Abe no Seimei

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Portrait des Abe no Seimei.jpg
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Themengruppe Personen (Einzelpersonen, Familien, Gruppen)
Name Abe no Seimei 安倍晴明
Lebenszeit geb. 21.Februar 921, gest. 1005 (Heian Zeit)
Funktion, Amt onmyōji 陰陽師 und Astrologe am Kaiserhof

Abe no Seimei 安倍晴明 (921- 1005) war ein führender Spezialist des onmyōdō 陰陽道 (dt. die Lehre von Yin und Yang) der Heian-Zeit und galt als der wohl berühmteste onmyōji 陰陽師 in der Geschichte Japans. Zu seinen Aufgaben zählten hauptsächlich das Wahrsagen über verschiedenste ungewöhnliche Erscheinungen wie Krankheiten, die Organisation und Abhaltung von Zeremonien und Festen sowie die Auswahl der Tage zur Durchführung dieser offiziellen Riten und Veranstaltungen. Seimei arbeitete für Kaiser und die Heian Regierung, indem er unter anderem für das Wohlergehen dieser betete, Kalender für sie anfertigte, Exorzismen und Orakel durchführte und sie auf dem spirituell richtigen Weg im Umgang mit Problemen beriet. Seimei war auch als Astrologe tätig und prophezeite diverse astrologische Ereignisse. Er genoss ein extrem langes Leben, frei von jeglichen schweren Krankheiten, die zu dem volkstümlichen Glauben beigetragen haben, dass er mystische Kräfte habe. Aufgrund der zahlreichen nachhaltigen Legenden, die sich um Abe no Seimei ranken, wird er heute an vielen Schreinen in ganz Japan sowohl als historische Persönlichkeit, als auch als Gott verehrt. Sein Hauptschrein befindet sich in Kyōto. [1]

Leben und Legenden

Fudō riyaku engi

Das Leben des Abe no Seimei kann anhand der von Kinsada Tōin 公定洞院 (1340-1399) in der Muromachi-Zeit herausgegebenen Stammtafelsammlung Sonpi bunmyaku 尊卑分脈 [2] belegt werden. Auch anhand anderer historischer Quellen, hauptsächlich Tagebüchern von seinerzeit einflussreichen Personen sind sichere Daten zum Leben und der Karriere von Seimei überliefert (Miyata 2012, S. 121).

Er war Schüler von Kamo no Tadayuki 賀茂忠行 und Kamo no Yasunori 賀茂保憲 und folgte Yasunori als Astrologe und Wahrsager für den kaiserlichen Hof. Er schrieb einige Bücher über Zeichendeutung und Wahrsagerei, darunter das Senji ryakketsu 占事略决, ein Text der 6000 Vorhersage- und 36 Wahrsage-Techniken mithilfe von shikigami 式神/識神 [3] beinhaltet. Seimeis Ansehen wurde sogar so groß, dass gegen Ende des 10. Jahrhunderts, das onmyōryō 陰陽寮, das Regierungsministerium des onmyōdō, vom Abe-Klan kontrolliert wurde. [4]

Ein berühmter magischer Ritus, der von Abe no Seimei erworben wurde, war das Taizan Fukun sai 泰山府君祭 (dt. Festivalritual von Taizan Fukun). Dabei handelt es sich um eine Anrufung von Taizan Fukun und anderen Gottheiten, die mit dem Reich der Toten verbunden waren, um die Lebensspanne des Bittstellers zu verlängern, ihm Reichtum und Ehre zu bringen und Unglück abzuwenden. Das Ritual erlangte unter der Regentschaft von Kaiser Ichijō zunehmend an Popularität und schließlich wurde es eines der charakteristischsten Rituale, die von onmyōji durchgeführt wurden (Shigeta 2013, S. 93-94).

Nach seinem Tod begannen die Geschichten von Abe no Seimei, sich rasch über hunderte von Jahren zu verbreiten. Irgendwann haben sich jedoch die Details seines Lebens so mit unzähligen Legenden verflochten, dass die Wahrheit kaum mehr vom Mythos unterscheidbar ist. [5] Viele dieser Legenden um Seimei wurden in Textsammlungen wie Konjaku monogatarishū 今昔物語集, Uji shūi monogatari 宇治拾遺物語, Ōkagami 大鏡 oder Heike monogatari 平家物語 niedergeschrieben (Miyata 2012, S. 125-126).

