Reichsgründungsmythen

Aus Kamigraphie
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Japan

Als mythologischer Zeitpunkt der Reichsgründung wird in Japan die Inbesitznahme des Palastes in Kashihara durch Kamu-Yamato Ihare-biko (posthum Jimmu-tennō oder auch Yamato) angesehen. Diese erfolgte am "ersten Tag des Jahres Kanoto Tori, dem 58. im Sechzig-Jahre-Zyklus" (Naumann 1996, S. 270), was dem Jahr 660 v. Chr. entspricht. Mit ihm endet die "Götterzeit" der Mythen und die Zeit der Menschenkaiser beginnt.

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Jimmu tennō (Holzschnitt von 1880

Dieser offiziellen Reichsgründung geht eine Reihe von Eroberungsfeldzuge voraus, in der die Nachkommen des Himmelsenkels Ninigi, zum Teil mit Unterstützung der Götter, verschiedene Landstriche erobern und sich ihr Reich aufbauen (vgl. Naumann 1996, S. 249-258). Das entscheidende Merkmal, dass die Herrschaft Ninigi no mikotos über die Mittellande von der Herrschaft des Kamu-Yamato Ihare-biko unterscheidet, ist die Errichtung einer Hauptstadt. Ein gewisser Anachronismus ist dabei der Umstand, dass zum Ende des 7.Jhrd. /Anfang des 8.Jhrd. von einer wirklichen, statischen Hauptstadt nicht die Rede sein kann, da der Sitz des Herrschers mit jedem Regierungswechsel verlegt wurde (aus Angst vor Verunreihnigung durch den Tod). Erst 694 n. Chr. wurde mit Fujiwara-kyō erstmals eine Hauptstadt nach chinesischem Vorbild angelegt.

Naumann geht davon aus, dass die Ursache für diese Übertragung der politischen Umstände der Entstehungszeit von Kojiki und Nihongi auf vorgeschichtliche Zeit, mit in der Funktion der Berichte zur Legitimierung des Herrscherhauses zu sehen ist. Besonders das Kojiki verfolgt demnach das Ziel die Herrschaft abzusichern und die ununterbrochene Erbfolge nachzuweisen. Von daher ist es besonders wichtig mit welchen Gottheiten die Ahnen des Kaiserhauses in Verbindung stehen und von wem sie ihre Macht zugesprochen bekommen (Bsp. Bericht über den Herrschaftsauftrag, den Susanoo Ohokuni-nushi erteilt, damit dieser später berechtigt seine Macht an Ninigi no mikoto abtreten kann (Naumann 1996, S. 271 und S. 185-193).

Korea

Reichsgründung durch Dangun

Dangun 단군 war der Enkel des Himmelsherrn Hwanin 흰인 . Dieser hatte einen Sohn namens Hwanung 흰웅, der auf der Erde leben wollte. Hwanin wählte den Berg Taebaek 태백산 als Wohnort für ihn aus und sandte ihn sodann mit 3000 Gefolgsleuten auf die Erde hinab. Hwanung stieg herab auf den Gipfel des Berges und begab sich unter einen heiligen paktal-Baum (= Sandelholzbaum) und nannte den Ort Sinsi, 'die Stadt Gottes'. Er gab sich den Titel Hwanung Cheonwang, himmlischer König.Zusammen mit den Göttern von Wind, Regen und Wolken gab Hwanung den Menschen Gesetze, Moral, Kultur, Medizin und Landwirtschaft.

Dangun mit Bär und Tiger (koreanische Postkarte)

Als eine Bärin und eine Tigerin davon hörten, beteten sie zum göttlichen Hwanung und baten darum, in menschliche Wesen verwandelt zu werden. Hwanung sagte ihnen, dass sie zuvor 100 Tage lang in einer dunklen Höhle bleiben und sich nur von Beifuß und zwanzig Stück Knoblauch ernähren sollten dort nur von bitteren Wurzeln und Knoblauch ernähren sollten. Die Tigerin gab bereits frühzeitig auf, doch die Bärin hielt bis zum Schluss durch und verwandelte sich dann in eine Frau, mit Namen Ungnyeo 웅녀. Da sie keinen Ehemann finden konnte, betete sie unter einem Sandelholzbaum um ein Kind. Hwanung erhörte sie, nahm vorübergehend menschliche Gestalt an und zeugte mit ihr einen Sohn: Dangun Wanggeom 단군왕검, König des Sandelholzes.

Quelle: Ilyeon, Samguk Yusa: Legenden & Wundergeschichten aus den Drei Königreichen Koreas, aus dem Chinesischen übersetzt von Beckers-Kim Young-ja unter Mitarb. von Rainer E. Zimmermann, 2. überarb. Aufl., Hamburg-Schenefeld 2008, I, 1 (S. 34f.)

