Kami: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Kamigraphie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 1: Zeile 1:
==Definitionen==
+
''Kami'' 神 (chin. ''shen'', sinojap. ''shin'', ''jin''), in etwa „Gottheit“, „Geist“. Der Begriff bleibt in japanologischen Werken oft unübersetzt. Im Japanischen bezeichnet er Gottheiten der kaiserlichen und lokalen Mythologie, Naturgeister, vergöttlichte Helden, Ahnen, Herrscher  und Staatsmänner, aber auch die  göttliche, sakrale, geistige oder numinose Beschaffenheit oder Energie von Orten und Dingen. Die diesen Vorstellungen zugrundliegende Konzeption wird als ''shintō'' 神道, wtl. „Weg der Kami“, bezeichnet.
  
Der Begriff bleibt oft nicht übersetzt. Im Japanischen bezeichnet er üblicherweise Namen oder Objekte. Soll anzeigen, dass das Objekt oder das Wesen eine ''kami''-Beschaffenheit/Eigenschaft hat. ''Kami'' bezieht sich auf göttliche, sakrale, geistige  und numinose Beschaffenheit oder Energie von Ort und Dinge, Gottheiten der kaiserlichen und lokalen Mythologie, Naturgeister, vergöttlichte Helden, Ahnen, Herrscher  und Staatsmänner.  
+
Kami werden in sogenannten Schreinen (jap. ''jinja'' 神社) verehrt. Obwohl in vielen Schreinen bestimmte, namentlich genannte mythologische Kami verehrt werden, gibt es die Tendenz, Schreine nach ihrem Ort zu identifizieren: Iwashimizu Hachiman, Kanda Jinja, Ise Jingū usw. Allerdings trifft dies auf in der Moderne entstandene Schreine, wie z.B. den [[Meiji Schrein]], meist nicht zu.
Praktisch kein Objekt, Ort oder Wesen, kann die Eigenschaft oder das Charakteristikum von ''kami'' verkörpern oder besitzen. Es kann aber hilfreich sein , wenn man vor allem an ''kami'' denkt als an die Beschaffenheit des physischen Standortes. Üblicherweise sind das Schreine, in der Vor-Meiji-Zeiten, war es entweder ein Schrein oder ein buddhistischer Tempel, und sehr oft beide zusammen. Entweder der Ort  selbst ist ''kami'' , oder ein spezifisch genanntes mythologisches ''kami'' (etwa in der Form von seinem ,,abgeteilten Geist´´ ''bunrei'')ist in einem Schrein aufbewahrt. Die Schreine haben die Tendenz den Namen nach dem Ort zu haben - Iwashimizu Hachiman, Kanda jinja, Ise Jingū usw. Allerdings gibt es auch moderne Ausnahmen wie den Meji jingū.  
 
Zahlreiche interessante Etymologien wurden angeregt für den Begriff ''kami'', aber die Bedeutung liegt in der Verwendung in verschiedenen Perioden und Dimensionen der Japanischen Religion.Obwohl die Shintō-Puristen heben den Begriff ''kami'' für Shintō-Verwendung auf,machen die meisten Japaner keine klare konzeptuelle Unterscheidung zwischen k''ami''- und buddhistischen Gottheiten.<ref>[[Literatur:Bocking 1996]]</ref>
 
  
 +
Bis ins späte 19. Jh. war die ''kami''-Verehrung eher lokal und kommunal geprägt, da es keine — bzw. nur sehr schwach ausgeprägte — nationale Organisationsformen des Shintō gab. Schreinpriester wurden in einzelnen Schulen oder familienartigen Verbänden mit oftmals langer Abstammungslinie ausgebildet. <ref> Hardacre 1989{{batsu}} </ref>
  
Bis ungefähr 1900 war die ''kami''-Verehrung bis auf wenige Ausnahmen sehr lokal und komunal, da es keine übergeordnete, nationale Shintō-Organisation gab. Die Mönche der Schreine waren nicht in einer Art nationalem Dachverband organisiert, sondern wurden von einzelnen Schulen mit oftmals langer Abstammungslinie ausgebildet.<ref>[[Literatur:Hardacre 1989]]</ref>
 