Die Füchsin Kuzunoha

Laut einer Legende war Abe no Seimei zu Lebzeiten halb Mensch und halb yōkai 妖怪 (dt. Monster). Sein Vater Abe no Yasuna 安倍保名 war ein Mensch, aber seine Mutter Kuzunoha 葛の葉 soll eine weiße Füchsin gewesen sein, die ihre magischen Fähigkeiten bei Seimeis Geburt an ihn weitergegeben hat. Im Alter von fünf Jahren war er bereits in der Lage, schwache oni 鬼 (dt. Dämon) zu kontrollieren und zu befehligen. Seine Mutter vertraute Seimei dann Kamo no Tadayuki 賀茂忠行, einem weiteren onmyōji an, damit er ein normales menschliches Leben führen könne und er nicht eines Tages selbst böse werden würde. (Miller 2008, S. 32) Einige Legenden handeln von einer Reihe von magischen Duellen mit einem Konkurrenten Seimeis namens Doman Ashiya 道満蘆屋, der oft versuchte, Seimei zu blamieren, damit er seine Position usurpieren könne. Dies gelang ihm jedoch nie (Theile 2013, S. 163ff).

Abe no Seimei soll besonders brillant bei der Geschlechterbestimmung von Föten, der Suche nach verlorenen oder gestohlenen Objekten, und bei der Vorhersage der besten Tage für Aktivitäten im Freien und Umzügen gewesen sein. Außerdem konnte er angeblich mit Geistern kommunizieren oder durch Zauber unbelebte Gegenstände wie Schriftrollen und Papierpuppen in Geisthelfer transformieren oder sie sogar als Attrappen seiner selbst erschaffen, um seine Feinde in die Irre zu führen (Miller 2008, S. 33).

Der „Seimei-Boom“

Ab den späten 1980er Jahren wurde die Figur des Abe no Seimei in einer Vielzahl von populärliterarischen Romanen und Manga u.a. von Yumemakura Baku 夢枕獏, Aramata Hiroshi 荒俣宏 und Takahashi Katsuhiko 高橋克彦 verarbeitet. In den späten 1990er Jahren folgte die Ausweitung des Phänomens auf Filme, Videospiele, Reiseführer, Ausstellungen, Internetseiten, Interviews mit und Stellungnahmen von Akteuren des Booms, sowie einer beachtlichen Anzahl an populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen (Theile 2013, S. 207).

Seimei, der in mittelalterlichen Erzählungen, auf etlichen Gemälden, und in den ihn gewidmeten Statuen meist als ernster Mann mittleren Alters dargestellt wurde, entwickelte sich in der Heisei-Zeit (1989-) zum bishōnen [6]. In der Romanreihe Onmyōji von Science-Fiction-Autor Yumemakura Baku aus dem Jahr 1994 wird Seimei als schöner junger Mann von großartiger Statur und hellem Teint dargestellt (Miller 2008, S. 33-34). Das fand natürlich vor allem in der Mädchen-Zielgruppe großen Anklang und es folgten weitere Romane, Manga und Filmreihen. Seimei und onmyōji erwiesen sich als lukrative Kulturindustrie und als der Boom eskalierte, begannen sogar Shintō Schreine, die Abe no Seimei gewidmet sind, oder mit ihm anderweitig in Verbindung stehen, mit der Herstellung und dem Verkauf von Amuletten und Glücksbringern (Miller 2008, S. 36).

Ein wichtiger Aspekt des Seimei-Booms, den Laura Miller in ihrer wissenschaftlichen Arbeit „Extreme Makeover for a Heian-Era Wizard“ aufzeigt ist, dass es keine zentrale Erzählung oder Geschichte gibt, die Gegenstand von Interesse und Wiederholung ist. Kulturproduzenten stöbern in alten Märchen und Geschichten der Heian-Zeit, um an Ideen für Geschichten über Abe no Seimei zu kommen und erschaffen dann völlig verschiedene Versionen von Seimeis Leben. Das Interesse befindet sich also nicht in der Geschichte, sondern vielmehr im Charakter von Seimei. Es besteht offenbar auch eine tiefe Interaktion zwischen den Künstlern und deren Fans, die wiederum sowohl die Produktion, als auch den Konsum beeinflusst (Miller 2008, S. 38).

