem „Windeinladen“ zuerst fast ertrinken lässt und ihn schließlich rettet. Der ältere Bruder und unterwirft sich und verspricht, Howori als Leibwächter zu dienen. Die Mythen identifizieren ihn außerdem als Ahnherrn der Hayato, eines teils loyalen, teils rebellischen Volksstamms in Kyushu.[4]

Howori beobachtet heimlich seine Frau Toyotama-hime in ihrer wahren Gestalt bei der Geburt von Hiko Nagisatake Ugayafukiahezu no Mikoto.

Nach diesen Begebenheiten kommt Toyotama-hime an den Strand, weil sie schwanger ist und nicht will, dass ihr Sohn im Meer geboren wird. Sie baut eine Gebärhütte [5], die zum Zeitpunkt der Geburt aber noch nicht ganz vollendet ist. So bittet sie Howori, sie beim Gebären nicht zu beobachten. Dieser späht dennoch hinein und erkennt, dass sie ein Seeungeheuer ist. Beschämt kehrt sie zurück ins Meer und lässt ihr Kind am Strand zurück. Dessen Name — Amatsuhiko-hiko Nagisatake Ugayafukiahezu no Mikoto, "Sohn des himmlischen Prinzen Kormoran[feder]-Bedeckung ist unfertig" — erinnert an die Begebenheiten seiner Geburt.

Der Sohn des Howori heiratet schließlich seine Tante, Tamayori-hime, die ebenfalls dem Meer entstammt. Weder Kojiki noch Nihon shoki geben eine genaue Auskunft über die Nachkommen. Insgesamt haben sie vier Söhne, einer davon, Waka-mikenu bzw. Toyo-mikenu oder Kamu-Yamato Ihare-hiko 神日本磐余彦 (Jinmu Tennō) wird Reichsgründer. Mit ihm endet das Götterzeitalter und es beginnt das Zeitalter der irdischen Kaiser.

Verwandte Mythologeme innerhalb der japanischen Mythologie

Ein wiederkehrendes mythologisches Element im Bergglück und Meerglück Mythos ist der Tabubruch. Ähnlich dem Vergehen durch Izanagi, Izanami in der Unterwelt nicht anzublicken, um sie retten zu können[6], unterliegt auch Hoori der Versuchung, als er trotz der Bitte seiner Frau einen heimlichen Blick auf sie wirft und dadurch die Verbindung zwischen Meeresgefilde und Schilfgefilde[7] unterbrochen wird.

Unterschiede im Nihon Shoki

Die Nihon shoki-Versionen unterscheiden sich nicht allzu sehr voneinander. Einmal kontrolliert Howori das Wasser mithilfe des Flutsteige- und Flutsinke-Juwels, ein anderes Mal beschwört er den Wind, um sich Hoderi gefügig zu machen. Der Ablauf der Geschichte erfolgt aber in jeder Version auf dieselbe Weise.

Erwähnung im Kogo Shūi

Der Verfasser des Kogo Shūi Inbe no Hironari erwähnt den Bergglück und Meerglück Mythos nur beiläufig in einem Absatz. Für Hironari ist in diesem Zusammenhang nur die Geburtszene von Bedeutung, da an dieser Stelle die Gottheit Ame no Oshihito no Mikoto auftritt, eine Gottheit, die in den Kiki gar nicht vorkommt. Ame no Oshihito legt Matten in der Geburtshütte aus und hindert die Krebse mit seinem Besen daran, in die unfertige Geburtshütte einzudringen. Mit dieser Aktion wird auf die Tätigkeit der Kanimori Hofbeamten aus der Heian-Zeit hingedeutet, die u.a. für die Reinigung des kaiserlichen Hofes zuständigen waren.

Anmerkungen

  1. Nach der historischen Kana-Ortographie (rekishiteki kanazukai 歴史的仮名遣い) als Howori transkribiert.
  2. Gemeint ist hier Howoris Wesen als himmlischer Ahn. Florenz führt an, dass Howori eine Art Mischwesen ist, dass weder göttlich noch irdisch zu sein scheint. Die Meeresbewohner bezeichnen Howori deshalb als Sora tsu Hidaka (Des Luftraums Himmelshoher) oder Ama tsu Hidaka (Himmels Sonnenhoher).
  3. In Varianten des Nihon shoki ist wird dieser Fisch rote Frau akame 赤女 oder Mundfrau kuchime 口女 genannt. Letzterer Name ist auf die durch das Verschlucken des Angelhakens zugefügte Verletzung am Mund zurückzuführen. Florenz merkt an, dass das Verschlucken des Hakens als Missetat verstanden wurde und daher dieser Fisch niemals dem Tennō vorzusetzen ist.
  4. Die Hayato hatten sich im 5. Jahrhundert mehr oder weniger dem Yamato-Staat unterworfen, behielten allerdings ihre ethnische Eigenständigkeit. Sie wurden teilweise zu Wachtdiensten herangezogen und im 8. Jahrhundert Teil einer staatlichen Behörde, die mit Wachdiensten befasst war. Diese Episode zeigt den Versuch des Yamato-Hofes, die Hayato mythologisch in den Herrschaftsbereich der Yamato einzubinden. Naumann 1996:174
  5. Nach einer anderen Version aus dem Nihon shoki lässt sie diese von ihrem Ehemann bauen.
  6. Auch außerhalb der japanischen Mythologie findet sich dieses Mythologem, so etwa in der Orpheus Sage, als Orpheus seine Frau Eurydike aus dem Hades befreit und sich während ihrer Rückkehr nach ihr umblickt, woraufhin Eurydike wieder in die Unterwelt zurückkehren muss.
  7. Mit anderen Worten das Land Japan.

Quellen

  • William George Aston (Ü.) 1896
    Nihongi: Chronicles of Japan from the earliest times to a.d. 697. London: Kegan Paul 1896. (Zahlreiche Neuauflagen, JHTI Onlineversion, Onlineversion (Wiki-Source).)
  • Karl Florenz 1919
    Die historischen Quellen der Shinto-Religion. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1919. (Übersetzungen von Kojiki und Nihon shoki [in Auszügen] sowie Kogo shūi [ganz].)
  • Nelly Naumann 1996
    Die Mythen des alten Japan. München: Beck 1996. (Exzerpt.)