  
 +
== Kami in prähistorischer Zeit ==
  
== ''kami'' in der prä-historischen Zeit ==
+
Die japanischen Inseln waren schon in prähistorischer Zeit Einwanderungen und Einflüssen aus Nachbargebieten wie Korea, Süd-China oder auch Indonesien ausgesetzt. Diese Einflüsse schlugen sich in sehr heterogenen religiösen Glaubensvorstellungen nieder. Laut dem bekannten japanischen Kulturanthropologen Oka Masao (1898-1982) war „der primitive Shintō, welcher gewöhnlich als eigentliche Religion Japans bezeichnet wird, [...] sicherlich nicht einheitlich, eher kann er als unsystematische Verschmelzung aller um Christi Geburt in Japan vorhandenen und eingeführten Religionen angesprochen werden“. <ref>Oka 1933{{batsu}}</ref>Zu den vielleicht ausgeprägtesten religiösen Phänomenen zählten der Shamanismus aus dem Ural-Altaischen Raum und die Naturverehrung. In einer Paraphrase des Edo-zeitlichen Gelehrten Motoori Norinaga (1730–1801) bemerkt William Bunce:
 
+
{{Zitat|quelle=Bunce 1968: 1-2|
Im Gegensatz zur frühgeschichtlichen Zeit, als die ersten Einflüsse des Buddhismus nach Japan kamen und sich allmählich der Shintō-Glaube 神道 entwickelte, herrschten in der prähistorischen japanischen Zeit keine definierten Glaubensrichtungen wie wir sie kennen, vor. Hierin unterscheidet sich Japan sehr von Indien und China, wo zur Jōmon-Zeit  schon der Buddhismus und taoistischer Glauben vorherrschte. Aufgrund der geografischen Lage und den Landbrücken, welche damals immer wieder entstanden, soll es auf den japanischen Inseln schon sehr früh zu Einwanderungen und Einflüssen aus Nachbarländern, wie Korea, Süd-China oder auch Indonesien, gekommen sein. Diese Einflüsse machten sich natürlich auch in den religiösen Glaubensvorstellungen dieser Zeit bemerkbar und nicht wenige der damaligen Stämme weisen in kleinen Details wie Darstellungen und Abbildungen auf Steinfiguren abweichende religiöse Strömungen auf. Und auch „der primitive Shintō, welcher gewöhnlich als eigentliche Religion Japans bezeichnet wird, war sicherlich nicht einheitlich, eher kann er als unsystematische Verschmelzung aller um Christi Geburt in Japan vorhandenen und eingeführten Religionen angesprochen werden“. Was alle diese Strömungen jedoch gemeinsam hatten, war der zu dieser Zeit aufkommende schamanistische Glaube, ursprünglich aus dem Ural-Altaischen Raum, und die Naturverehrung.
 
 
 
Dieser Naturverehrung und einem vollkommen anderen Glaubensbild der prähistorischen Zeit ist es auch zu verdanken, dass der Begriff ''kami'', welcher heutzutage hauptsächlich im jap. Shintō, aber auch im allgemeinen Sprachgebrauch Japans mit „Gottheit“ übersetzt werden kann, in der damaligen Zeit eine Vielzahl von Bedeutungen voraussetzte:
 
 
 
 
The religion of these early Japanese was a polytheistic nature worship. They believed that all natural phenomena were of animistic character and that each person or thing was in itself a manifestation of the divine. Anything which evoked a feeling of awe was revered as being particularly imbued with divine or mysterious power; therefore, the forces of nature, especially awe-inspiring trees, rocks, or mountains, and other inexplicable natural phenomena became objects of worship. These were given the name ''kami''.
 
The religion of these early Japanese was a polytheistic nature worship. They believed that all natural phenomena were of animistic character and that each person or thing was in itself a manifestation of the divine. Anything which evoked a feeling of awe was revered as being particularly imbued with divine or mysterious power; therefore, the forces of nature, especially awe-inspiring trees, rocks, or mountains, and other inexplicable natural phenomena became objects of worship. These were given the name ''kami''.
 
