Iwashimizu Hachiman-gū
Der Iwashimizu Hachiman-gū 岩清水八幡宮 ist der zweitälteste der drei Hauptschreine des Hachiman-Glaubens und befindet sich im Süden der ehemaligen Hauptstadt des Landes Kyōto.
Die Geschichte des Schreins
Im Jahr 859 hat Hachiman selbst angeblich durch ein Orakel verkünden lassen, dass er in der Nähe der damaligen Hauptstadt Kyōto sein wollte, um diese besser schützen zu können. Er soll dem Mönch Gyōkyō sogar persönlich erschienen sein und ihm mitgeteilt haben, dass er seinen neuen Schrein auf dem Otokoyama errichtet haben möchte. Dies wurde auch durch den Kaiser bestätigt, der in einem Traum violette Wolken aus dem Otokoyama aufsteigen sah.
So machte sich Gyōkyō, nachdem er 90 Tage im Usa Hachiman-gū verbracht hatte, auf den Weg an die Stelle, an der Hachiman den neuen Tempel wünschte. Ein Licht, hell wie Mond und Sterne zugleich, leuchtete damals in der südöstlichen Region der Provinz Yamashiro auf. Von dieser Erscheinung überwältigt verehrte Gyōkyō Hachiman umso mehr und betete 3 Tage und Nächte ohne Unterbrechung zu ihm. Danach setzte er den Platz, an dem der Tempel errichtet werden sollte, genau fest und baute sich selbst eine „Grashütte“, um einige Zeit darin zu leben und zu Hachiman zu beten. Als diese Geschehnisse am Hof bekannt wurden, waren auch der Kaiser, seine Gemahlin und die Adeligen des Hofes sehr von Hachiman beeindruckt und begannen diesen stärker zu verehren.
Die wahren Gründe für die Errichtung des Iwashimizu-Schreins am Otokoyama waren wohl zum einen seine strategisch günstige Lage, wodurch er sich nahe der Hauptstadt befand und deshalb viele Besucher kamen. Zum anderen befand sich am Otokoyama bereits ein Tempel der alten und einflussreichen Ki Familie, der auch der Mönch Gyōkyō angehörte. Es war der Iwashimizudera, der im Jahr 863 zum Schreintempel des Iwashimizu-Schreins wurde. Durch den damals bereits starken Einfluss des Ki-Clans waren dessen Mitglieder über viele Jahrhunderte hinweg alleinige Verwalter des Iwashimizu Hachiman-gū.
Der Iwashimizu Hachiman-gū ist dem Kaiser Ōjin, seiner Gemahlin Hime no Okami und seiner Mutter, Kaiserin Jingū, gewidmet. Außerdem wurden dort später auch Statuen der Amida-Triade (Amida Buddha und seine Begleiter Kannon und Seishi) aufgestellt, da sie Gyōkyō angeblich erschienen, während er zu Hachiman betete.
Angefangen von Kaiser Kōnin (r. 770-781) wurde bei jeder Thronbesteigung eines neuen Kaisers der Usa Hachiman-gū benachrichtigt. Ab 897 wurde dann auch der Iwashimizu-Schrein benachrichtigt, wodurch er in seinem Ansehen und seiner Bekanntheit beträchtlich stieg. Durch seine Assoziation mit Ōjin Tennō galt er ab Mitte der Heian-Zeit auch als Ahnenhalle des Kaiserhauses und stand in seinem Rang nur noch hinter dem Ise-Schrein zurück.
Wichtige Ereignisse
- Im Jahr 865 wurde Tsunenori, ein Nachfahre von Wake no Kiyomaro, mit einem Schild, einem Speer, einem Sattel und einer Schrift, in der der Kaiser um den Schutz des Reiches bat, zum Iwashimizu Schrein geschickt.
- Im Jahr 876 befahl Seiwa Tennō der Yamashiro Provinz fortan jährlich 32 koku (ca. 150kg) Reis an den Iwashimizu Schrein zu spenden, um weiterhin den Schutz des Hachiman zu garantieren.
- Im Jahr 886 kamen aus dem Iwashimizu-Schrein über mehrere Stunden hinweg Töne wie vom Schlagen einer Trommel und im südöstlich Pavillon erschallte das Getöse von Sturm und Wellen. Damit soll Hachiman versucht haben, vor einem bevorstehenden Krieg zu warnen.
- Nachdem die Rebellionen von Taira no Masakado im Jahr 940 und von Fujiwara Sumitomo im Jahr 941 mit Hachimans Hilfe niedergeschlagen werden konnten, wurde im Jahr 942 erstmals das außerordentliche Iwashimizu-Fest begangen, das ab dem Jahr 971 neben dem hōjō-e zu einem festen Bestandteil der Schreinfeste wurde und seitdem jedes Jahr am 15. November stattfindet.
- Im Jahr 966 wurde dem Iwashimizu-Schrein das Daihannya-kyo (Sutra der großen Weisheit) von den Adligen des Hofes dargeboten. Es wurden 60 buddhistische Priester eingeladen und ein kaiserlicher Bote wurde zu einem Tempel geschickt. Um welchen Tempel es sich dabei handelte ist unbekannt, aber es ist erwiesen, dass nach dieser Zeremonie der Iwashimizu-Schrein sehr viel mehr Erwähnung findet als davor, besonders im Zusammenhang mit dem hōjō-e.
- Minamoto no Yoshiie feierte im Jahr 1048 seine Zeremonie des Erwachsenwerdens (genpuku) im Iwashimizu-Schrein und bekam möglicherweise deshalb den Beinamen Hachiman-tarō. Aus diesem Grund und weil Yoshiie ein sehr erfolgreicher und geachteter Krieger war, wurde der Hachiman des Iwashimizu-Schreins von vielen Samurai auch als Kriegs- und Ahnengottheit der Minamoto-Familie verehrt.
- Während der Muromachi-Zeit wurde der Schrein oft von shōgunen besucht, da die Mutter des dritten shōguns, Ashikaga Yoshimitsu, aus der Ki-Familie stammte. Außerdem wurde der sechste shōgun in diesem Schrein durch das Los zum neuen shōgun bestimmt.
Architektur und Kunstgegenstände
Der Schrein wurde wie der Usa Hachiman-gū im Hachiman-zukuri-Stil gebaut. Der Hauptschrein besteht aus 3 einzelnen Gebäuden. Vor dem Schrein ist ein äußerer Schrein derselben Größe, der von Korridoren umgeben ist. Die heute sichtbare Anlage wurde vom dritten shōgun der Edo-Zeit, Tokugawa Iemitsu, errichtet.
Zwischen der Haupthalle und der äußeren Halle befindet sich eine goldene Wanne, die von Oda Nobunaga gespendet wurde. Außerdem gibt es eine 6 Meter hohe, 5-stöckige Steinpagode, die nahe dem Kora-Schrein, einem Nebenschrein des Iwashimizu Hachiman-gū, steht. Sie ist die höchste in ganz Japan und gilt, ebenso wie eine Steinlaterne aus dem Jahr 1295, als „wichtiges Kulturgut“.
Verweise
- de Visser, Marius (1935), Ancient Buddhism in Japan, Volume 2. Leiden: Brill.
- Kanda, Christine Guth (1985), Shinzo: Hachiman Imagery and Its Development. England: Harvard University Press.
- Iwashimizu Hachimangu Shrine (Stand: 2012/09/25). Aus: Kansai Digital Archives
Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Hachiman-no-pedia verfasst.