Nach der in Korea verbreiteten Meinung bestieg Dangun im Jahr 2333 v. Chr. den Thron, gründete die Stadt Pjöngjang und das Königreich Go-Joseon. Dieses regierte er für 1.500 Jahre bevor er ein Gott wurde, nachdem er insgesamt 1.908 Jahre auf der Erde verbracht hatte.[1]

Die mythische Gründung Koreas durch Dangun wird heute in Südkorea mit dem Feiertag Gaecheonjeol gefeiert. [2]

Südamerika

Gründung des Inkareiches durch Manco Cápac

Manco Cápac war der erste, mythische Herrscher der Inka.

Nach den mythologischen Vorstellungen der Inka war er der Sohn des Sonnengottes Inti, der ihn aus dem Schaum des Titicacasees erschuf. Von dieser Gottheit sei er dann gemeinsam mit seiner Schwester Mama Ocllo auf die Erde gesandt worden, um dort die Welt zu verbessern. Dabei gab Inti ihnen einen goldenen Stab mit auf den Weg, der an einem fruchtbaren Ort in den Boden sinken würde, an dem sie dann eine Stadt zu gründen hätten.

Manco Capac und Mama Ocllo entstiegen dem Titicacasee und schlugen den Weg nach Norden ein. Dabei diente ihnen der Stab des Sonnengottes zum Auffinden des idealen Ortes, um ihr Imperium zu gründen. Schließlich trennten sie sich. Manco Capac ging nach Norden, Mama Ocllo nach Süden. Sie riefen die Einwohner in der Talregion zwischen Pisaq und Ollantaytambo, dem Tal von Qusqu (dem heutigen Cusco), zusammen und wurden sofort als übermenschliche Wesen anerkannt. Dort versank der Stab schließlich im Boden und sie gründeten die Stadt Qusqu, was später den Beginn des Inkareiches markierte.

Manco Capac befahl seinem Gefolge, sich im Hochtal niederzulassen, welches fortan Hanan-Cusco hieß. Mama Ocllo dagegen befahl ihrem Gefolge, sich im Tal niederzulassen, welches von nun an Hurin-Cusco genannt wurde. Manco Capac brachte den Männern bei, das Land zu bearbeiten und Bewässerungskanäle zu bauen. Mama Ocllo lehrte die Frauen zu nähen, zu kochen und Stoffe zu weben.

Der Mythos wurde unter anderem in den Kommentaren zum Reich der Inka des peruanisch-spanischen Chronisten Garcilaso Inca de la Vega (1539–1616) aufgezeichnet. Er ist einer von mehreren Schöpfungsmythen der Inka und zugleich der jüngste. Er gewann im 15. Jahrhundert besonderen Einfluss. Teile des Mythos, wie die Gründung der Stadt Qusqu mit dem goldenen Stab, werden noch heute in Südperu als Teil eines anderen Mythos erzählt.

Manco Cápac soll zudem auch der Vater des ihm folgenden zweiten Inkaherrschers Sinchi Roca gewesen sein. [3]

Anmmerkungen

  1. Die Vorgeschichte zu Danguns Geburt lässt sich verstehen als eine mythische Darstellung der zivilisatorischen Entwicklung Koreas. Der Mythos beschreibt, wie die Vorfahren des koreanischen Volkes sich in der Region niederlassen und über die Einheimischen herrschen. Die Verehrung zahlreicher Götter weist auf entwickelte landwirtschaftliche und auch handwerkliche Fähigkeiten hin. Woong-nyeo steht für die Eingeborenen und die Heirat von Hwang-woong und Woongnyeo stellt die Integration des eingewanderten Stammes in die Gemeinschaft der Einheimischen sowie die Entwicklung des aus dieser Verbindung hervorgehenden neuen Stammes dar. Dangun war Anführer und Symbol dieses neuen Stammes, und so nennen sich die Koreaner auch „Kinder Danguns“. Quelle: http://world.kbs.co.kr/german/korea/korea_abouthistory.htm (Abruf am 19.06.2012)
  2. Die Geschichte von der Reichsgründung durch Dangun ist Bestandteil des Samguk-Yusa bzw. 'Memorabilien der drei Königreiche'. Hierbei handelt es sich um eine Textsammlung, die Legenden, volkstümliche Erzählungen und und historische Darstellungen der Drei Königreiche Koreas (Goguryeo, Baekje und Silla) umfasst. Es werden aber auch Zeiten und Staaten vor, während und nach den Drei Reichen behandelt. Verfasst wurde der Text in klassischem Chinesisch, wie es zur damaligen Zeit üblich war. Er wurde Ende des 13. Jahrhunderts zumindest teilweise vom buddhistischen Mönch Il-yeon (1206 - 1289) zusammengestellt. Quelle: http://www.newworldencyclopedia.org/entry/Samguk_Yusa (Abruf am 05.07.2012)
  3. Lejcek, Janet: Manco Capac & Mama Ocllo - Ein Ursprungsmythos. (Abruf am 10.06.2012)

Literatur und Links