+
}}
Grob interpretiert bedeutete dies, dass wirklich alles in der Natur als göttlich verehrt werden konnte und selbst normale Clanführer eines Stammes, welche oftmals auch die Aufgaben eines Hohepriesters oder Schamanen inne hatten, mit kami bezeichnet wurden. Hieraus ergeben sich laut Oka Masao folgende Aufteilungen für die Benutzung dieses Begriffes: 1) für verschiedene Gottheiten und Menschen im sogenannten „Götterzeitalter“ der japanischen Klassiker, 2) als Honorificum für den Kaiser, 3) für Verstorbene, in Tempeln verehrte Wesen, 4) für Häuptlinge und leitende Beamte, 5) für Berge, Flüsse, Gräser, Bäume, Vögel und andere Tiere, ferner für ungewöhnliche, furchterregende und wunderbare Dinge, 6) für seltsame Naturerscheinungen, 7) für Erscheinungen, welche außerhalb des menschlichen Wissens stehen.
+
Grob gesprochen bedeutet dies, dass wirklich alles in der Natur als göttlich verehrt werden konnte, während zugleich auch normale Stammesführer, welche oftmals auch die Aufgaben eines Hohepriesters oder Schamanen inne hatten, als ''kami'' bezeichnet wurden. Hieraus ergeben sich laut Oka Masao folgende Bedeutungen dieses Begriffes: 1) verschiedene Gottheiten und Menschen im sogenannten „Götterzeitalter“ der japanischen Klassiker, 2) Honorificum für den Kaiser, 3) Verstorbene, in Schreinen verehrte Wesen, 4) Häuptlinge und leitende Beamte <ref>Hier bezieht sich Oka auf die Tatsache, dass das Wort ''kami'' 守 (mit anderen Zeichen als „Gottheit“, ''kami'' 神, geschrieben) in historischer Zeit auch „Gouverneur“ bedeuten konnte. Ein anderes Synonym, ''kami'' 上, bedeutet „oben“. Während all diese Begriffe für Oka auf die selbe Wurzeln zurückgehen, weisen heutige Linguisten unterschiedliche Etymologien nach.</ref>  5) Berge, Flüsse, Gräser, Bäume, Vögel und andere Tiere, ferner ungewöhnliche, furchterregende und wunderbare Dinge, 6) seltsame Naturerscheinungen, 7) Erscheinungen, welche außerhalb des menschlichen Wissens stehen.
 
 
 
 
 
 
=Beispiele, Kategorien=
 
 
 
 
 
<gallery>
 
 
 
</gallery>
 
 
 
<!-- Habe die Fotos sollten besser zu [[Schreine]] verlegt.... B.S. 4.12.-->
 
  
 
== Verweise ==
 
== Verweise ==
 
<references />
 
<references />
 
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
  
[[Literatur:Oka 1933]]
+
*{{Literatur:Oka 1933}}
 
+
*{{Literatur: Hardacre 1989}}
Bunce, William K.
+
* William K. Bunce, 1968. ''Religions in Japan: Buddhism, Shinto, Christianity.'' Rutland: Tuttle.
1968 Religions in Japan: Buddhism, Shinto, Christianity. Rutland: Tuttle.
+
* Byron H. Earhart, 1969. ''Japanese Religion: Unity and Diversity.'' Belmont, Ca.: Dickenson.
 
 
 
 
Earhart, H. Byron
 
1969 Japanese Religion: Unity and Diversity. Belmont, Calif.: Dickenson
 

Version vom 5. April 2012, 21:32 Uhr

Kami 神 (chin. shen, sinojap. shin, jin), in etwa „Gottheit“, „Geist“. Der Begriff bleibt in japanologischen Werken oft unübersetzt. Im Japanischen bezeichnet er Gottheiten der kaiserlichen und lokalen Mythologie, Naturgeister, vergöttlichte Helden, Ahnen, Herrscher und Staatsmänner, aber auch die göttliche, sakrale, geistige oder numinose Beschaffenheit oder Energie von Orten und Dingen. Die diesen Vorstellungen zugrundliegende Konzeption wird als shintō 神道, wtl. „Weg der Kami“, bezeichnet.