Ein möglicher Auslöser für die Entwicklung dieser intensiven Seimei-Faszination könnten die um das Jahr 2000 veröffentlichten und übersetzten Harry-Potter-Romane und Filme, die in Japan sehr erfolgreich waren, gewesen sein. Eine andere Theorie besagt, dass es sich bei besagtem Seimei Boom um einen Teil eines neuen Nationalismus handelt, der sich in einem erneuerten Interesse an der Geschichte und den großen Epochen der japanisch kulturellen Innovation widerspiegelt (Miller 2008, S. 40).

Literatur

  1. WEITERLEITUNG Literatur:Hayashi 2013b
  • Shin’ichirō Masuo 2013
    „Chinese religion and the formation of Onmyōdō.“ Japanese Journal of Religious Studies 40/1 (2013), S. 19-43. ( Exzerpt.)
  • Laura Miller 2008
    „Extreme makeover for a Heian-era wizard.“ Mechademia 3 (2008), S. 30-45. (Exzerpt.)
  • Douglas E. Mills 1970
    A collection of tales from Uji: A study and translation of Uji shūi monogatari. Cambridge: Cambridge University Press 1970.
  • Nana Miyata 2012
    „Die Hintergründe der Legendenbildung über Abe no Seimei, dem namhaftesten Divinationsmeister der Heian-Zeit.“ In: Triplett Katja (Hg.), Religiöse Tradierung in Japan. Halle an der Saale: Universitätsverlag Halle-Wittenberg 2012, S. 119-146. (Exzerpt.)
  • Carolyn Pang 2013
    „Uncovering Shikigami: The Search for the Spirit Servant of Onmyōdō.“ Japanese Journal of Religious Studies 40/1 (2013), S. 99-129.
  • Noriko T. Reider 2007
    „Onmyōji: Sex, pathos, and grotesquery in Yumemakura Baku's oni.“ Asian Folklore Studies 66 (2007), S. 107-124.
  • Noriko T. Reider 2010
    Japanese demon lore: Oni from ancient times to the present. Logan, Utah: Utah State University Press 2010.
  • Shin'ichi Shigeta 2013
    „A portrait of Abe no Seimei.“ Japanese Journal of Religious Studies 40/1 (2013), S. 77-97.
  • Nina Theile 2013
    Der on’yōji Abe no Seimei und die oni: Genese einer literarischen Figur. Würzburg: Ergon 2013. (Dissertation.)

Externe Links

  • Yokai.com (Patreon project, Matthew Meyer, seit 2013).

Anmerkungen

  1. Abe no Seimei“, Yokai.com (Stand: 2016)
  2. Das Sonpi bunmyaku 尊卑分脈 ist ein genealogisches Werk, das im späten 14. Jahrhundert von Kinsada Tōin 公定洞院 (1340-1399) verfasst wurde. Ursprünglich bestand es aus 15 oder 16 Bänden und wurde später durch eine Neuauflage auf 30 Bände erweitert. Es beinhaltet eine große Sammlung von Stammbäumen vornehmer Familien, besonders aus der Heian- und Kamakura-Zeit, und gilt als eines der wichtigsten Nachschlagewerke für die Stammbaumforschung. Diese Stammtafeln enthalten auch den Abe Clan und decken die Lebensdaten von Abe no Seimei (921-1005) getreulich ab (Miyata 2012, S. 120-121).
  3. Shikigami 式神 oder in einigen Texten auch 識神 geschrieben sind faszinierende Figuren in den Traditionen von onmyōdō und werden insbesondere mit Aspekten der Thaumaturgie identifiziert. Es existieren keine schriftlichen Aufzeichnungen dieser rätselhaften Wesen und daher gibt es nur wenige explizite Beschreibungen von ihnen. In der heutigen Zeit werden shikigami häufig als Geistdiener, die von onmyōji kontrolliert werden, dargestellt (Pang 2013, S. 100).
  4. Abe no Seimei“, Yokai.com (Stand: 2016)
  5. Abe no Seimei“, Yokai.com (Stand: 2016)
  6. ein Idealbild eines schönen jungen Mannes insbesondere in Mangas und Anime