Kami werden in sogenannten Schreinen (jap. jinja 神社) verehrt. Obwohl in vielen Schreinen bestimmte, namentlich genannte mythologische Kami verehrt werden, gibt es die Tendenz, Schreine nach ihrem Ort zu identifizieren: Iwashimizu Hachiman, Kanda Jinja, Ise Jingū usw. Allerdings trifft dies auf in der Moderne entstandene Schreine, wie z.B. den Meiji Schrein, meist nicht zu.

Bis ins späte 19. Jh. war die kami-Verehrung eher lokal und kommunal geprägt, da es keine — bzw. nur sehr schwach ausgeprägte — nationale Organisationsformen des Shintō gab. Schreinpriester wurden in einzelnen Schulen oder familienartigen Verbänden mit oftmals langer Abstammungslinie ausgebildet. [1]


Kami in prähistorischer Zeit

Die japanischen Inseln waren schon in prähistorischer Zeit Einwanderungen und Einflüssen aus Nachbargebieten wie Korea, Süd-China oder auch Indonesien ausgesetzt. Diese Einflüsse schlugen sich in sehr heterogenen religiösen Glaubensvorstellungen nieder. Laut dem bekannten japanischen Kulturanthropologen Oka Masao (1898-1982) war „der primitive Shintō, welcher gewöhnlich als eigentliche Religion Japans bezeichnet wird, [...] sicherlich nicht einheitlich, eher kann er als unsystematische Verschmelzung aller um Christi Geburt in Japan vorhandenen und eingeführten Religionen angesprochen werden“. [2]Zu den vielleicht ausgeprägtesten religiösen Phänomenen zählten der Shamanismus aus dem Ural-Altaischen Raum und die Naturverehrung. In einer Paraphrase des Edo-zeitlichen Gelehrten Motoori Norinaga (1730–1801) bemerkt William Bunce:

The religion of these early Japanese was a polytheistic nature worship. They believed that all natural phenomena were of animistic character and that each person or thing was in itself a manifestation of the divine. Anything which evoked a feeling of awe was revered as being particularly imbued with divine or mysterious power; therefore, the forces of nature, especially awe-inspiring trees, rocks, or mountains, and other inexplicable natural phenomena became objects of worship. These were given the name kami.

Bunce 1968: 1-2

Grob gesprochen bedeutet dies, dass wirklich alles in der Natur als göttlich verehrt werden konnte, während zugleich auch normale Stammesführer, welche oftmals auch die Aufgaben eines Hohepriesters oder Schamanen inne hatten, als kami bezeichnet wurden. Hieraus ergeben sich laut Oka Masao folgende Bedeutungen dieses Begriffes: 1) verschiedene Gottheiten und Menschen im sogenannten „Götterzeitalter“ der japanischen Klassiker, 2) Honorificum für den Kaiser, 3) Verstorbene, in Schreinen verehrte Wesen, 4) Häuptlinge und leitende Beamte [3] 5) Berge, Flüsse, Gräser, Bäume, Vögel und andere Tiere, ferner ungewöhnliche, furchterregende und wunderbare Dinge, 6) seltsame Naturerscheinungen, 7) Erscheinungen, welche außerhalb des menschlichen Wissens stehen.

Verweise

  1. Hardacre 1989
  2. Oka 1933
  3. Hier bezieht sich Oka auf die Tatsache, dass das Wort kami 守 (mit anderen Zeichen als „Gottheit“, kami 神, geschrieben) in historischer Zeit auch „Gouverneur“ bedeuten konnte. Ein anderes Synonym, kami 上, bedeutet „oben“. Während all diese Begriffe für Oka auf die selbe Wurzeln zurückgehen, weisen heutige Linguisten unterschiedliche Etymologien nach.

Literatur

  • Oka Masao 岡正雄 2012
    Kulturschichten in Alt-Japan. Bier'sche Verlagsanstalt 2012. (Verfasst 1933-35 als Dissertation an der Uni Wien.)
  • Helen Hardacre 1989
    Shintō and the state: 1868 - 1988. (Studies in church and state, Band 2.) Princeton: Princeton Univ. Press 1989. (Paperbackausgabe 1991.)
  • William K. Bunce, 1968. Religions in Japan: Buddhism, Shinto, Christianity. Rutland: Tuttle.
  • Byron H. Earhart, 1969. Japanese Religion: Unity and Diversity. Belmont, Ca.: Dickenson.